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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli C. 2. v. 14. 15.
[Spaltenumbruch] die Sünde dergestalt, daß er es durch den geist-
lichen Tod gefangen hält, und durch daher ent-
stehenden leiblichen Tod zum ewigen führet. Der
Stachel des Todes, spricht Paulus 1 Cor.
15, 56. ist die Sünde, (wodurch uns der Tod
zugezogen ist, Röm. 5, 12.) die Kraft aber der
Sünde
(wodurch sie recht entdecket und erkannt
wird, Röm. 5, 13. c. 7, 7. 8. 13.) ist das Gesetz.
Der Teufel bedienet sich des Gesetzes, den Men-
schen zu schrecken und zu verdammen, oder die
Verdammniß, als wohlverdienet, vorzuhalten:
gleichwie er ihn durch die Sünde sicher und recht
ruchlos machet.

7. Da die Macht des Todes in der Sün-
de
ist, so hat unser Heyland solche Macht dem
Teufel dadurch entrissen, daß er der Sünden
Schuld und Strafe über sich genommen und ab-
getragen hat, nach Jes. 53, 4. 5. 6. Joh. 1, 29. 36.
1 Pet. 1, 18. 19. c. 2, 24. Und hierauf weiset uns
auch der Context in diesem Briefe c. 1, 3. c. 2, 17.
der vielen übrigen Oerter itzo nicht zu gedencken.
Da er ist ein Fluch worden für uns, daß wir den
Segen ererbeten, Gal. 3, 13. 14. Denn durch den
Versöhnungs-Tod bekommen wir, in der Ord-
nung der durch die Widergeburt von uns hin-
weg genommenen Herrschaft der Sünde, der
Sünden Vergebung. Wo aber die Sünde
nicht mehr herrschet, und dazu vergeben ist, da
hat der Satan seine in der Sünden Schuld und
Herrschaft habende Macht an dem Menschen
verloren, und ist da an statt des Fluches Leben
und Seligkeit. Siehe auch 2 Tim. 1, 10.

8. Es ist aber wohl zu mercken, daß der
application nach die durch die Sünde beherr-
schende Macht des Satans nicht aufhöre, es sey
denn, daß sich der Mensch, wie schon gedacht
ist, aus den Stricken und aus der Gewalt des
Satans durch wahre Hertzens-Aenderung in
das Reich des Lichts versetzen lasse, nach Col.
1. v. 13.

V. 15.

Und erlösete (apallaxe, versöhnete,
in die Freyheit setzete,) die, so durch Furcht
des
(ewigen) Todes, (welchen sie in einem durch
die Sünde geängstigten Gewissen natürlicher
Weise, zur gerechten Strafe vor Augen sahen,)
im gantzen Leben Knechte seyn musten,
(Gr. der Knechtschaft unterworfen waren, nem-
lich unter der Tyranney oder unter dem harten
Joche des Teufels, darunter sie durch die be-
herrschende Sünde gefangen gehalten wurden.)

Anmerckungen.

1. Jn diesen Worten erläutert der Apostel
das, was er von der Hinwegnehmung der Macht
des Satans vorher gesaget hatte, und zeuget
zugleich an, wie man natürlicher weise unter der
Macht der Sünde, und der Gewalt des Satans
liege. Die vorher erwehnte Hinwegnehmung
der Macht des Satans erkläret er durch die Er-
lösung, Versöhnung und Versetzung in die Frey-
heit. Damit er denn bezeuget, der Sohn GOt-
tes sey ein solcher Heyland, der uns nicht allein
[Spaltenumbruch] vom Bösen befreye, sondern uns auch dagegen
zu unserm wahren Heyl verhelfe, und sich also als
einen rechten Seligmacher erweise.

2. Die Furcht, in welcher wir von Natur
des Todes wegen gehalten werden, ist recht
knechtisch und erschrecklich: und, gleichwie sie
aus dem Grunde des geistlichen Todes entste-
het, also gehet sie auch auf den zeitlichen und
ewigen Tod, als der Sünden Sold Röm. 6,
23. c. 8, 13. Auf den zeitlichen, der nicht allein
an sich selbst von Natur gar schrecklich ist, son-
dern auch zu dem ewigen führet: und also auch
auf den ewigen, nach der Anklage des Gesetzes
und eignen Gewissens, daß man desselben der
Sünde wegen schuldig sey.

