[Spaltenumbruch]
zänck mit zerrütteten Sinnen für die vermeynte Wahrheit, oder Orthodoxie streiten. Dar- an man sich demnach nicht kehren soll. Thue dich von solchen, soll es bey rechtschaffnen Leh- rern und Zuhörern heissen.
8. Was Paulus von der Gottseligkeit im lautern Sinne nach der Wahrheit c. 4, 8. sa- get, daß sie zu allen Dingen nütze sey, und die Verheissung dieses und des zukünftigen Lebens habe; das sagen die fleischlich-gesinnten Lehrer auch. Allein wie sehr sie dabey der Wahrheit beraubet sind, das siehet man daraus, daß sie den wahren Nutzen der Gottseligkeit, den sie schon in dieser Welt hat, davon verstehen, daß sie mit der Gottseligkeit, das ist, mit der Theo- logie, Religion, Christenthum und ihren Amts- Verrichtungen nur zu ihrem Geitze ihr Gewer- be treiben. Jn dem Briefe an den Titum c. 1, 11. heißt es von ihnen: Welchen man muß das Maul stopfen, die gantze Häuser ver- kehren, und lehren, das nicht taugt, um schändliches Gewinnes willen. Kein Ge- winn aber ist schändlicher, als der mit Religions- Sachen getrieben wird.
9. Wenn Paulus zu dem Worte Arg- wohn das Wort böse setzet, so heisset böse so viel als feindselig, und ungegründet, da man aus einem widrigen und dabey zerrütteten Ge- müthe von andern das ärgste gedencket, auch wohl das beste dafür ansiehet. Und also ist ein solcher Argwohn entgegen gesetzet einem Wohl- gegründeten, da man zwar der Sache aus al- len Umständen noch nicht gantz gewiß ist, und daher noch einigen Zweifel vom Gegentheil übrig behält; aber doch etwas böses zu besorgen ge- nugsamen Grund vor sich hat.
V. 6.
Es ist aber ein grosser Gewinn, wer Gottselig ist (e eusebeia, die Gottseligkeit selbst ist ein grosser und unschätzbarer Schatz, da sie mit gewisser erfüllung die Verheissung hat dieses und des zukünftigen Lebens, auch zu allen Dingen nütze ist. c. 4, 8.) und lässet ihm genugen, (wie denn die Gottseligkeit die Vergnüglichkeit aus sich gebieret.)
Anmerckungen.
1. Wie solte die Gottseligkeit nicht ein gros- ser Gewinn seyn, da man, wie das teutsche Wort lautet, durch sie selig ist in GOtt, und Chri- stum hat, und mit ihm alles? denn da das Haupt- Stück derselben im Glauben bestehet, und der Glaube Christum ergreifet, und in ihm alles fin- det, was kan einem Gottseligen denn noch fehlen? Und also ist die Gottseligkeit nicht allein ein Ge- winn, sondern auch ein recht grosser Gewinn, der in CHristo alle Heils-Schätze mit sich führet. Darum es auch von CHristo heißt, daß wir in ihm reich gemachet werden 1 Cor. 1, 5. 2 Cor. 8, 9. Und kömmt es zum Sterben, darin- nen die Welt-Kinder alles verlieren, und hinge- gen die über sich gehäufte Gerichte Gottes finden Röm. 12, 5. so gehet der Gottseligen Gewinn erst recht an, nachdem Christus ihr Leben gewesen ist; wie Paulus spricht Phil. 1, 21.
[Spaltenumbruch]
2. Und da die Gottseligkeit beständige und ewig bleibende Güter mit sich führet; so machet sie auch vergnüglich in dem, was GOtt von zeitlichen zuwirft. Denn sie führet durch den Ge- nuß der geistlichen Güter das Gemüth ein in die Verleugnung und rechte Verwaltung der zeitli- chen; daher denn dasselbe, da es was bessers hat, nach dem zeitlichen nicht strebet, und mit weni- gen zu frieden ist, auch, so GOtt ein mehrers zu- fliessen läßt, sich daran nicht hänget, sondern al- les wohl anzulegen suchet. Und also kan ein solches Gemüth mit Paulo sagen: Als die Ar- men, aber die doch viel reich machen: als die nichts inne haben, und doch alles ha- ben. 2 Cor. 6, 10. Siehe auch Phil. 4, 12, 13. Hebr. 13, 5.
