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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung
des Briefes Pauli
an den Philemonem.
Historische Nachricht

von diesem Briefe.

Jnnhalt.
[Spaltenumbruch]

Die Person, an welche der Brief geschrieben, Philemon, zu
Colossen, §. I.

Der Ort, zu Rom: und die Zeit/ das Jahr Christi 62.
§. II.

Die Veraulassung, Onesimi Bekehrung, §. III.
[Spaltenumbruch]
Der Jnnhalt, Onesimi Recommendation zur Anfnahme,
§. IV.

Die Würde und Nutzbarkeit dieses Briefes in Ansehung
der Materien, §. V.

Die Eintheilung, §. VI.

§. I.

[Spaltenumbruch]

DJe Person/ an welche dieser
Brief geschrieben, ist Philemon/
ein Bürger der Stadt Colossen,
in der zu dem kleinern Asien gehö-
rigen Landschaft Phrygien. Er
muß in der Colossensischen Kirche wol mit zu dem
öffentlichen Amte eines Lehrers und Vorste-
hers gezogen gewesen seyn, weil ihn Paulus
nicht allein seinen Gehülfen nennet, v. 1. und
den Archippum, den öffentlichen Lehrer, Col.
4, 14. in der Zuschrift v. 2. ihm zur Seite setzet,
sondern auch der Gemeine in seinem Hause ge-
dencket: welches zwar an sich selbst noch keinen
Beweis vom Lehramte giebet. Man siehet zu-
gleich daraus, daß er, da er ein so räumliches
Haus zu den öffentlichen Versammlungen ge-
habt hat, vermuthlich auch ein wohlhabender
Mann gewesen sey. Wie thätig er seinen Glau-
ben durch die Liebe erwiesen habe, das sehe man
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] 5. 6.

§. II. Der Ort/ wo, und die Zeit/ wenn
dieser Brief geschrieben, ist Rom, als Paulus
daselbst zum erstenmal gefangen gehalten wurde;
denn seiner Bande gedencket er darinnen unter-
schiedliche mal. Daß es aber die ersten Bande
gewesen sind, das siehet man daraus, daß er
verspricht, nach Colossen zu kommen, und sich
dabey die Herberge bey dem Philemone bestellet.
v. 22. Welcher Umstand anzeiget, daß dieser
Brief mit denen an die Philipper und Hebräer
fast zu einer Zeit geschrieben sey: als darinn er
gleichfals eine ziemlich gewisse Hoffnung von sei-
ner Zukunft machet. Jn der letztern Gefangen-
schaft aber hat Paulus keine Hoffnung zu seiner
Befreyung gehabt, und noch vielweniger zu ei-
ner so weiten Reise nach Orient und Griechen-
land Hoffnung machen können. Es ist demnach
dieser Brief im Jahr Christi 62. und im sieben
und zwantzigsten Jahr des Apostelamts Pauli
geschrieben worden.

[Spaltenumbruch]

§. III. Die Veranlassung zum Schrei-
ben. Philemon hatte einen leibeigenen Knecht,
der hieß mit Namen Onesimus, welcher, da sich
sein Herr zu Christo bekehret hatte, ein ungläu-
biger und abgöttischer Heyde geblieben, doch
aber von seinem Herrn beybehalten war: der
denn nicht wird unterlassen haben, ihn nicht al-
lein mit seinem Exempel das Christenthum be-
liebt zu machen, sondern ihn auch von desselben
Nothwendigkeit und Nutzbarkeit durch mündli-
chen Unterricht zu überzeugen. Und hat es dem
Onesimo hieran so viel weniger fehlen können,
so viel mehrere Gelegenheit er dazu bey den öf-
fentlichen Versammlungen, welche von den
Colossensischen Christen in seines Herrn Hause
gehalten wurden, von einer Zeit zur andern ge-
habt hat. Er hat aber solches alles nicht allein
nicht zu seiner Bekehrung angenommen, sondern
über das sich auch an seines Herrn Sachen ver-
griffen, und einen Diebstal begangen, und ist
darüber entlaufen, nach Jtalien gegangen, aber
daselbst durch sonderbare Providentz GOttes
zu Paulo gekommen, und durch ihn gar gründ-
lich bekehret worden. Hiezu kam die Hoffnung,
welche Paulus geschöpfet hatte, nicht allein von
seiner baldigen Befreyung aus der Gefangen-
schaft, sondern davon, daß er darauf eine Reise
nach Orient, und insonderheit nach Colossen,
würde vornehmen können.

§. IV. Der Jnnhalt und Zweck dieses
Briefes erhellet nun aus dieser gedoppelten
Veranlassung. Denn da Paulus dem Onesi-
mo angerathen hatte, wieder zu seinem Herrn
zu kehren, und das gegebene Aergerniß durch
ein besseres Verhalten abzuthun, und ihn nach
der Betrübniß zu erfreuen, Onesimus auch da-
zu selbst scheinet nicht ungeneiget gewesen zu seyn,
so giebet ihm Paulus diesen Brief, darum er auch
wol von Onesimo gebeten seyn mogte, mit auf

die
E e 3
Erklaͤrung
des Briefes Pauli
an den Philemonem.
Hiſtoriſche Nachricht

von dieſem Briefe.

Jnnhalt.
[Spaltenumbruch]

Die Perſon, an welche der Brief geſchrieben, Philemon, zu
Coloſſen, §. I.

Der Ort, zu Rom: und die Zeit/ das Jahr Chriſti 62.
§. II.

