Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 3-5. [Spaltenumbruch]
menen Lebens-Gerechtigkeit weit unterschiedenwar) gerechnet (also, daß, da es nicht seine eige- ne, sondern des Meßiä, oder die vom Meßia zu- erwerbende, Gerechtigkeit war, sie ihm durch die Zurechnung eigen geschencket ist; gleichwie er sie denn auch als ein Gnaden-Geschenck durch den Glauben angenommen, und derselben Be- sitzung durch seine Lebens-Gerechtigkeit, oder heiligen Wandel vor Menschen, erwiesen hat. Anmerckungen. 1. Jm Hebräischen findet sich vom Glau- ben Abrahams eine gar nachdrückliche Redens- Art, wenn es heißt: [fremdsprachliches Material - fehlt]; da das verbum schon an sich selbst einen grossen Nach- druck hat, und derselbe noch grösser wird durch die construction des Worts Jehovah mit dem [fremdsprachliches Material - fehlt]. 2. Jn dem Verbo [fremdsprachliches Material - fehlt] nach der Con- jugatione Hiphil liegen, bey dessen Bedeutung vom Glauben, die Bedeutungen aus der Con- jugatione Kal und Niphal zum Grunde. Denn in Kal ist [fremdsprachliches Material - fehlt] und heißt nutrire, ernehren, eine Nahrung geben, und dadurch unterstützen und tragen: in Niphal [fremdsprachliches Material - fehlt] und heißt stabile ac firmum esse, starck und standhaft seyn, wie es nemlich die nutrition oder die wohl dige- rirte Nahrungs-Kraft, davon man gleichsam unterstützet wird, mit sich bringet. 3. Wenn man nun dieses auf den Glauben appliciret, so heißt glauben so viel, als die Ev- angelischen Gnaden-Verheissungen dergestalt ergreifen, und sich zueignen, daß man darinnen seine rechte Nahrung und Unterstützung für die Seele habe, und dadurch im Geiste recht starck, unbeweglich und standhaft werde, Ap. Gesch. 16, 5. 1 Cor. 16, 13. 2 Cor. 1, 24. Col. 1, 23. 2, 7. 1 Petr. 5, 9. Jud. v. 20. wie es denn auch vom Abraham Röm. 4, 20. heißt: Er ward starck im Glauben. Und giebt also der Glaube, vermöge der Verheissun- gen und der Gnade, welche er an und in sich ziehet, der Seele ihre rechte Nahrung, Ve- stigkeit und Stärcke, davon Paulus redet, wie er Hebr. 13, 19. spricht: Es ist ein köstlich Ding, daß das Hertz vest werde, welches geschicht durch Gnade. 4. Jn Ansehung der Construction des ver- bi [fremdsprachliches Material - fehlt] mit dem Wort [fremdsprachliches Material - fehlt] durch das [fremdsprachliches Material - fehlt], wel- che notionem basis, quietis & acquiescentiae hat, wird angezeiget, daß der Glaube Abrahams, nachdem er die Verheissungen GOttes ergriffen und sich zugeeignet gehabt, darauf, und auf die göttlichen Eigenschaften, der Allmacht, Güte und Treue als auf einen unbeweglichen Grund sich geleget und gebauet; und darin- nen, als in seinem rechten centro, elemento und alimento zuversichtlich geruhet, geneh- ret und gestärcket habe. Welches denn auch die Redens-Arten im Neuen Testament ausdru- cken, wenn das verbum pisteuein glauben, und das nomen pistis der Glaube, nicht allein mit der praeposition eis, welche mit einigem motu desiderii fiducialis auf das object gehet, sondern auch mit der praepositione en, so die acquiescenz und Ruhe bezeichnet, construiret wird. Sie- he Marc. 1, 15. Luc. 24, 25. Röm. 9, 33. c. 10, [Spaltenumbruch] 11. 1 Tim. 1, 16. 1 Petr. 2, 6. Ferner Gal. 3, 26. 1 Tim. 3, 13. 2 Tim. 3, 15. V. 4. Dem aber, der mit Wercken umgehet V. 5. Dem aber, der nicht (also, wie gedacht) Anmerckungen. 1. Es ist ein recht grober und muthwilliger hie
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 3-5. [Spaltenumbruch]
