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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 2. v. 1 an die Hebräer.
[Spaltenumbruch]
d. Daß er von den Engeln GOttes angebe-
tet wird.
v. 6.
e. Daß er mit dem Heiligen Geiste ohne Maße
gesalbet worden. v. 9.

9. Wir finden auch in diesem Capitel eine
schöne Vorstellung von dem dreyfachen Amte
Christi:

a. Vom Hohenpriesterlichen: nach welchem
[Spaltenumbruch] er die Reinigung unserer Sünde durch sich
selbst gemachet. v. 3.
b. Vom Prophetischen: nach welchem der
Vater durch ihn geredet hat. v. 1.
c. Vom Königlichen: nach welchem sein
Thron ewig bleibet, und nach welchem
auch seine menschliche Natur zur Rechten
GOttes
ist erhöhet worden. v. 3. 8.
Das Andere Capitel,
Darinnen
Der Apostel aus der Materie des ersten Capitels einen
Schluß machet zur würdigen Wahrnehmung des Evangelii/ und solchen
Schluß durch die Vorstellung der menschlichen Natur und des Mitt-
ler-Amts Christi mit mehrern erläutert und
bekräftiget.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

DArum (da wir leben zur Zeit des
neuen Testaments, in welcher GOtt
durch seinen Sohn, der einen un-
endlichen Vorzug hat vor allen En-
geln, Patriarchen und Propheten,
zu uns geredet hat) sollen wir desto mehr
wahrnehmen
(durch willige Aufnahme, andäch-
tige Betrachtung, und würckliche Ausübung)
des Worts, das wir hören (gehöret haben und
noch hören von dem gantzen durch Christum ver-
kündigten Rathe GOttes) daß wir nicht da-
hin fahren
(wie ein Schiff, das vor dem Hafen
vorüber fähret und an einer Klippe zerscheitert.)

Anmerckungen.

1. Mit dem Worte akousthei~si, oder,
akousthenta, gehörte Worte und Sachen
scheinet der Apostel zurück zu sehen auf den Ort
vom Meßia 5 B. Mos. 18, 15. Einen Pro-
pheten wie mich, wird der HErr dein
GOTT dir erwecken aus dir und deinen
Brüdern, dem solt ihr gehorchen.
desglei-
chen v. 18. Jch will ihnen einen Propheten,
wie du bist, erwecken aus ihren Brüdern,
und meine Worte in seinen Mund geben,
der soll zu ihren reden alles, was ich ihm
gebieten werde. Und wer meine Worte
nicht hören wird, die er in meinem Na-
men reden wird, von dem will ichs fordern.

Und dieses wurde wiederholet in der Verklä-
rung Christi auf dem Berge Matth. 17, 5. Da
des Vaters Stimme von dem Sohne aus den
Wolcken kam und sprach: diß ist mein lieber
Sohn, an welchem ich wohlgefallen habe,
den solt ihr hören.

2. Ta akousthenta, die gehörte Sachen,
sind hier alles, was unser Heyland und seine
Apostel vom gantzen Rathe GOttes mündlich
vorgetragen hatten, theils auch schon in Schrif-
[Spaltenumbruch] ten verfasset war. Wie denn der Weisheit GOt-
tes und der menschlichen Natur gemäß gewesen
ist, daß, obgleich GOtt manche Person zu sei-
nem Dienste am Evangelio unmittelbar berufen
und ausgerüstet hat, doch mit Menschen durch
Menschen mittelbarer Weise gehandelt würde.
Wie denn auch das Gehör von GOtt uns son-
derlich dazu gegeben ist, das es sensus discipli-
nae primarius,
das vornehmste Mittel zum Un-
terricht und zur Erlernung seyn soll.

3. Wem viel gegeben ist, von dem wird
auch viel gefodert werden. Darum heißt es al-
hier, desto mehr wahrnehmen. Da nun zur
Zeit des neuen Testaments das Licht der Offen-
barung bey der Erfüllung viel heller und herrlicher
ist, als es im alten bey der Verheissung und bey
den Vorbildern gewesen, so ist leichtlich zu erach-
ten, wozu man dadurch verpflichtet sey. Man
hat auch bey der höhern Pflicht diese Wohlthat,
oder diesen höhern Grad der Seligkeit, daß man
es im Stande der Gnade zur seligen Gemeinschaft
mit GOtt viel weiter bringen kan, als im alten
Testamente geschehen ist.

