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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli C. 1. v. 13-15.
[Spaltenumbruch] menschlichen Zeugnisse wider sie bedienen: allein
es muß gar sparsam geschehen, und wenn es die
Sache selbst also mit sich bringet. Aber in den
Predigten, und Schriften sich mit heidnischer
Gelehrsamkeit und Vorrathe der daher entlehne-
ten sinnreichen Sprüche sehen lassen, und bey sich
Pauli Exempel zum Grund setzen, das ist ein of-
fenbahrer Mißbrauch dieses Orts.

2. Strafen, elegkhein, heißt alhier mit
Bestrafung, die mit Worten geschiehet, kräftig
überzeugen.
Und da irrende und lasterhafte
Leute immer ihre Entschuldigung haben, und sich
bald hiemit, bald damit zu behelfen suchen, so hat
man ihnen, so viel man bey ihnen findet, oder
mercket, solche alle hinweg zu nehmen, und ihnen
alle Schlupfwinckel abzuschneiden, daß sie mit
ihrem Gewissen bloß und entdecket darstehen;
welches denn eigentlich heisset elegkhein apoto-
mos, das zwar mit gehörigem Ernst geschehen
muß, aber ohne Heftigkeit, die nur Verbitterung
anrichtet, also daß die Schärfe mehr in den Be-
wegungs-Gründen, als in den Worten lieget.

3. Das Gesund seyn im Glauben nen-
net der Apostel 1 Tim. 1, 5. einen solchen unge-
färbten Glauben
haben, welcher sich findet in
einem reinen Hertzen und in einem guten Gewis-
sen, und sich durch die Liebe geschäftig erweiset.
Siehe auch 1 Tim. 3. 9. Gal. 5, 6.

4. Die Gesundheit des Glaubens im
Hertzen
und die Gesundheit des Glaubens in der
Lehre,
oder deroselben Reinigkeit, stehet aufs
genaueste zusammen, also daß eines ohne das an-
dere nicht seyn kan. Daher Paulus mehrmal
der Gesunden und Gesundmachenden Lehre
gedencket, und mit allem Nachdruck darauf gehet.
Siehe 1 Tim. 1, 10. c. 6, 3. 2 Tim. 1, 13. c. 4,
3. Tit. 1, 9. c. 1, 2. 8.

5. Es giebt ausser der Gesundheit auch eine
Kranckheit im Glauben, da man zwar das
geistliche Leben noch hat, aber schwächlich und
mit der Gefahr eines baldigen und gefährlichen
Verlustes. Welcher verlust daher entstehet, wenn
man gutes Gewissen von sich stösset und am Glau-
ben Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19.

V. 14.

Und nicht acht haben auf die Judi-
schen Fabeln
(allerhand Getichte in Glaubens-
Sachen, auch von dem Leben der Patriarchen und
von den Geschlecht-Registern: dergleichen Tant
der Judische Talmud noch itzo viel hat) und
Menschen Gebot
(Traditiones, Aufsätze der
Aeltesten, die man schon von vieler Zeit her für
GOttes durch Mosen gegebene mündliche Gebo-
te ausgegeben hatte: welches sonderlich der Secte
der Pharisäer ihr Werck war. Siehe Matth.
15, 9. Col. 2, 22. 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7, c. 6, 20.
2 Tim. 2, 16. Tit. 3, 9.) welche sich von der
Wahrheit abwenden
(sintemal diese, als ein
Licht, mit jenen Dingen, als Finsterniß, nicht be-
stehen kan. Da denn die Wahrheit ist der Rath
GOttes von unserer Seligkeit, nach seiner Länge
und Breite, welche zu dem Grunde und der Ord-
nung des Heyls gehöret.)

[Spaltenumbruch]
V. 15.

