Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 3, 3. 4. [Spaltenumbruch]
von den Gläubigen aus genugsamen Proben er-kannt wurde: also sind die Glieder Christi ih- nen selbst untereinander am besten bekannt, da einer an dem andern das Bild und den Sinn sei- nes Heilandes also wahrnimmt, daß es aus der innern Fülle in das äussere, durch Worte und Wercke, ohne Verstellung, obgleich noch in grosser Unvollkommenheit, doch in der Wahrheit und Lauterkeit, hervor trit. 8. Und dieses ihr verborgenes Leben ist in GOtt, das ist, es ist von GOtt, gründet sich auf GOtt, ruhet in GOtt, ist GOtt am besten bekannt, wird von GOtt unterhalten und auch endlich offenbaret. GOtt ist mit allen göttli- chen Dingen und Heils-Gütern gleichsam das Element, worinnen das geistliche Leben sich befin- det, und worinn es seine Nahrung hat, gleichsam wie ein Fisch im Wasser. 9. Wir mercken hiebey aufs neue den Haupt-Character des Paulinischen stili, da es so oft heißt: in Christo, mit Christo. Da- mit er anzeiget, wie daß ihm alles und in allen Christus sey, und wie sein gantzes Amt da- hin gehe, nur Christum in den Gläubigen zu ver- klären, oder ihnen seine Herrlichkeit mit allen Heils-Schätzen zum seligen Genuß recht anzu- preisen; gleichwie er selbst dazu also gelanget war, daß er aus eigner Erfahrung wuste, was er an Christo hatte. 10. Wenn man eine kräftige Aufmunte- rung haben will zur rechten Bruder-Liebe, daß man einen gläubigen Christen recht lieb und werth halte, so darf man sich nur vorstellen, daß das Leben Christi, ja Christus selbst, in ihnen verborgen ist; so wird es gewiß an einer wehrt- haltenden Liebe nicht ermangeln. V. 4. Wenn aber Christus, euer Leben, sich Anmerckungen. 1. Sind die Glieder Christi ihrem Haupte ähnlich gewesen im Stande der Erniedrigung, so werden die es auch im Stande der Erhöhung seyn. Daraus man ihre hohe Würde, welche sie auf gewisse Art auch vor den Engeln von Chri- sto haben werden, erkennen kan. 2. Christus ist das Leben an sich selbst, und er ist auch das Leben der Gläubigen. An sich selbst ist er das Leben, weil er ist der lebendige GOtt, dessen Leben bestehet in der würcklichen Existenz und in der wircksamen Kraft, dadurch sich alle göttliche Eigenschaften und Vollkom- menheiten in den Wercken hervorthun: da denn die Haupt-Wirckung des Lebens sich in der Schöpffung geäussert hat, und sich noch in be- ständiger Erhaltung äussert; als nach welcher alles, was da lebet, sein Leben von dem dreyei- nigen GOtt, und also auch von dem Sohne GOttes, hat. 3. Er ist aber nach seinem Mittler-Amte auf eine besondere Art das Leben der Gläubi- gen, darauf Paulus alhier eigentlich siehet. [Spaltenumbruch] Und dis ist er also, daß er ihnen das geistliche und ewige Leben erworben hat und schencket; daß er, zu ihrem Heil und Leben, sein Leben in den Tod dahin gegeben, und es durch die Auferste- hung wieder angenommen hat, ihnen auch sein von den Todten wiedergenommenes Leben also angedeien läßt, daß sie dadurch vor dem Gerich- te GOttes für gerecht erkannt und würdig ge- achtet werden, das ewige Leben zu erlangen. Jn solchem Verstande spricht Johannes c. 1, 4. Jn ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und c. 3, 16. Al- so hat GOtt die Welt geliebet, daß er sei- nen eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verlohren wer- den, sondern das ewige Leben haben. Sie- he 1 Joh. 4, 9. Und er selbst, unser Heiland, spricht Joh. 11, 25. 