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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 2. v. 9. 10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ihr Putz nicht so affectiret, übermäßig und
leichtsinnig gewesen, als der, den man damit zu
beschönigen suchet: sintemal sonst Petrus die
Christlichen Weiber bey der Abmahnung vom
Kleider-Pracht und bey der Anmahnung zum
innerlichen und geistlichen Seelen-Schmuck,
nicht würde auf das Exempel der Weiber hei-
liger Patriarchen geführet haben; wie er doch
mit grossem Nachdrucke thut. 1 Pet. 3, 2. u. f.
b. was etwa auf die Ubermasse gegangen, ist
ein Fehler und keine an sich gantz unsündli-
che, viel weniger löbliche Sache. c. der Esther
Exempel ist gantz ausserordentlich und hat
sie sich bey ihrem Schmucke auf Befehl eines
grossen Königs leidentlich verhalten, und wird
es ihr wol ohne Zweifel mehr eine Last, als eine
Lust gewesen seyn. Was von der Judith
stehet, gilt so viel weniger, da es nicht in einem
Canonischen Buche heiliger Schrift beschrie-
ben ist. d. Wie nachdrücklich die Ubermasse
an den jüdischen Weibern bestrafet worden,
sehe man Jes. 3. Und da sich in der Familie
Jacobi davon einige Schlacken ansetzten,
suchte er sie davon zu reinigen 1 B. Mos. 35,
2. 4. wie sich das Jsraelitische Volck zu Mo-
sis Zeiten mit Ablegung des eitlen Schmucks
vor GOtt gedemüthiget, sehe man 2 Buch
Mos. 33, 4. 5.
Das andere Extremum,
Da man die Freyheit in der Kleidung

mit einer gesetzlichen, aber von GOtt nicht vor-
geschriebenen, Praecision gar zu sehr ein-
schrencket: davon die Kennzei-
chen sind:

1. Wenn man mit Versäumung des inner-
lichen und geistlichen Schmucks dergestalt auf
das äussere gehet, daß man einen Theil des Chri-
stenthums in geringer Tracht setzet; oder es doch
zum unfehlbaren Kennzeichen des rechtschaffnen
Wesens machet: welches doch auf mancherley
Art fehl schlagen kan.

2. Wenn man die äusserliche Demuth auf
eine gesetzliche Art annimmt, und von andern for-
dert, und sie nicht aus der Niedrigkeit des Hertzens
mit genugsamer Uberzeugung in aller Willigkeit
auf eine Evangelische Art herleitet.

3. Wenn man sich in seinem Gemüthe eine
gewisse Form und Maß concipiret, und dar-
nach andere reguliret und beurtheilet.

4. Wenn man von dem, was die allge-
meine, und zwar an sich unnöthige, aber doch
auch nicht an sich so schlechthin sündliche Ge-
wohnheit mit sich bringet, sich allein ausnimmt.

5. Wenn man schlechthin alles Geschmeide
und alle Kostbarkeit in der Tracht für sündlich
hält, auch wol gar keinen Unterscheid in Ansehung
der Stände zuläßt. Da denn solche Seelen,
wenn sie etwa bürgerlichers Standes sind, von
ihrer Ubernehmung im Urtheil am ersten daher
überzeuget werden können, daß sie wie in ihren
Wohnungen, also auch in ihrer Kleidung etwas
vor den Bauers-Leuten voraus haben, und es
diesen verüblen würden, wenn sie forderten, daß
man sich ihnen in allen gleich machen solte.

[Spaltenumbruch]

6. Wenn man urtheilet, ohne den innern
Grund des Hertzens und ohne die äusserliche, dazu
veranlassende, Umstände davon zu wissen. Denn
da kan mancher Dürftiger etwas von kostbaren
Kleidern geschenckt bekommen. Welches er ja
denn, da er nichts anders hat, in aller Einfalt
vertragen kan. So kan auch manches Gottse-
liges Eheweib dieses und jenes auf ernstliches
Verlangen ihres Mannes, mit ihrer grossen
Last und Unlust tragen; da sie sich noch nicht in
dem Stande findet, ihn eines bessern zu über-
zeugen und noch vielweniger ihm mit gutem
Succeß zu widerstehen.

