Erklärung des ersten Briefes Pauli C. 2. v. 13. 14. 15.
[Spaltenumbruch]
de der Undschuld, wenn auch der Sünden-Fall gar nicht erfolget wäre. Daher sich das weib- liche Geschlecht denselben so viel weniger soll mißfellen lassen; und das männliche ihn so viel weniger mißbrauchen soll.
3. Wie das Weib in der Ehe vom Man- ne soll gehalten werden, nemlich weder zu hoch zur Herrschaft über ihn, noch zu gering, zur Sclaverey, das ist damit nicht undeutlich ange- zeiget, daß sie weder von seinem Haupte, noch von seinen Füssen, sondern mitten aus seinem Leibe, in der Nähe des Hertzens gebildet ist.
V. 14.
Und Adam ward nicht verführet (nemlich protos, als der erste, wie aus dem vorhergehenden Verse zu wiederholen ist: und unmittelbar vom Satan, sondern mittelbar durch das Weib) das Weib aber ward ver- führet (nemlich zu erst; also daß sie sich vom rechten Wege des Glaubens an GOtt und des Gehorsams gegen GOtt verleiten lassen) und hat die Ubertretung eingeführet (Gr. ist in der Ubertretung, nemlich des Verbots GOt- tes, gewesen; nemlich zu erst, also daß sie her- nach auch den Mann dazu verleitet hat.)
Anmerckungen.
1. Dis ist nun der andere Grund, war- um das weibliche Geschlecht dem männlichen unterthänig seyn soll: nemlich weil es wie zuletzt erschaffen, also zuerst die Ubertretung eingefüh- ret hat: daher durch die Unterthänigkeit ein be- ständiges Andencken des Falles bleiben solle.
2. Wie Adam im Paradiese sich verleiten lassen: also geschiehet es noch heute zu Tage, daß das weibliche Geschlecht, wenn es entweder nicht in der wahren Furcht GOttes stehet, oder doch den empfangenen Gnaden-Stand nicht ge- treulich bewahret, wegen der demselben bey- wohnenden List und Annehmlichkeit, dem männ- lichen auf vielfache Art zur Bestrickung und Be- rückung dienet; daher man beyderseits über sich zu wachen hat, um weder zu verleiten, noch sich verleiten zu lassen.
3. Wie es mit dem Sünden-Fall Adams und der Eva zugegangen, das sehe man 1 B. Mos. 3. und 2 Cor. 11, 3. da es deutlich verzeich- net ist: allein doch in solcher Kürtze, wie andere vom Anfange der Welt her und vor der Sünd- fluth geschehene Sachen, daß uns daher vieles, so uns zu wissen auch so nöthig nicht ist, verbor- gen bleibet. Genug, daß uns die Wiederbrin- gung und Erlösung durch Christum, und die Wiederaufrichtung des verlornen Ebenbildes GOttes desto ausführlicher vorgeleget ist.
4. Man lernet aus der Historie vom Sün- den-Falle der ersten Menschen auch dieses, wie daß sonderlich gläubige und GOtt-ergebene Seelen der Sichtung und Versuchung des Sa- tans unterworfen sind; denn da er die Gottlosen schon in seinen Stricken hat, und also sie, um sich ihrer zu bemächtigen, nicht erst versuchen darf, so ist er bemühet die Gottseligen erst gefan- gen zu nehmen: dannenhero diese sich am meisten davor zu hüten haben.
[Spaltenumbruch]
V. 15.
Sie wird aber selig werden durch Kinder-zeugen (im Ehestande, also daß ihr derselbe, ob er auch gleich, sonderlich auf Seiten des Weibes, durch den Sünden-Fall noch so vielem Elend unterworfen ist,) so sie (e'an mei- nosin, so sie, die Weiber insgesamt) bleiben im Glauben (an Christum, den von der Maria gebornen wahren GOtt-Menschen, der, ob er gleich auf eine ausserordentliche Art geboren ist, dennoch mit seiner Geburt die ordentliche Zeugung und Geburt der Kinder geheiliget hat,) und in der Liebe (also daß sie durch Ausü- bung aller Pflichten der Liebe gegen GOTT, sich selbst und ihren Nächsten ein gutes Gewissen, und darinnen den Glauben bewahren 1 Tim. 1, 19.) und in der Heiligung (dazu insonderheit die Pflichten gegen uns selbst in der Keuschheit, Nüchternheit und Mäßigkeit gehören: welche Heiligung aber auch überhaupt auf die Erneue- rung nach dem Ebenbilde GOttes gehet) und in der Zucht (sophrosune, welches eine solche Tugend ist, die da sonderlich in der göttlichen Klugheit, Einfalt, und weisen Mäßigung aller Dinge bestehet und sich hervorthut.)