Die Veraulaſſung, Oneſimi Bekehrung, §. III.
[Spaltenumbruch]
Der Jnnhalt, Oneſimi Recommendation zur Anfnahme,
§. IV.

Die Wuͤrde und Nutzbarkeit dieſes Briefes in Anſehung
der Materien, §. V.

Die Eintheilung, §. VI.

§. I.

[Spaltenumbruch]

DJe Perſon/ an welche dieſer
Brief geſchrieben, iſt Philemon/
ein Buͤrger der Stadt Coloſſen,
in der zu dem kleinern Aſien gehoͤ-
rigen Landſchaft Phrygien. Er
muß in der Coloſſenſiſchen Kirche wol mit zu dem
oͤffentlichen Amte eines Lehrers und Vorſte-
hers gezogen geweſen ſeyn, weil ihn Paulus
nicht allein ſeinen Gehuͤlfen nennet, v. 1. und
den Archippum, den oͤffentlichen Lehrer, Col.
4, 14. in der Zuſchrift v. 2. ihm zur Seite ſetzet,
ſondern auch der Gemeine in ſeinem Hauſe ge-
dencket: welches zwar an ſich ſelbſt noch keinen
Beweis vom Lehramte giebet. Man ſiehet zu-
gleich daraus, daß er, da er ein ſo raͤumliches
Haus zu den oͤffentlichen Verſammlungen ge-
habt hat, vermuthlich auch ein wohlhabender
Mann geweſen ſey. Wie thaͤtig er ſeinen Glau-
ben durch die Liebe erwieſen habe, das ſehe man
[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] 5. 6.

§. II. Der Ort/ wo, und die Zeit/ wenn
dieſer Brief geſchrieben, iſt Rom, als Paulus
daſelbſt zum erſtenmal gefangen gehalten wurde;
denn ſeiner Bande gedencket er darinnen unter-
ſchiedliche mal. Daß es aber die erſten Bande
geweſen ſind, das ſiehet man daraus, daß er
verſpricht, nach Coloſſen zu kommen, und ſich
dabey die Herberge bey dem Philemone beſtellet.
v. 22. Welcher Umſtand anzeiget, daß dieſer
Brief mit denen an die Philipper und Hebraͤer
faſt zu einer Zeit geſchrieben ſey: als darinn er
gleichfals eine ziemlich gewiſſe Hoffnung von ſei-
ner Zukunft machet. Jn der letztern Gefangen-
ſchaft aber hat Paulus keine Hoffnung zu ſeiner
Befreyung gehabt, und noch vielweniger zu ei-
ner ſo weiten Reiſe nach Orient und Griechen-
land Hoffnung machen koͤnnen. Es iſt demnach
dieſer Brief im Jahr Chriſti 62. und im ſieben
und zwantzigſten Jahr des Apoſtelamts Pauli
geſchrieben worden.

[Spaltenumbruch]

§. III. Die Veranlaſſung zum Schrei-
ben. Philemon hatte einen leibeigenen Knecht,
der hieß mit Namen Oneſimus, welcher, da ſich
ſein Herr zu Chriſto bekehret hatte, ein unglaͤu-
biger und abgoͤttiſcher Heyde geblieben, doch
aber von ſeinem Herrn beybehalten war: der
denn nicht wird unterlaſſen haben, ihn nicht al-
lein mit ſeinem Exempel das Chriſtenthum be-
liebt zu machen, ſondern ihn auch von deſſelben
Nothwendigkeit und Nutzbarkeit durch muͤndli-
chen Unterricht zu uͤberzeugen. Und hat es dem
Oneſimo hieran ſo viel weniger fehlen koͤnnen,
ſo viel mehrere Gelegenheit er dazu bey den oͤf-
fentlichen Verſammlungen, welche von den
Coloſſenſiſchen Chriſten in ſeines Herrn Hauſe
gehalten wurden, von einer Zeit zur andern ge-
habt hat. Er hat aber ſolches alles nicht allein
nicht zu ſeiner Bekehrung angenommen, ſondern
uͤber das ſich auch an ſeines Herrn Sachen ver-
griffen, und einen Diebſtal begangen, und iſt
daruͤber entlaufen, nach Jtalien gegangen, aber
daſelbſt durch ſonderbare Providentz GOttes
zu Paulo gekommen, und durch ihn gar gruͤnd-
lich bekehret worden. Hiezu kam die Hoffnung,
welche Paulus geſchoͤpfet hatte, nicht allein von
ſeiner baldigen Befreyung aus der Gefangen-
ſchaft, ſondern davon, daß er darauf eine Reiſe
nach Orient, und inſonderheit nach Coloſſen,
wuͤrde vornehmen koͤnnen.

§. IV. Der Jnnhalt und Zweck dieſes
Briefes erhellet nun aus dieſer gedoppelten
Veranlaſſung. Denn da Paulus dem Oneſi-
mo angerathen hatte, wieder zu ſeinem Herrn
zu kehren, und das gegebene Aergerniß durch
ein beſſeres Verhalten abzuthun, und ihn nach
der Betruͤbniß zu erfreuen, Oneſimus auch da-
zu ſelbſt ſcheinet nicht ungeneiget geweſen zu ſeyn,
ſo giebet ihm Paulus dieſen Brief, darum er auch
wol von Oneſimo gebeten ſeyn mogte, mit auf

die
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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/223>, abgerufen am 27.11.2024.