menen Lebens-Gerechtigkeit weit unterſchiedenwar) gerechnet (alſo, daß, da es nicht ſeine eige- ne, ſondern des Meßiaͤ, oder die vom Meßia zu- erwerbende, Gerechtigkeit war, ſie ihm durch die Zurechnung eigen geſchencket iſt; gleichwie er ſie denn auch als ein Gnaden-Geſchenck durch den Glauben angenommen, und derſelben Be- ſitzung durch ſeine Lebens-Gerechtigkeit, oder heiligen Wandel vor Menſchen, erwieſen hat. Anmerckungen. 1. Jm Hebraͤiſchen findet ſich vom Glau- ben Abrahams eine gar nachdruͤckliche Redens- Art, wenn es heißt: [fremdsprachliches Material – fehlt]; da das verbum ſchon an ſich ſelbſt einen groſſen Nach- druck hat, und derſelbe noch groͤſſer wird durch die conſtruction des Worts Jehovah mit dem [fremdsprachliches Material – fehlt]. 2. Jn dem Verbo [fremdsprachliches Material – fehlt] nach der Con- jugatione Hiphil liegen, bey deſſen Bedeutung vom Glauben, die Bedeutungen aus der Con- jugatione Kal und Niphal zum Grunde. Denn in Kal iſt [fremdsprachliches Material – fehlt] und heißt nutrire, ernehren, eine Nahrung geben, und dadurch unterſtuͤtzen und tragen: in Niphal [fremdsprachliches Material – fehlt] und heißt ſtabile ac firmum eſſe, ſtarck und ſtandhaft ſeyn, wie es nemlich die nutrition oder die wohl dige- rirte Nahrungs-Kraft, davon man gleichſam unterſtuͤtzet wird, mit ſich bringet. 3. Wenn man nun dieſes auf den Glauben appliciret, ſo heißt glauben ſo viel, als die Ev- angeliſchen Gnaden-Verheiſſungen dergeſtalt ergreifen, und ſich zueignen, daß man darinnen ſeine rechte Nahrung und Unterſtuͤtzung fuͤr die Seele habe, und dadurch im Geiſte recht ſtarck, unbeweglich und ſtandhaft werde, Ap. Geſch. 16, 5. 1 Cor. 16, 13. 2 Cor. 1, 24. Col. 1, 23. 2, 7. 1 Petr. 5, 9. Jud. v. 20. wie es denn auch vom Abraham Roͤm. 4, 20. heißt: Er ward ſtarck im Glauben. Und giebt alſo der Glaube, vermoͤge der Verheiſſun- gen und der Gnade, welche er an und in ſich ziehet, der Seele ihre rechte Nahrung, Ve- ſtigkeit und Staͤrcke, davon Paulus redet, wie er Hebr. 13, 19. ſpricht: Es iſt ein koͤſtlich Ding, daß das Hertz veſt werde, welches geſchicht durch Gnade. 4. Jn Anſehung der Conſtruction des ver- bi [fremdsprachliches Material – fehlt] mit dem Wort [fremdsprachliches Material – fehlt] durch das [fremdsprachliches Material – fehlt], wel- che notionem baſis, quietis & acquieſcentiæ hat, wird angezeiget, daß der Glaube Abrahams, nachdem er die Verheiſſungen GOttes ergriffen und ſich zugeeignet gehabt, darauf, und auf die goͤttlichen Eigenſchaften, der Allmacht, Guͤte und Treue als auf einen unbeweglichen Grund ſich geleget und gebauet; und darin- nen, als in ſeinem rechten centro, elemento und alimento zuverſichtlich geruhet, geneh- ret und geſtaͤrcket habe. Welches denn auch die Redens-Arten im Neuen Teſtament ausdru- cken, wenn das verbum πιστεύειν glauben, und das nomen πίστις der Glaube, nicht allein mit der præpoſition εἰς, welche mit einigem motu deſiderii fiducialis auf das object gehet, ſondern auch mit der præpoſitione ἐν, ſo die acquieſcenz und Ruhe bezeichnet, conſtruiret wird. Sie- he Marc. 1, 15. Luc. 24, 25. Roͤm. 9, 33. c. 10, [Spaltenumbruch] 11. 1 Tim. 1, 16. 1 Petr. 2, 6. Ferner Gal. 3, 26. 1 Tim. 3, 13. 2 Tim. 3, 15. V. 4. Dem aber, der mit Wercken umgehet V. 5. Dem aber, der nicht (alſo, wie gedacht) Anmerckungen. 1. Es iſt ein recht grober und muthwilliger hie
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Es iſt ein recht grober und muthwilliger<lb/> Unverſtand, wenn man dieſe Worte theils zum<lb/> Nachtheil rechter guter Wercke, theils zum<lb/> Vorſchub der Gottloſigkeit mißbrauchet. Denn<lb/> ein anders iſt, alſo mit Wercken umgehen, daß<lb/> man dadurch, mit Hindanſetzung des Verdien-<lb/> ſtes Chriſti und des Glaubens, vor GOtt beſte-<lb/> hen und gerecht werden will, davon Paulus al-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">hie</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0088]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 3-5.