Den Reinen (den durch das Blut Christi
im Glauben gereinigten, und also auch vom Joche
des Ceremonial-Gesetzes-erlöseten) ist alles
(was an sich nicht unrein, oder sündlich, sondern
ein gutes Geschöpfe GOttes ist, und nur in ge-
wisser Absicht auf eine Zeitlang nach den Leviti-
schen Satzungen 3 B. Mos. 11. u. s. w. als un-
rein verboten gewesen) rein (erlaubt, sie als ei-
ne Creatur GOttes in der Ordnung der Furcht
GOttes und Dancksagung mäßiglich zu genies-
sen, so weit ohne Anstoß der aus dem Judenthum
bekehrten noch vielen Schwachen geschehen kan:)
den Unreinen aber und Ungläubigen (die
wegen ihres Unglaubens sich nicht an das Ver-
söhn-Opfer Christi, dadurch das Levitische Sa-
tzungs-Wesen abgethan worden, halten, und da-
her noch in der Unreinigkeit ihrer Sünden, nach
der Schuld und Herrschaft, vor GOTT stehen)
ist nichts rein (ist alles unrein, oder sündlich:
nicht allein das Levitische Satzungs-Wesen
mit den bloß menschlichen Aufsätzen und allem
Getichte in Religions. Sachen, sondern auch was
sie auch sonst noch zum Schein Gutes an sich ha-
ben und thun, das richtet sich nach der Beschaf-
fenheit des ungläubigen und unreinen Hertzens,
und ist sündlich und verwerflich vor GOtt, wenn
es auch vor Menschen noch so schön gleisset; wie
man an dem Exempel der Pharisäer siehet) son-
dern unrein ist beydes ihr Sinn
(ihr Ver-
stand, als welcher der Wahrheit beraubet und
voller Jrrthümer und Blindheit ist) und ihr Ge-
wissen
(ihr Wille; als welcher unter der Macht
der ihn beherrschenden und damit sehr verunreini-
genden Sünde lieget; und wie das geistliche Gu-
te auszuüben nicht vermag; also sich so mancher
muthwillig begangnen Sünden schuldig weiß,
und darüber eine heimliche Bestrafung in sich
hat.)

Anmerckungen.

1. Ein schändlicher Mißbrauch der ersten
Worte dieses Verses ist es, wenn einige Frey-
Geister, bey welchen die Christliche Freyheit zur
Frechheit worden ist, sich für Gläubige und
Reine halten, da sie es doch nicht sind; und
denn daher noch weiter verfallen, daß sie sich aus
diesen und jenen Dingen, die doch sündlich genug
sind, kein Gewissen machen; als wenn ihnen,
als Reinen, alles rein wäre. Und so pfleget auch
der Ort Röm. 14, 22. gemißbrauchet zu werden,
da Paulus spricht: Selig ist, der ihm selbst
kein Gewissen machet in dem, das er an-
nimmt.

2. Der Apostel setzet gar fein die Unreinen
und Ungläubigen zusammen: sintemal ein
Wort das andere erläutert. Und also wird da-
mit auch zugleich so viel gesaget, daß die vorher
gedachten Reinen eben die Gläubigen sind.
Denn durch den Glauben eignet sich der Mensch
die erworbene Gerechtigkeit Christi zu, die lauter
Reinigkeit ist: und da Christus für unsere Sün-
den durch sein Opfer am Creutze mit Vergiessung
seines Bluts und Lassung seines Lebens genug ge-

than

Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 1. v. 13-15.
[Spaltenumbruch] menſchlichen Zeugniſſe wider ſie bedienen: allein
es muß gar ſparſam geſchehen, und wenn es die
Sache ſelbſt alſo mit ſich bringet. Aber in den
Predigten, und Schriften ſich mit heidniſcher
Gelehrſamkeit und Vorrathe der daher entlehne-
ten ſinnreichen Spruͤche ſehen laſſen, und bey ſich
Pauli Exempel zum Grund ſetzen, das iſt ein of-
fenbahrer Mißbrauch dieſes Orts.

2. Strafen, ἐλἐγχειν, heißt alhier mit
Beſtrafung, die mit Worten geſchiehet, kraͤftig
uͤberzeugen.
Und da irrende und laſterhafte
Leute immer ihre Entſchuldigung haben, und ſich
bald hiemit, bald damit zu behelfen ſuchen, ſo hat
man ihnen, ſo viel man bey ihnen findet, oder
mercket, ſolche alle hinweg zu nehmen, und ihnen
alle Schlupfwinckel abzuſchneiden, daß ſie mit
ihrem Gewiſſen bloß und entdecket darſtehen;
welches denn eigentlich heiſſet ἐλέγχειν ἀποτό-
μως, das zwar mit gehoͤrigem Ernſt geſchehen
muß, aber ohne Heftigkeit, die nur Verbitterung
anrichtet, alſo daß die Schaͤrfe mehr in den Be-
wegungs-Gruͤnden, als in den Worten lieget.

3. Das Geſund ſeyn im Glauben nen-
net der Apoſtel 1 Tim. 1, 5. einen ſolchen unge-
faͤrbten Glauben
haben, welcher ſich findet in
einem reinen Hertzen und in einem guten Gewiſ-
ſen, und ſich durch die Liebe geſchaͤftig erweiſet.
Siehe auch 1 Tim. 3. 9. Gal. 5, 6.

