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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 1. v. 1. 2.
[Spaltenumbruch] die Reise, und suchet ihn darmit bey dem Phile-
mone wieder auszusöhnen, und dabey aufs be-
ste zu recommendiren. Und über das vermel-
det er seine bevorstehende baldige Uberkunft, und
bittet sich bey dem Philemone die Herberge aus.

§. V. Die Würde und Nutzbarkeit
dieses Briefes. So klein er ist, so vortreflich
ist er doch; und zwar in Ansehung sowol der
Glaubens-Lehren, welche darinnen bey Ge-
legenheit berühret werden, als der Lebens-
Pflichten,
welche an dem Exempel Pauli,
Philemonis und Onesimi vorkommen, und zur
Nachfolge dienen.

Glaubens-Lehren sind die

Von JEsu Christo, dessen darinnen zu acht
malen ausdrücklich gedacht wird: ausser dem,
daß er darinnen auch mehrmal der HERR,
oder Jehovah genennet wird.
Von der Gnade GOttes, die vom Vater
und Sohne kömmt, durch die kräftige Wir-
ckung des Heiligen Geistes v. 3. 25.
Von dem Glauben an Christum, v. 5. 6.
Von der Göttlichen Providentz in Regierung
menschlicher Handlungen, da auch das böse
zum guten dienen muß: wie an dem gantzen
Exempel Onesimi zu sehen ist.
Von der Wiedergeburt am Onesimo, v. 10.
Von dem Evangelio, als dem Mittel der
Wiedergeburt v. 10. 13.
Von dem Lehramte, und dessen Kraft, auch von
der Lehrer Treue, ibid.
Von dem Geheimnisse des Creutzes, v. 11. u. f.
Von der Gemeinschaft an den Heyls-Gütern,
v. 6.
Lebens-Pflichten sind sonderlich
Von dem Gebet, und darinnen von der Für-
bitte,
v. 4.
Von der Liebe des Nächsten, v. 5.
Von der Gelindigkeit gegen die Gefallenen.
Von der Treue und Pflicht der Dienstboten
gegen ihre Herrschaft.

§. VI. Die Eintheilung ist bey der Kür-
tze dieses Briefes leichtlich gemachet. Denn
nach der Zuschrift und dem Segens-Wunsche,
machet der Apostel den Eingang von dem löbli-
chen Zustande des Philemonis v. 4-9. darauf
er kömmt zu dem Hauptwercke, den Onesi-
mum ihm zur willigen und liebreichen Aufnahme
zu recommendiren v. 10. 12. welches er denn
thut mit unterschiedlichen darzu angeführten
Gründen vom 11. bis 21. Vers. Darauf er im
Beschluß sich die Herberge bey ihm bestellet.

V. 1.

PAulus, der Gebundene JEsu
Christi,
(um Christi willen,) und
Timotheus, der Bruder, Phi-
lemoni, dem Lieben und un-
serm Gehülfen
(am Evangelio.

1. Um Christi willen gebunden seyn,
oder gefangen gehalten werden, war Paulo
[Spaltenumbruch] eine sonderbare Ehre und eine Freude; daher er
sich solcher seiner Banden nicht schämet, son-
dern derselben gleich anfangs mit Freudigkeit ge-
dencket, welches denn ein kräftiger Erweis war
wie von seiner Unschuld, also auch von der Gött-
lichen Wahrheit des Evangelii von Christo.

2. Wie groß ist doch der Verfall des
menschlichen Geschlechts!
Es liegen die Men-
schen nicht allein im äussersten Elende, sondern
auch, da ihnen der Heyland der Welt daraus
helfen will, und ihnen solches Heyl aufs liebreich-
ste anpreisen läßt, auch seine göttliche Auctorität
dabey mit Wunder-Thaten selbst und durch seine
Apostel characterisiret; so bringen sie ihn ans
Creutz und nehmen seine Herolde gefangen, und
bringen sie endlich gar ums Leben. Daß aber
der HErr solches alles geschehen läßt, das gehöret
zum Geheimnisse des Creutzes.

