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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 2. v. 9.
[Spaltenumbruch] erworben, nemlich da er, ehe er zum Stande
der Herrlichkeit erhöhet worden, ob er wol un-
endlich höher ist, denn die Engel, vorher auf
eine kurtze Zeit geringer worden als sie, dia to
pathema tou~ thanatou, um den Tod überneh-
men zu können;
welche Ubernehmung des To-
des denn diesen Zweck gehabt, daß er nicht für
sich, oder seinet wegen, sondern aus GOttes
Gnade für alle andere den Tod, sonderlich den
ewigen, schmeckete und sie davon erlösete.

3. Durch den Tod, welchen unser Hey-
land schmecken sollen, und geschmecket hat, wird,
nebst dem leiblichen, sonderlich der Ewige ver-
standen; der Ewige, dem das menschliche Ge-
schlecht, in so fern es für sich selbst ausser Christo
betrachtet wird, unterworfen ist. Welcher
Tod nicht allein in einer Abgeschiedenheit von
GOTT und seiner seligen Gemeinschaft, son-
dern auch in einem Gefühle der ewigen Quaal
und Pein bestehet, und also ist ein unsäglich
grosses malum damni & sensus, ein solches
Ubel, da man des Guten, oder der Seligkeit,
und sonderlich GOttes selbst, beraubet ist, und
das Böse, oder die Unseligkeit, in ewiger Strafe
empfindet.

4. Diesen Tod, hat unser Heyland nebst
dem zeitlichen über sich genommen und empfun-
den.
Welches durch das Wort schmecken
angezeiget wird. Welche Redens-Art wir
auch vom leiblichen Tode finden, Matth. 16, 28.
Es stehen welche hie, die nicht schmecken
werden den Tod, bis daß sie des Men-
schen Sohn kommen sehen in seinem Reiche.

Vom ewigen spricht unser Heyland: So ie-
mand mein Wort wird halten, der wird
den Tod nicht schmecken
(v. 51. nicht sehen)
ewiglich.

5. Ob aber nun gleich dieser Tod an sich
ewig ist; so hat ihn doch unser Heyland nicht
auf ewig geschmecket, also daß er ihn noch ietzo
und künftig beständig schmecken müste. Denn
ein anders ist der ewige Tod an sich selbst, ein
anders das ewige schmecken. Dieses war
deswegen nicht nöthig bey Christo, weil seine
Person unendlich und von unendlicher Kraft ist,
und daher dasjenige auf eine kurtze Zeit also hat
empfinden und ertragen können, welches bey
schwachen Geschöpfen von ewiger Daurung
ist.

6. Und da der von Christo geschmeckte ewi-
ge Tod bestand, theils in einer völligen Entzie-
hung GOttes und Ermangelung des Geschmacks
der Herrlichkeit, theils in einem Gefühl der
Straf-Gerechtigkeit GOttes: so ging auf das
erste seine Klage am Creutze von der Verlas-
sung
GOttes, da es nach Ps. 22, 2. und Matth.
27, 46. hieß: Mein GOTT! mein GOTT!
warum hast du mich verlassen!
Von dem
Gefühle des Todes aber haben wir sonderlich
den blutigen Kampf Christi am Oelberge an-
zunehmen. Math. 26, 36. u. f. Marc. 14, 32. u. f. Luc.
22, 39. u. f. Gewiß wenn man die Klage von der
Verlassung und der Bezeugung von dem inner-
lichen Seelen-Kampfe nicht von dem Gefühl des
[Spaltenumbruch] ewigen Todes verstehen wolte, so würde folgen,
daß mancher Märtyrer mehr und freudiger ge-
litten, als Christus, und daß uns Christus vom
ewigen Tode nicht erlöset hätte. Welches doch
eine wohlgegründete Haupt-Wahrheit ist. Da-
her es denn auch nach dem schon angeführten
Orte heißt: So iemand mein Wort wird
halten, der wird den Tod nicht schmecken
ewiglich.
Da denn Christi Worte halten, ist,
nach 1 Joh. 3, 23. an seinen Namen glauben, und
sich unter einander lieben.

7. Daß aber der Versöhnungs-Tod Chri-
sti, und dabey die Empfindung des ewigen Todes
allen Menschen, ohne Ausnahme, soll zu gute kom-
men, oder in der Ordnung des Glaubens als ihr
eigen verdienstlicher Weise zugerechnet werden,
das ist angezeiget mit den Worten uper pantos,
für alle, für einen ieglichen: sintemal Chri-
stus die Versöhnung ist für unsere Sünde, nicht
allein aber für die unsere, oder der Gläubigen, der
Application nach, sondern auch für die Sünde
der gantzen Welt 1 Joh. 2, 1. 2. und er auch die,
welche ihn verleugnen und aus ihrer eignen
Schuld verloren gehen, erkaufet hat 2 Pet. 2, 1.