3. Diese ängstigende Furcht des Todes ist
nun verknüpfet mit dem der Kindschaft entge-
gen stehenden Stande der Knechtschaft, da
man sich von der Sünde und der Gewalt des
Satans also beherrschet findet, daß man sich
aus eignen Kräften davon nicht loßmachen kan.
Von welchem Zustande unser Heyland Joh. 8, 34.
spricht: Warlich, warlich, ich sage euch,
wer Sünde thut, der ist der Sünden-
Knecht.
Welche Knechtschaft denn noch viel
schwerer ist, als diejenige des alten Testaments
unter dem Gesetze und den Levitischen Satzun-
gen, die dem Stande der Unmündigen gleich ist,
nach Gal. 4, 1. u. f. darauf der Apostel in diesem
Texte mit siehet.

4. Die durch Christum geschehene Erlö-
sung gebieret nun eine solche Freyheit, dadurch
man von aller Knechtschaft und knechtischen
Furcht zur wahren Kindschaft gelanget, und
vermöge derselben frey ist wie von der Sünden
Schuld, Strafe und Herrschaft, also auch vom
Zorne GOttes und vom Fluche des Gesetzes,
und GOTT mit willigen und freudigen Geiste
in aller Wahrheit und Lauterkeit dienet. Da-
von unser Heyland Joh. 8, 36. spricht: So
euch der Sohn frey machet, so seyd ihr
recht frey.
Denn in ihm erkennet man die
Wahrheit des Evangelii, welche einen recht frey
machet. v. 32.

5. Diese Befreyung von der Knechtschaft
nimmt auch die Furcht vor dem Tode hinweg.
Denn da sie das geistliche Leben in der Ordnung
der Wiedergeburt mit sich führet, so höret da-
durch die Furcht vor dem leiblichen Tode auf:
sintemal er aus einer Strafe zur Wohlthat und
ein Durchgang vom zeitlichen in das ewige Le-
ben wird: bey welcher Beschaffenheit denn gar
keine Furcht von dem ewigen Tode übrig blei-
ben kan, da das in den Gläubigen befindliche
geistliche Leben an sich selbst schon ein ewiges Le-
ben ist, welches sie in sich bleibend haben.

6. Jm übrigen hat man hiebey folgende
Oerter zu conferiren: Luc. 1, 74. 75. Daß
wir erlöset aus der Hand unserer Feinde
ihm dieneten ohne Furcht unser Lebelang,
in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm ge-
fällig ist.
Röm. 8, 15. Jhr habet nicht ei-
nen knechtischen Geist empfangen, daß ihr

euch

Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 2. v. 14. 15.
[Spaltenumbruch] die Suͤnde dergeſtalt, daß er es durch den geiſt-
lichen Tod gefangen haͤlt, und durch daher ent-
ſtehenden leiblichen Tod zum ewigen fuͤhret. Der
Stachel des Todes, ſpricht Paulus 1 Cor.
15, 56. iſt die Suͤnde, (wodurch uns der Tod
zugezogen iſt, Roͤm. 5, 12.) die Kraft aber der
Suͤnde
(wodurch ſie recht entdecket und erkannt
wird, Roͤm. 5, 13. c. 7, 7. 8. 13.) iſt das Geſetz.
Der Teufel bedienet ſich des Geſetzes, den Men-
ſchen zu ſchrecken und zu verdammen, oder die
Verdammniß, als wohlverdienet, vorzuhalten:
gleichwie er ihn durch die Suͤnde ſicher und recht
ruchlos machet.

7. Da die Macht des Todes in der Suͤn-
de
iſt, ſo hat unſer Heyland ſolche Macht dem
Teufel dadurch entriſſen, daß er der Suͤnden
Schuld und Strafe uͤber ſich genommen und ab-
getragen hat, nach Jeſ. 53, 4. 5. 6. Joh. 1, 29. 36.
1 Pet. 1, 18. 19. c. 2, 24. Und hierauf weiſet uns
auch der Context in dieſem Briefe c. 1, 3. c. 2, 17.
der vielen uͤbrigen Oerter itzo nicht zu gedencken.
Da er iſt ein Fluch worden fuͤr uns, daß wir den
Segen ererbeten, Gal. 3, 13. 14. Denn durch den
Verſoͤhnungs-Tod bekommen wir, in der Ord-
nung der durch die Widergeburt von uns hin-
weg genommenen Herrſchaft der Suͤnde, der
Suͤnden Vergebung. Wo aber die Suͤnde
nicht mehr herrſchet, und dazu vergeben iſt, da
hat der Satan ſeine in der Suͤnden Schuld und
Herrſchaft habende Macht an dem Menſchen
verloren, und iſt da an ſtatt des Fluches Leben
und Seligkeit. Siehe auch 2 Tim. 1, 10.