3. Was damals das heydnische Rom
gethan hat, daß thut schon von sehr langen Zeiten
her das antichristische Rom; als welches schon
vorlängst zum geistlichen Babel und mit seinem
ungöttlichen Kirchen-Regimente zu derjenigen
grossen Hure geworden ist, welcher Hurenschmuck
und geistliche Zauberey mit ihrem Untergange in
der Offenbarung Johannis C. 17. und C. 18. be-
schrieben wird. Ja Paulus hat noch itzo manche
Brüder unter den Zeugen der Wahrheit, welche
um des Namens JEsu willen in Ketten und Ban-
den liegen. Ein befreyeter und doch ge-
bundener Christe
seyn, gehöret auch zum Ge-
heimniß des Creutzes. Wohl dem, der nur von
der herrschenden Sünde nicht mehr gebunden ge-
halten wird!

4. Daß dieser Brief aus der ersten Ge-
fangenschaft
zu Rom geschrieben sey, das siehet
man auch daraus, daß Paulus sich in der Auf-
schrift Timotheum zur Seite setzet; wie er auch
in den daselbst geschriebenen Briefen an die Phi-
lipper
und an die Colosser thut. Denn in der
letztern Gefangenschaft hatte er Timotheum nicht
um sich, sondern er berief ihn durch den andern
an ihn geschriebenen Brief erst dahin zu sich. Und
daß Timotheus mit ihm daselbst der Leiden theil-
haftig worden ist, das erkennet man unter andern
daraus, daß Paulus nach seiner Erledigung an
die Hebräer C. 13, 13. schrieb: Wisset, daß der
Bruder Timotheus wieder ledig ist: mit
welchem, so er bald kömmt, will ich euch
sehen.
Und also war er auch einige Zeit gefan-
gen gehalten worden.

5. Gleichwie den Gläubigen von GOttes
wegen, oder von Seiten GOttes, kein Name
angenehmer ist, als daß sie Kinder GOttes sind
und heissen:
so haben sie auch unter sich selbst
keinen Namen, der mehr von dem Grunde der ge-
meinschaftlichen Kindschaft zeuget, und ihnen
selbst lieber ist, als der Name der Brüder, und
die damit bezeichnete Sache, nemlich der gemein-
schaftliche Sinn
nach Christo JEsu, wenn
man iemand, ob man ihn auch gleich nicht seinen
Bruder nennet, in der Wahrheit dafür erkennen
kan. Aber wie rar sind solche wahre Brüder im
Geiste! Es nennen sich zwar alle öffentliche Leh-

rer

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 1. v. 1. 2.
[Spaltenumbruch] die Reiſe, und ſuchet ihn darmit bey dem Phile-
mone wieder auszuſoͤhnen, und dabey aufs be-
ſte zu recommendiren. Und uͤber das vermel-
det er ſeine bevorſtehende baldige Uberkunft, und
bittet ſich bey dem Philemone die Herberge aus.

§. V. Die Wuͤrde und Nutzbarkeit
dieſes Briefes. So klein er iſt, ſo vortreflich
iſt er doch; und zwar in Anſehung ſowol der
Glaubens-Lehren, welche darinnen bey Ge-
legenheit beruͤhret werden, als der Lebens-
Pflichten,
welche an dem Exempel Pauli,
Philemonis und Oneſimi vorkommen, und zur
Nachfolge dienen.

Glaubens-Lehren ſind die

Von JEſu Chriſto, deſſen darinnen zu acht
malen ausdruͤcklich gedacht wird: auſſer dem,
daß er darinnen auch mehrmal der HERR,
oder Jehovah genennet wird.
Von der Gnade GOttes, die vom Vater
und Sohne koͤmmt, durch die kraͤftige Wir-
ckung des Heiligen Geiſtes v. 3. 25.
Von dem Glauben an Chriſtum, v. 5. 6.
Von der Goͤttlichen Providentz in Regierung
menſchlicher Handlungen, da auch das boͤſe
zum guten dienen muß: wie an dem gantzen
Exempel Oneſimi zu ſehen iſt.
Von der Wiedergeburt am Oneſimo, v. 10.
Von dem Evangelio, als dem Mittel der
Wiedergeburt v. 10. 13.
Von dem Lehramte, und deſſen Kraft, auch von
der Lehrer Treue, ibid.
Von dem Geheimniſſe des Creutzes, v. 11. u. f.
Von der Gemeinſchaft an den Heyls-Guͤtern,
v. 6.
Lebens-Pflichten ſind ſonderlich
Von dem Gebet, und darinnen von der Fuͤr-
bitte,
v. 4.
Von der Liebe des Naͤchſten, v. 5.
Von der Gelindigkeit gegen die Gefallenen.
Von der Treue und Pflicht der Dienſtboten
gegen ihre Herrſchaft.