8. Und wenn es heißt, daß der Tod für alle
geschmecket sey khariti Theou~, durch GOttes
Gnade,
so werden wir damit auf das rechte
Principium oder auf die Urqvelle alles unsers
Heyls gewiesen: welche ist die Gnade, Liebe und
Erbarmung GOttes. Darum es Joh. 3, 16.
heißt: Also hat GOtt die Welt geliebet, daß
er seinen eingebornen Sohn gesandt
u. f.
Desgleichen Tit. 2, 11. Es ist erschienen die
beylsame Gnade GOttes allen Menschen

u. f. auch c. 3, 4. 5. Da aber erschien die
Freundlichkeit und Leutseligkeit GOttes
unsers Heylandes
u. f. Und da die Liebe des
Vaters, auch war die Liebe des Sohnes, so spricht
Paulus Gal. 2, 20. Der Sohn GOttes hat
mich geliebet, und sich selbst für mich darge-
geben.
Jmgleichen Eph. 5, 2. Wandelt in der
Liebe; gleichwie Christus uns hat geliebet,
und sich selbst dargegeben für uns zur
Gabe und Opfer, GOtt zu einem süssen
Geruch.

9. Es ist bey den Worten von, aus, oder
vermöge der Gnade GOttes für alle den
Tod schmecken,
noch dieses wohl zu mercken,
daß damit angezeiget wird, daß bey der Wieder-
bringung unsers Heyls weder die blosse Gerech-
tigkeit ohne die Gnade,
noch die blosse Gna-
de ohne die Gerechtigkeit
beschäftiget gewesen
sey. Denn ein Werck und Erweis der Gerech-
tigkeit
war es, daß eine Satisfaction erfordert
und angenommen wurde: ein Beweis aber der
Gnade, daß, da sie kein Mensch schaffen können,
der Sohn GOttes selbst ins Mittel getreten und
sie geleistet hat, und damit er sie leisten könte, der
Vater ihn aus Liebe in die Welt gesandt, und die
Genugthuung für das menschliche Geschlecht an-
genommen; der Heilige Geist ihn auch zum Wer-
cke der Erlösung auf eine unendliche Weise, der
menschlichen Natur nach, gesalbet hat. So war
es demnach ein Beweis der Gerechtigkeit, daß

er

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 2. v. 9.
[Spaltenumbruch] erworben, nemlich da er, ehe er zum Stande
der Herrlichkeit erhoͤhet worden, ob er wol un-
endlich hoͤher iſt, denn die Engel, vorher auf
eine kurtze Zeit geringer worden als ſie, δια τὸ
πάθημα του῀ θανάτου, um den Tod uͤberneh-
men zu koͤnnen;
welche Ubernehmung des To-
des denn dieſen Zweck gehabt, daß er nicht fuͤr
ſich, oder ſeinet wegen, ſondern aus GOttes
Gnade fuͤr alle andere den Tod, ſonderlich den
ewigen, ſchmeckete und ſie davon erloͤſete.

3. Durch den Tod, welchen unſer Hey-
land ſchmecken ſollen, und geſchmecket hat, wird,
nebſt dem leiblichen, ſonderlich der Ewige ver-
ſtanden; der Ewige, dem das menſchliche Ge-
ſchlecht, in ſo fern es fuͤr ſich ſelbſt auſſer Chriſto
betrachtet wird, unterworfen iſt. Welcher
Tod nicht allein in einer Abgeſchiedenheit von
GOTT und ſeiner ſeligen Gemeinſchaft, ſon-
dern auch in einem Gefuͤhle der ewigen Quaal
und Pein beſtehet, und alſo iſt ein unſaͤglich
groſſes malum damni & ſenſus, ein ſolches
Ubel, da man des Guten, oder der Seligkeit,
und ſonderlich GOttes ſelbſt, beraubet iſt, und
das Boͤſe, oder die Unſeligkeit, in ewiger Strafe
empfindet.

4. Dieſen Tod, hat unſer Heyland nebſt
dem zeitlichen uͤber ſich genommen und empfun-
den.
Welches durch das Wort ſchmecken
angezeiget wird. Welche Redens-Art wir
auch vom leiblichen Tode finden, Matth. 16, 28.
Es ſtehen welche hie, die nicht ſchmecken
werden den Tod, bis daß ſie des Men-
ſchen Sohn kommen ſehen in ſeinem Reiche.

