Du aber (der du solchen Verführern und Verführeten billig als ein rechter Wegweiser entgegen stehest) bleibe (mit aller Treu der Aus- übung also, daß es dein rechtes Werck sey 1 Tim 4, 15. 16.) in dem, das du gelernet hast (al- so, daß es dir nicht allein ins Gedächtniß, sondern auch durch die Salbung des Heiligen Geistes ins Hertz geschrieben ist) und dir (als eine theure Beylage c. 1, 13, 14.) anvertrauet ist (da- rinnen bleibe also, daß du es ferner wohl anlegest und durch den Heiligen Geist im guten Gewissen bewahrest:) sintemal du weißt (du dich ohn Zweifel beständig zum Lobe GOttes erinnerst) von wem du gelernet hast (ausser der An- führung deiner Mutter und Groß-Mutter von dem, der in den dritten Himmel entzücket worden, und von Christo vorher unmittelbar berufen und mit dem Heiligen Geiste gesalbet worden Apost. Gesch. 9. 2. Cor. 12, 2. Gal. 1. und der dich in dem Geheimniß von Christo, seinem Creutze und Reiche in aller Lauterkeit in der Beweisung des Geistes und der Kraft unterrichtet hat. 1 Cor. 2, 4. siehe oben c. 2, 2. auch c. 3, 10. 1 Tim. 4, 6.
Anmerckungen.
1. Bleiben in dem, was man gelernet hat, nennet unser Heiland Joh. 8, 31. 32. in seiner Rede bleiben, wenn er spricht: So ihr bleiben werdet an, oder in meinen Rede, (mit gläubigen Hertzen v. 30) so seyd ihr meine rechte Jünger, und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frey machen.
2. Es kömmt zwar mit dem, was man in göttlichen Dingen aus menschlicher Anweisung lernet, auf keine menschliche Auctorität an; da die göttliche Wahrheit ihr Gewicht und Kraft von keinem Menschen, sondern allein von GOtt hat: indessen aber ist doch viel daran gelegen, einen ge- treuen Anführer gehabt zu haben, oder noch haben; sonderlich einen solchen, von dem man versichert seyn kan, daß er selbst aus göttlicher Salbung von GOtt gelehret gewesen, oder sey, und also den gantzen Rath GOttes in aller Lauterkeit vor- getragen habe, oder noch vortrage: als welches einem billig so viel mehrern Eindruck ins Gemüth giebt und darinnen zum Lobe GOttes lässet:
V. 15.
Und weil du von Kind auf (unter der Anführung deiner gottseligen Mutter und Groß- mutter 2 Tim. 1, 5.) die heilige Schrift (die sämtlichen Schriften, oder Bücher Mosis und der Prpheten des alten Testaments) weissest (also daß sie dir aus der Salbung des Heiligen Geistes in ihren Geheimnissen von Christo und dem gan- tzen Rathe GOttes von unserer Seligkeit recht aufgeschlossen ist,) so kan dich dieselbe unter- weisen (sophisai, recht weise machen, also daß du in der göttlichen daher bereits geschöpften Weisheit immer mehr zunehmest) zur Seligkeit (wie sie im Reiche der Gnade und der Herrlich- keit zu erlangen ist) durch den Glauben an Christo JEsu (auf welchem Grunde er ruhet und unbeweglich bleibet.)
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Es liegen in diesem herrlichen Verse drey Sätze, welche nach einander wohl zu mercken sind:
Timotheus wuste von Kind auf die heili- Schrift.
Die heilige Schrift kan uns unterweisen zur Seligkeit.
Die Seligkeit wird durch den Glauben an Christum erlanget.
2. Vom ersten Satz: die Schrift hat ih- ren Namen vom Schreiben und von den Buch- staben, darein sie durch Schreiben verfasset ist. GOtt hat von solchem Schreiben selbst den An- fang gemachet, da er die zwo steinerne Tafeln mit den Worten des Gesetzes also beschrieben, daß er sie in dieselbe leserlich eingegraben hat; wo- mit denn die gantze heilige Schrift, wie sie hernach von Mose und den Propheten verzeichnet ist, von GOtt selbst gleichsam also characteri- siret ist, wie ein grosses öffentliches Gebäude, dazu der Landes-Herr selbst zum Grunde den er- sten Stein geleget hat.