7. Wenn man einen sündlichen Fehler von
einer Todt-Sünde nicht unterscheidet, und also
das, was an einer Seele noch eine solche
Schwachheit seyn kan, die da von ihrer Schwä-
che des Gnaden-Standes zeuget, für eine solche
Sünde hält, bey welcher der Stand der Gna-
den schlechterdinge nicht bestehen könne.

8. Wenn man bey der Vermeidung der
Kleider-Pracht auch gar auf einen Ubelstand ei-
nes unreinlichen, schmutzigen und unordentli-
chen Wesens verfält.

Die Mittel-Strasse
Zwischen dieser gedoppelten Abweichung/

in folgenden Puncten.

1. Wenn man zuvorderst auf das innerli-
che Christenthum dringet, auch selbst für sich
gehet, und daraus alle äussere Betragung her-
leitet: und also zwar das äussere bestrafet, aber
dabey bezeuget, wie die Unterlassung aus dem
innern von sich selbst fliessen müsse.

2. Wenn man in seiner Kleidung theils die
Nothwendigkeit, theils die Commodität, theils
auch die an sich nicht schlechthin eitele Lands-
Gewohnheit zur Regel setzet, und mit Verleu-
gnung aller Anhänglichkeit und Vanität allwe-
ge den rechten Schmuck seiner Seele suchet.

3. Wenn man nach Beschaffenheit seines
Vermögens und Standes zwar etwas kostba-
res, aber auch dabey dauerhaftes, oder doch das
träget, welches zwar eben nicht dauerhaft, je-
doch von solcher Beschaffenheit ist, daß manche
arme Leute von solcher Sache Zubereitung ihr
tägliches Brodt haben: aber doch auch dabey
dahin siehet, daß man es andern nicht zuvor, ja
nicht einmal in allen gleich thue.

4. Wenn man nebst den bemeldeten auch
alle übrige aus den vorher recensirten beyden
extremis gar deutlich zuerkennende Abwege in
der That, und die Vergehungen im Urtheil
vermeidet, und wie in der Selbst-Prüfung nach
seinem Gewissen vor GOtt, also auch nach der
Wahrheit und Liebe handelt und urtheilet.
Jm übrigen beliebe der Christliche Leser, der
von dieser Materie eine mehrere Information
verlanget, diejenige Abhandlung derselben, wel-
che sich in den Theologischen Bedencken des
seligen D. Speners, nemlich Vol. II. p. 218. u.
s. w. auch p. 354. u. s. w. befindet und sehr gründ-
lich ist, nachzuschlagen.

V. 11.
O
C. 2. v. 9. 10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] ihr Putz nicht ſo affectiret, uͤbermaͤßig und
leichtſinnig geweſen, als der, den man damit zu
beſchoͤnigen ſuchet: ſintemal ſonſt Petrus die
Chriſtlichen Weiber bey der Abmahnung vom
Kleider-Pracht und bey der Anmahnung zum
innerlichen und geiſtlichen Seelen-Schmuck,
nicht wuͤrde auf das Exempel der Weiber hei-
liger Patriarchen gefuͤhret haben; wie er doch
mit groſſem Nachdrucke thut. 1 Pet. 3, 2. u. f.
b. was etwa auf die Ubermaſſe gegangen, iſt
ein Fehler und keine an ſich gantz unſuͤndli-
che, viel weniger loͤbliche Sache. c. der Eſther
Exempel iſt gantz auſſerordentlich und hat
ſie ſich bey ihrem Schmucke auf Befehl eines
groſſen Koͤnigs leidentlich verhalten, und wird
es ihr wol ohne Zweifel mehr eine Laſt, als eine
Luſt geweſen ſeyn. Was von der Judith
ſtehet, gilt ſo viel weniger, da es nicht in einem
Canoniſchen Buche heiliger Schrift beſchrie-
ben iſt. d. Wie nachdruͤcklich die Ubermaſſe
an den juͤdiſchen Weibern beſtrafet worden,
ſehe man Jeſ. 3. Und da ſich in der Familie
Jacobi davon einige Schlacken anſetzten,
ſuchte er ſie davon zu reinigen 1 B. Moſ. 35,
2. 4. wie ſich das Jſraelitiſche Volck zu Mo-
ſis Zeiten mit Ablegung des eitlen Schmucks
vor GOtt gedemuͤthiget, ſehe man 2 Buch
Moſ. 33, 4. 5.
Das andere Extremum,
Da man die Freyheit in der Kleidung

mit einer geſetzlichen, aber von GOtt nicht vor-
geſchriebenen, Præciſion gar zu ſehr ein-
ſchrencket: davon die Kennzei-
chen ſind:

1. Wenn man mit Verſaͤumung des inner-
lichen und geiſtlichen Schmucks dergeſtalt auf
das aͤuſſere gehet, daß man einen Theil des Chri-
ſtenthums in geringer Tracht ſetzet; oder es doch
zum unfehlbaren Kennzeichen des rechtſchaffnen
Weſens machet: welches doch auf mancherley
Art fehl ſchlagen kan.