V. 7.
Denn wir haben nichts in die Welt gebracht (da wir geboren worden sind, mit kei- nem Vorrathe an Silber und Golde und andern köstlichen Geschmuck behenget und beladen, son- dern gantz nackent und bloß von Mutter-Leibe ge- kommen;) Darum (wie denn auch) offenbar ist, wir werden auch nichts hinaus brin- gen (von solchen zeitlichen Gütern, dessen, wir nach dem Tode könten froh werden. Und ob auch gleich mit manchen todten Cörpern ein grosser Pracht getrieben wird, sie auch wol mit vielen Kostbarkeiten in Sarg und ins Grab geleget wer- den; so kan es doch den Leib nicht einmal vor der Verwesung bewahren, geschweige daß die See- le und also der Verstorbene davon den allerge- ringsten Nutzen haben solte.)
Anmerckungen.
1. Es ist nichts, welches den Menschen mehr demüthigen, und ausser dem Grunde der Gnade kräftiger zur Verleugnung aller Eitelkeit und Schätze dieser Welt antreiben kan, als wenn er sich den Eingang und den Ausgang des mensch- lichen Lebens, oder seine Geburt und den künfti- gen Tod recht vorstellet. Darum man billig oft daran gedencken und sich desto mehr nach dem rechten Gute, welches man aus dieser Welt mit- nimmt, um sehen soll Hiob hatte es bey seinem Reichthum in der Verleugnung aller irdischen Dinge weit gebracht, daß er bey derselben gantz grossen und ausserordentlichen Verlust sagen kon- te: Jch bin Nackent von meiner Mutter Leibe kommen, nackent werde ich wieder dahin fahren. Der HErr hats gegeben, der HErr hats genommen. Der Name des HErrn sey gelobet! c. 1, 21.
2. Sonderlich haben reiche und fürnehme Leute, welche in grossen Gütern und Ehren sitzen, diesen Text mit dem folgenden sich oft und recht genau vorzustellen, damit sie davon zur Verleug- nung einen rechten Eindruck haben mögen. Du Narr, heißt es bey dem Luca. c. 12, 20. diese Nacht wird man deine Seele von dir fo- dern: und wes wird er seyn, das du ge- sammlet hast Siehe auch Psalm. 49, 17, 18.
V. 8.
Wenn wir aber Nahrung (diatrophas
Spei-
R 3
Cap. 6. v. 5-8. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch]
zaͤnck mit zerruͤtteten Sinnen fuͤr die vermeynte Wahrheit, oder Orthodoxie ſtreiten. Dar- an man ſich demnach nicht kehren ſoll. Thue dich von ſolchen, ſoll es bey rechtſchaffnen Leh- rern und Zuhoͤrern heiſſen.
8. Was Paulus von der Gottſeligkeit im lautern Sinne nach der Wahrheit c. 4, 8. ſa- get, daß ſie zu allen Dingen nuͤtze ſey, und die Verheiſſung dieſes und des zukuͤnftigen Lebens habe; das ſagen die fleiſchlich-geſinnten Lehrer auch. Allein wie ſehr ſie dabey der Wahrheit beraubet ſind, das ſiehet man daraus, daß ſie den wahren Nutzen der Gottſeligkeit, den ſie ſchon in dieſer Welt hat, davon verſtehen, daß ſie mit der Gottſeligkeit, das iſt, mit der Theo- logie, Religion, Chriſtenthum und ihren Amts- Verrichtungen nur zu ihrem Geitze ihr Gewer- be treiben. Jn dem Briefe an den Titum c. 1, 11. heißt es von ihnen: Welchen man muß das Maul ſtopfen, die gantze Haͤuſer ver- kehren, und lehren, das nicht taugt, um ſchaͤndliches Gewinnes willen. Kein Ge- winn aber iſt ſchaͤndlicher, als der mit Religions- Sachen getrieben wird.
9. Wenn Paulus zu dem Worte Arg- wohn das Wort boͤſe ſetzet, ſo heiſſet boͤſe ſo viel als feindſelig, und ungegruͤndet, da man aus einem widrigen und dabey zerruͤtteten Ge- muͤthe von andern das aͤrgſte gedencket, auch wohl das beſte dafuͤr anſiehet. Und alſo iſt ein ſolcher Argwohn entgegen geſetzet einem Wohl- gegruͤndeten, da man zwar der Sache aus al- len Umſtaͤnden noch nicht gantz gewiß iſt, und daher noch einigen Zweifel vom Gegentheil uͤbrig behaͤlt; aber doch etwas boͤſes zu beſorgen ge- nugſamen Grund vor ſich hat.