3. Es wird alhier verstanden die Schrift des alten Testaments: sintemal die Schriften des neuen Testaments in des Timothei ersten Ju- gend noch nicht vorhanden waren: wie denn der itzige Brief Pauli erst itzo dazu kam, und die Schriften Johannis allem Ansehen nach noch später dazu gekommen sind. Jndessen gilt doch allerdings dieses, was von den Schriften des alten Testaments alhier gesaget wird, auch von denen des neuen Testaments.
4. Wenn in der Zahl der Vielheit gedacht wird der Schriften, so wird damit gesehen auf die sämtliche Bücher der heiligen Schrift. Und dieser Bücher Zahl war wie in der Jüdischen, also auch in der Christlichen Kirche so gewiß, daß darüber gar kein Streit war: wie die Jüden denn eben diejenigen Bücher, welche wir noch itzo mit recht für Canonisch, oder solche, die uns eine Richt- schnur sind unsers Glaubens und Lebens, erkennen, gehalten haben, an der Anzahl nicht wenigere und nicht mehrere: als welches aus dem Alterthum bekant genug ist und ausser allem Zweifel stehet. Welches, was die Schriften des alten Testa- ments, davon alhier eigentlich die Rede ist, betrift, auch daher offenbar ist, daß weder unser Heiland noch seine Apostel dißfalls iemals einen Streit mit den Juden gehabt haben. Hingegen haben sie sich nur immer frey darauf berufen, und immer gesaget, gegraptai, gegraptai, es stehet ge- schrieben, es stehet geschrieben! also daß sie sich bald auf dis bald auf das Buch der heiligen Schrift bezogen haben, welches sie nicht hätten thun können, wofern bey den Juden der damals zur Richtschnur angenommenen Bücher wegen einiger Streit oder Zweifel gewesen wäre.
5. Gleichwie die Zahl der Canonischen Bücher gewiß war, so war es auch ausser allem Zweifel gesetzet, daß sie bis auf die Zeiten Timo- thei und Pauli gantz unversehret und unverfäl- schet, ohne alle Veränderungen, ohne allen Zu- satz, oder Abnahme gekommen waren: sintemal weder Christus, noch die Apostel die Juden iemals
des-
C. 3. v. 14. 15. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch]
V. 14.
Du aber (der du ſolchen Verfuͤhrern und Verfuͤhreten billig als ein rechter Wegweiſer entgegen ſteheſt) bleibe (mit aller Treu der Aus- uͤbung alſo, daß es dein rechtes Werck ſey 1 Tim 4, 15. 16.) in dem, das du gelernet haſt (al- ſo, daß es dir nicht allein ins Gedaͤchtniß, ſondern auch durch die Salbung des Heiligen Geiſtes ins Hertz geſchrieben iſt) und dir (als eine theure Beylage c. 1, 13, 14.) anvertrauet iſt (da- rinnen bleibe alſo, daß du es ferner wohl anlegeſt und durch den Heiligen Geiſt im guten Gewiſſen bewahreſt:) ſintemal du weißt (du dich ohn Zweifel beſtaͤndig zum Lobe GOttes erinnerſt) von wem du gelernet haſt (auſſer der An- fuͤhrung deiner Mutter und Groß-Mutter von dem, der in den dritten Himmel entzuͤcket worden, und von Chriſto vorher unmittelbar berufen und mit dem Heiligen Geiſte geſalbet worden Apoſt. Geſch. 9. 2. Cor. 12, 2. Gal. 1. und der dich in dem Geheimniß von Chriſto, ſeinem Creutze und Reiche in aller Lauterkeit in der Beweiſung des Geiſtes und der Kraft unterrichtet hat. 1 Cor. 2, 4. ſiehe oben c. 2, 2. auch c. 3, 10. 1 Tim. 4, 6.
Anmerckungen.
1. Bleiben in dem, was man gelernet hat, nennet unſer Heiland Joh. 8, 31. 32. in ſeiner Rede bleiben, wenn er ſpricht: So ihr bleiben werdet an, oder in meinen Rede, (mit glaͤubigen Hertzen v. 30) ſo ſeyd ihr meine rechte Juͤnger, und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frey machen.