§. VI. Die Eintheilung iſt bey der Kuͤr-
tze dieſes Briefes leichtlich gemachet. Denn
nach der Zuſchrift und dem Segens-Wunſche,
machet der Apoſtel den Eingang von dem loͤbli-
chen Zuſtande des Philemonis v. 4-9. darauf
er koͤmmt zu dem Hauptwercke, den Oneſi-
mum ihm zur willigen und liebreichen Aufnahme
zu recommendiren v. 10. 12. welches er denn
thut mit unterſchiedlichen darzu angefuͤhrten
Gruͤnden vom 11. bis 21. Vers. Darauf er im
Beſchluß ſich die Herberge bey ihm beſtellet.

V. 1.

PAulus, der Gebundene JEſu
Chriſti,
(um Chriſti willen,) und
Timotheus, der Bruder, Phi-
lemoni, dem Lieben und un-
ſerm Gehuͤlfen
(am Evangelio.

1. Um Chriſti willen gebunden ſeyn,
oder gefangen gehalten werden, war Paulo
[Spaltenumbruch] eine ſonderbare Ehre und eine Freude; daher er
ſich ſolcher ſeiner Banden nicht ſchaͤmet, ſon-
dern derſelben gleich anfangs mit Freudigkeit ge-
dencket, welches denn ein kraͤftiger Erweis war
wie von ſeiner Unſchuld, alſo auch von der Goͤtt-
lichen Wahrheit des Evangelii von Chriſto.

2. Wie groß iſt doch der Verfall des
menſchlichen Geſchlechts!
Es liegen die Men-
ſchen nicht allein im aͤuſſerſten Elende, ſondern
auch, da ihnen der Heyland der Welt daraus
helfen will, und ihnen ſolches Heyl aufs liebreich-
ſte anpreiſen laͤßt, auch ſeine goͤttliche Auctoritaͤt
dabey mit Wunder-Thaten ſelbſt und durch ſeine
Apoſtel characteriſiret; ſo bringen ſie ihn ans
Creutz und nehmen ſeine Herolde gefangen, und
bringen ſie endlich gar ums Leben. Daß aber
der HErr ſolches alles geſchehen laͤßt, das gehoͤret
zum Geheimniſſe des Creutzes.

3. Was damals das heydniſche Rom
gethan hat, daß thut ſchon von ſehr langen Zeiten
her das antichriſtiſche Rom; als welches ſchon
vorlaͤngſt zum geiſtlichen Babel und mit ſeinem
ungoͤttlichen Kirchen-Regimente zu derjenigen
groſſen Hure geworden iſt, welcher Hurenſchmuck
und geiſtliche Zauberey mit ihrem Untergange in
der Offenbarung Johannis C. 17. und C. 18. be-
ſchrieben wird. Ja Paulus hat noch itzo manche
Bruͤder unter den Zeugen der Wahrheit, welche
um des Namens JEſu willen in Ketten und Ban-
den liegen. Ein befreyeter und doch ge-
bundener Chriſte
ſeyn, gehoͤret auch zum Ge-
heimniß des Creutzes. Wohl dem, der nur von
der herrſchenden Suͤnde nicht mehr gebunden ge-
halten wird!

4. Daß dieſer Brief aus der erſten Ge-
fangenſchaft
zu Rom geſchrieben ſey, das ſiehet
man auch daraus, daß Paulus ſich in der Auf-
ſchrift Timotheum zur Seite ſetzet; wie er auch
in den daſelbſt geſchriebenen Briefen an die Phi-
lipper
und an die Coloſſer thut. Denn in der
letztern Gefangenſchaft hatte er Timotheum nicht
um ſich, ſondern er berief ihn durch den andern
an ihn geſchriebenen Brief erſt dahin zu ſich. Und
daß Timotheus mit ihm daſelbſt der Leiden theil-
haftig worden iſt, das erkennet man unter andern
daraus, daß Paulus nach ſeiner Erledigung an
die Hebraͤer C. 13, 13. ſchrieb: Wiſſet, daß der
Bruder Timotheus wieder ledig iſt: mit
welchem, ſo er bald koͤmmt, will ich euch
ſehen.
Und alſo war er auch einige Zeit gefan-
gen gehalten worden.