26. Jch bin die Auferste- hung und das Leben: Wer an mich gläu- bet, der wird leben, ob er gleich stürbe: und wer da lebet und gläubet an mich, der wird nimmermehr sterben. Desgleichen c. 14, 6. Jch bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kömmt zum Va- ter, denn durch mich. 4. Wie die Application davon, daß Chri- stus unser Leben ist, zu machen sey, weiset uns Paulus mit seinem eignen Exempel am besten an, wenn er spricht: Phil. 2, 21. Christus ist mein Leben, und Sterben ist mein Gewinn. Und sonderlich Gal. 2, 20. Jch bin mit Chri- sto gecreutziget: ich lebe, aber doch nun nicht ich, sondern Christrs lebet in mir. Denn was ich ietzt lebe im Fleische, das lebe ich im Glauben des Sohnes SOttes. u. f. 5. Es hat uns aber Paulus nebst seinem Exempel auch die allgemeine Regel gegeben, wie wir Christo leben sollen, wenn er Rom. 14, 7. 8. spricht: Unser keiner lebet ihm selber, und unser keiner stirbet ihm selber. Leben wir, so leben wir dem HErrn: sterben wir, so sterben wir dem HErrn. Darum wir le- ben oder sterben, so sind wir des HErrn. u. f. Desgleichen 2 Cor. 5, 15. Christus ist darum für sie alle gestorben, auf daß die, so da leben, hinfort nicht ihnen selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. Welches der Apostel Rom. 6, 4. nennet in einem neuen Leben wan- deln. 6. Kömmt es mit einem Gläubigen zum Sterben, so kan ihm nichts tröstlicher seyn, als daß er mit gläubiger Zueignung sagen kan: Christus ist mein Leben! und daher auch Sterben mein Gewinn! Wohl dem, der bey Zeiten einen guten Grund dazu leget, daß es dar- an zuletzt nicht fehlen möge! 7. Die Offenbarung Christi; und zwar die in seiner Herrlichkeit, wird geschehen in seiner Zukunft zum Jüngsten Gerichte. Davon er spricht: Wenn des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle heilige Engel mit ihm, denn wird er sitzen auf dem Stuhl seiner Herrlichkeit u. s. f. Von welcher Erscheinung in der Herr- lich-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, 3. 4. [Spaltenumbruch]
von den Glaͤubigen aus genugſamen Proben er-kannt wurde: alſo ſind die Glieder Chriſti ih- nen ſelbſt untereinander am beſten bekannt, da einer an dem andern das Bild und den Sinn ſei- nes Heilandes alſo wahrnimmt, daß es aus der innern Fuͤlle in das aͤuſſere, durch Worte und Wercke, ohne Verſtellung, obgleich noch in groſſer Unvollkommenheit, doch in der Wahrheit und Lauterkeit, hervor trit. 8. Und dieſes ihr verborgenes Leben iſt in GOtt, das iſt, es iſt von GOtt, gruͤndet ſich auf GOtt, ruhet in GOtt, iſt GOtt am beſten bekannt, wird von GOtt unterhalten und auch endlich offenbaret. GOtt iſt mit allen goͤttli- chen Dingen und Heils-Guͤtern gleichſam das Element, worinnen das geiſtliche Leben ſich befin- det, und worinn es ſeine Nahrung hat, gleichſam wie ein Fiſch im Waſſer. 9. Wir mercken hiebey aufs neue den Haupt-Character des Pauliniſchen ſtili, da es ſo oft heißt: in Chriſto, mit Chriſto. Da- mit er anzeiget, wie daß ihm alles und in allen Chriſtus ſey, und wie ſein gantzes Amt da- hin gehe, nur Chriſtum in den Glaͤubigen zu ver- klaͤren, oder ihnen ſeine Herrlichkeit mit allen Heils-Schaͤtzen zum ſeligen Genuß recht anzu- preiſen; gleichwie er ſelbſt dazu alſo gelanget war, daß er aus eigner Erfahrung wuſte, was er an Chriſto hatte. 