menen Lebens-Gerechtigkeit weit unterſchieden
war) gerechnet (alſo, daß, da es nicht ſeine eige-
ne, ſondern des Meßiaͤ, oder die vom Meßia zu-
erwerbende, Gerechtigkeit war, ſie ihm durch
die Zurechnung eigen geſchencket iſt; gleichwie
er ſie denn auch als ein Gnaden-Geſchenck durch
den Glauben angenommen, und derſelben Be-
ſitzung durch ſeine Lebens-Gerechtigkeit, oder
heiligen Wandel vor Menſchen, erwieſen hat.
Anmerckungen.
1. Jm Hebraͤiſchen findet ſich vom Glau-
ben Abrahams eine gar nachdruͤckliche Redens-
Art, wenn es heißt: _ ; da das
verbum ſchon an ſich ſelbſt einen groſſen Nach-
druck hat, und derſelbe noch groͤſſer wird durch
die conſtruction des Worts Jehovah mit dem _ .
2. Jn dem Verbo _ nach der Con-
jugatione Hiphil liegen, bey deſſen Bedeutung
vom Glauben, die Bedeutungen aus der Con-
jugatione Kal und Niphal zum Grunde. Denn
in Kal iſt _ und heißt nutrire, ernehren,
eine Nahrung geben, und dadurch unterſtuͤtzen
und tragen: in Niphal _ und heißt ſtabile
ac firmum eſſe, ſtarck und ſtandhaft ſeyn,
wie es nemlich die nutrition oder die wohl dige-
rirte Nahrungs-Kraft, davon man gleichſam
unterſtuͤtzet wird, mit ſich bringet.
3. Wenn man nun dieſes auf den Glauben
appliciret, ſo heißt glauben ſo viel, als die Ev-
angeliſchen Gnaden-Verheiſſungen dergeſtalt
ergreifen, und ſich zueignen, daß man darinnen
ſeine rechte Nahrung und Unterſtuͤtzung fuͤr
die Seele habe, und dadurch im Geiſte
recht ſtarck, unbeweglich und ſtandhaft
werde, Ap. Geſch. 16, 5. 1 Cor. 16, 13. 2 Cor.
1, 24. Col. 1, 23. 2, 7. 1 Petr. 5, 9. Jud. v. 20.
wie es denn auch vom Abraham Roͤm. 4, 20.
heißt: Er ward ſtarck im Glauben. Und
giebt alſo der Glaube, vermoͤge der Verheiſſun-
gen und der Gnade, welche er an und in ſich
ziehet, der Seele ihre rechte Nahrung, Ve-
ſtigkeit und Staͤrcke, davon Paulus redet, wie
er Hebr. 13, 19. ſpricht: Es iſt ein koͤſtlich
Ding, daß das Hertz veſt werde, welches
geſchicht durch Gnade.
4. Jn Anſehung der Conſtruction des ver-
bi _ mit dem Wort _ durch das _ , wel-
che notionem baſis, quietis & acquieſcentiæ hat,
wird angezeiget, daß der Glaube Abrahams,
nachdem er die Verheiſſungen GOttes ergriffen
und ſich zugeeignet gehabt, darauf, und auf die
goͤttlichen Eigenſchaften, der Allmacht, Guͤte
und Treue als auf einen unbeweglichen
Grund ſich geleget und gebauet; und darin-
nen, als in ſeinem rechten centro, elemento
und alimento zuverſichtlich geruhet, geneh-
ret und geſtaͤrcket habe. Welches denn auch
die Redens-Arten im Neuen Teſtament ausdru-
cken, wenn das verbum πιστεύειν glauben, und
das nomen πίστις der Glaube, nicht allein mit
der præpoſition εἰς, welche mit einigem motu
deſiderii fiducialis auf das object gehet, ſondern
auch mit der præpoſitione ἐν, ſo die acquieſcenz
und Ruhe bezeichnet, conſtruiret wird. Sie-
he Marc. 1, 15. Luc. 24, 25. Roͤm. 9, 33. c. 10,
11. 1 Tim. 1, 16. 1 Petr. 2, 6. Ferner Gal. 3,
26. 1 Tim. 3, 13. 2 Tim. 3, 15.