5. Gleichwie den Glaͤubigen von GOttes
wegen, oder von Seiten GOttes, kein Name
angenehmer iſt, als daß ſie Kinder GOttes ſind
und heiſſen:
ſo haben ſie auch unter ſich ſelbſt
keinen Namen, der mehr von dem Grunde der ge-
meinſchaftlichen Kindſchaft zeuget, und ihnen
ſelbſt lieber iſt, als der Name der Bruͤder, und
die damit bezeichnete Sache, nemlich der gemein-
ſchaftliche Sinn
nach Chriſto JEſu, wenn
man iemand, ob man ihn auch gleich nicht ſeinen
Bruder nennet, in der Wahrheit dafuͤr erkennen
kan. Aber wie rar ſind ſolche wahre Bruͤder im
Geiſte! Es nennen ſich zwar alle oͤffentliche Leh-

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[222/0224] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 1. v. 1. 2. die Reiſe, und ſuchet ihn darmit bey dem Phile- mone wieder auszuſoͤhnen, und dabey aufs be- ſte zu recommendiren. Und uͤber das vermel- det er ſeine bevorſtehende baldige Uberkunft, und bittet ſich bey dem Philemone die Herberge aus. §. V. Die Wuͤrde und Nutzbarkeit dieſes Briefes. So klein er iſt, ſo vortreflich iſt er doch; und zwar in Anſehung ſowol der Glaubens-Lehren, welche darinnen bey Ge- legenheit beruͤhret werden, als der Lebens- Pflichten, welche an dem Exempel Pauli, Philemonis und Oneſimi vorkommen, und zur Nachfolge dienen. Glaubens-Lehren ſind die Von JEſu Chriſto, deſſen darinnen zu acht malen ausdruͤcklich gedacht wird: auſſer dem, daß er darinnen auch mehrmal der HERR, oder Jehovah genennet wird. Von der Gnade GOttes, die vom Vater und Sohne koͤmmt, durch die kraͤftige Wir- ckung des Heiligen Geiſtes v. 3. 25. Von dem Glauben an Chriſtum, v. 5. 6. Von der Goͤttlichen Providentz in Regierung menſchlicher Handlungen, da auch das boͤſe zum guten dienen muß: wie an dem gantzen Exempel Oneſimi zu ſehen iſt. Von der Wiedergeburt am Oneſimo, v. 10. Von dem Evangelio, als dem Mittel der Wiedergeburt v. 10. 13. Von dem Lehramte, und deſſen Kraft, auch von der Lehrer Treue, ibid. Von dem Geheimniſſe des Creutzes, v. 11. u. f. Von der Gemeinſchaft an den Heyls-Guͤtern, v. 6. Lebens-Pflichten ſind ſonderlich Von dem Gebet, und darinnen von der Fuͤr- bitte, v. 4. Von der Liebe des Naͤchſten, v. 5. Von der Gelindigkeit gegen die Gefallenen. Von der Treue und Pflicht der Dienſtboten gegen ihre Herrſchaft. §. VI. Die Eintheilung iſt bey der Kuͤr- tze dieſes Briefes leichtlich gemachet. Denn nach der Zuſchrift und dem Segens-Wunſche, machet der Apoſtel den Eingang von dem loͤbli- chen Zuſtande des Philemonis v. 4-9. darauf er koͤmmt zu dem Hauptwercke, den Oneſi- mum ihm zur willigen und liebreichen Aufnahme zu recommendiren v. 10. 12. welches er denn thut mit unterſchiedlichen darzu angefuͤhrten Gruͤnden vom 11. bis 21. Vers. Darauf er im Beſchluß ſich die Herberge bey ihm beſtellet. V. 1. PAulus, der Gebundene JEſu Chriſti, (um Chriſti willen,) und Timotheus, der Bruder, Phi- lemoni, dem Lieben und un- ſerm Gehuͤlfen (am Evangelio. 