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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 13. 14. an den Titum.
[Spaltenumbruch] mit der Hoffnung, oder Erwartung der künfti-
gen Herrlichkeit verbindet; wenn er saget, daß
wir verleugnen - - und leben,
prosdekho-
menoi, also daß wir erwarten. u. s. w. als womit
er anzeiget, daß die Verleugnung des ungöttli-
chen Wesens und die Beweisung des gottseligen
Wesens nicht recht von statten gehe, es sey denn,
daß man das einfältige Auge seines Gemüths ge-
rade auf die Ewigkeit gerichtet seyn lasse. Dar-
um er Phil. 3, 8. 14. spricht: Jch achte es al-
les für Schaden gegen die überschwengli-
che Erkenntniß JESU CHristi, meines
HErrn, - - - ich vergesse, was dahinten
ist, und strecke mich zu dem, das da vorne
ist, und jage nach dem vorgesteckten Ziel
nach dem Kleinod, welches vorhält die
himmlische Berufung GOttes in Christo
JESU.

V. 14.

Der sich selbst (zum Versöhnopfer) für
uns
(an unser statt und uns zu gut) gegeben
hat
(in den Tod,) auf daß er uns erlösete
von aller Ungerechtigkeit
(von aller Schuld
und Strafe der Sünden, und also auch von dem
Zorn GOttes und von dem Fluche des Gesetzes)
und reinigte (in der Zurechnung der Erlösung
unter der kräftigen Wirckung des Heiligen Gei-
stes) ihm selbst ein Volck zum Eigen-
thum
(welches an statt des alten Jüdischen
besonders eigenthümlichen Volcks 2 B. Mos. 19,
5. 4 B. Mos. 4, 20. 1 Pet. 2, 9. gar sein geistli-
cher Leib unter und an ihm, dem Hochgelobten
Haupte, sey) das fleißig wäre zu guten
Wercken
(die geschenckte Gnade der Rechtferti-
gung in der Erneuerung mit einem rechten Ernst
und Eifer in guten Wercken erwiese.)

Anmerckungen.

1. Es wird in diesem sehr wichtigen Verse
von dem Grunde oder Erwerbung und von der
Ordnung oder Application des erworbenen
Heils gehandelt. Von dem Grunde oder der
Erwerbung heißt es: er hat sich selbst für
uns gegeben, daß er uns erlösete von aller
Ungerechtigkeit. Von
der Ordnung und Zu-
eignung auch Erweisung des Heils heißt es: und
reinigte ihm selbst ein Volck zum Eigen-
thum, das fleißig wäre zu guten Wercken.

Da beyde Haupt-Stücke von dem grössesten Ge-
wichte sind, so ist dasselbe mit wenigen nach ein-
ander anzuzeigen.

2. Was das erste, nemlich den Grund oder
die Erwerbung des Heils betrift, so setzet der
Apostel davon zwey besondere Stücke, erstlich
was CHristus gethan habe; er hat sich
für uns gegeben:
und denn was er für ei-
nen Zweck dabey gehabt,
nemlich: die Er-
lösung von aller Ungerechtigkeit.

3. Bey dem ersten Puncte, um den Nach-
druck der Worte recht zu erkennen, sind ins be-
sondere einige Stücke zu mercken, zuvorderst die-
ses, daß die Redens-Art: er hat sich für uns
gegeben
hergenommen sey vom Levitischen
GOttes-Dienste, da die, welche sich ausser der
[Spaltenumbruch] Erb-Sünde gewisser würcklichen Sünden schul-
dig wusten, oder in einer Levitischen Unreinigkeit
sich befunden, ein Opfer nahmen, sonderlich von
lebendigen dazu verordneten Thieren, dasselbe
zur Stifts-Hütte, oder zum Tempel brachten,
und mit Bekenntniß ihrer Sünden diese dem
Opfer-Vieh unter Auflegung ihrer Sünde auf
das Haupt legten, und es darauf an ihrer statt
durch den Priester zu ihrer Versöhnung in den Tod
dahin gaben. Daher ist diese Redens-Art ge-
nommen.

4. Es liegen nun in der Application auf
Christum folgende Momenta darinnen: der
Opfernde, das Opfer, die Opferung, und
die, für welche das Opfer gebracht.

Der Opfernde und das Opfer selbst ist Chri-
stus;
als der da ist der Hohe-Priester und das
Schlacht-Opfer selbst. Darum es heißt: os
eauton, er sich selbst.