2. Wenn man die aͤuſſerliche Demuth auf
eine geſetzliche Art annimmt, und von andern for-
dert, und ſie nicht aus der Niedrigkeit des Hertzens
mit genugſamer Uberzeugung in aller Willigkeit
auf eine Evangeliſche Art herleitet.

3. Wenn man ſich in ſeinem Gemuͤthe eine
gewiſſe Form und Maß concipiret, und dar-
nach andere reguliret und beurtheilet.

4. Wenn man von dem, was die allge-
meine, und zwar an ſich unnoͤthige, aber doch
auch nicht an ſich ſo ſchlechthin ſuͤndliche Ge-
wohnheit mit ſich bringet, ſich allein ausnimmt.

5. Wenn man ſchlechthin alles Geſchmeide
und alle Koſtbarkeit in der Tracht fuͤr ſuͤndlich
haͤlt, auch wol gar keinen Unterſcheid in Anſehung
der Staͤnde zulaͤßt. Da denn ſolche Seelen,
wenn ſie etwa buͤrgerlichers Standes ſind, von
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uͤberzeuget werden koͤnnen, daß ſie wie in ihren
Wohnungen, alſo auch in ihrer Kleidung etwas
vor den Bauers-Leuten voraus haben, und es
dieſen veruͤblen wuͤrden, wenn ſie forderten, daß
man ſich ihnen in allen gleich machen ſolte.

[Spaltenumbruch]

6. Wenn man urtheilet, ohne den innern
Grund des Hertzens und ohne die aͤuſſerliche, dazu
veranlaſſende, Umſtaͤnde davon zu wiſſen. Denn
da kan mancher Duͤrftiger etwas von koſtbaren
Kleidern geſchenckt bekommen. Welches er ja
denn, da er nichts anders hat, in aller Einfalt
vertragen kan. So kan auch manches Gottſe-
liges Eheweib dieſes und jenes auf ernſtliches
Verlangen ihres Mannes, mit ihrer groſſen
Laſt und Unluſt tragen; da ſie ſich noch nicht in
dem Stande findet, ihn eines beſſern zu uͤber-
zeugen und noch vielweniger ihm mit gutem
Succeß zu widerſtehen.

7. Wenn man einen ſuͤndlichen Fehler von
einer Todt-Suͤnde nicht unterſcheidet, und alſo
das, was an einer Seele noch eine ſolche
Schwachheit ſeyn kan, die da von ihrer Schwaͤ-
che des Gnaden-Standes zeuget, fuͤr eine ſolche
Suͤnde haͤlt, bey welcher der Stand der Gna-
den ſchlechterdinge nicht beſtehen koͤnne.

8. Wenn man bey der Vermeidung der
Kleider-Pracht auch gar auf einen Ubelſtand ei-
nes unreinlichen, ſchmutzigen und unordentli-
chen Weſens verfaͤlt.

Die Mittel-Straſſe
Zwiſchen dieſer gedoppelten Abweichung/

in folgenden Puncten.

1. Wenn man zuvorderſt auf das innerli-
che Chriſtenthum dringet, auch ſelbſt fuͤr ſich
gehet, und daraus alle aͤuſſere Betragung her-
leitet: und alſo zwar das aͤuſſere beſtrafet, aber
dabey bezeuget, wie die Unterlaſſung aus dem
innern von ſich ſelbſt flieſſen muͤſſe.

2. Wenn man in ſeiner Kleidung theils die
Nothwendigkeit, theils die Commoditaͤt, theils
auch die an ſich nicht ſchlechthin eitele Lands-
Gewohnheit zur Regel ſetzet, und mit Verleu-
gnung aller Anhaͤnglichkeit und Vanitaͤt allwe-
ge den rechten Schmuck ſeiner Seele ſuchet.