Anmerckungen.
1. Die Particula dia durch, durch Kin- der-Zeugen, wird alhier billig also verstanden und übersetzet, daß sie soviel sey, als in; und so wird sie nicht allein von andern Griechischen Scribenten, sondern auch mehrmal im Neuen Testamente genommen. Man sehe Röm. 2, 27. c. 4, 11. Ap. Ges. 14, 22. 2 Cor. 6, 8. Gal. 4, 13. 1 Pet. 3, 20. Denn da nicht einmal die heilige Jungfrau Maria durch die Geburt sondern durch die Erlösung Christi und durch den Glau- ben an Christum selig worden, so kan das ge- meine Kinder-Zeugen so viel weniger ein Mittel zur Seligkeit seyn: wie denn auch der Ordnung des Heyls darauf ausdrücklich gedacht wird, in den Worten: so sie bleiben u. s. w.
2. Glaube und Liebe, oder gutes Gewis- sen setzet Paulus in diesem Briefe schon zum vierten male gar genau zusammen, nachdem er derselben gedacht zum ersten mal c. 1, 15. zum an- dern mal v. 14. zum drittenmal v. 19.
3. Gleichwie der Glaube nicht ist ohne die Liebe; so ist auch die Liebe und der Glaube nicht ohne die Heiligung: als wodurch Glaube und Liebe immer mehr von ihrer Unlauterkeit gerei- niget werden, und dadurch auch Sophrosyne, die wahre Klugheit der Gerechten, befordert und vermehret wird.
4. Man hat sich hiebey zuvorderst zu prü- fen, ob man auch im Glauben sey? 2 Cor. 13, 5. Wer aber im Glauben und in der Liebe ist und bleibet, der bleibet in Christo und in GOTT, und GOtt in ihm. Joh. 15, 1. u. f. 1 Joh. 4, 16.
5. Der Ehestand, und darinnen die Er- zeugung und Erziehung der Kinder stehet an sich selbst der Heyls-Ordnung so gar nicht entgegen, daß diese vielmehr dem gantzen Ehestande zur Heiligung und zum Troste dienet. Wohl de-
nen,
Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 2. v. 13. 14. 15.
[Spaltenumbruch]
de der Undſchuld, wenn auch der Suͤnden-Fall gar nicht erfolget waͤre. Daher ſich das weib- liche Geſchlecht denſelben ſo viel weniger ſoll mißfellen laſſen; und das maͤnnliche ihn ſo viel weniger mißbrauchen ſoll.
3. Wie das Weib in der Ehe vom Man- ne ſoll gehalten werden, nemlich weder zu hoch zur Herrſchaft uͤber ihn, noch zu gering, zur Sclaverey, das iſt damit nicht undeutlich ange- zeiget, daß ſie weder von ſeinem Haupte, noch von ſeinen Fuͤſſen, ſondern mitten aus ſeinem Leibe, in der Naͤhe des Hertzens gebildet iſt.
V. 14.
Und Adam ward nicht verfuͤhret (nemlich ϖρῶτος, als der erſte, wie aus dem vorhergehenden Verſe zu wiederholen iſt: und unmittelbar vom Satan, ſondern mittelbar durch das Weib) das Weib aber ward ver- fuͤhret (nemlich zu erſt; alſo daß ſie ſich vom rechten Wege des Glaubens an GOtt und des Gehorſams gegen GOtt verleiten laſſen) und hat die Ubertretung eingefuͤhret (Gr. iſt in der Ubertretung, nemlich des Verbots GOt- tes, geweſen; nemlich zu erſt, alſo daß ſie her- nach auch den Mann dazu verleitet hat.)
Anmerckungen.
1. Dis iſt nun der andere Grund, war- um das weibliche Geſchlecht dem maͤnnlichen unterthaͤnig ſeyn ſoll: nemlich weil es wie zuletzt erſchaffen, alſo zuerſt die Ubertretung eingefuͤh- ret hat: daher durch die Unterthaͤnigkeit ein be- ſtaͤndiges Andencken des Falles bleiben ſolle.
