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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 9. 10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] gehet, und wie eines theils dem leichtsinnigen
Pracht, also auch andern theils aller Unreinigkeit
und Unordnung, da man zu seinem eignen Lei-
be nicht Lust hat, und sich gleich viel seyn
läßt, die Kleider mögen reinlich und ordentlich si-
tzen, oder voller Unreinigkeit seyn und also anlie-
gen, als wolten sie einem vom Leibe fallen, entge-
gen stehet, und also auf eine wohlanständige und
reinliche Gravität gehet. Welches man auch
daraus schliessen kan, daß Paulus es C. 3, 2. von
einem Bischofe, oder Lehrer fordert, daß er soll
seyn kosmios, sittig, wie es der selige Luthe-
rus
übersetzet hat. Und kan es wohl seyn, daß un-
ter den Christen zu Ephesus einige gewesen, wel-
che, da sie sich des innern Seelenschmuckes be-
flissen, dabey auf eine gar zu grosse Unachtsam-
keit ihrer Kleidung verfallen, auch bey den Zu-
sammenkünften, und dem Christenthum damit
einen Verweis gemacht haben. Daher denn
Paulus mit diesem Worte solchem Extremo der-
gestalt entgegen gehet, daß die, welche auf das
andere Extremum, nemlich auf den Pracht fie-
len, nicht sagen konten, man mache ihnen eine
reinliche und wohlanständige Kleidung zur
Sünde.

3. Die Schamhaftigkeit, womit die
Weiber am Gemüth sich schmücken sollen, ist eine
solche Tugend, dadurch ein Mensch nicht allein
des Gewissens wegen vor GOtt, sondern auch
des Ubelstandes, der Schändlichkeit und des Aer-
gernisses halber vor Menschen sich scheuet etwas
ärgerliches, sonderlich das, was wider die Zucht
und Keuschheit laufet, zu begehen, und wenn er
schon innerlich durch böse Begierden dazu gereitzet
wird, sich dennoch auch durch die Schamhaftig-
keit davon abhalten läßt. Daher diese denn
billig ein rechtes Schloß, oder eine Vestung der
Keuschheit genennet wird; zumal wenn sie aus
der kräftigen Wirckung der Gnade GOttes ihre
rechte Form hat. Da hingegen, wenn ein Ge-
müth erst schamlos worden ist, es bey den Rei-
tzungen böser Lüste mit Macht auf die greulichste
Vollziehung fällt.

4. Das Wort sophrosune, welches Lu-
therus
durch Zucht übersetzet hat, bedeutet eine
solche Tugend, oder Beschaffenheit des Gemüths,
welche in einer rechten Nüchternheit, Klugheit
und Mäßigung bestehet, und entgegen gesetzet ist
einem solchen Zustande, da man von Welt-
und Eigenliebe gleichsam truncken ist, und nicht
einmal zu einem recht vernünftigen, geschweige
Christlichen Nachdencken kömmt.

5. Die Worte: sich schmücken gehen
nicht auf die ersten Worte vom zierlichen Kleide,
sondern auf die nächst vorhergehenden und
Zucht; und wird dabey mit den ersten Worten
nur angezeiget, daß bey solcher Gemüths-Zierde
den Christen mit Untersagung des Stoltzes die
Reinlichkeit in Kleidern gelassen werde.

6. Durch Zöpfe wird hier verstanden aller
leichtsinniger Schmuck, der mit den Haaren auf
mancherley Art getrieben wurde 1 Pet. 3, 3. heißt
es Haar-flechten.

7. Die überflüßige Kostbarkeit bestehet
theils in der Materie der Kleider selbst, theils in
[Spaltenumbruch] dem darein gewirckten Golde und hinzugethanen
übrigen Geschmeide, damit ein armes Gemüth
stoltziret und seinen wahren Schmuck beflecket,
ja wol gar verlieret.

8. Kleider und Speisen sind dem Menschen
nur eigentlich zur Nothdurft gegeben. Gleich-
wie nun ein Christliches Gemüth, welches seine
rechte Nahrung an GOtt und göttlichen Dingen
hat, daher sich auch gern in guter Ordnung der
Mäßigkeit im Essen und Trincken befleißiget:
so verhält es sich auch in der Kleidung, wie in An-
sehung des rechten Seelenschmucks, also auch des
betrübten Ursprungs der Kleider, den sie von der
Sünde haben, nicht weniger auch der grossen
Hinfälligkeit und Verweslichkeit, welcher der
Leib, den Unchristen so sehr schmücken und füttern,
unterworfen ist.