2. Es koͤmmt zwar mit dem, was man in goͤttlichen Dingen aus menſchlicher Anweiſung lernet, auf keine menſchliche Auctoritaͤt an; da die goͤttliche Wahrheit ihr Gewicht und Kraft von keinem Menſchen, ſondern allein von GOtt hat: indeſſen aber iſt doch viel daran gelegen, einen ge- treuen Anfuͤhrer gehabt zu haben, oder noch haben; ſonderlich einen ſolchen, von dem man verſichert ſeyn kan, daß er ſelbſt aus goͤttlicher Salbung von GOtt gelehret geweſen, oder ſey, und alſo den gantzen Rath GOttes in aller Lauterkeit vor- getragen habe, oder noch vortrage: als welches einem billig ſo viel mehrern Eindruck ins Gemuͤth giebt und darinnen zum Lobe GOttes laͤſſet:
V. 15.
Und weil du von Kind auf (unter der Anfuͤhrung deiner gottſeligen Mutter und Groß- mutter 2 Tim. 1, 5.) die heilige Schrift (die ſaͤmtlichen Schriften, oder Buͤcher Moſis und der Prpheten des alten Teſtaments) weiſſeſt (alſo daß ſie dir aus der Salbung des Heiligen Geiſtes in ihren Geheimniſſen von Chriſto und dem gan- tzen Rathe GOttes von unſerer Seligkeit recht aufgeſchloſſen iſt,) ſo kan dich dieſelbe unter- weiſen (σοϕίσαι, recht weiſe machen, alſo daß du in der goͤttlichen daher bereits geſchoͤpften Weisheit immer mehr zunehmeſt) zur Seligkeit (wie ſie im Reiche der Gnade und der Herrlich- keit zu erlangen iſt) durch den Glauben an Chriſto JEſu (auf welchem Grunde er ruhet und unbeweglich bleibet.)
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Es liegen in dieſem herrlichen Verſe drey Saͤtze, welche nach einander wohl zu mercken ſind:
Timotheus wuſte von Kind auf die heili- Schrift.
Die heilige Schrift kan uns unterweiſen zur Seligkeit.
Die Seligkeit wird durch den Glauben an Chriſtum erlanget.
2. Vom erſten Satz: die Schrift hat ih- ren Namen vom Schreiben und von den Buch- ſtaben, darein ſie durch Schreiben verfaſſet iſt. GOtt hat von ſolchem Schreiben ſelbſt den An- fang gemachet, da er die zwo ſteinerne Tafeln mit den Worten des Geſetzes alſo beſchrieben, daß er ſie in dieſelbe leſerlich eingegraben hat; wo- mit denn die gantze heilige Schrift, wie ſie hernach von Moſe und den Propheten verzeichnet iſt, von GOtt ſelbſt gleichſam alſo characteri- ſiret iſt, wie ein groſſes oͤffentliches Gebaͤude, dazu der Landes-Herr ſelbſt zum Grunde den er- ſten Stein geleget hat.
3. Es wird alhier verſtanden die Schrift des alten Teſtaments: ſintemal die Schriften des neuen Teſtaments in des Timothei erſten Ju- gend noch nicht vorhanden waren: wie denn der itzige Brief Pauli erſt itzo dazu kam, und die Schriften Johannis allem Anſehen nach noch ſpaͤter dazu gekommen ſind. Jndeſſen gilt doch allerdings dieſes, was von den Schriften des alten Teſtaments alhier geſaget wird, auch von denen des neuen Teſtaments.
4. Wenn in der Zahl der Vielheit gedacht wird der Schriften, ſo wird damit geſehen auf die ſaͤmtliche Buͤcher der heiligen Schrift. Und dieſer Buͤcher Zahl war wie in der Juͤdiſchen, alſo auch in der Chriſtlichen Kirche ſo gewiß, daß daruͤber gar kein Streit war: wie die Juͤden denn eben diejenigen Buͤcher, welche wir noch itzo mit recht fuͤr Canoniſch, oder ſolche, die uns eine Richt- ſchnur ſind unſers Glaubens und Lebens, erkennen, gehalten haben, an der Anzahl nicht wenigere und nicht mehrere: als welches aus dem Alterthum bekant genug iſt und auſſer allem Zweifel ſtehet. Welches, was die Schriften des alten Teſta- ments, davon alhier eigentlich die Rede iſt, betrift, auch daher offenbar iſt, daß weder unſer Heiland noch ſeine Apoſtel dißfalls iemals einen Streit mit den Juden gehabt haben. Hingegen haben ſie ſich nur immer frey darauf berufen, und immer geſaget, γέγραϖται, γέγραπται, es ſtehet ge- ſchrieben, es ſtehet geſchrieben! alſo daß ſie ſich bald auf dis bald auf das Buch der heiligen Schrift bezogen haben, welches ſie nicht haͤtten thun koͤnnen, wofern bey den Juden der damals zur Richtſchnur angenommenen Buͤcher wegen einiger Streit oder Zweifel geweſen waͤre.