4. Zu dem prosekhein, wahrnehmen, wird
erfordert, daß man alles, was zum Rathe GOttes
von unserer Seligkeit gehöret, als die theuresten
göttlichen Wahrheiten, hoch halte, recht er-
kenne, wohl erwege
und getreulich, auch be-
ständig anwende.
Dieses ist nicht allein nütz-
lich und löblich, sondern auch nothwendig, da es
zur Heyls-Ordnung, ohne welche niemand selig
werden kan, gehöret. Darum saget der Apostel
dei~, es muß seyn.

5. Das Wort paraRRuomen gehet eigent-
lich auf die hörende Personen, aber folglich
auch auf die gehörete Sache. Denn es heißt:
nicht vorbey fliessen, ausfliessen, ausrinnen lassen;
und ist eine Redens-Art, hergenommen von sol-
chen Wasser-Gevässen, welche in der Dürre zer-
lechtzen, voller Ritzen und Spalte werden, und

daher
K k 2
C. 2. v. 1 an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]
d. Daß er von den Engeln GOttes angebe-
tet wird.
v. 6.
e. Daß er mit dem Heiligen Geiſte ohne Maße
geſalbet worden. v. 9.

9. Wir finden auch in dieſem Capitel eine
ſchoͤne Vorſtellung von dem dreyfachen Amte
Chriſti:

a. Vom Hohenprieſterlichen: nach welchem
[Spaltenumbruch] er die Reinigung unſerer Suͤnde durch ſich
ſelbſt gemachet. v. 3.
b. Vom Prophetiſchen: nach welchem der
Vater durch ihn geredet hat. v. 1.
c. Vom Koͤniglichen: nach welchem ſein
Thron ewig bleibet, und nach welchem
auch ſeine menſchliche Natur zur Rechten
GOttes
iſt erhoͤhet worden. v. 3. 8.
Das Andere Capitel,
Darinnen
Der Apoſtel aus der Materie des erſten Capitels einen
Schluß machet zur wuͤrdigen Wahrnehmung des Evangelii/ und ſolchen
Schluß durch die Vorſtellung der menſchlichen Natur und des Mitt-
ler-Amts Chriſti mit mehrern erlaͤutert und
bekraͤftiget.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

DArum (da wir leben zur Zeit des
neuen Teſtaments, in welcher GOtt
durch ſeinen Sohn, der einen un-
endlichen Vorzug hat vor allen En-
geln, Patriarchen und Propheten,
zu uns geredet hat) ſollen wir deſto mehr
wahrnehmen
(durch willige Aufnahme, andaͤch-
tige Betrachtung, und wuͤrckliche Ausuͤbung)
des Worts, das wir hoͤren (gehoͤret haben und
noch hoͤren von dem gantzen durch Chriſtum ver-
kuͤndigten Rathe GOttes) daß wir nicht da-
hin fahren
(wie ein Schiff, das vor dem Hafen
voruͤber faͤhret und an einer Klippe zerſcheitert.)

Anmerckungen.

1. Mit dem Worte ἀκουσϑει῀σι, oder,
ἀκουσϑέντα, gehoͤrte Worte und Sachen
ſcheinet der Apoſtel zuruͤck zu ſehen auf den Ort
vom Meßia 5 B. Moſ. 18, 15. Einen Pro-
pheten wie mich, wird der HErr dein
GOTT dir erwecken aus dir und deinen
Bruͤdern, dem ſolt ihr gehorchen.
desglei-
chen v. 18. Jch will ihnen einen Propheten,
wie du biſt, erwecken aus ihren Bruͤdern,
und meine Worte in ſeinen Mund geben,
der ſoll zu ihren reden alles, was ich ihm
gebieten werde. Und wer meine Worte
nicht hoͤren wird, die er in meinem Na-
men reden wird, von dem will ichs fordern.

Und dieſes wurde wiederholet in der Verklaͤ-
rung Chriſti auf dem Berge Matth. 17, 5. Da
des Vaters Stimme von dem Sohne aus den
Wolcken kam und ſprach: diß iſt mein lieber
Sohn, an welchem ich wohlgefallen habe,
den ſolt ihr hoͤren.