9. Wie sehr sich das Jüdische Volck, son-
derlich des weiblichen Geschlechts, durch Kleider-
Pracht versündiget habe, sehe man Jes. 3. und
was für ein geistlicher Schmuck dagegen von
Petro angepriesen werde, findet man 1 Pet.
3, 3. 4.

10. Gute Wercke sind, welche GOTT in
seinem Worte geboten hat, und welche also nach
der ersten und andern Gesetzes-Tafel in den
Pflichten gegen GOtt, uns selbst und den Näch-
sten bestehen, und aus den Gnaden-Kräften des
Heiligen Geistes im Glauben zur Ehre GOttes
geschehen. Sich durch gute Wercke schmü-
cken
ist dieselbe mit seinem Exempel an sich also
erweisen, daß andere zur guten Nachfolge da-
durch können erbauet werden.

11. Das ziemet muß von einer solchen
Wohlanständigkeit verstanden werden, welche
nach der Ordnung des Heyls auch nothwen-
dig ist.

12. Theosebeia, die Gottseligkeit, hat
zwey Haupt-Stücke in sich, den Glauben und
die Liebe gegen GOTT, und gehet also son-
derlich auf die Pflichten der ersten Tafel des
Gesetzes.

13. Mit dem Worte epaggellesthai, ver-
heissen,
versichern, verkündigen, da es alhie von
der Gottseligkeit stehet, siehet der Apostel auf die
bey der heiligen Taufe gegebene, auch wol her-
nach öfters wiederholte Verheissung und Ver-
sicherung von der Ubung aller wahren Gott elig-
keit, daß man nemlich nach dem von GOtt em-
pfangenen Beruf davon gleichsam rechte Pro-
fession
machen, und sie als sein recht eigentliches
Werck treiben wolle. Dem man nun auch ge-
treulich nachzukommen habe.

14. Geliebter Leser! Es ist diese Materie
von dem Schmuck in Kleidung und von der
Masse, welche darinnen zu halten sey, etwas
schwer und von solcher Beschaffenheit, daß man
dabey leichtlich auf zweene Abwege verfallen
kan: daß man nemlich entweder sich und andern
darinnen zu viel einräumet, und dabey den wah-
ren Seelenschmuck beflecket, ja gar verlieret, und
verhindert; oder aber es theils bey sich mit vieler
Aengstlichkeit des Gewissens zu genaue nimmt,
theils auch andere oft ohne Grund wider die
Wahrheit und Liebe zu ungütig beurtheilet. Jch

will

Cap. 2. v. 9. 10. an den Timotheum.
[Spaltenumbruch] gehet, und wie eines theils dem leichtſinnigen
Pracht, alſo auch andern theils aller Unreinigkeit
und Unordnung, da man zu ſeinem eignen Lei-
be nicht Luſt hat, und ſich gleich viel ſeyn
laͤßt, die Kleider moͤgen reinlich und ordentlich ſi-
tzen, oder voller Unreinigkeit ſeyn und alſo anlie-
gen, als wolten ſie einem vom Leibe fallen, entge-
gen ſtehet, und alſo auf eine wohlanſtaͤndige und
reinliche Gravitaͤt gehet. Welches man auch
daraus ſchlieſſen kan, daß Paulus es C. 3, 2. von
einem Biſchofe, oder Lehrer fordert, daß er ſoll
ſeyn κόσμιος, ſittig, wie es der ſelige Luthe-
rus
uͤberſetzet hat. Und kan es wohl ſeyn, daß un-
ter den Chriſten zu Epheſus einige geweſen, wel-
che, da ſie ſich des innern Seelenſchmuckes be-
fliſſen, dabey auf eine gar zu groſſe Unachtſam-
keit ihrer Kleidung verfallen, auch bey den Zu-
ſammenkuͤnften, und dem Chriſtenthum damit
einen Verweis gemacht haben. Daher denn
Paulus mit dieſem Worte ſolchem Extremo der-
geſtalt entgegen gehet, daß die, welche auf das
andere Extremum, nemlich auf den Pracht fie-
len, nicht ſagen konten, man mache ihnen eine
reinliche und wohlanſtaͤndige Kleidung zur
Suͤnde.