4. Die Geſundheit des Glaubens im
Hertzen
und die Geſundheit des Glaubens in der
Lehre,
oder deroſelben Reinigkeit, ſtehet aufs
genaueſte zuſammen, alſo daß eines ohne das an-
dere nicht ſeyn kan. Daher Paulus mehrmal
der Geſunden und Geſundmachenden Lehre
gedencket, und mit allem Nachdruck darauf gehet.
Siehe 1 Tim. 1, 10. c. 6, 3. 2 Tim. 1, 13. c. 4,
3. Tit. 1, 9. c. 1, 2. 8.

5. Es giebt auſſer der Geſundheit auch eine
Kranckheit im Glauben, da man zwar das
geiſtliche Leben noch hat, aber ſchwaͤchlich und
mit der Gefahr eines baldigen und gefaͤhrlichen
Verluſtes. Welcher verluſt daher entſtehet, wenn
man gutes Gewiſſen von ſich ſtoͤſſet und am Glau-
ben Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19.

V. 14.

Und nicht acht haben auf die Judi-
ſchen Fabeln
(allerhand Getichte in Glaubens-
Sachen, auch von dem Leben der Patriarchen und
von den Geſchlecht-Regiſtern: dergleichen Tant
der Judiſche Talmud noch itzo viel hat) und
Menſchen Gebot
(Traditiones, Aufſaͤtze der
Aelteſten, die man ſchon von vieler Zeit her fuͤr
GOttes durch Moſen gegebene muͤndliche Gebo-
te ausgegeben hatte: welches ſonderlich der Secte
der Phariſaͤer ihr Werck war. Siehe Matth.
15, 9. Col. 2, 22. 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7, c. 6, 20.
2 Tim. 2, 16. Tit. 3, 9.) welche ſich von der
Wahrheit abwenden
(ſintemal dieſe, als ein
Licht, mit jenen Dingen, als Finſterniß, nicht be-
ſtehen kan. Da denn die Wahrheit iſt der Rath
GOttes von unſerer Seligkeit, nach ſeiner Laͤnge
und Breite, welche zu dem Grunde und der Ord-
nung des Heyls gehoͤret.)

[Spaltenumbruch]
V. 15.

Den Reinen (den durch das Blut Chriſti
im Glauben gereinigten, und alſo auch vom Joche
des Ceremonial-Geſetzes-erloͤſeten) iſt alles
(was an ſich nicht unrein, oder ſuͤndlich, ſondern
ein gutes Geſchoͤpfe GOttes iſt, und nur in ge-
wiſſer Abſicht auf eine Zeitlang nach den Leviti-
ſchen Satzungen 3 B. Moſ. 11. u. ſ. w. als un-
rein verboten geweſen) rein (erlaubt, ſie als ei-
ne Creatur GOttes in der Ordnung der Furcht
GOttes und Danckſagung maͤßiglich zu genieſ-
ſen, ſo weit ohne Anſtoß der aus dem Judenthum
bekehrten noch vielen Schwachen geſchehen kan:)
den Unreinen aber und Unglaͤubigen (die
wegen ihres Unglaubens ſich nicht an das Ver-
ſoͤhn-Opfer Chriſti, dadurch das Levitiſche Sa-
tzungs-Weſen abgethan worden, halten, und da-
her noch in der Unreinigkeit ihrer Suͤnden, nach
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iſt nichts rein (iſt alles unrein, oder ſuͤndlich:
nicht allein das Levitiſche Satzungs-Weſen
mit den bloß menſchlichen Aufſaͤtzen und allem
Getichte in Religions. Sachen, ſondern auch was
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ben und thun, das richtet ſich nach der Beſchaf-
fenheit des unglaͤubigen und unreinen Hertzens,
und iſt ſuͤndlich und verwerflich vor GOtt, wenn
es auch vor Menſchen noch ſo ſchoͤn gleiſſet; wie
man an dem Exempel der Phariſaͤer ſiehet) ſon-
dern unrein iſt beydes ihr Sinn
(ihr Ver-
ſtand, als welcher der Wahrheit beraubet und
voller Jrrthuͤmer und Blindheit iſt) und ihr Ge-
wiſſen
(ihr Wille; als welcher unter der Macht
der ihn beherrſchenden und damit ſehr verunreini-
genden Suͤnde lieget; und wie das geiſtliche Gu-
te auszuuͤben nicht vermag; alſo ſich ſo mancher
muthwillig begangnen Suͤnden ſchuldig weiß,
und daruͤber eine heimliche Beſtrafung in ſich
hat.)

Anmerckungen.