Vom ewigen ſpricht unſer Heyland: So ie-
mand mein Wort wird halten, der wird
den Tod nicht ſchmecken
(v. 51. nicht ſehen)
ewiglich.

5. Ob aber nun gleich dieſer Tod an ſich
ewig iſt; ſo hat ihn doch unſer Heyland nicht
auf ewig geſchmecket, alſo daß er ihn noch ietzo
und kuͤnftig beſtaͤndig ſchmecken muͤſte. Denn
ein anders iſt der ewige Tod an ſich ſelbſt, ein
anders das ewige ſchmecken. Dieſes war
deswegen nicht noͤthig bey Chriſto, weil ſeine
Perſon unendlich und von unendlicher Kraft iſt,
und daher dasjenige auf eine kurtze Zeit alſo hat
empfinden und ertragen koͤnnen, welches bey
ſchwachen Geſchoͤpfen von ewiger Daurung
iſt.

6. Und da der von Chriſto geſchmeckte ewi-
ge Tod beſtand, theils in einer voͤlligen Entzie-
hung GOttes und Ermangelung des Geſchmacks
der Herrlichkeit, theils in einem Gefuͤhl der
Straf-Gerechtigkeit GOttes: ſo ging auf das
erſte ſeine Klage am Creutze von der Verlaſ-
ſung
GOttes, da es nach Pſ. 22, 2. und Matth.
27, 46. hieß: Mein GOTT! mein GOTT!
warum haſt du mich verlaſſen!
Von dem
Gefuͤhle des Todes aber haben wir ſonderlich
den blutigen Kampf Chriſti am Oelberge an-
zunehmen. Math. 26, 36. u. f. Marc. 14, 32. u. f. Luc.
22, 39. u. f. Gewiß wenn man die Klage von der
Verlaſſung und der Bezeugung von dem inner-
lichen Seelen-Kampfe nicht von dem Gefuͤhl des
[Spaltenumbruch] ewigen Todes verſtehen wolte, ſo wuͤrde folgen,
daß mancher Maͤrtyrer mehr und freudiger ge-
litten, als Chriſtus, und daß uns Chriſtus vom
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eine wohlgegruͤndete Haupt-Wahrheit iſt. Da-
her es denn auch nach dem ſchon angefuͤhrten
Orte heißt: So iemand mein Wort wird
halten, der wird den Tod nicht ſchmecken
ewiglich.
Da denn Chriſti Worte halten, iſt,
nach 1 Joh. 3, 23. an ſeinen Namen glauben, und
ſich unter einander lieben.

7. Daß aber der Verſoͤhnungs-Tod Chri-
ſti, und dabey die Empfindung des ewigen Todes
allen Menſchen, ohne Ausnahme, ſoll zu gute kom-
men, oder in der Ordnung des Glaubens als ihr
eigen verdienſtlicher Weiſe zugerechnet werden,
das iſt angezeiget mit den Worten ὑπέρ παντὸς,
fuͤr alle, fuͤr einen ieglichen: ſintemal Chri-
ſtus die Verſoͤhnung iſt fuͤr unſere Suͤnde, nicht
allein aber fuͤr die unſere, oder der Glaͤubigen, der
Application nach, ſondern auch fuͤr die Suͤnde
der gantzen Welt 1 Joh. 2, 1. 2. und er auch die,
welche ihn verleugnen und aus ihrer eignen
Schuld verloren gehen, erkaufet hat 2 Pet. 2, 1.

8. Und wenn es heißt, daß der Tod fuͤr alle
geſchmecket ſey χάριτι Θεου῀, durch GOttes
Gnade,
ſo werden wir damit auf das rechte
Principium oder auf die Urqvelle alles unſers
Heyls gewieſen: welche iſt die Gnade, Liebe und
Erbarmung GOttes. Darum es Joh. 3, 16.
heißt: Alſo hat GOtt die Welt geliebet, daß
er ſeinen eingebornen Sohn geſandt
u. f.
Desgleichen Tit. 2, 11. Es iſt erſchienen die
beylſame Gnade GOttes allen Menſchen

u. f. auch c. 3, 4. 5. Da aber erſchien die
Freundlichkeit und Leutſeligkeit GOttes
unſers Heylandes
u. f. Und da die Liebe des
Vaters, auch war die Liebe des Sohnes, ſo ſpricht
Paulus Gal. 2, 20. Der Sohn GOttes hat
mich geliebet, und ſich ſelbſt fuͤr mich darge-
geben.
Jmgleichen Eph. 5, 2. Wandelt in der
Liebe; gleichwie Chriſtus uns hat geliebet,
und ſich ſelbſt dargegeben fuͤr uns zur
Gabe und Opfer, GOtt zu einem ſuͤſſen
Geruch.