3. Die Schamhaftigkeit, womit die
Weiber am Gemuͤth ſich ſchmuͤcken ſollen, iſt eine
ſolche Tugend, dadurch ein Menſch nicht allein
des Gewiſſens wegen vor GOtt, ſondern auch
des Ubelſtandes, der Schaͤndlichkeit und des Aer-
gerniſſes halber vor Menſchen ſich ſcheuet etwas
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und Keuſchheit laufet, zu begehen, und wenn er
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wird, ſich dennoch auch durch die Schamhaftig-
keit davon abhalten laͤßt. Daher dieſe denn
billig ein rechtes Schloß, oder eine Veſtung der
Keuſchheit genennet wird; zumal wenn ſie aus
der kraͤftigen Wirckung der Gnade GOttes ihre
rechte Form hat. Da hingegen, wenn ein Ge-
muͤth erſt ſchamlos worden iſt, es bey den Rei-
tzungen boͤſer Luͤſte mit Macht auf die greulichſte
Vollziehung faͤllt.

4. Das Wort σωϕροσύνη, welches Lu-
therus
durch Zucht uͤberſetzet hat, bedeutet eine
ſolche Tugend, oder Beſchaffenheit des Gemuͤths,
welche in einer rechten Nuͤchternheit, Klugheit
und Maͤßigung beſtehet, und entgegen geſetzet iſt
einem ſolchen Zuſtande, da man von Welt-
und Eigenliebe gleichſam truncken iſt, und nicht
einmal zu einem recht vernuͤnftigen, geſchweige
Chriſtlichen Nachdencken koͤmmt.

5. Die Worte: ſich ſchmuͤcken gehen
nicht auf die erſten Worte vom zierlichen Kleide,
ſondern auf die naͤchſt vorhergehenden und
Zucht; und wird dabey mit den erſten Worten
nur angezeiget, daß bey ſolcher Gemuͤths-Zierde
den Chriſten mit Unterſagung des Stoltzes die
Reinlichkeit in Kleidern gelaſſen werde.

6. Durch Zoͤpfe wird hier verſtanden aller
leichtſinniger Schmuck, der mit den Haaren auf
mancherley Art getrieben wurde 1 Pet. 3, 3. heißt
es Haar-flechten.

7. Die uͤberfluͤßige Koſtbarkeit beſtehet
theils in der Materie der Kleider ſelbſt, theils in
[Spaltenumbruch] dem darein gewirckten Golde und hinzugethanen
uͤbrigen Geſchmeide, damit ein armes Gemuͤth
ſtoltziret und ſeinen wahren Schmuck beflecket,
ja wol gar verlieret.

8. Kleider und Speiſen ſind dem Menſchen
nur eigentlich zur Nothdurft gegeben. Gleich-
wie nun ein Chriſtliches Gemuͤth, welches ſeine
rechte Nahrung an GOtt und goͤttlichen Dingen
hat, daher ſich auch gern in guter Ordnung der
Maͤßigkeit im Eſſen und Trincken befleißiget:
ſo verhaͤlt es ſich auch in der Kleidung, wie in An-
ſehung des rechten Seelenſchmucks, alſo auch des
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derlich des weiblichen Geſchlechts, durch Kleider-
Pracht verſuͤndiget habe, ſehe man Jeſ. 3. und
was fuͤr ein geiſtlicher Schmuck dagegen von
Petro angeprieſen werde, findet man 1 Pet.
3, 3. 4.

10. Gute Wercke ſind, welche GOTT in
ſeinem Worte geboten hat, und welche alſo nach
der erſten und andern Geſetzes-Tafel in den
Pflichten gegen GOtt, uns ſelbſt und den Naͤch-
ſten beſtehen, und aus den Gnaden-Kraͤften des
Heiligen Geiſtes im Glauben zur Ehre GOttes
geſchehen. Sich durch gute Wercke ſchmuͤ-
cken
iſt dieſelbe mit ſeinem Exempel an ſich alſo
erweiſen, daß andere zur guten Nachfolge da-
durch koͤnnen erbauet werden.

11. Das ziemet muß von einer ſolchen
Wohlanſtaͤndigkeit verſtanden werden, welche
nach der Ordnung des Heyls auch nothwen-
dig iſt.

12. Θεοσέβεια, die Gottſeligkeit, hat
zwey Haupt-Stuͤcke in ſich, den Glauben und
die Liebe gegen GOTT, und gehet alſo ſon-
derlich auf die Pflichten der erſten Tafel des
Geſetzes.