V. 6.
Es iſt aber ein groſſer Gewinn, wer Gottſelig iſt (ἡ ἐυσέβεια, die Gottſeligkeit ſelbſt iſt ein groſſer und unſchaͤtzbarer Schatz, da ſie mit gewiſſer erfuͤllung die Verheiſſung hat dieſes und des zukuͤnftigen Lebens, auch zu allen Dingen nuͤtze iſt. c. 4, 8.) und laͤſſet ihm genůgen, (wie denn die Gottſeligkeit die Vergnuͤglichkeit aus ſich gebieret.)
Anmerckungen.
1. Wie ſolte die Gottſeligkeit nicht ein groſ- ſer Gewinn ſeyn, da man, wie das teutſche Wort lautet, durch ſie ſelig iſt in GOtt, und Chri- ſtum hat, und mit ihm alles? denn da das Haupt- Stuͤck derſelben im Glauben beſtehet, und der Glaube Chriſtum ergreifet, und in ihm alles fin- det, was kan einem Gottſeligen denn noch fehlen? Und alſo iſt die Gottſeligkeit nicht allein ein Ge- winn, ſondern auch ein recht groſſer Gewinn, der in CHriſto alle Heils-Schaͤtze mit ſich fuͤhret. Darum es auch von CHriſto heißt, daß wir in ihm reich gemachet werden 1 Cor. 1, 5. 2 Cor. 8, 9. Und koͤmmt es zum Sterben, darin- nen die Welt-Kinder alles verlieren, und hinge- gen die uͤber ſich gehaͤufte Gerichte Gottes finden Roͤm. 12, 5. ſo gehet der Gottſeligen Gewinn erſt recht an, nachdem Chriſtus ihr Leben geweſen iſt; wie Paulus ſpricht Phil. 1, 21.
[Spaltenumbruch]
2. Und da die Gottſeligkeit beſtaͤndige und ewig bleibende Guͤter mit ſich fuͤhret; ſo machet ſie auch vergnuͤglich in dem, was GOtt von zeitlichen zuwirft. Denn ſie fuͤhret durch den Ge- nuß der geiſtlichen Guͤter das Gemuͤth ein in die Verleugnung und rechte Verwaltung der zeitli- chen; daher denn daſſelbe, da es was beſſers hat, nach dem zeitlichen nicht ſtrebet, und mit weni- gen zu frieden iſt, auch, ſo GOtt ein mehrers zu- flieſſen laͤßt, ſich daran nicht haͤnget, ſondern al- les wohl anzulegen ſuchet. Und alſo kan ein ſolches Gemuͤth mit Paulo ſagen: Als die Ar- men, aber die doch viel reich machen: als die nichts inne haben, und doch alles ha- ben. 2 Cor. 6, 10. Siehe auch Phil. 4, 12, 13. Hebr. 13, 5.
V. 7.
Denn wir haben nichts in die Welt gebracht (da wir geboren worden ſind, mit kei- nem Vorrathe an Silber und Golde und andern koͤſtlichen Geſchmuck behenget und beladen, ſon- dern gantz nackent und bloß von Mutter-Leibe ge- kommen;) Darum (wie denn auch) offenbar iſt, wir werden auch nichts hinaus brin- gen (von ſolchen zeitlichen Guͤtern, deſſen, wir nach dem Tode koͤnten froh werden. Und ob auch gleich mit manchen todten Coͤrpern ein groſſer Pracht getrieben wird, ſie auch wol mit vielen Koſtbarkeiten in Sarg und ins Grab geleget wer- den; ſo kan es doch den Leib nicht einmal vor der Verweſung bewahren, geſchweige daß die See- le und alſo der Verſtorbene davon den allerge- ringſten Nutzen haben ſolte.)
Anmerckungen.
1. Es iſt nichts, welches den Menſchen mehr demuͤthigen, und auſſer dem Grunde der Gnade kraͤftiger zur Verleugnung aller Eitelkeit und Schaͤtze dieſer Welt antreiben kan, als wenn er ſich den Eingang und den Ausgang des menſch- lichen Lebens, oder ſeine Geburt und den kuͤnfti- gen Tod recht vorſtellet. Darum man billig oft daran gedencken und ſich deſto mehr nach dem rechten Gute, welches man aus dieſer Welt mit- nimmt, um ſehen ſoll Hiob hatte es bey ſeinem Reichthum in der Verleugnung aller irdiſchen Dinge weit gebracht, daß er bey derſelben gantz groſſen und auſſerordentlichen Verluſt ſagen kon- te: Jch bin Nackent von meiner Mutter Leibe kommen, nackent werde ich wieder dahin fahren. Der HErr hats gegeben, der HErr hats genommen. Der Name des HErrn ſey gelobet! c. 1, 21.