2. Wie Adam im Paradieſe ſich verleiten laſſen: alſo geſchiehet es noch heute zu Tage, daß das weibliche Geſchlecht, wenn es entweder nicht in der wahren Furcht GOttes ſtehet, oder doch den empfangenen Gnaden-Stand nicht ge- treulich bewahret, wegen der demſelben bey- wohnenden Liſt und Annehmlichkeit, dem maͤnn- lichen auf vielfache Art zur Beſtrickung und Be- ruͤckung dienet; daher man beyderſeits uͤber ſich zu wachen hat, um weder zu verleiten, noch ſich verleiten zu laſſen.
3. Wie es mit dem Suͤnden-Fall Adams und der Eva zugegangen, das ſehe man 1 B. Moſ. 3. und 2 Cor. 11, 3. da es deutlich verzeich- net iſt: allein doch in ſolcher Kuͤrtze, wie andere vom Anfange der Welt her und vor der Suͤnd- fluth geſchehene Sachen, daß uns daher vieles, ſo uns zu wiſſen auch ſo noͤthig nicht iſt, verbor- gen bleibet. Genug, daß uns die Wiederbrin- gung und Erloͤſung durch Chriſtum, und die Wiederaufrichtung des verlornen Ebenbildes GOttes deſto ausfuͤhrlicher vorgeleget iſt.
4. Man lernet aus der Hiſtorie vom Suͤn- den-Falle der erſten Menſchen auch dieſes, wie daß ſonderlich glaͤubige und GOtt-ergebene Seelen der Sichtung und Verſuchung des Sa- tans unterworfen ſind; denn da er die Gottloſen ſchon in ſeinen Stricken hat, und alſo ſie, um ſich ihrer zu bemaͤchtigen, nicht erſt verſuchen darf, ſo iſt er bemuͤhet die Gottſeligen erſt gefan- gen zu nehmen: dannenhero dieſe ſich am meiſten davor zu huͤten haben.
[Spaltenumbruch]
V. 15.
Sie wird aber ſelig werden durch Kinder-zeugen (im Eheſtande, alſo daß ihr derſelbe, ob er auch gleich, ſonderlich auf Seiten des Weibes, durch den Suͤnden-Fall noch ſo vielem Elend unterworfen iſt,) ſo ſie (ε᾽ὰν μεί- νωσιν, ſo ſie, die Weiber insgeſamt) bleiben im Glauben (an Chriſtum, den von der Maria gebornen wahren GOtt-Menſchen, der, ob er gleich auf eine auſſerordentliche Art geboren iſt, dennoch mit ſeiner Geburt die ordentliche Zeugung und Geburt der Kinder geheiliget hat,) und in der Liebe (alſo daß ſie durch Ausuͤ- bung aller Pflichten der Liebe gegen GOTT, ſich ſelbſt und ihren Naͤchſten ein gutes Gewiſſen, und darinnen den Glauben bewahren 1 Tim. 1, 19.) und in der Heiligung (dazu inſonderheit die Pflichten gegen uns ſelbſt in der Keuſchheit, Nuͤchternheit und Maͤßigkeit gehoͤren: welche Heiligung aber auch uͤberhaupt auf die Erneue- rung nach dem Ebenbilde GOttes gehet) und in der Zucht (σωϕροσύνῃ, welches eine ſolche Tugend iſt, die da ſonderlich in der goͤttlichen Klugheit, Einfalt, und weiſen Maͤßigung aller Dinge beſtehet und ſich hervorthut.)
Anmerckungen.
1. Die Particula διὰ durch, durch Kin- der-Zeugen, wird alhier billig alſo verſtanden und uͤberſetzet, daß ſie ſoviel ſey, als in; und ſo wird ſie nicht allein von andern Griechiſchen Scribenten, ſondern auch mehrmal im Neuen Teſtamente genommen. Man ſehe Roͤm. 2, 27. c. 4, 11. Ap. Geſ. 14, 22. 2 Cor. 6, 8. Gal. 4, 13. 1 Pet. 3, 20. Denn da nicht einmal die heilige Jungfrau Maria durch die Geburt ſondern durch die Erloͤſung Chriſti und durch den Glau- ben an Chriſtum ſelig worden, ſo kan das ge- meine Kinder-Zeugen ſo viel weniger ein Mittel zur Seligkeit ſeyn: wie denn auch der Ordnung des Heyls darauf ausdruͤcklich gedacht wird, in den Worten: ſo ſie bleiben u. ſ. w.
2. Glaube und Liebe, oder gutes Gewiſ- ſen ſetzet Paulus in dieſem Briefe ſchon zum vierten male gar genau zuſammen, nachdem er derſelben gedacht zum erſten mal c. 1, 15. zum an- dern mal v. 14. zum drittenmal v. 19.