2. Τὰ ἀκουσϑέντα, die gehoͤrte Sachen,
ſind hier alles, was unſer Heyland und ſeine
Apoſtel vom gantzen Rathe GOttes muͤndlich
vorgetragen hatten, theils auch ſchon in Schrif-
[Spaltenumbruch] ten verfaſſet war. Wie denn der Weisheit GOt-
tes und der menſchlichen Natur gemaͤß geweſen
iſt, daß, obgleich GOtt manche Perſon zu ſei-
nem Dienſte am Evangelio unmittelbar berufen
und ausgeruͤſtet hat, doch mit Menſchen durch
Menſchen mittelbarer Weiſe gehandelt wuͤrde.
Wie denn auch das Gehoͤr von GOtt uns ſon-
derlich dazu gegeben iſt, das es ſenſus diſcipli-
næ primarius,
das vornehmſte Mittel zum Un-
terricht und zur Erlernung ſeyn ſoll.

3. Wem viel gegeben iſt, von dem wird
auch viel gefodert werden. Darum heißt es al-
hier, deſto mehr wahrnehmen. Da nun zur
Zeit des neuen Teſtaments das Licht der Offen-
barung bey der Erfuͤllung viel heller und herrlicher
iſt, als es im alten bey der Verheiſſung und bey
den Vorbildern geweſen, ſo iſt leichtlich zu erach-
ten, wozu man dadurch verpflichtet ſey. Man
hat auch bey der hoͤhern Pflicht dieſe Wohlthat,
oder dieſen hoͤhern Grad der Seligkeit, daß man
es im Stande der Gnade zur ſeligen Gemeinſchaft
mit GOtt viel weiter bringen kan, als im alten
Teſtamente geſchehen iſt.

4. Zu dem ϖροσέχειν, wahrnehmen, wird
erfordert, daß man alles, was zum Rathe GOttes
von unſerer Seligkeit gehoͤret, als die theureſten
goͤttlichen Wahrheiten, hoch halte, recht er-
kenne, wohl erwege
und getreulich, auch be-
ſtaͤndig anwende.
Dieſes iſt nicht allein nuͤtz-
lich und loͤblich, ſondern auch nothwendig, da es
zur Heyls-Ordnung, ohne welche niemand ſelig
werden kan, gehoͤret. Darum ſaget der Apoſtel
δει῀, es muß ſeyn.

5. Das Wort παραῤῥυῶμεν gehet eigent-
lich auf die hoͤrende Perſonen, aber folglich
auch auf die gehoͤrete Sache. Denn es heißt:
nicht vorbey flieſſen, ausflieſſen, ausrinnen laſſen;
und iſt eine Redens-Art, hergenommen von ſol-
chen Waſſer-Gevaͤſſen, welche in der Duͤrre zer-
lechtzen, voller Ritzen und Spalte werden, und