3. Wenn man nach Beſchaffenheit ſeines
Vermoͤgens und Standes zwar etwas koſtba-
res, aber auch dabey dauerhaftes, oder doch das
traͤget, welches zwar eben nicht dauerhaft, je-
doch von ſolcher Beſchaffenheit iſt, daß manche
arme Leute von ſolcher Sache Zubereitung ihr
taͤgliches Brodt haben: aber doch auch dabey
dahin ſiehet, daß man es andern nicht zuvor, ja
nicht einmal in allen gleich thue.

4. Wenn man nebſt den bemeldeten auch
alle uͤbrige aus den vorher recenſirten beyden
extremis gar deutlich zuerkennende Abwege in
der That, und die Vergehungen im Urtheil
vermeidet, und wie in der Selbſt-Pruͤfung nach
ſeinem Gewiſſen vor GOtt, alſo auch nach der
Wahrheit und Liebe handelt und urtheilet.
Jm uͤbrigen beliebe der Chriſtliche Leſer, der
von dieſer Materie eine mehrere Information
verlanget, diejenige Abhandlung derſelben, wel-
che ſich in den Theologiſchen Bedencken des
ſeligen D. Speners, nemlich Vol. II. p. 218. u.
ſ. w. auch p. 354. u. ſ. w. befindet und ſehr gruͤnd-
lich iſt, nachzuſchlagen.