13. Mit dem Worte ἐπαγγέλλεσϑαι, ver-
heiſſen,
verſichern, verkuͤndigen, da es alhie von
der Gottſeligkeit ſtehet, ſiehet der Apoſtel auf die
bey der heiligen Taufe gegebene, auch wol her-
nach oͤfters wiederholte Verheiſſung und Ver-
ſicherung von der Ubung aller wahren Gott elig-
keit, daß man nemlich nach dem von GOtt em-
pfangenen Beruf davon gleichſam rechte Pro-
feſſion
machen, und ſie als ſein recht eigentliches
Werck treiben wolle. Dem man nun auch ge-
treulich nachzukommen habe.

14. Geliebter Leſer! Es iſt dieſe Materie
von dem Schmuck in Kleidung und von der
Maſſe, welche darinnen zu halten ſey, etwas
ſchwer und von ſolcher Beſchaffenheit, daß man
dabey leichtlich auf zweene Abwege verfallen
kan: daß man nemlich entweder ſich und andern
darinnen zu viel einraͤumet, und dabey den wah-
ren Seelenſchmuck beflecket, ja gar verlieret, und
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[103/0105] Cap. 2. v. 9. 10. an den Timotheum. gehet, und wie eines theils dem leichtſinnigen Pracht, alſo auch andern theils aller Unreinigkeit und Unordnung, da man zu ſeinem eignen Lei- be nicht Luſt hat, und ſich gleich viel ſeyn laͤßt, die Kleider moͤgen reinlich und ordentlich ſi- tzen, oder voller Unreinigkeit ſeyn und alſo anlie- gen, als wolten ſie einem vom Leibe fallen, entge- gen ſtehet, und alſo auf eine wohlanſtaͤndige und reinliche Gravitaͤt gehet. Welches man auch daraus ſchlieſſen kan, daß Paulus es C. 3, 2. von einem Biſchofe, oder Lehrer fordert, daß er ſoll ſeyn κόσμιος, ſittig, wie es der ſelige Luthe- rus uͤberſetzet hat. Und kan es wohl ſeyn, daß un- ter den Chriſten zu Epheſus einige geweſen, wel- che, da ſie ſich des innern Seelenſchmuckes be- fliſſen, dabey auf eine gar zu groſſe Unachtſam- keit ihrer Kleidung verfallen, auch bey den Zu- ſammenkuͤnften, und dem Chriſtenthum damit einen Verweis gemacht haben. Daher denn Paulus mit dieſem Worte ſolchem Extremo der- geſtalt entgegen gehet, daß die, welche auf das andere Extremum, nemlich auf den Pracht fie- len, nicht ſagen konten, man mache ihnen eine reinliche und wohlanſtaͤndige Kleidung zur Suͤnde. 3. Die Schamhaftigkeit, womit die Weiber am Gemuͤth ſich ſchmuͤcken ſollen, iſt eine ſolche Tugend, dadurch ein Menſch nicht allein des Gewiſſens wegen vor GOtt, ſondern auch des Ubelſtandes, der Schaͤndlichkeit und des Aer- gerniſſes halber vor Menſchen ſich ſcheuet etwas aͤrgerliches, ſonderlich das, was wider die Zucht und Keuſchheit laufet, zu begehen, und wenn er ſchon innerlich durch boͤſe Begierden dazu gereitzet wird, ſich dennoch auch durch die Schamhaftig- keit davon abhalten laͤßt. Daher dieſe denn billig ein rechtes Schloß, oder eine Veſtung der Keuſchheit genennet wird; zumal wenn ſie aus der kraͤftigen Wirckung der Gnade GOttes ihre rechte Form hat. Da hingegen, wenn ein Ge- muͤth erſt ſchamlos worden iſt, es bey den Rei- tzungen boͤſer Luͤſte mit Macht auf die greulichſte Vollziehung faͤllt. 4. Das Wort σωϕροσύνη, welches Lu- therus durch Zucht uͤberſetzet hat, bedeutet eine ſolche Tugend, oder Beſchaffenheit des Gemuͤths, welche in einer rechten Nuͤchternheit, Klugheit und Maͤßigung beſtehet, und entgegen geſetzet iſt einem ſolchen Zuſtande, da man von Welt- und Eigenliebe gleichſam truncken iſt, und nicht einmal zu einem recht vernuͤnftigen, geſchweige Chriſtlichen Nachdencken koͤmmt. 5. Die Worte: ſich ſchmuͤcken gehen nicht auf die erſten Worte vom zierlichen Kleide, ſondern auf die naͤchſt vorhergehenden und Zucht; und wird dabey mit den erſten Worten nur angezeiget, daß bey ſolcher Gemuͤths-Zierde den Chriſten mit Unterſagung des Stoltzes die Reinlichkeit in Kleidern gelaſſen werde. 