1. Ein ſchaͤndlicher Mißbrauch der erſten
Worte dieſes Verſes iſt es, wenn einige Frey-
Geiſter, bey welchen die Chriſtliche Freyheit zur
Frechheit worden iſt, ſich fuͤr Glaͤubige und
Reine halten, da ſie es doch nicht ſind; und
denn daher noch weiter verfallen, daß ſie ſich aus
dieſen und jenen Dingen, die doch ſuͤndlich genug
ſind, kein Gewiſſen machen; als wenn ihnen,
als Reinen, alles rein waͤre. Und ſo pfleget auch
der Ort Roͤm. 14, 22. gemißbrauchet zu werden,
da Paulus ſpricht: Selig iſt, der ihm ſelbſt
kein Gewiſſen machet in dem, das er an-
nimmt.

2. Der Apoſtel ſetzet gar fein die Unreinen
und Unglaͤubigen zuſammen: ſintemal ein
Wort das andere erlaͤutert. Und alſo wird da-
mit auch zugleich ſo viel geſaget, daß die vorher
gedachten Reinen eben die Glaͤubigen ſind.
Denn durch den Glauben eignet ſich der Menſch
die erworbene Gerechtigkeit Chriſti zu, die lauter
Reinigkeit iſt: und da Chriſtus fuͤr unſere Suͤn-
den durch ſein Opfer am Creutze mit Vergieſſung
ſeines Bluts und Laſſung ſeines Lebens genug ge-