V. 11.
O
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[105/0107] C. 2. v. 9. 10. an den Timotheum. ihr Putz nicht ſo affectiret, uͤbermaͤßig und leichtſinnig geweſen, als der, den man damit zu beſchoͤnigen ſuchet: ſintemal ſonſt Petrus die Chriſtlichen Weiber bey der Abmahnung vom Kleider-Pracht und bey der Anmahnung zum innerlichen und geiſtlichen Seelen-Schmuck, nicht wuͤrde auf das Exempel der Weiber hei- liger Patriarchen gefuͤhret haben; wie er doch mit groſſem Nachdrucke thut. 1 Pet. 3, 2. u. f. b. was etwa auf die Ubermaſſe gegangen, iſt ein Fehler und keine an ſich gantz unſuͤndli- che, viel weniger loͤbliche Sache. c. der Eſther Exempel iſt gantz auſſerordentlich und hat ſie ſich bey ihrem Schmucke auf Befehl eines groſſen Koͤnigs leidentlich verhalten, und wird es ihr wol ohne Zweifel mehr eine Laſt, als eine Luſt geweſen ſeyn. Was von der Judith ſtehet, gilt ſo viel weniger, da es nicht in einem Canoniſchen Buche heiliger Schrift beſchrie- ben iſt. d. Wie nachdruͤcklich die Ubermaſſe an den juͤdiſchen Weibern beſtrafet worden, ſehe man Jeſ. 3. Und da ſich in der Familie Jacobi davon einige Schlacken anſetzten, ſuchte er ſie davon zu reinigen 1 B. Moſ. 35, 2. 4. wie ſich das Jſraelitiſche Volck zu Mo- ſis Zeiten mit Ablegung des eitlen Schmucks vor GOtt gedemuͤthiget, ſehe man 2 Buch Moſ. 33, 4. 5. Das andere Extremum, Da man die Freyheit in der Kleidung mit einer geſetzlichen, aber von GOtt nicht vor- geſchriebenen, Præciſion gar zu ſehr ein- ſchrencket: davon die Kennzei- chen ſind: 1. Wenn man mit Verſaͤumung des inner- lichen und geiſtlichen Schmucks dergeſtalt auf das aͤuſſere gehet, daß man einen Theil des Chri- ſtenthums in geringer Tracht ſetzet; oder es doch zum unfehlbaren Kennzeichen des rechtſchaffnen Weſens machet: welches doch auf mancherley Art fehl ſchlagen kan. 2. Wenn man die aͤuſſerliche Demuth auf eine geſetzliche Art annimmt, und von andern for- dert, und ſie nicht aus der Niedrigkeit des Hertzens mit genugſamer Uberzeugung in aller Willigkeit auf eine Evangeliſche Art herleitet. 3. Wenn man ſich in ſeinem Gemuͤthe eine gewiſſe Form und Maß concipiret, und dar- nach andere reguliret und beurtheilet. 4. Wenn man von dem, was die allge- meine, und zwar an ſich unnoͤthige, aber doch auch nicht an ſich ſo ſchlechthin ſuͤndliche Ge- wohnheit mit ſich bringet, ſich allein ausnimmt. 5. Wenn man ſchlechthin alles Geſchmeide und alle Koſtbarkeit in der Tracht fuͤr ſuͤndlich haͤlt, auch wol gar keinen Unterſcheid in Anſehung der Staͤnde zulaͤßt. Da denn ſolche Seelen, wenn ſie etwa buͤrgerlichers Standes ſind, von ihrer Ubernehmung im Urtheil am erſten daher uͤberzeuget werden koͤnnen, daß ſie wie in ihren Wohnungen, alſo auch in ihrer Kleidung etwas vor den Bauers-Leuten voraus haben, und es dieſen veruͤblen wuͤrden, wenn ſie forderten, daß man ſich ihnen in allen gleich machen ſolte. 6. Wenn man urtheilet, ohne den innern Grund des Hertzens und ohne die aͤuſſerliche, dazu veranlaſſende, Umſtaͤnde davon zu wiſſen. Denn da kan mancher Duͤrftiger etwas von koſtbaren Kleidern geſchenckt bekommen. Welches er ja denn, da er nichts anders hat, in aller Einfalt vertragen kan. So kan auch manches Gottſe- liges Eheweib dieſes und jenes auf ernſtliches Verlangen ihres Mannes, mit ihrer groſſen Laſt und Unluſt tragen; da ſie ſich noch nicht in dem Stande findet, ihn eines beſſern zu uͤber- zeugen und noch vielweniger ihm mit gutem Succeß zu widerſtehen. 7. Wenn man einen ſuͤndlichen Fehler von einer Todt-Suͤnde nicht unterſcheidet, und alſo das, was an einer Seele noch eine ſolche Schwachheit ſeyn kan, die da von ihrer Schwaͤ- che des Gnaden-Standes zeuget, fuͤr eine ſolche Suͤnde haͤlt, bey welcher der Stand der Gna- den ſchlechterdinge nicht beſtehen koͤnne. 8. Wenn man bey der Vermeidung der Kleider-Pracht auch gar auf einen Ubelſtand ei- nes unreinlichen, ſchmutzigen und unordentli- chen Weſens verfaͤlt. Die Mittel-Straſſe Zwiſchen dieſer gedoppelten Abweichung/ in folgenden Puncten. 1. Wenn man zuvorderſt auf das innerli- che Chriſtenthum dringet, auch ſelbſt fuͤr ſich gehet, und daraus alle aͤuſſere Betragung her- leitet: und alſo zwar das aͤuſſere beſtrafet, aber dabey bezeuget, wie die Unterlaſſung aus dem innern von ſich ſelbſt flieſſen muͤſſe. 2. Wenn man in ſeiner Kleidung theils die Nothwendigkeit, theils die Commoditaͤt, theils auch die an ſich nicht ſchlechthin eitele Lands- Gewohnheit zur Regel ſetzet, und mit Verleu- gnung aller Anhaͤnglichkeit und Vanitaͤt allwe- ge den rechten Schmuck ſeiner Seele ſuchet. 3. Wenn man nach Beſchaffenheit ſeines Vermoͤgens und Standes zwar etwas koſtba- res, aber auch dabey dauerhaftes, oder doch das traͤget, welches zwar eben nicht dauerhaft, je- doch von ſolcher Beſchaffenheit iſt, daß manche arme Leute von ſolcher Sache Zubereitung ihr taͤgliches Brodt haben: aber doch auch dabey dahin ſiehet, daß man es andern nicht zuvor, ja nicht einmal in allen gleich thue. 4. Wenn man nebſt den bemeldeten auch alle uͤbrige aus den vorher recenſirten beyden extremis gar deutlich zuerkennende Abwege in der That, und die Vergehungen im Urtheil vermeidet, und wie in der Selbſt-Pruͤfung nach ſeinem Gewiſſen vor GOtt, alſo auch nach der Wahrheit und Liebe handelt und urtheilet. Jm uͤbrigen beliebe der Chriſtliche Leſer, der von dieſer Materie eine mehrere Information verlanget, diejenige Abhandlung derſelben, wel- che ſich in den Theologiſchen Bedencken des ſeligen D. Speners, nemlich Vol. II. p. 218. u. ſ. w. auch p. 354. u. ſ. w. befindet und ſehr gruͤnd- lich iſt, nachzuſchlagen. V. 11. O

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/107>, abgerufen am 23.11.2024.