10. Wenn man eine kraͤftige Aufmunte- rung haben will zur rechten Bruder-Liebe, daß man einen glaͤubigen Chriſten recht lieb und werth halte, ſo darf man ſich nur vorſtellen, daß das Leben Chriſti, ja Chriſtus ſelbſt, in ihnen verborgen iſt; ſo wird es gewiß an einer wehrt- haltenden Liebe nicht ermangeln. V. 4. Wenn aber Chriſtus, euer Leben, ſich Anmerckungen. 1. Sind die Glieder Chriſti ihrem Haupte aͤhnlich geweſen im Stande der Erniedrigung, ſo werden die es auch im Stande der Erhoͤhung ſeyn. Daraus man ihre hohe Wuͤrde, welche ſie auf gewiſſe Art auch vor den Engeln von Chri- ſto haben werden, erkennen kan. 2. Chriſtus iſt das Leben an ſich ſelbſt, und er iſt auch das Leben der Glaͤubigen. An ſich ſelbſt iſt er das Leben, weil er iſt der lebendige GOtt, deſſen Leben beſtehet in der wuͤrcklichen Exiſtenz und in der wirckſamen Kraft, dadurch ſich alle goͤttliche Eigenſchaften und Vollkom- menheiten in den Wercken hervorthun: da denn die Haupt-Wirckung des Lebens ſich in der Schoͤpffung geaͤuſſert hat, und ſich noch in be- ſtaͤndiger Erhaltung aͤuſſert; als nach welcher alles, was da lebet, ſein Leben von dem dreyei- nigen GOtt, und alſo auch von dem Sohne GOttes, hat. 3. Er iſt aber nach ſeinem Mittler-Amte auf eine beſondere Art das Leben der Glaͤubi- gen, darauf Paulus alhier eigentlich ſiehet. [Spaltenumbruch] Und dis iſt er alſo, daß er ihnen das geiſtliche und ewige Leben erworben hat und ſchencket; daß er, zu ihrem Heil und Leben, ſein Leben in den Tod dahin gegeben, und es durch die Auferſte- hung wieder angenommen hat, ihnen auch ſein von den Todten wiedergenommenes Leben alſo angedeien laͤßt, daß ſie dadurch vor dem Gerich- te GOttes fuͤr gerecht erkannt und wuͤrdig ge- achtet werden, das ewige Leben zu erlangen. Jn ſolchem Verſtande ſpricht Johannes c. 1, 4. Jn ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menſchen. Und c. 3, 16. Al- ſo hat GOtt die Welt geliebet, daß er ſei- nen eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle, die an ihn glauben, nicht verlohren wer- den, ſondern das ewige Leben haben. Sie- he 1 Joh. 4, 9. Und er ſelbſt, unſer Heiland, ſpricht Joh. 11, 25. 26. Jch bin die Auferſte- hung und das Leben: Wer an mich glaͤu- bet, der wird leben, ob er gleich ſtuͤrbe: und wer da lebet und glaͤubet an mich, der wird nimmermehr ſterben. Desgleichen c. 14, 6. Jch bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand koͤmmt zum Va- ter, denn durch mich. 4. Wie die Application davon, daß Chri- ſtus unſer Leben iſt, zu machen ſey, weiſet uns Paulus mit ſeinem eignen Exempel am beſten an, wenn er ſpricht: Phil. 2, 21. Chriſtus iſt mein Leben, und Sterben iſt mein Gewinn. Und ſonderlich Gal. 2, 20. Jch bin mit Chri- ſto gecreutziget: ich lebe, aber doch nun nicht ich, ſondern Chriſtrs lebet in mir. Denn was ich ietzt lebe im Fleiſche, das lebe ich im Glauben des Sohnes SOttes. u. f. 5. Es hat uns aber Paulus nebſt ſeinem Exempel auch die allgemeine Regel gegeben, wie wir Chriſto leben ſollen, wenn er Rom. 14, 7. 