9. Es iſt bey den Worten von, aus, oder
vermoͤge der Gnade GOttes fuͤr alle den
Tod ſchmecken,
noch dieſes wohl zu mercken,
daß damit angezeiget wird, daß bey der Wieder-
bringung unſers Heyls weder die bloſſe Gerech-
tigkeit ohne die Gnade,
noch die bloſſe Gna-
de ohne die Gerechtigkeit
beſchaͤftiget geweſen
ſey. Denn ein Werck und Erweis der Gerech-
tigkeit
war es, daß eine Satisfaction erfordert
und angenommen wurde: ein Beweis aber der
Gnade, daß, da ſie kein Menſch ſchaffen koͤnnen,
der Sohn GOttes ſelbſt ins Mittel getreten und
ſie geleiſtet hat, und damit er ſie leiſten koͤnte, der
Vater ihn aus Liebe in die Welt geſandt, und die
Genugthuung fuͤr das menſchliche Geſchlecht an-
genommen; der Heilige Geiſt ihn auch zum Wer-
cke der Erloͤſung auf eine unendliche Weiſe, der
menſchlichen Natur nach, geſalbet hat. So war
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[264/0266] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 2. v. 9. erworben, nemlich da er, ehe er zum Stande der Herrlichkeit erhoͤhet worden, ob er wol un- endlich hoͤher iſt, denn die Engel, vorher auf eine kurtze Zeit geringer worden als ſie, δια τὸ πάθημα του῀ θανάτου, um den Tod uͤberneh- men zu koͤnnen; welche Ubernehmung des To- des denn dieſen Zweck gehabt, daß er nicht fuͤr ſich, oder ſeinet wegen, ſondern aus GOttes Gnade fuͤr alle andere den Tod, ſonderlich den ewigen, ſchmeckete und ſie davon erloͤſete. 3. Durch den Tod, welchen unſer Hey- land ſchmecken ſollen, und geſchmecket hat, wird, nebſt dem leiblichen, ſonderlich der Ewige ver- ſtanden; der Ewige, dem das menſchliche Ge- ſchlecht, in ſo fern es fuͤr ſich ſelbſt auſſer Chriſto betrachtet wird, unterworfen iſt. Welcher Tod nicht allein in einer Abgeſchiedenheit von GOTT und ſeiner ſeligen Gemeinſchaft, ſon- dern auch in einem Gefuͤhle der ewigen Quaal und Pein beſtehet, und alſo iſt ein unſaͤglich groſſes malum damni & ſenſus, ein ſolches Ubel, da man des Guten, oder der Seligkeit, und ſonderlich GOttes ſelbſt, beraubet iſt, und das Boͤſe, oder die Unſeligkeit, in ewiger Strafe empfindet. 4. Dieſen Tod, hat unſer Heyland nebſt dem zeitlichen uͤber ſich genommen und empfun- den. Welches durch das Wort ſchmecken angezeiget wird. Welche Redens-Art wir auch vom leiblichen Tode finden, Matth. 16, 28. Es ſtehen welche hie, die nicht ſchmecken werden den Tod, bis daß ſie des Men- ſchen Sohn kommen ſehen in ſeinem Reiche. Vom ewigen ſpricht unſer Heyland: So ie- mand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht ſchmecken (v. 51. nicht ſehen) ewiglich. 5. Ob aber nun gleich dieſer Tod an ſich ewig iſt; ſo hat ihn doch unſer Heyland nicht auf ewig geſchmecket, alſo daß er ihn noch ietzo und kuͤnftig beſtaͤndig ſchmecken muͤſte. Denn ein anders iſt der ewige Tod an ſich ſelbſt, ein anders das ewige ſchmecken. Dieſes war deswegen nicht noͤthig bey Chriſto, weil ſeine Perſon unendlich und von unendlicher Kraft iſt, und daher dasjenige auf eine kurtze Zeit alſo hat empfinden und ertragen koͤnnen, welches bey ſchwachen Geſchoͤpfen von ewiger Daurung iſt. 6. Und da der von Chriſto geſchmeckte ewi- ge Tod beſtand, theils in einer voͤlligen Entzie- hung GOttes und Ermangelung des Geſchmacks der Herrlichkeit, theils in einem Gefuͤhl der Straf-Gerechtigkeit GOttes: ſo ging auf das erſte ſeine Klage am Creutze von der Verlaſ- ſung GOttes, da es nach Pſ. 22, 2. und Matth. 