3. Gleichwie der Glaube nicht iſt ohne die Liebe; ſo iſt auch die Liebe und der Glaube nicht ohne die Heiligung: als wodurch Glaube und Liebe immer mehr von ihrer Unlauterkeit gerei- niget werden, und dadurch auch Sophroſyne, die wahre Klugheit der Gerechten, befordert und vermehret wird.
4. Man hat ſich hiebey zuvorderſt zu pruͤ- fen, ob man auch im Glauben ſey? 2 Cor. 13, 5. Wer aber im Glauben und in der Liebe iſt und bleibet, der bleibet in Chriſto und in GOTT, und GOtt in ihm. Joh. 15, 1. u. f. 1 Joh. 4, 16.
5. Der Eheſtand, und darinnen die Er- zeugung und Erziehung der Kinder ſtehet an ſich ſelbſt der Heyls-Ordnung ſo gar nicht entgegen, daß dieſe vielmehr dem gantzen Eheſtande zur Heiligung und zum Troſte dienet. Wohl de-
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[108/0110]
Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli C. 2. v. 13. 14. 15.
de der Undſchuld, wenn auch der Suͤnden-Fall
gar nicht erfolget waͤre. Daher ſich das weib-
liche Geſchlecht denſelben ſo viel weniger ſoll
mißfellen laſſen; und das maͤnnliche ihn ſo viel
weniger mißbrauchen ſoll.
3. Wie das Weib in der Ehe vom Man-
ne ſoll gehalten werden, nemlich weder zu hoch
zur Herrſchaft uͤber ihn, noch zu gering, zur
Sclaverey, das iſt damit nicht undeutlich ange-
zeiget, daß ſie weder von ſeinem Haupte, noch
von ſeinen Fuͤſſen, ſondern mitten aus ſeinem
Leibe, in der Naͤhe des Hertzens gebildet iſt.
V. 14.
Und Adam ward nicht verfuͤhret
(nemlich ϖρῶτος, als der erſte, wie aus dem
vorhergehenden Verſe zu wiederholen iſt: und
unmittelbar vom Satan, ſondern mittelbar
durch das Weib) das Weib aber ward ver-
fuͤhret (nemlich zu erſt; alſo daß ſie ſich vom
rechten Wege des Glaubens an GOtt und des
Gehorſams gegen GOtt verleiten laſſen) und
hat die Ubertretung eingefuͤhret (Gr. iſt
in der Ubertretung, nemlich des Verbots GOt-
tes, geweſen; nemlich zu erſt, alſo daß ſie her-
nach auch den Mann dazu verleitet hat.)
Anmerckungen.
1. Dis iſt nun der andere Grund, war-
um das weibliche Geſchlecht dem maͤnnlichen
unterthaͤnig ſeyn ſoll: nemlich weil es wie zuletzt
erſchaffen, alſo zuerſt die Ubertretung eingefuͤh-
ret hat: daher durch die Unterthaͤnigkeit ein be-
ſtaͤndiges Andencken des Falles bleiben ſolle.
2. Wie Adam im Paradieſe ſich verleiten
laſſen: alſo geſchiehet es noch heute zu Tage, daß
das weibliche Geſchlecht, wenn es entweder
nicht in der wahren Furcht GOttes ſtehet, oder
doch den empfangenen Gnaden-Stand nicht ge-
treulich bewahret, wegen der demſelben bey-
wohnenden Liſt und Annehmlichkeit, dem maͤnn-
lichen auf vielfache Art zur Beſtrickung und Be-
ruͤckung dienet; daher man beyderſeits uͤber ſich
zu wachen hat, um weder zu verleiten, noch ſich
verleiten zu laſſen.
3. Wie es mit dem Suͤnden-Fall Adams
und der Eva zugegangen, das ſehe man 1 B.
Moſ. 3. und 2 Cor. 11, 3. da es deutlich verzeich-
net iſt: allein doch in ſolcher Kuͤrtze, wie andere
vom Anfange der Welt her und vor der Suͤnd-
fluth geſchehene Sachen, daß uns daher vieles,
ſo uns zu wiſſen auch ſo noͤthig nicht iſt, verbor-
gen bleibet. Genug, daß uns die Wiederbrin-
gung und Erloͤſung durch Chriſtum, und die
Wiederaufrichtung des verlornen Ebenbildes
GOttes deſto ausfuͤhrlicher vorgeleget iſt.