8. ſpricht: Unſer keiner lebet ihm ſelber, und unſer keiner ſtirbet ihm ſelber. Leben wir, ſo leben wir dem HErrn: ſterben wir, ſo ſterben wir dem HErrn. Darum wir le- ben oder ſterben, ſo ſind wir des HErrn. u. f. Desgleichen 2 Cor. 5, 15. Chriſtus iſt darum fuͤr ſie alle geſtorben, auf daß die, ſo da leben, hinfort nicht ihnen ſelbſt leben, ſondern dem, der fuͤr ſie geſtorben und auferſtanden iſt. Welches der Apoſtel Rom. 6, 4. nennet in einem neuen Leben wan- deln. 6. Koͤmmt es mit einem Glaͤubigen zum Sterben, ſo kan ihm nichts troͤſtlicher ſeyn, als daß er mit glaͤubiger Zueignung ſagen kan: Chriſtus iſt mein Leben! und daher auch Sterben mein Gewinn! Wohl dem, der bey Zeiten einen guten Grund dazu leget, daß es dar- an zuletzt nicht fehlen moͤge! 7. Die Offenbarung Chriſti; und zwar die in ſeiner Herrlichkeit, wird geſchehen in ſeiner Zukunft zum Juͤngſten Gerichte. Davon er ſpricht: Wenn des Menſchen Sohn kommen wird in ſeiner Herrlichkeit, und alle heilige Engel mit ihm, denn wird er ſitzen auf dem Stuhl ſeiner Herrlichkeit u. ſ. f. Von welcher Erſcheinung in der Herr- lich-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0824" n="796"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 3, 3. 4.</hi></hi></fw><lb/><cb/> von den Glaͤubigen aus genugſamen Proben er-<lb/> kannt wurde: alſo ſind die Glieder Chriſti ih-<lb/> nen ſelbſt untereinander am beſten bekannt, da<lb/> einer an dem andern das Bild und den Sinn ſei-<lb/> nes Heilandes alſo wahrnimmt, daß es aus der<lb/> innern Fuͤlle in das aͤuſſere, durch Worte und<lb/> Wercke, ohne Verſtellung, obgleich noch in<lb/> groſſer Unvollkommenheit, doch in der Wahrheit<lb/> und Lauterkeit, hervor trit.</item><lb/> <item>8. Und dieſes ihr verborgenes Leben iſt <hi rendition="#fr">in<lb/> GOtt,</hi> das iſt, es iſt <hi rendition="#fr">von GOtt,</hi> gruͤndet ſich<lb/><hi rendition="#fr">auf GOtt,</hi> ruhet <hi rendition="#fr">in GOtt,</hi> iſt GOtt am beſten<lb/> bekannt, wird von GOtt unterhalten und auch<lb/> endlich offenbaret. GOtt iſt mit allen goͤttli-<lb/> chen Dingen und Heils-Guͤtern gleichſam das<lb/> Element, worinnen das geiſtliche Leben ſich befin-<lb/> det, und worinn es ſeine Nahrung hat, gleichſam<lb/> wie ein Fiſch im Waſſer.</item><lb/> <item>9. Wir mercken hiebey aufs neue den<lb/> Haupt-<hi rendition="#aq">Character</hi> des Pauliniſchen <hi rendition="#aq">ſtili,</hi> da es<lb/> ſo oft heißt: <hi rendition="#fr">in Chriſto, mit Chriſto.</hi> Da-<lb/> mit er anzeiget, wie daß ihm alles und in allen<lb/> Chriſtus ſey, und wie ſein gantzes Amt da-<lb/> hin gehe, nur Chriſtum in den Glaͤubigen zu ver-<lb/> klaͤren, oder ihnen ſeine Herrlichkeit mit allen<lb/> Heils-Schaͤtzen zum ſeligen Genuß recht anzu-<lb/> preiſen; gleichwie er ſelbſt dazu alſo gelanget<lb/> war, daß er aus eigner Erfahrung wuſte, was er<lb/> an Chriſto hatte.</item><lb/> <item>10. Wenn man eine kraͤftige Aufmunte-<lb/> rung haben will zur rechten Bruder-Liebe, daß<lb/> man einen glaͤubigen Chriſten recht lieb und<lb/> werth halte, ſo darf man ſich nur vorſtellen, daß<lb/> das Leben Chriſti, ja Chriſtus ſelbſt, in ihnen<lb/> verborgen iſt; ſo wird es gewiß an einer wehrt-<lb/> haltenden Liebe nicht ermangeln.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 4.</head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Wenn aber Chriſtus, euer Leben, ſich<lb/> offenbaren wird, denn werdet ihr auch<lb/> mit ihm offenbar werden in der Herr-<lb/> lichkeit.</hi> </p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Sind die Glieder Chriſti ihrem Haupte<lb/> aͤhnlich geweſen im Stande der Erniedrigung,<lb/> ſo werden die es auch im Stande der Erhoͤhung<lb/> ſeyn. Daraus man ihre hohe Wuͤrde, welche<lb/> ſie auf gewiſſe Art auch vor den Engeln von Chri-<lb/> ſto haben werden, erkennen kan.