5. Gleichwie die Zahl der Canoniſchen Buͤcher gewiß war, ſo war es auch auſſer allem Zweifel geſetzet, daß ſie bis auf die Zeiten Timo- thei und Pauli gantz unverſehret und unverfaͤl- ſchet, ohne alle Veraͤnderungen, ohne allen Zu- ſatz, oder Abnahme gekommen waren: ſintemal weder Chriſtus, noch die Apoſtel die Juden iemals
des-
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[175/0177]
C. 3. v. 14. 15. an den Timotheum.
V. 14.
Du aber (der du ſolchen Verfuͤhrern und
Verfuͤhreten billig als ein rechter Wegweiſer
entgegen ſteheſt) bleibe (mit aller Treu der Aus-
uͤbung alſo, daß es dein rechtes Werck ſey 1 Tim
4, 15. 16.) in dem, das du gelernet haſt (al-
ſo, daß es dir nicht allein ins Gedaͤchtniß, ſondern
auch durch die Salbung des Heiligen Geiſtes ins
Hertz geſchrieben iſt) und dir (als eine theure
Beylage c. 1, 13, 14.) anvertrauet iſt (da-
rinnen bleibe alſo, daß du es ferner wohl anlegeſt
und durch den Heiligen Geiſt im guten Gewiſſen
bewahreſt:) ſintemal du weißt (du dich ohn
Zweifel beſtaͤndig zum Lobe GOttes erinnerſt)
von wem du gelernet haſt (auſſer der An-
fuͤhrung deiner Mutter und Groß-Mutter von
dem, der in den dritten Himmel entzuͤcket worden,
und von Chriſto vorher unmittelbar berufen und
mit dem Heiligen Geiſte geſalbet worden Apoſt.
Geſch. 9. 2. Cor. 12, 2. Gal. 1. und der dich in
dem Geheimniß von Chriſto, ſeinem Creutze und
Reiche in aller Lauterkeit in der Beweiſung des
Geiſtes und der Kraft unterrichtet hat. 1 Cor. 2,
4. ſiehe oben c. 2, 2. auch c. 3, 10. 1 Tim. 4, 6.
Anmerckungen.
1. Bleiben in dem, was man gelernet
hat, nennet unſer Heiland Joh. 8, 31. 32. in
ſeiner Rede bleiben, wenn er ſpricht: So ihr
bleiben werdet an, oder in meinen Rede,
(mit glaͤubigen Hertzen v. 30) ſo ſeyd ihr meine
rechte Juͤnger, und werdet die Wahrheit
erkennen, und die Wahrheit wird euch frey
machen.
2. Es koͤmmt zwar mit dem, was man in
goͤttlichen Dingen aus menſchlicher Anweiſung
lernet, auf keine menſchliche Auctoritaͤt an; da die
goͤttliche Wahrheit ihr Gewicht und Kraft von
keinem Menſchen, ſondern allein von GOtt hat:
indeſſen aber iſt doch viel daran gelegen, einen ge-
treuen Anfuͤhrer gehabt zu haben, oder noch haben;
ſonderlich einen ſolchen, von dem man verſichert
ſeyn kan, daß er ſelbſt aus goͤttlicher Salbung
von GOtt gelehret geweſen, oder ſey, und alſo
den gantzen Rath GOttes in aller Lauterkeit vor-
getragen habe, oder noch vortrage: als welches
einem billig ſo viel mehrern Eindruck ins Gemuͤth
giebt und darinnen zum Lobe GOttes laͤſſet:
V. 15.
Und weil du von Kind auf (unter der
Anfuͤhrung deiner gottſeligen Mutter und Groß-
mutter 2 Tim. 1, 5.) die heilige Schrift (die
ſaͤmtlichen Schriften, oder Buͤcher Moſis und der
Prpheten des alten Teſtaments) weiſſeſt (alſo
daß ſie dir aus der Salbung des Heiligen Geiſtes
in ihren Geheimniſſen von Chriſto und dem gan-
tzen Rathe GOttes von unſerer Seligkeit recht
aufgeſchloſſen iſt,) ſo kan dich dieſelbe unter-
weiſen (σοϕίσαι, recht weiſe machen, alſo daß
du in der goͤttlichen daher bereits geſchoͤpften
Weisheit immer mehr zunehmeſt) zur Seligkeit
(wie ſie im Reiche der Gnade und der Herrlich-
keit zu erlangen iſt) durch den Glauben an
Chriſto JEſu (auf welchem Grunde er ruhet
und unbeweglich bleibet.)