27, 46. hieß: Mein GOTT! mein GOTT! warum haſt du mich verlaſſen! Von dem Gefuͤhle des Todes aber haben wir ſonderlich den blutigen Kampf Chriſti am Oelberge an- zunehmen. Math. 26, 36. u. f. Marc. 14, 32. u. f. Luc. 22, 39. u. f. Gewiß wenn man die Klage von der Verlaſſung und der Bezeugung von dem inner- lichen Seelen-Kampfe nicht von dem Gefuͤhl des ewigen Todes verſtehen wolte, ſo wuͤrde folgen, daß mancher Maͤrtyrer mehr und freudiger ge- litten, als Chriſtus, und daß uns Chriſtus vom ewigen Tode nicht erloͤſet haͤtte. Welches doch eine wohlgegruͤndete Haupt-Wahrheit iſt. Da- her es denn auch nach dem ſchon angefuͤhrten Orte heißt: So iemand mein Wort wird halten, der wird den Tod nicht ſchmecken ewiglich. Da denn Chriſti Worte halten, iſt, nach 1 Joh. 3, 23. an ſeinen Namen glauben, und ſich unter einander lieben. 7. Daß aber der Verſoͤhnungs-Tod Chri- ſti, und dabey die Empfindung des ewigen Todes allen Menſchen, ohne Ausnahme, ſoll zu gute kom- men, oder in der Ordnung des Glaubens als ihr eigen verdienſtlicher Weiſe zugerechnet werden, das iſt angezeiget mit den Worten ὑπέρ παντὸς, fuͤr alle, fuͤr einen ieglichen: ſintemal Chri- ſtus die Verſoͤhnung iſt fuͤr unſere Suͤnde, nicht allein aber fuͤr die unſere, oder der Glaͤubigen, der Application nach, ſondern auch fuͤr die Suͤnde der gantzen Welt 1 Joh. 2, 1. 2. und er auch die, welche ihn verleugnen und aus ihrer eignen Schuld verloren gehen, erkaufet hat 2 Pet. 2, 1. 8. Und wenn es heißt, daß der Tod fuͤr alle geſchmecket ſey χάριτι Θεου῀, durch GOttes Gnade, ſo werden wir damit auf das rechte Principium oder auf die Urqvelle alles unſers Heyls gewieſen: welche iſt die Gnade, Liebe und Erbarmung GOttes. Darum es Joh. 3, 16. heißt: Alſo hat GOtt die Welt geliebet, daß er ſeinen eingebornen Sohn geſandt u. f. Desgleichen Tit. 2, 11. Es iſt erſchienen die beylſame Gnade GOttes allen Menſchen u. f. auch c. 3, 4. 5. Da aber erſchien die Freundlichkeit und Leutſeligkeit GOttes unſers Heylandes u. f. Und da die Liebe des Vaters, auch war die Liebe des Sohnes, ſo ſpricht Paulus Gal. 2, 20. Der Sohn GOttes hat mich geliebet, und ſich ſelbſt fuͤr mich darge- geben. Jmgleichen Eph. 5, 2. Wandelt in der Liebe; gleichwie Chriſtus uns hat geliebet, und ſich ſelbſt dargegeben fuͤr uns zur Gabe und Opfer, GOtt zu einem ſuͤſſen Geruch. 9. Es iſt bey den Worten von, aus, oder vermoͤge der Gnade GOttes fuͤr alle den Tod ſchmecken, noch dieſes wohl zu mercken, daß damit angezeiget wird, daß bey der Wieder- bringung unſers Heyls weder die bloſſe Gerech- tigkeit ohne die Gnade, noch die bloſſe Gna- de ohne die Gerechtigkeit beſchaͤftiget geweſen ſey. Denn ein Werck und Erweis der Gerech- tigkeit war es, daß eine Satisfaction erfordert und angenommen wurde: ein Beweis aber der Gnade, daß, da ſie kein Menſch ſchaffen koͤnnen, der Sohn GOttes ſelbſt ins Mittel getreten und ſie geleiſtet hat, und damit er ſie leiſten koͤnte, der Vater ihn aus Liebe in die Welt geſandt, und die Genugthuung fuͤr das menſchliche Geſchlecht an- genommen; der Heilige Geiſt ihn auch zum Wer- cke der Erloͤſung auf eine unendliche Weiſe, der menſchlichen Natur nach, geſalbet hat. So war es demnach ein Beweis der Gerechtigkeit, daß er

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/266>, abgerufen am 23.11.2024.