2. Sonderlich haben reiche und fuͤrnehme Leute, welche in groſſen Guͤtern und Ehren ſitzen, dieſen Text mit dem folgenden ſich oft und recht genau vorzuſtellen, damit ſie davon zur Verleug- nung einen rechten Eindruck haben moͤgen. Du Narr, heißt es bey dem Luca. c. 12, 20. dieſe Nacht wird man deine Seele von dir fo- dern: und wes wird er ſeyn, das du ge- ſammlet haſt Siehe auch Pſalm. 49, 17, 18.
V. 8.
Wenn wir aber Nahrung (διατροϕὰς
Spei-
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[133/0135]
Cap. 6. v. 5-8. an den Timotheum.
zaͤnck mit zerruͤtteten Sinnen fuͤr die vermeynte
Wahrheit, oder Orthodoxie ſtreiten. Dar-
an man ſich demnach nicht kehren ſoll. Thue
dich von ſolchen, ſoll es bey rechtſchaffnen Leh-
rern und Zuhoͤrern heiſſen.
8. Was Paulus von der Gottſeligkeit im
lautern Sinne nach der Wahrheit c. 4, 8. ſa-
get, daß ſie zu allen Dingen nuͤtze ſey, und die
Verheiſſung dieſes und des zukuͤnftigen Lebens
habe; das ſagen die fleiſchlich-geſinnten Lehrer
auch. Allein wie ſehr ſie dabey der Wahrheit
beraubet ſind, das ſiehet man daraus, daß ſie
den wahren Nutzen der Gottſeligkeit, den ſie
ſchon in dieſer Welt hat, davon verſtehen, daß
ſie mit der Gottſeligkeit, das iſt, mit der Theo-
logie, Religion, Chriſtenthum und ihren Amts-
Verrichtungen nur zu ihrem Geitze ihr Gewer-
be treiben. Jn dem Briefe an den Titum c. 1,
11. heißt es von ihnen: Welchen man muß
das Maul ſtopfen, die gantze Haͤuſer ver-
kehren, und lehren, das nicht taugt, um
ſchaͤndliches Gewinnes willen. Kein Ge-
winn aber iſt ſchaͤndlicher, als der mit Religions-
Sachen getrieben wird.
9. Wenn Paulus zu dem Worte Arg-
wohn das Wort boͤſe ſetzet, ſo heiſſet boͤſe ſo
viel als feindſelig, und ungegruͤndet, da man
aus einem widrigen und dabey zerruͤtteten Ge-
muͤthe von andern das aͤrgſte gedencket, auch
wohl das beſte dafuͤr anſiehet. Und alſo iſt ein
ſolcher Argwohn entgegen geſetzet einem Wohl-
gegruͤndeten, da man zwar der Sache aus al-
len Umſtaͤnden noch nicht gantz gewiß iſt, und
daher noch einigen Zweifel vom Gegentheil uͤbrig
behaͤlt; aber doch etwas boͤſes zu beſorgen ge-
nugſamen Grund vor ſich hat.
V. 6.
Es iſt aber ein groſſer Gewinn, wer
Gottſelig iſt (ἡ ἐυσέβεια, die Gottſeligkeit ſelbſt
iſt ein groſſer und unſchaͤtzbarer Schatz, da ſie mit
gewiſſer erfuͤllung die Verheiſſung hat dieſes und
des zukuͤnftigen Lebens, auch zu allen Dingen
nuͤtze iſt. c. 4, 8.) und laͤſſet ihm genůgen,
(wie denn die Gottſeligkeit die Vergnuͤglichkeit
aus ſich gebieret.)
Anmerckungen.
1. Wie ſolte die Gottſeligkeit nicht ein groſ-
ſer Gewinn ſeyn, da man, wie das teutſche Wort
lautet, durch ſie ſelig iſt in GOtt, und Chri-
ſtum hat, und mit ihm alles? denn da das Haupt-
Stuͤck derſelben im Glauben beſtehet, und der
Glaube Chriſtum ergreifet, und in ihm alles fin-
det, was kan einem Gottſeligen denn noch fehlen?