4. Man lernet aus der Hiſtorie vom Suͤn-
den-Falle der erſten Menſchen auch dieſes, wie
daß ſonderlich glaͤubige und GOtt-ergebene
Seelen der Sichtung und Verſuchung des Sa-
tans unterworfen ſind; denn da er die Gottloſen
ſchon in ſeinen Stricken hat, und alſo ſie, um
ſich ihrer zu bemaͤchtigen, nicht erſt verſuchen
darf, ſo iſt er bemuͤhet die Gottſeligen erſt gefan-
gen zu nehmen: dannenhero dieſe ſich am meiſten
davor zu huͤten haben.
V. 15.
Sie wird aber ſelig werden durch
Kinder-zeugen (im Eheſtande, alſo daß ihr
derſelbe, ob er auch gleich, ſonderlich auf Seiten
des Weibes, durch den Suͤnden-Fall noch ſo
vielem Elend unterworfen iſt,) ſo ſie (ε᾽ὰν μεί-
νωσιν, ſo ſie, die Weiber insgeſamt) bleiben
im Glauben (an Chriſtum, den von der Maria
gebornen wahren GOtt-Menſchen, der, ob er
gleich auf eine auſſerordentliche Art geboren
iſt, dennoch mit ſeiner Geburt die ordentliche
Zeugung und Geburt der Kinder geheiliget hat,)
und in der Liebe (alſo daß ſie durch Ausuͤ-
bung aller Pflichten der Liebe gegen GOTT,
ſich ſelbſt und ihren Naͤchſten ein gutes Gewiſſen,
und darinnen den Glauben bewahren 1 Tim. 1,
19.) und in der Heiligung (dazu inſonderheit
die Pflichten gegen uns ſelbſt in der Keuſchheit,
Nuͤchternheit und Maͤßigkeit gehoͤren: welche
Heiligung aber auch uͤberhaupt auf die Erneue-
rung nach dem Ebenbilde GOttes gehet) und
in der Zucht (σωϕροσύνῃ, welches eine ſolche
Tugend iſt, die da ſonderlich in der goͤttlichen
Klugheit, Einfalt, und weiſen Maͤßigung aller
Dinge beſtehet und ſich hervorthut.)
Anmerckungen.
1. Die Particula διὰ durch, durch Kin-
der-Zeugen, wird alhier billig alſo verſtanden
und uͤberſetzet, daß ſie ſoviel ſey, als in; und
ſo wird ſie nicht allein von andern Griechiſchen
Scribenten, ſondern auch mehrmal im Neuen
Teſtamente genommen. Man ſehe Roͤm. 2, 27.
c. 4, 11. Ap. Geſ. 14, 22. 2 Cor. 6, 8. Gal. 4, 13.
1 Pet. 3, 20. Denn da nicht einmal die heilige
Jungfrau Maria durch die Geburt ſondern
durch die Erloͤſung Chriſti und durch den Glau-
ben an Chriſtum ſelig worden, ſo kan das ge-
meine Kinder-Zeugen ſo viel weniger ein Mittel
zur Seligkeit ſeyn: wie denn auch der Ordnung
des Heyls darauf ausdruͤcklich gedacht wird, in
den Worten: ſo ſie bleiben u. ſ. w.
2. Glaube und Liebe, oder gutes Gewiſ-
ſen ſetzet Paulus in dieſem Briefe ſchon zum
vierten male gar genau zuſammen, nachdem er
derſelben gedacht zum erſten mal c. 1, 15. zum an-
dern mal v. 14. zum drittenmal v. 19.
3. Gleichwie der Glaube nicht iſt ohne die
Liebe; ſo iſt auch die Liebe und der Glaube nicht
ohne die Heiligung: als wodurch Glaube und
Liebe immer mehr von ihrer Unlauterkeit gerei-
niget werden, und dadurch auch Sophroſyne,
die wahre Klugheit der Gerechten, befordert und
vermehret wird.
4. Man hat ſich hiebey zuvorderſt zu pruͤ-
fen, ob man auch im Glauben ſey? 2 Cor. 13, 5.
Wer aber im Glauben und in der Liebe iſt und
bleibet, der bleibet in Chriſto und in GOTT,
und GOtt in ihm. Joh. 15, 1. u. f. 1 Joh. 4, 16.
5. Der Eheſtand, und darinnen die Er-
zeugung und Erziehung der Kinder ſtehet an ſich
ſelbſt der Heyls-Ordnung ſo gar nicht entgegen,
daß dieſe vielmehr dem gantzen Eheſtande zur
Heiligung und zum Troſte dienet. Wohl de-
nen,
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/110>, abgerufen am 17.02.2025.
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Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.