V. 4.
Dem aber, der mit Wercken umgehet
(im Gegenſatz auf den Glauben, und auf die
durch den Glauben an den Meßiam zuerlangen-
de Gerechtigkeit und Seligkeit, alſo, daß er da-
mit vor GOtt beſtehen, und dadurch gerecht
und ſelig werden will; wie die Juͤden und Ju-
denzenden Chriſten wolten und vorgaben) dem
wird der Lohn (welcher hie in der application
die ewige Seligkeit, oder das ewige Freuden-
Leben iſt,) nicht aus Gnaden zugerechnet,
ſondern aus Pflicht (oder Schuldigkeit, nach
ſeinem Verdienſte, und muͤſſen dieſe daher al-
ſo beſchaffen ſeyn, daß ſie an ſich ſelbſt vollkom-
men ſind, und gegen einen ſo herrlichen Lohn
die gehoͤrige proportion haben. Denn Gnade
oder Gnaden-Lohn und Verdienſt der Wercke
ſtehen einander entgegen: ſiehe unten c. 11, 6.
Es iſt aber dem Abraham die Zurechnung der
Gerechtigkeit und Seligkeit geſchehen durch den
Glauben, oder nach dem, wie er an den verheiſ-
ſenen Meßiam geglaubet und ſich im Glauben
die Gerechtigkeit und Seligkeit aus lauter Gna-
de zugeeignet hat: darum Abraham nicht kan
durch ſeine Wercke gerecht und ſelig worden ſeyn.
Und eben ſo wenig, ja noch vielweniger, koͤnnen
die itzigen Juͤden durch ihre Wercke gerecht und
ſelig werden, da ſie nicht etwa nur noch unvoll-
kommen ſind, wie des Abrahams Wercke, ſon-
dern auch gantz unrein und unlauter vermoͤge ih-
rer herrſchenden boͤſen Natur, aus dero Kraͤften
ſie ihre Wercke hervorbringen.)
V. 5.
Dem aber, der nicht (alſo, wie gedacht)
mit Wercken umgehet, glaubet aber an
den, der die Gottloſen (die da bußfertig er-
kennen, wie gottloß und verderbt ſie von Natur
ſind, und wie ſo gar nichts ſie aus eignen Kraͤf-
ten und eigenem Verdienſte ihrer Wercke zu ih-
rem Heil beytragen koͤnnen, und wie hoch ſie
hingegen eines Mittlers und deſſen Loͤſe-Geldes
beduͤrftig ſind, die dieſes auch wircklich im
Glauben ergreifen) gerecht machet (in Anſe-
hung deſſelben gerecht ſpricht, und von ihren
Suͤnden abſolviret) dem wird ſein Glaube
(nicht an ſich ſelbſt; denn da iſt er auch, wie
alles uͤbrige, noch unvollkommen, ſondern ſo
ferne er Chriſtum und ſein Loͤſe-Geld ergreifet)
gerechnet zur Gerechtigkeit (alſo, daß die
Gerechtigkeit Chriſti, die er im Glauben ergrif-
fen hat, in dem Gerichte GOttes als ſein eigen
angeſehen wird.)
Anmerckungen.
1. Es iſt ein recht grober und muthwilliger
Unverſtand, wenn man dieſe Worte theils zum
Nachtheil rechter guter Wercke, theils zum
Vorſchub der Gottloſigkeit mißbrauchet. Denn
ein anders iſt, alſo mit Wercken umgehen, daß
man dadurch, mit Hindanſetzung des Verdien-
ſtes Chriſti und des Glaubens, vor GOtt beſte-
hen und gerecht werden will, davon Paulus al-
hie
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