Und alſo iſt die Gottſeligkeit nicht allein ein Ge-
winn, ſondern auch ein recht groſſer Gewinn,
der in CHriſto alle Heils-Schaͤtze mit ſich fuͤhret.
Darum es auch von CHriſto heißt, daß wir in
ihm reich gemachet werden 1 Cor. 1, 5.
2 Cor. 8, 9. Und koͤmmt es zum Sterben, darin-
nen die Welt-Kinder alles verlieren, und hinge-
gen die uͤber ſich gehaͤufte Gerichte Gottes finden
Roͤm. 12, 5. ſo gehet der Gottſeligen Gewinn
erſt recht an, nachdem Chriſtus ihr Leben geweſen
iſt; wie Paulus ſpricht Phil. 1, 21.
2. Und da die Gottſeligkeit beſtaͤndige und
ewig bleibende Guͤter mit ſich fuͤhret; ſo machet
ſie auch vergnuͤglich in dem, was GOtt von
zeitlichen zuwirft. Denn ſie fuͤhret durch den Ge-
nuß der geiſtlichen Guͤter das Gemuͤth ein in die
Verleugnung und rechte Verwaltung der zeitli-
chen; daher denn daſſelbe, da es was beſſers hat,
nach dem zeitlichen nicht ſtrebet, und mit weni-
gen zu frieden iſt, auch, ſo GOtt ein mehrers zu-
flieſſen laͤßt, ſich daran nicht haͤnget, ſondern al-
les wohl anzulegen ſuchet. Und alſo kan ein
ſolches Gemuͤth mit Paulo ſagen: Als die Ar-
men, aber die doch viel reich machen: als
die nichts inne haben, und doch alles ha-
ben. 2 Cor. 6, 10. Siehe auch Phil. 4, 12, 13.
Hebr. 13, 5.
V. 7.
Denn wir haben nichts in die Welt
gebracht (da wir geboren worden ſind, mit kei-
nem Vorrathe an Silber und Golde und andern
koͤſtlichen Geſchmuck behenget und beladen, ſon-
dern gantz nackent und bloß von Mutter-Leibe ge-
kommen;) Darum (wie denn auch) offenbar
iſt, wir werden auch nichts hinaus brin-
gen (von ſolchen zeitlichen Guͤtern, deſſen, wir
nach dem Tode koͤnten froh werden. Und ob auch
gleich mit manchen todten Coͤrpern ein groſſer
Pracht getrieben wird, ſie auch wol mit vielen
Koſtbarkeiten in Sarg und ins Grab geleget wer-
den; ſo kan es doch den Leib nicht einmal vor der
Verweſung bewahren, geſchweige daß die See-
le und alſo der Verſtorbene davon den allerge-
ringſten Nutzen haben ſolte.)
Anmerckungen.
1. Es iſt nichts, welches den Menſchen mehr
demuͤthigen, und auſſer dem Grunde der Gnade
kraͤftiger zur Verleugnung aller Eitelkeit und
Schaͤtze dieſer Welt antreiben kan, als wenn er
ſich den Eingang und den Ausgang des menſch-
lichen Lebens, oder ſeine Geburt und den kuͤnfti-
gen Tod recht vorſtellet. Darum man billig
oft daran gedencken und ſich deſto mehr nach dem
rechten Gute, welches man aus dieſer Welt mit-
nimmt, um ſehen ſoll Hiob hatte es bey ſeinem
Reichthum in der Verleugnung aller irdiſchen
Dinge weit gebracht, daß er bey derſelben gantz
groſſen und auſſerordentlichen Verluſt ſagen kon-
te: Jch bin Nackent von meiner Mutter
Leibe kommen, nackent werde ich wieder
dahin fahren. Der HErr hats gegeben,
der HErr hats genommen. Der Name
des HErrn ſey gelobet! c. 1, 21.
2. Sonderlich haben reiche und fuͤrnehme
Leute, welche in groſſen Guͤtern und Ehren ſitzen,
dieſen Text mit dem folgenden ſich oft und recht
genau vorzuſtellen, damit ſie davon zur Verleug-
nung einen rechten Eindruck haben moͤgen. Du
Narr, heißt es bey dem Luca. c. 12, 20. dieſe
Nacht wird man deine Seele von dir fo-
dern: und wes wird er ſeyn, das du ge-
ſammlet haſt Siehe auch Pſalm. 49, 17,
18.
V. 8.
Wenn wir aber Nahrung (διατροϕὰς
Spei-
R 3
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/135>, abgerufen am 27.11.2024.
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der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.