Die Opferung ist ausgedrucket mit dem Wor-
te edoke, sonst paredoke Gal. 2, 20. Eph. 5, 2. hat
dahin gegeben nemlich in den Tod am Creutze
Phil. 2, 8. damit angezeiget wird, daß, obgleich
Christo das Leben gewaltsamer Weise genommen
ist, er sich doch dazu gar willig habe eingestellet
und finden lassen.

Die, für welche das Opfer gebracht, sind al-
le Menschen,
alhier unter dem Worte uns be-
zeichnet. Und hat dabey die Particula uper für,
den Nachdruck, daß sie nicht allein auf den Zweck
gehet, den Christus zu der Menschen Heyl sich
vorgesetzet hatte, sondern daß sie auch zuvorderst
soviel heißt, als an statt, daß Christus, da die
Menschen des ewigen Todes hätten sterben sollen,
sich an ihrer statt in denselben, der doch
aber seiner Person wegen nicht ewig währen kön-
nen, dahin gegeben; gleichwie bey dem Leviti-
schen Gottesdienste das Opfer-Vieh an statt der
opfernden Menschen gebracht und angenommen
wurde.

5. Der Zweck von dem dahin geben, nebst
desselben Gültigkeit war die Erlösung von aller
Ungerechtigkeit. Durch die Ungerechtigkeit,
anomian, welches der rechte Name der Sünde ist
1 Joh. 3, 4. wird alhier verstanden der gantze
Stand der Sünden, sonderlich nach seiner
Schuld und Strafe, und dem damit verknüpf-
ten gerechten Zorn GOttes und Fluche des Ge-
setzes, auch Gewalt des Teufels. Nun hat er
sich selbst für uns dahin gegeben, daß er uns von
einem so grossen und vielfachen Sünden-Ubel er-
lösete, lutrosetai, das ist, an unserer statt das Löse-
Geld darbrächte, für uns bezahlte, und also un-
sere Schuld abtrüge, und mit der getilgeten Schuld
auch die Strafe hinwegnähme, zugleich auch an
unserer statt den Fluch des Gesetzes über sich näh-
me, es erfüllete und damit GOtt dergestalt ver-
söhnete, daß wir an statt des gerechten Zorns und
Straf-Gerichts Friede bey ihm hätten. Da-
von im Levitischen Gottesdienst dieses das Vor-
bild war, daß das gebrachte Opfer an des Men-
chen statt zu seiner Genugthuung und Ver-
söhnung angenommen wurde 3 Buch Mos. 1.
u. s. w.

6. Von
D d 2

Cap. 2. v. 13. 14. an den Titum.
[Spaltenumbruch] mit der Hoffnung, oder Erwartung der kuͤnfti-
gen Herrlichkeit verbindet; wenn er ſaget, daß
wir verleugnen ‒ ‒ und leben,
ϖροσδεχό-
μενοι, alſo daß wir erwarten. u. ſ. w. als womit
er anzeiget, daß die Verleugnung des ungoͤttli-
chen Weſens und die Beweiſung des gottſeligen
Weſens nicht recht von ſtatten gehe, es ſey denn,
daß man das einfaͤltige Auge ſeines Gemuͤths ge-
rade auf die Ewigkeit gerichtet ſeyn laſſe. Dar-
um er Phil. 3, 8. 14. ſpricht: Jch achte es al-
les fuͤr Schaden gegen die uͤberſchwengli-
che Erkenntniß JESU CHriſti, meines
HErrn, ‒ ‒ ‒ ich vergeſſe, was dahinten
iſt, und ſtrecke mich zu dem, das da vorne
iſt, und jage nach dem vorgeſteckten Ziel
nach dem Kleinod, welches vorhaͤlt die
himmliſche Berufung GOttes in Chriſto
JESU.

V. 14.

Der ſich ſelbſt (zum Verſoͤhnopfer) fuͤr
uns
(an unſer ſtatt und uns zu gut) gegeben
hat
(in den Tod,) auf daß er uns erloͤſete
von aller Ungerechtigkeit
(von aller Schuld
und Strafe der Suͤnden, und alſo auch von dem
Zorn GOttes und von dem Fluche des Geſetzes)
und reinigte (in der Zurechnung der Erloͤſung
unter der kraͤftigen Wirckung des Heiligen Gei-
ſtes) ihm ſelbſt ein Volck zum Eigen-
thum
(welches an ſtatt des alten Juͤdiſchen
beſonders eigenthuͤmlichen Volcks 2 B. Moſ. 19,
5. 4 B. Moſ. 4, 20. 1 Pet. 2, 9. gar ſein geiſtli-
cher Leib unter und an ihm, dem Hochgelobten
Haupte, ſey) das fleißig waͤre zu guten
Wercken
(die geſchenckte Gnade der Rechtferti-
gung in der Erneuerung mit einem rechten Ernſt
und Eifer in guten Wercken erwieſe.)