8. Es iſt aber wohl zu mercken, daß der
application nach die durch die Suͤnde beherr-
ſchende Macht des Satans nicht aufhoͤre, es ſey
denn, daß ſich der Menſch, wie ſchon gedacht
iſt, aus den Stricken und aus der Gewalt des
Satans durch wahre Hertzens-Aenderung in
das Reich des Lichts verſetzen laſſe, nach Col.
1. v. 13.

V. 15.

Und erloͤſete (ἀπαλλάξῃ, verſoͤhnete,
in die Freyheit ſetzete,) die, ſo durch Furcht
des
(ewigen) Todes, (welchen ſie in einem durch
die Suͤnde geaͤngſtigten Gewiſſen natuͤrlicher
Weiſe, zur gerechten Strafe vor Augen ſahen,)
im gantzen Leben Knechte ſeyn muſten,
(Gr. der Knechtſchaft unterworfen waren, nem-
lich unter der Tyranney oder unter dem harten
Joche des Teufels, darunter ſie durch die be-
herrſchende Suͤnde gefangen gehalten wurden.)

Anmerckungen.

1. Jn dieſen Worten erlaͤutert der Apoſtel
das, was er von der Hinwegnehmung der Macht
des Satans vorher geſaget hatte, und zeuget
zugleich an, wie man natuͤrlicher weiſe unter der
Macht der Suͤnde, und der Gewalt des Satans
liege. Die vorher erwehnte Hinwegnehmung
der Macht des Satans erklaͤret er durch die Er-
loͤſung, Verſoͤhnung und Verſetzung in die Frey-
heit. Damit er denn bezeuget, der Sohn GOt-
tes ſey ein ſolcher Heyland, der uns nicht allein
[Spaltenumbruch] vom Boͤſen befreye, ſondern uns auch dagegen
zu unſerm wahren Heyl verhelfe, und ſich alſo als
einen rechten Seligmacher erweiſe.

2. Die Furcht, in welcher wir von Natur
des Todes wegen gehalten werden, iſt recht
knechtiſch und erſchrecklich: und, gleichwie ſie
aus dem Grunde des geiſtlichen Todes entſte-
het, alſo gehet ſie auch auf den zeitlichen und
ewigen Tod, als der Suͤnden Sold Roͤm. 6,
23. c. 8, 13. Auf den zeitlichen, der nicht allein
an ſich ſelbſt von Natur gar ſchrecklich iſt, ſon-
dern auch zu dem ewigen fuͤhret: und alſo auch
auf den ewigen, nach der Anklage des Geſetzes
und eignen Gewiſſens, daß man deſſelben der
Suͤnde wegen ſchuldig ſey.

3. Dieſe aͤngſtigende Furcht des Todes iſt
nun verknuͤpfet mit dem der Kindſchaft entge-
gen ſtehenden Stande der Knechtſchaft, da
man ſich von der Suͤnde und der Gewalt des
Satans alſo beherrſchet findet, daß man ſich
aus eignen Kraͤften davon nicht loßmachen kan.
Von welchem Zuſtande unſer Heyland Joh. 8, 34.
ſpricht: Warlich, warlich, ich ſage euch,
wer Suͤnde thut, der iſt der Suͤnden-
Knecht.
Welche Knechtſchaft denn noch viel
ſchwerer iſt, als diejenige des alten Teſtaments
unter dem Geſetze und den Levitiſchen Satzun-
gen, die dem Stande der Unmuͤndigen gleich iſt,
nach Gal. 4, 1. u. f. darauf der Apoſtel in dieſem
Texte mit ſiehet.

4. Die durch Chriſtum geſchehene Erloͤ-
ſung gebieret nun eine ſolche Freyheit, dadurch
man von aller Knechtſchaft und knechtiſchen
Furcht zur wahren Kindſchaft gelanget, und
vermoͤge derſelben frey iſt wie von der Suͤnden
Schuld, Strafe und Herrſchaft, alſo auch vom
Zorne GOttes und vom Fluche des Geſetzes,
und GOTT mit willigen und freudigen Geiſte
in aller Wahrheit und Lauterkeit dienet. Da-
von unſer Heyland Joh. 8, 36. ſpricht: So
euch der Sohn frey machet, ſo ſeyd ihr
recht frey.
Denn in ihm erkennet man die
Wahrheit des Evangelii, welche einen recht frey
machet. v. 32.