Anmerckungen.
1. Es liegen in dieſem herrlichen Verſe drey
Saͤtze, welche nach einander wohl zu mercken
ſind:
Timotheus wuſte von Kind auf die heili-
Schrift.
Die heilige Schrift kan uns unterweiſen
zur Seligkeit.
Die Seligkeit wird durch den Glauben
an Chriſtum erlanget.
2. Vom erſten Satz: die Schrift hat ih-
ren Namen vom Schreiben und von den Buch-
ſtaben, darein ſie durch Schreiben verfaſſet iſt.
GOtt hat von ſolchem Schreiben ſelbſt den An-
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mit den Worten des Geſetzes alſo beſchrieben,
daß er ſie in dieſelbe leſerlich eingegraben hat; wo-
mit denn die gantze heilige Schrift, wie ſie
hernach von Moſe und den Propheten verzeichnet
iſt, von GOtt ſelbſt gleichſam alſo characteri-
ſiret iſt, wie ein groſſes oͤffentliches Gebaͤude,
dazu der Landes-Herr ſelbſt zum Grunde den er-
ſten Stein geleget hat.
3. Es wird alhier verſtanden die Schrift
des alten Teſtaments: ſintemal die Schriften
des neuen Teſtaments in des Timothei erſten Ju-
gend noch nicht vorhanden waren: wie denn der
itzige Brief Pauli erſt itzo dazu kam, und die
Schriften Johannis allem Anſehen nach noch
ſpaͤter dazu gekommen ſind. Jndeſſen gilt doch
allerdings dieſes, was von den Schriften des alten
Teſtaments alhier geſaget wird, auch von denen
des neuen Teſtaments.
4. Wenn in der Zahl der Vielheit gedacht
wird der Schriften, ſo wird damit geſehen auf
die ſaͤmtliche Buͤcher der heiligen Schrift. Und
dieſer Buͤcher Zahl war wie in der Juͤdiſchen,
alſo auch in der Chriſtlichen Kirche ſo gewiß, daß
daruͤber gar kein Streit war: wie die Juͤden denn
eben diejenigen Buͤcher, welche wir noch itzo mit
recht fuͤr Canoniſch, oder ſolche, die uns eine Richt-
ſchnur ſind unſers Glaubens und Lebens, erkennen,
gehalten haben, an der Anzahl nicht wenigere und
nicht mehrere: als welches aus dem Alterthum
bekant genug iſt und auſſer allem Zweifel ſtehet.
Welches, was die Schriften des alten Teſta-
ments, davon alhier eigentlich die Rede iſt, betrift,
auch daher offenbar iſt, daß weder unſer Heiland
noch ſeine Apoſtel dißfalls iemals einen Streit
mit den Juden gehabt haben. Hingegen haben
ſie ſich nur immer frey darauf berufen, und immer
geſaget, γέγραϖται, γέγραπται, es ſtehet ge-
ſchrieben, es ſtehet geſchrieben! alſo daß ſie
ſich bald auf dis bald auf das Buch der heiligen
Schrift bezogen haben, welches ſie nicht haͤtten
thun koͤnnen, wofern bey den Juden der damals
zur Richtſchnur angenommenen Buͤcher wegen
einiger Streit oder Zweifel geweſen waͤre.
5. Gleichwie die Zahl der Canoniſchen
Buͤcher gewiß war, ſo war es auch auſſer allem
Zweifel geſetzet, daß ſie bis auf die Zeiten Timo-
thei und Pauli gantz unverſehret und unverfaͤl-
ſchet, ohne alle Veraͤnderungen, ohne allen Zu-
ſatz, oder Abnahme gekommen waren: ſintemal
weder Chriſtus, noch die Apoſtel die Juden iemals
des-
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/177>, abgerufen am 27.11.2024.
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