Anmerckungen.

1. Es wird in dieſem ſehr wichtigen Verſe
von dem Grunde oder Erwerbung und von der
Ordnung oder Application des erworbenen
Heils gehandelt. Von dem Grunde oder der
Erwerbung heißt es: er hat ſich ſelbſt fuͤr
uns gegeben, daß er uns erloͤſete von aller
Ungerechtigkeit. Von
der Ordnung und Zu-
eignung auch Erweiſung des Heils heißt es: und
reinigte ihm ſelbſt ein Volck zum Eigen-
thum, das fleißig waͤre zu guten Wercken.

Da beyde Haupt-Stuͤcke von dem groͤſſeſten Ge-
wichte ſind, ſo iſt daſſelbe mit wenigen nach ein-
ander anzuzeigen.

2. Was das erſte, nemlich den Grund oder
die Erwerbung des Heils betrift, ſo ſetzet der
Apoſtel davon zwey beſondere Stuͤcke, erſtlich
was CHriſtus gethan habe; er hat ſich
fuͤr uns gegeben:
und denn was er fuͤr ei-
nen Zweck dabey gehabt,
nemlich: die Er-
loͤſung von aller Ungerechtigkeit.

3. Bey dem erſten Puncte, um den Nach-
druck der Worte recht zu erkennen, ſind ins be-
ſondere einige Stuͤcke zu mercken, zuvorderſt die-
ſes, daß die Redens-Art: er hat ſich fuͤr uns
gegeben
hergenommen ſey vom Levitiſchen
GOttes-Dienſte, da die, welche ſich auſſer der
[Spaltenumbruch] Erb-Suͤnde gewiſſer wuͤrcklichen Suͤnden ſchul-
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ſich befunden, ein Opfer nahmen, ſonderlich von
lebendigen dazu verordneten Thieren, daſſelbe
zur Stifts-Huͤtte, oder zum Tempel brachten,
und mit Bekenntniß ihrer Suͤnden dieſe dem
Opfer-Vieh unter Auflegung ihrer Suͤnde auf
das Haupt legten, und es darauf an ihrer ſtatt
durch den Prieſter zu ihꝛer Verſoͤhnung in den Tod
dahin gaben. Daher iſt dieſe Redens-Art ge-
nommen.

4. Es liegen nun in der Application auf
Chriſtum folgende Momenta darinnen: der
Opfernde, das Opfer, die Opferung, und
die, fuͤr welche das Opfer gebracht.

Der Opfernde und das Opfer ſelbſt iſt Chri-
ſtus;
als der da iſt der Hohe-Prieſter und das
Schlacht-Opfer ſelbſt. Darum es heißt: ὅς
ἑαυτὸν, er ſich ſelbſt.

Die Opferung iſt ausgedrucket mit dem Wor-
te ἔδωκε, ſonſt παρέδωκε Gal. 2, 20. Eph. 5, 2. hat
dahin gegeben nemlich in den Tod am Creutze
Phil. 2, 8. damit angezeiget wird, daß, obgleich
Chriſto das Leben gewaltſamer Weiſe genommen
iſt, er ſich doch dazu gar willig habe eingeſtellet
und finden laſſen.

Die, fuͤr welche das Opfer gebracht, ſind al-
le Menſchen,
alhier unter dem Worte uns be-
zeichnet. Und hat dabey die Particula ὑπὲρ fuͤr,
den Nachdruck, daß ſie nicht allein auf den Zweck
gehet, den Chriſtus zu der Menſchen Heyl ſich
vorgeſetzet hatte, ſondern daß ſie auch zuvorderſt
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Menſchen des ewigen Todes haͤtten ſterben ſollen,
ſich an ihrer ſtatt in denſelben, der doch
aber ſeiner Perſon wegen nicht ewig waͤhren koͤn-
nen, dahin gegeben; gleichwie bey dem Leviti-
ſchen Gottesdienſte das Opfer-Vieh an ſtatt der
opfernden Menſchen gebracht und angenommen
wurde.