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[259/0261] C. 2. v. 1 an die Hebraͤer. d. Daß er von den Engeln GOttes angebe- tet wird. v. 6. e. Daß er mit dem Heiligen Geiſte ohne Maße geſalbet worden. v. 9. 9. Wir finden auch in dieſem Capitel eine ſchoͤne Vorſtellung von dem dreyfachen Amte Chriſti: a. Vom Hohenprieſterlichen: nach welchem er die Reinigung unſerer Suͤnde durch ſich ſelbſt gemachet. v. 3. b. Vom Prophetiſchen: nach welchem der Vater durch ihn geredet hat. v. 1. c. Vom Koͤniglichen: nach welchem ſein Thron ewig bleibet, und nach welchem auch ſeine menſchliche Natur zur Rechten GOttes iſt erhoͤhet worden. v. 3. 8. Das Andere Capitel, Darinnen Der Apoſtel aus der Materie des erſten Capitels einen Schluß machet zur wuͤrdigen Wahrnehmung des Evangelii/ und ſolchen Schluß durch die Vorſtellung der menſchlichen Natur und des Mitt- ler-Amts Chriſti mit mehrern erlaͤutert und bekraͤftiget. V. 1. DArum (da wir leben zur Zeit des neuen Teſtaments, in welcher GOtt durch ſeinen Sohn, der einen un- endlichen Vorzug hat vor allen En- geln, Patriarchen und Propheten, zu uns geredet hat) ſollen wir deſto mehr wahrnehmen (durch willige Aufnahme, andaͤch- tige Betrachtung, und wuͤrckliche Ausuͤbung) des Worts, das wir hoͤren (gehoͤret haben und noch hoͤren von dem gantzen durch Chriſtum ver- kuͤndigten Rathe GOttes) daß wir nicht da- hin fahren (wie ein Schiff, das vor dem Hafen voruͤber faͤhret und an einer Klippe zerſcheitert.) Anmerckungen. 1. Mit dem Worte ἀκουσϑει῀σι, oder, ἀκουσϑέντα, gehoͤrte Worte und Sachen ſcheinet der Apoſtel zuruͤck zu ſehen auf den Ort vom Meßia 5 B. Moſ. 18, 15. Einen Pro- pheten wie mich, wird der HErr dein GOTT dir erwecken aus dir und deinen Bruͤdern, dem ſolt ihr gehorchen. desglei- chen v. 18. Jch will ihnen einen Propheten, wie du biſt, erwecken aus ihren Bruͤdern, und meine Worte in ſeinen Mund geben, der ſoll zu ihren reden alles, was ich ihm gebieten werde. Und wer meine Worte nicht hoͤren wird, die er in meinem Na- men reden wird, von dem will ichs fordern. Und dieſes wurde wiederholet in der Verklaͤ- rung Chriſti auf dem Berge Matth. 17, 5. Da des Vaters Stimme von dem Sohne aus den Wolcken kam und ſprach: diß iſt mein lieber Sohn, an welchem ich wohlgefallen habe, den ſolt ihr hoͤren. 2. Τὰ ἀκουσϑέντα, die gehoͤrte Sachen, ſind hier alles, was unſer Heyland und ſeine Apoſtel vom gantzen Rathe GOttes muͤndlich vorgetragen hatten, theils auch ſchon in Schrif- ten verfaſſet war. Wie denn der Weisheit GOt- tes und der menſchlichen Natur gemaͤß geweſen iſt, daß, obgleich GOtt manche Perſon zu ſei- nem Dienſte am Evangelio unmittelbar berufen und ausgeruͤſtet hat, doch mit Menſchen durch Menſchen mittelbarer Weiſe gehandelt wuͤrde. Wie denn auch das Gehoͤr von GOtt uns ſon- derlich dazu gegeben iſt, das es ſenſus diſcipli- næ primarius, das vornehmſte Mittel zum Un- terricht und zur Erlernung ſeyn ſoll. 3. Wem viel gegeben iſt, von dem wird auch viel gefodert werden. Darum heißt es al- hier, deſto mehr wahrnehmen. Da nun zur Zeit des neuen Teſtaments das Licht der Offen- barung bey der Erfuͤllung viel heller und herrlicher iſt, als es im alten bey der Verheiſſung und bey den Vorbildern geweſen, ſo iſt leichtlich zu erach- ten, wozu man dadurch verpflichtet ſey. Man hat auch bey der hoͤhern Pflicht dieſe Wohlthat, oder dieſen hoͤhern Grad der Seligkeit, daß man es im Stande der Gnade zur ſeligen Gemeinſchaft mit GOtt viel weiter bringen kan, als im alten Teſtamente geſchehen iſt. 4. Zu dem ϖροσέχειν, wahrnehmen, wird erfordert, daß man alles, was zum Rathe GOttes von unſerer Seligkeit gehoͤret, als die theureſten goͤttlichen Wahrheiten, hoch halte, recht er- kenne, wohl erwege und getreulich, auch be- ſtaͤndig anwende. Dieſes iſt nicht allein nuͤtz- lich und loͤblich, ſondern auch nothwendig, da es zur Heyls-Ordnung, ohne welche niemand ſelig werden kan, gehoͤret. Darum ſaget der Apoſtel δει῀, es muß ſeyn. 5. Das Wort παραῤῥυῶμεν gehet eigent- lich auf die hoͤrende Perſonen, aber folglich auch auf die gehoͤrete Sache. Denn es heißt: nicht vorbey flieſſen, ausflieſſen, ausrinnen laſſen; und iſt eine Redens-Art, hergenommen von ſol- chen Waſſer-Gevaͤſſen, welche in der Duͤrre zer- lechtzen, voller Ritzen und Spalte werden, und daher K k 2

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/261>, abgerufen am 23.11.2024.