6. Durch Zoͤpfe wird hier verſtanden aller leichtſinniger Schmuck, der mit den Haaren auf mancherley Art getrieben wurde 1 Pet. 3, 3. heißt es Haar-flechten. 7. Die uͤberfluͤßige Koſtbarkeit beſtehet theils in der Materie der Kleider ſelbſt, theils in dem darein gewirckten Golde und hinzugethanen uͤbrigen Geſchmeide, damit ein armes Gemuͤth ſtoltziret und ſeinen wahren Schmuck beflecket, ja wol gar verlieret. 8. Kleider und Speiſen ſind dem Menſchen nur eigentlich zur Nothdurft gegeben. Gleich- wie nun ein Chriſtliches Gemuͤth, welches ſeine rechte Nahrung an GOtt und goͤttlichen Dingen hat, daher ſich auch gern in guter Ordnung der Maͤßigkeit im Eſſen und Trincken befleißiget: ſo verhaͤlt es ſich auch in der Kleidung, wie in An- ſehung des rechten Seelenſchmucks, alſo auch des betruͤbten Urſprungs der Kleider, den ſie von der Suͤnde haben, nicht weniger auch der groſſen Hinfaͤlligkeit und Verweslichkeit, welcher der Leib, den Unchriſten ſo ſehr ſchmuͤcken und fuͤttern, unterworfen iſt. 9. Wie ſehr ſich das Juͤdiſche Volck, ſon- derlich des weiblichen Geſchlechts, durch Kleider- Pracht verſuͤndiget habe, ſehe man Jeſ. 3. und was fuͤr ein geiſtlicher Schmuck dagegen von Petro angeprieſen werde, findet man 1 Pet. 3, 3. 4. 10. Gute Wercke ſind, welche GOTT in ſeinem Worte geboten hat, und welche alſo nach der erſten und andern Geſetzes-Tafel in den Pflichten gegen GOtt, uns ſelbſt und den Naͤch- ſten beſtehen, und aus den Gnaden-Kraͤften des Heiligen Geiſtes im Glauben zur Ehre GOttes geſchehen. Sich durch gute Wercke ſchmuͤ- cken iſt dieſelbe mit ſeinem Exempel an ſich alſo erweiſen, daß andere zur guten Nachfolge da- durch koͤnnen erbauet werden. 11. Das ziemet muß von einer ſolchen Wohlanſtaͤndigkeit verſtanden werden, welche nach der Ordnung des Heyls auch nothwen- dig iſt. 12. Θεοσέβεια, die Gottſeligkeit, hat zwey Haupt-Stuͤcke in ſich, den Glauben und die Liebe gegen GOTT, und gehet alſo ſon- derlich auf die Pflichten der erſten Tafel des Geſetzes. 13. Mit dem Worte ἐπαγγέλλεσϑαι, ver- heiſſen, verſichern, verkuͤndigen, da es alhie von der Gottſeligkeit ſtehet, ſiehet der Apoſtel auf die bey der heiligen Taufe gegebene, auch wol her- nach oͤfters wiederholte Verheiſſung und Ver- ſicherung von der Ubung aller wahren Gott elig- keit, daß man nemlich nach dem von GOtt em- pfangenen Beruf davon gleichſam rechte Pro- feſſion machen, und ſie als ſein recht eigentliches Werck treiben wolle. Dem man nun auch ge- treulich nachzukommen habe. 14. Geliebter Leſer! Es iſt dieſe Materie von dem Schmuck in Kleidung und von der Maſſe, welche darinnen zu halten ſey, etwas ſchwer und von ſolcher Beſchaffenheit, daß man dabey leichtlich auf zweene Abwege verfallen kan: daß man nemlich entweder ſich und andern darinnen zu viel einraͤumet, und dabey den wah- ren Seelenſchmuck beflecket, ja gar verlieret, und verhindert; oder aber es theils bey ſich mit vieler Aengſtlichkeit des Gewiſſens zu genaue nimmt, theils auch andere oft ohne Grund wider die Wahrheit und Liebe zu unguͤtig beurtheilet. Jch will

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/105>, abgerufen am 27.11.2024.