5. Der Zweck von dem dahin geben, nebſt
deſſelben Guͤltigkeit war die Erloͤſung von aller
Ungerechtigkeit. Durch die Ungerechtigkeit,
ἀνομίαν, welches der rechte Name der Suͤnde iſt
1 Joh. 3, 4. wird alhier verſtanden der gantze
Stand der Suͤnden, ſonderlich nach ſeiner
Schuld und Strafe, und dem damit verknuͤpf-
ten gerechten Zorn GOttes und Fluche des Ge-
ſetzes, auch Gewalt des Teufels. Nun hat er
ſich ſelbſt fuͤr uns dahin gegeben, daß er uns von
einem ſo groſſen und vielfachen Suͤnden-Ubel er-
loͤſete, λυτρώσηται, das iſt, an unſerer ſtatt das Loͤſe-
Geld darbraͤchte, fuͤr uns bezahlte, und alſo un-
ſere Schuld abtꝛuͤge, und mit der getilgeten Schuld
auch die Strafe hinwegnaͤhme, zugleich auch an
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me, es erfuͤllete und damit GOtt dergeſtalt ver-
ſoͤhnete, daß wir an ſtatt des gerechten Zorns und
Straf-Gerichts Friede bey ihm haͤtten. Da-
von im Levitiſchen Gottesdienſt dieſes das Vor-
bild war, daß das gebrachte Opfer an des Men-
chen ſtatt zu ſeiner Genugthuung und Ver-
ſoͤhnung angenommen wurde 3 Buch Moſ. 1.
u. ſ. w.