5. Dieſe Befreyung von der Knechtſchaft
nimmt auch die Furcht vor dem Tode hinweg.
Denn da ſie das geiſtliche Leben in der Ordnung
der Wiedergeburt mit ſich fuͤhret, ſo hoͤret da-
durch die Furcht vor dem leiblichen Tode auf:
ſintemal er aus einer Strafe zur Wohlthat und
ein Durchgang vom zeitlichen in das ewige Le-
ben wird: bey welcher Beſchaffenheit denn gar
keine Furcht von dem ewigen Tode uͤbrig blei-
ben kan, da das in den Glaͤubigen befindliche
geiſtliche Leben an ſich ſelbſt ſchon ein ewiges Le-
ben iſt, welches ſie in ſich bleibend haben.

6. Jm uͤbrigen hat man hiebey folgende
Oerter zu conferiren: Luc. 1, 74. 75. Daß
wir erloͤſet aus der Hand unſerer Feinde
ihm dieneten ohne Furcht unſer Lebelang,
in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm ge-
faͤllig iſt.
Roͤm. 8, 15. Jhr habet nicht ei-
nen knechtiſchen Geiſt empfangen, daß ihr

euch
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[270/0272] Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 2. v. 14. 15. die Suͤnde dergeſtalt, daß er es durch den geiſt- lichen Tod gefangen haͤlt, und durch daher ent- ſtehenden leiblichen Tod zum ewigen fuͤhret. Der Stachel des Todes, ſpricht Paulus 1 Cor. 15, 56. iſt die Suͤnde, (wodurch uns der Tod zugezogen iſt, Roͤm. 5, 12.) die Kraft aber der Suͤnde (wodurch ſie recht entdecket und erkannt wird, Roͤm. 5, 13. c. 7, 7. 8. 13.) iſt das Geſetz. Der Teufel bedienet ſich des Geſetzes, den Men- ſchen zu ſchrecken und zu verdammen, oder die Verdammniß, als wohlverdienet, vorzuhalten: gleichwie er ihn durch die Suͤnde ſicher und recht ruchlos machet. 7. Da die Macht des Todes in der Suͤn- de iſt, ſo hat unſer Heyland ſolche Macht dem Teufel dadurch entriſſen, daß er der Suͤnden Schuld und Strafe uͤber ſich genommen und ab- getragen hat, nach Jeſ. 53, 4. 5. 6. Joh. 1, 29. 36. 1 Pet. 1, 18. 19. c. 2, 24. Und hierauf weiſet uns auch der Context in dieſem Briefe c. 1, 3. c. 2, 17. der vielen uͤbrigen Oerter itzo nicht zu gedencken. Da er iſt ein Fluch worden fuͤr uns, daß wir den Segen ererbeten, Gal. 3, 13. 14. Denn durch den Verſoͤhnungs-Tod bekommen wir, in der Ord- nung der durch die Widergeburt von uns hin- weg genommenen Herrſchaft der Suͤnde, der Suͤnden Vergebung. Wo aber die Suͤnde nicht mehr herrſchet, und dazu vergeben iſt, da hat der Satan ſeine in der Suͤnden Schuld und Herrſchaft habende Macht an dem Menſchen verloren, und iſt da an ſtatt des Fluches Leben und Seligkeit. Siehe auch 2 Tim. 1, 10. 8. Es iſt aber wohl zu mercken, daß der application nach die durch die Suͤnde beherr- ſchende Macht des Satans nicht aufhoͤre, es ſey denn, daß ſich der Menſch, wie ſchon gedacht iſt, aus den Stricken und aus der Gewalt des Satans durch wahre Hertzens-Aenderung in das Reich des Lichts verſetzen laſſe, nach Col. 1. v. 13. V. 15. Und erloͤſete (ἀπαλλάξῃ, verſoͤhnete, in die Freyheit ſetzete,) die, ſo durch Furcht des (ewigen) Todes, (welchen ſie in einem durch die Suͤnde geaͤngſtigten Gewiſſen natuͤrlicher Weiſe, zur gerechten Strafe vor Augen ſahen,) im gantzen Leben Knechte ſeyn muſten, (Gr. der Knechtſchaft unterworfen waren, nem- lich unter der Tyranney oder unter dem harten Joche des Teufels, darunter ſie durch die be- herrſchende Suͤnde gefangen gehalten wurden.) Anmerckungen. 