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[200/0202] Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 1. v. 13-15. menſchlichen Zeugniſſe wider ſie bedienen: allein es muß gar ſparſam geſchehen, und wenn es die Sache ſelbſt alſo mit ſich bringet. Aber in den Predigten, und Schriften ſich mit heidniſcher Gelehrſamkeit und Vorrathe der daher entlehne- ten ſinnreichen Spruͤche ſehen laſſen, und bey ſich Pauli Exempel zum Grund ſetzen, das iſt ein of- fenbahrer Mißbrauch dieſes Orts. 2. Strafen, ἐλἐγχειν, heißt alhier mit Beſtrafung, die mit Worten geſchiehet, kraͤftig uͤberzeugen. Und da irrende und laſterhafte Leute immer ihre Entſchuldigung haben, und ſich bald hiemit, bald damit zu behelfen ſuchen, ſo hat man ihnen, ſo viel man bey ihnen findet, oder mercket, ſolche alle hinweg zu nehmen, und ihnen alle Schlupfwinckel abzuſchneiden, daß ſie mit ihrem Gewiſſen bloß und entdecket darſtehen; welches denn eigentlich heiſſet ἐλέγχειν ἀποτό- μως, das zwar mit gehoͤrigem Ernſt geſchehen muß, aber ohne Heftigkeit, die nur Verbitterung anrichtet, alſo daß die Schaͤrfe mehr in den Be- wegungs-Gruͤnden, als in den Worten lieget. 3. Das Geſund ſeyn im Glauben nen- net der Apoſtel 1 Tim. 1, 5. einen ſolchen unge- faͤrbten Glauben haben, welcher ſich findet in einem reinen Hertzen und in einem guten Gewiſ- ſen, und ſich durch die Liebe geſchaͤftig erweiſet. Siehe auch 1 Tim. 3. 9. Gal. 5, 6. 4. Die Geſundheit des Glaubens im Hertzen und die Geſundheit des Glaubens in der Lehre, oder deroſelben Reinigkeit, ſtehet aufs genaueſte zuſammen, alſo daß eines ohne das an- dere nicht ſeyn kan. Daher Paulus mehrmal der Geſunden und Geſundmachenden Lehre gedencket, und mit allem Nachdruck darauf gehet. Siehe 1 Tim. 1, 10. c. 6, 3. 2 Tim. 1, 13. c. 4, 3. Tit. 1, 9. c. 1, 2. 8. 5. Es giebt auſſer der Geſundheit auch eine Kranckheit im Glauben, da man zwar das geiſtliche Leben noch hat, aber ſchwaͤchlich und mit der Gefahr eines baldigen und gefaͤhrlichen Verluſtes. Welcher verluſt daher entſtehet, wenn man gutes Gewiſſen von ſich ſtoͤſſet und am Glau- ben Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. V. 14. Und nicht acht haben auf die Judi- ſchen Fabeln (allerhand Getichte in Glaubens- Sachen, auch von dem Leben der Patriarchen und von den Geſchlecht-Regiſtern: dergleichen Tant der Judiſche Talmud noch itzo viel hat) und Menſchen Gebot (Traditiones, Aufſaͤtze der Aelteſten, die man ſchon von vieler Zeit her fuͤr GOttes durch Moſen gegebene muͤndliche Gebo- te ausgegeben hatte: welches ſonderlich der Secte der Phariſaͤer ihr Werck war. Siehe Matth. 15, 9. Col. 2, 22. 1 Tim. 1, 4. c. 4, 7, c. 6, 20. 2 Tim. 2, 16. Tit. 3, 9.) welche ſich von der Wahrheit abwenden (ſintemal dieſe, als ein Licht, mit jenen Dingen, als Finſterniß, nicht be- ſtehen kan. Da denn die Wahrheit iſt der Rath GOttes von unſerer Seligkeit, nach ſeiner Laͤnge und Breite, welche zu dem Grunde und der Ord- nung des Heyls gehoͤret.) V. 15. Den Reinen (den durch das Blut Chriſti im Glauben gereinigten, und alſo auch vom Joche des Ceremonial-Geſetzes-erloͤſeten) iſt alles (was an ſich nicht unrein, oder ſuͤndlich, ſondern ein gutes Geſchoͤpfe GOttes iſt, und nur in ge- wiſſer Abſicht auf eine Zeitlang nach den Leviti- ſchen Satzungen 3 B. Moſ. 11. u. ſ. w. als un- rein verboten geweſen) rein (erlaubt, ſie als ei- ne Creatur GOttes in der Ordnung der Furcht GOttes und Danckſagung maͤßiglich zu genieſ- ſen, ſo weit ohne Anſtoß der aus dem Judenthum bekehrten noch vielen Schwachen geſchehen kan:) den Unreinen aber und Unglaͤubigen (die wegen ihres Unglaubens ſich nicht an das Ver- ſoͤhn-Opfer Chriſti, dadurch das Levitiſche Sa- tzungs-Weſen abgethan worden, halten, und da- her noch in der Unreinigkeit ihrer Suͤnden, nach der Schuld und Herrſchaft, vor GOTT ſtehen) iſt nichts rein (iſt alles unrein, oder ſuͤndlich: nicht allein das Levitiſche Satzungs-Weſen mit den bloß menſchlichen Aufſaͤtzen und allem Getichte in Religions. Sachen, ſondern auch was ſie auch ſonſt noch zum Schein Gutes an ſich ha- ben und thun, das richtet ſich nach der Beſchaf- fenheit des unglaͤubigen und unreinen Hertzens, und iſt ſuͤndlich und verwerflich vor GOtt, wenn es auch vor Menſchen noch ſo ſchoͤn gleiſſet; wie man an dem Exempel der Phariſaͤer ſiehet) ſon- dern unrein iſt beydes ihr Sinn (ihr Ver- ſtand, als welcher der Wahrheit beraubet und voller Jrrthuͤmer und Blindheit iſt) und ihr Ge- wiſſen (ihr Wille; als welcher unter der Macht der ihn beherrſchenden und damit ſehr verunreini- genden Suͤnde lieget; und wie das geiſtliche Gu- te auszuuͤben nicht vermag; alſo ſich ſo mancher muthwillig begangnen Suͤnden ſchuldig weiß, und daruͤber eine heimliche Beſtrafung in ſich hat.) Anmerckungen. 1. Ein ſchaͤndlicher Mißbrauch der erſten Worte dieſes Verſes iſt es, wenn einige Frey- Geiſter, bey welchen die Chriſtliche Freyheit zur Frechheit worden iſt, ſich fuͤr Glaͤubige und Reine halten, da ſie es doch nicht ſind; und denn daher noch weiter verfallen, daß ſie ſich aus dieſen und jenen Dingen, die doch ſuͤndlich genug ſind, kein Gewiſſen machen; als wenn ihnen, als Reinen, alles rein waͤre. Und ſo pfleget auch der Ort Roͤm. 14, 22. gemißbrauchet zu werden, da Paulus ſpricht: Selig iſt, der ihm ſelbſt kein Gewiſſen machet in dem, das er an- nimmt. 2. Der Apoſtel ſetzet gar fein die Unreinen und Unglaͤubigen zuſammen: ſintemal ein Wort das andere erlaͤutert. Und alſo wird da- mit auch zugleich ſo viel geſaget, daß die vorher gedachten Reinen eben die Glaͤubigen ſind. Denn durch den Glauben eignet ſich der Menſch die erworbene Gerechtigkeit Chriſti zu, die lauter Reinigkeit iſt: und da Chriſtus fuͤr unſere Suͤn- den durch ſein Opfer am Creutze mit Vergieſſung ſeines Bluts und Laſſung ſeines Lebens genug ge- than

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/202>, abgerufen am 22.11.2024.