6. Von
D d 2
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[211/0213] Cap. 2. v. 13. 14. an den Titum. mit der Hoffnung, oder Erwartung der kuͤnfti- gen Herrlichkeit verbindet; wenn er ſaget, daß wir verleugnen ‒ ‒ und leben, ϖροσδεχό- μενοι, alſo daß wir erwarten. u. ſ. w. als womit er anzeiget, daß die Verleugnung des ungoͤttli- chen Weſens und die Beweiſung des gottſeligen Weſens nicht recht von ſtatten gehe, es ſey denn, daß man das einfaͤltige Auge ſeines Gemuͤths ge- rade auf die Ewigkeit gerichtet ſeyn laſſe. Dar- um er Phil. 3, 8. 14. ſpricht: Jch achte es al- les fuͤr Schaden gegen die uͤberſchwengli- che Erkenntniß JESU CHriſti, meines HErrn, ‒ ‒ ‒ ich vergeſſe, was dahinten iſt, und ſtrecke mich zu dem, das da vorne iſt, und jage nach dem vorgeſteckten Ziel nach dem Kleinod, welches vorhaͤlt die himmliſche Berufung GOttes in Chriſto JESU. V. 14. Der ſich ſelbſt (zum Verſoͤhnopfer) fuͤr uns (an unſer ſtatt und uns zu gut) gegeben hat (in den Tod,) auf daß er uns erloͤſete von aller Ungerechtigkeit (von aller Schuld und Strafe der Suͤnden, und alſo auch von dem Zorn GOttes und von dem Fluche des Geſetzes) und reinigte (in der Zurechnung der Erloͤſung unter der kraͤftigen Wirckung des Heiligen Gei- ſtes) ihm ſelbſt ein Volck zum Eigen- thum (welches an ſtatt des alten Juͤdiſchen beſonders eigenthuͤmlichen Volcks 2 B. Moſ. 19, 5. 4 B. Moſ. 4, 20. 1 Pet. 2, 9. gar ſein geiſtli- cher Leib unter und an ihm, dem Hochgelobten Haupte, ſey) das fleißig waͤre zu guten Wercken (die geſchenckte Gnade der Rechtferti- gung in der Erneuerung mit einem rechten Ernſt und Eifer in guten Wercken erwieſe.) Anmerckungen. 1. Es wird in dieſem ſehr wichtigen Verſe von dem Grunde oder Erwerbung und von der Ordnung oder Application des erworbenen Heils gehandelt. Von dem Grunde oder der Erwerbung heißt es: er hat ſich ſelbſt fuͤr uns gegeben, daß er uns erloͤſete von aller Ungerechtigkeit. Von der Ordnung und Zu- eignung auch Erweiſung des Heils heißt es: und reinigte ihm ſelbſt ein Volck zum Eigen- thum, das fleißig waͤre zu guten Wercken. Da beyde Haupt-Stuͤcke von dem groͤſſeſten Ge- wichte ſind, ſo iſt daſſelbe mit wenigen nach ein- ander anzuzeigen. 2. Was das erſte, nemlich den Grund oder die Erwerbung des Heils betrift, ſo ſetzet der Apoſtel davon zwey beſondere Stuͤcke, erſtlich was CHriſtus gethan habe; er hat ſich fuͤr uns gegeben: und denn was er fuͤr ei- nen Zweck dabey gehabt, nemlich: die Er- loͤſung von aller Ungerechtigkeit. 3. Bey dem erſten Puncte, um den Nach- druck der Worte recht zu erkennen, ſind ins be- ſondere einige Stuͤcke zu mercken, zuvorderſt die- ſes, daß die Redens-Art: er hat ſich fuͤr uns gegeben hergenommen ſey vom Levitiſchen GOttes-Dienſte, da die, welche ſich auſſer der Erb-Suͤnde gewiſſer wuͤrcklichen Suͤnden ſchul- dig wuſten, oder in einer Levitiſchen Unreinigkeit ſich befunden, ein Opfer nahmen, ſonderlich von lebendigen dazu verordneten Thieren, daſſelbe zur Stifts-Huͤtte, oder zum Tempel brachten, und mit Bekenntniß ihrer Suͤnden dieſe dem Opfer-Vieh unter Auflegung ihrer Suͤnde auf das Haupt legten, und es darauf an ihrer ſtatt durch den Prieſter zu ihꝛer Verſoͤhnung in den Tod dahin gaben. Daher iſt dieſe Redens-Art ge- nommen. 4. Es liegen nun in der Application auf Chriſtum folgende Momenta darinnen: der Opfernde, das Opfer, die Opferung, und die, fuͤr welche das Opfer gebracht. Der Opfernde und das Opfer ſelbſt iſt Chri- ſtus; als der da iſt der Hohe-Prieſter und das Schlacht-Opfer ſelbſt. Darum es heißt: ὅς ἑαυτὸν, er ſich ſelbſt. Die Opferung iſt ausgedrucket mit dem Wor- te ἔδωκε, ſonſt παρέδωκε Gal. 2, 20. Eph. 5, 2. hat dahin gegeben nemlich in den Tod am Creutze Phil. 2, 8. damit angezeiget wird, daß, obgleich Chriſto das Leben gewaltſamer Weiſe genommen iſt, er ſich doch dazu gar willig habe eingeſtellet und finden laſſen. Die, fuͤr welche das Opfer gebracht, ſind al- le Menſchen, alhier unter dem Worte uns be- zeichnet. Und hat dabey die Particula ὑπὲρ fuͤr, den Nachdruck, daß ſie nicht allein auf den Zweck gehet, den Chriſtus zu der Menſchen Heyl ſich vorgeſetzet hatte, ſondern daß ſie auch zuvorderſt ſoviel heißt, als an ſtatt, daß Chriſtus, da die Menſchen des ewigen Todes haͤtten ſterben ſollen, ſich an ihrer ſtatt in denſelben, der doch aber ſeiner Perſon wegen nicht ewig waͤhren koͤn- nen, dahin gegeben; gleichwie bey dem Leviti- ſchen Gottesdienſte das Opfer-Vieh an ſtatt der opfernden Menſchen gebracht und angenommen wurde. 5. Der Zweck von dem dahin geben, nebſt deſſelben Guͤltigkeit war die Erloͤſung von aller Ungerechtigkeit. Durch die Ungerechtigkeit, ἀνομίαν, welches der rechte Name der Suͤnde iſt 1 Joh. 3, 4. wird alhier verſtanden der gantze Stand der Suͤnden, ſonderlich nach ſeiner Schuld und Strafe, und dem damit verknuͤpf- ten gerechten Zorn GOttes und Fluche des Ge- ſetzes, auch Gewalt des Teufels. Nun hat er ſich ſelbſt fuͤr uns dahin gegeben, daß er uns von einem ſo groſſen und vielfachen Suͤnden-Ubel er- loͤſete, λυτρώσηται, das iſt, an unſerer ſtatt das Loͤſe- Geld darbraͤchte, fuͤr uns bezahlte, und alſo un- ſere Schuld abtꝛuͤge, und mit der getilgeten Schuld auch die Strafe hinwegnaͤhme, zugleich auch an unſerer ſtatt den Fluch des Geſetzes uͤber ſich naͤh- me, es erfuͤllete und damit GOtt dergeſtalt ver- ſoͤhnete, daß wir an ſtatt des gerechten Zorns und Straf-Gerichts Friede bey ihm haͤtten. Da- von im Levitiſchen Gottesdienſt dieſes das Vor- bild war, daß das gebrachte Opfer an des Men- chen ſtatt zu ſeiner Genugthuung und Ver- ſoͤhnung angenommen wurde 3 Buch Moſ. 1. u. ſ. w. 6. Von D d 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/213>, abgerufen am 23.11.2024.