1. Jn dieſen Worten erlaͤutert der Apoſtel das, was er von der Hinwegnehmung der Macht des Satans vorher geſaget hatte, und zeuget zugleich an, wie man natuͤrlicher weiſe unter der Macht der Suͤnde, und der Gewalt des Satans liege. Die vorher erwehnte Hinwegnehmung der Macht des Satans erklaͤret er durch die Er- loͤſung, Verſoͤhnung und Verſetzung in die Frey- heit. Damit er denn bezeuget, der Sohn GOt- tes ſey ein ſolcher Heyland, der uns nicht allein vom Boͤſen befreye, ſondern uns auch dagegen zu unſerm wahren Heyl verhelfe, und ſich alſo als einen rechten Seligmacher erweiſe. 2. Die Furcht, in welcher wir von Natur des Todes wegen gehalten werden, iſt recht knechtiſch und erſchrecklich: und, gleichwie ſie aus dem Grunde des geiſtlichen Todes entſte- het, alſo gehet ſie auch auf den zeitlichen und ewigen Tod, als der Suͤnden Sold Roͤm. 6, 23. c. 8, 13. Auf den zeitlichen, der nicht allein an ſich ſelbſt von Natur gar ſchrecklich iſt, ſon- dern auch zu dem ewigen fuͤhret: und alſo auch auf den ewigen, nach der Anklage des Geſetzes und eignen Gewiſſens, daß man deſſelben der Suͤnde wegen ſchuldig ſey. 3. Dieſe aͤngſtigende Furcht des Todes iſt nun verknuͤpfet mit dem der Kindſchaft entge- gen ſtehenden Stande der Knechtſchaft, da man ſich von der Suͤnde und der Gewalt des Satans alſo beherrſchet findet, daß man ſich aus eignen Kraͤften davon nicht loßmachen kan. Von welchem Zuſtande unſer Heyland Joh. 8, 34. ſpricht: Warlich, warlich, ich ſage euch, wer Suͤnde thut, der iſt der Suͤnden- Knecht. Welche Knechtſchaft denn noch viel ſchwerer iſt, als diejenige des alten Teſtaments unter dem Geſetze und den Levitiſchen Satzun- gen, die dem Stande der Unmuͤndigen gleich iſt, nach Gal. 4, 1. u. f. darauf der Apoſtel in dieſem Texte mit ſiehet. 4. Die durch Chriſtum geſchehene Erloͤ- ſung gebieret nun eine ſolche Freyheit, dadurch man von aller Knechtſchaft und knechtiſchen Furcht zur wahren Kindſchaft gelanget, und vermoͤge derſelben frey iſt wie von der Suͤnden Schuld, Strafe und Herrſchaft, alſo auch vom Zorne GOttes und vom Fluche des Geſetzes, und GOTT mit willigen und freudigen Geiſte in aller Wahrheit und Lauterkeit dienet. Da- von unſer Heyland Joh. 8, 36. ſpricht: So euch der Sohn frey machet, ſo ſeyd ihr recht frey. Denn in ihm erkennet man die Wahrheit des Evangelii, welche einen recht frey machet. v. 32. 5. Dieſe Befreyung von der Knechtſchaft nimmt auch die Furcht vor dem Tode hinweg. Denn da ſie das geiſtliche Leben in der Ordnung der Wiedergeburt mit ſich fuͤhret, ſo hoͤret da- durch die Furcht vor dem leiblichen Tode auf: ſintemal er aus einer Strafe zur Wohlthat und ein Durchgang vom zeitlichen in das ewige Le- ben wird: bey welcher Beſchaffenheit denn gar keine Furcht von dem ewigen Tode uͤbrig blei- ben kan, da das in den Glaͤubigen befindliche geiſtliche Leben an ſich ſelbſt ſchon ein ewiges Le- ben iſt, welches ſie in ſich bleibend haben. 6. Jm uͤbrigen hat man hiebey folgende Oerter zu conferiren: Luc. 1, 74. 75. Daß wir erloͤſet aus der Hand unſerer Feinde ihm dieneten ohne Furcht unſer Lebelang, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm ge- faͤllig iſt. Roͤm. 8, 15. Jhr habet nicht ei- nen knechtiſchen Geiſt empfangen, daß ihr euch

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/272>, abgerufen am 23.11.2024.