1. Um Chriſti willen gebunden ſeyn, oder gefangen gehalten werden, war Paulo eine ſonderbare Ehre und eine Freude; daher er ſich ſolcher ſeiner Banden nicht ſchaͤmet, ſon- dern derſelben gleich anfangs mit Freudigkeit ge- dencket, welches denn ein kraͤftiger Erweis war wie von ſeiner Unſchuld, alſo auch von der Goͤtt- lichen Wahrheit des Evangelii von Chriſto. 2. Wie groß iſt doch der Verfall des menſchlichen Geſchlechts! Es liegen die Men- ſchen nicht allein im aͤuſſerſten Elende, ſondern auch, da ihnen der Heyland der Welt daraus helfen will, und ihnen ſolches Heyl aufs liebreich- ſte anpreiſen laͤßt, auch ſeine goͤttliche Auctoritaͤt dabey mit Wunder-Thaten ſelbſt und durch ſeine Apoſtel characteriſiret; ſo bringen ſie ihn ans Creutz und nehmen ſeine Herolde gefangen, und bringen ſie endlich gar ums Leben. Daß aber der HErr ſolches alles geſchehen laͤßt, das gehoͤret zum Geheimniſſe des Creutzes. 3. Was damals das heydniſche Rom gethan hat, daß thut ſchon von ſehr langen Zeiten her das antichriſtiſche Rom; als welches ſchon vorlaͤngſt zum geiſtlichen Babel und mit ſeinem ungoͤttlichen Kirchen-Regimente zu derjenigen groſſen Hure geworden iſt, welcher Hurenſchmuck und geiſtliche Zauberey mit ihrem Untergange in der Offenbarung Johannis C. 17. und C. 18. be- ſchrieben wird. Ja Paulus hat noch itzo manche Bruͤder unter den Zeugen der Wahrheit, welche um des Namens JEſu willen in Ketten und Ban- den liegen. Ein befreyeter und doch ge- bundener Chriſte ſeyn, gehoͤret auch zum Ge- heimniß des Creutzes. Wohl dem, der nur von der herrſchenden Suͤnde nicht mehr gebunden ge- halten wird! 4. Daß dieſer Brief aus der erſten Ge- fangenſchaft zu Rom geſchrieben ſey, das ſiehet man auch daraus, daß Paulus ſich in der Auf- ſchrift Timotheum zur Seite ſetzet; wie er auch in den daſelbſt geſchriebenen Briefen an die Phi- lipper und an die Coloſſer thut. Denn in der letztern Gefangenſchaft hatte er Timotheum nicht um ſich, ſondern er berief ihn durch den andern an ihn geſchriebenen Brief erſt dahin zu ſich. Und daß Timotheus mit ihm daſelbſt der Leiden theil- haftig worden iſt, das erkennet man unter andern daraus, daß Paulus nach ſeiner Erledigung an die Hebraͤer C. 13, 13. ſchrieb: Wiſſet, daß der Bruder Timotheus wieder ledig iſt: mit welchem, ſo er bald koͤmmt, will ich euch ſehen. Und alſo war er auch einige Zeit gefan- gen gehalten worden. 5. Gleichwie den Glaͤubigen von GOttes wegen, oder von Seiten GOttes, kein Name angenehmer iſt, als daß ſie Kinder GOttes ſind und heiſſen: ſo haben ſie auch unter ſich ſelbſt keinen Namen, der mehr von dem Grunde der ge- meinſchaftlichen Kindſchaft zeuget, und ihnen ſelbſt lieber iſt, als der Name der Bruͤder, und die damit bezeichnete Sache, nemlich der gemein- ſchaftliche Sinn nach Chriſto JEſu, wenn man iemand, ob man ihn auch gleich nicht ſeinen Bruder nennet, in der Wahrheit dafuͤr erkennen kan. Aber wie rar ſind ſolche wahre Bruͤder im Geiſte! Es nennen ſich zwar alle oͤffentliche Leh- rer

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/224>, abgerufen am 23.11.2024.