</item><lb/> <item>2. <hi rendition="#fr">Chriſtus</hi> iſt das <hi rendition="#fr">Leben an ſich ſelbſt,</hi><lb/> und er iſt auch das Leben der Glaͤubigen. An ſich<lb/> ſelbſt iſt er das <hi rendition="#fr">Leben,</hi> weil er iſt der lebendige<lb/> GOtt, deſſen Leben beſtehet in der wuͤrcklichen<lb/><hi rendition="#aq">Exiſtenz</hi> und in der wirckſamen Kraft, dadurch<lb/> ſich alle goͤttliche Eigenſchaften und Vollkom-<lb/> menheiten in den Wercken hervorthun: da denn<lb/> die Haupt-Wirckung des Lebens ſich in der<lb/> Schoͤpffung geaͤuſſert hat, und ſich noch in be-<lb/> ſtaͤndiger Erhaltung aͤuſſert; als nach welcher<lb/> alles, was da lebet, ſein Leben von dem dreyei-<lb/> nigen GOtt, und alſo auch von dem Sohne<lb/> GOttes, hat.</item><lb/> <item>3. Er iſt aber nach ſeinem <hi rendition="#fr">Mittler-Amte</hi><lb/> auf eine beſondere Art das <hi rendition="#fr">Leben der Glaͤubi-<lb/> gen,</hi> darauf Paulus alhier eigentlich ſiehet.<lb/><cb/> Und dis iſt er alſo, daß er ihnen das geiſtliche<lb/> und ewige Leben erworben hat und ſchencket;<lb/> daß er, zu ihrem Heil und Leben, ſein Leben in den<lb/> Tod dahin gegeben, und es durch die Auferſte-<lb/> hung wieder angenommen hat, ihnen auch ſein<lb/> von den Todten wiedergenommenes Leben alſo<lb/> angedeien laͤßt, daß ſie dadurch vor dem Gerich-<lb/> te GOttes fuͤr gerecht erkannt und wuͤrdig ge-<lb/> achtet werden, das ewige Leben zu erlangen.<lb/> Jn ſolchem Verſtande ſpricht Johannes c. 1, 4.<lb/><hi rendition="#fr">Jn ihm war das Leben, und das Leben war<lb/> das Licht der Menſchen.</hi> Und c. 3, 16. <hi rendition="#fr">Al-<lb/> ſo hat GOtt die Welt geliebet, daß er ſei-<lb/> nen eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle,<lb/> die an ihn glauben, nicht verlohren wer-<lb/> den, ſondern das ewige Leben haben.</hi> Sie-<lb/> he 1 Joh. 4, 9. Und er ſelbſt, unſer Heiland,<lb/> ſpricht Joh. 11, 25. 26. <hi rendition="#fr">Jch bin die Auferſte-<lb/> hung und das Leben: Wer an mich glaͤu-<lb/> bet, der wird leben, ob er gleich ſtuͤrbe:<lb/> und wer da lebet und glaͤubet an mich, der<lb/> wird nimmermehr ſterben.</hi> Desgleichen c.<lb/> 14, 6. <hi rendition="#fr">Jch bin der Weg, die Wahrheit<lb/> und das Leben, niemand koͤmmt zum Va-<lb/> ter, denn durch mich.</hi></item><lb/> <item>4. Wie die <hi rendition="#aq">Application</hi> davon, daß Chri-<lb/> ſtus unſer Leben iſt, zu machen ſey, weiſet uns<lb/> Paulus mit ſeinem eignen Exempel am beſten an,<lb/> wenn er ſpricht: Phil. 2, 21. <hi rendition="#fr">Chriſtus iſt mein<lb/> Leben, und Sterben iſt mein Gewinn.</hi><lb/> Und ſonderlich Gal. 2, 20. <hi rendition="#fr">Jch bin mit Chri-<lb/> ſto gecreutziget: ich lebe, aber doch nun<lb/> nicht ich, ſondern Chriſtrs lebet in mir.<lb/> Denn was ich ietzt lebe im Fleiſche, das lebe<lb/> ich im Glauben des Sohnes SOttes.</hi> u. f.</item><lb/> <item>5. Es hat uns aber Paulus nebſt ſeinem<lb/> Exempel auch die allgemeine Regel gegeben, wie<lb/> wir Chriſto leben ſollen, wenn er Rom. 14, 7. 8.<lb/> ſpricht: <hi rendition="#fr">Unſer keiner lebet ihm ſelber, und<lb/> unſer keiner ſtirbet ihm ſelber. Leben wir,<lb/> ſo leben wir dem HErrn: ſterben wir, ſo<lb/> ſterben wir dem HErrn. Darum wir le-<lb/> ben oder ſterben, ſo ſind wir des HErrn.</hi><lb/> u. f. Desgleichen 2 Cor. 5, 15. <hi rendition="#fr">Chriſtus iſt<lb/> darum fuͤr ſie alle geſtorben, auf daß die,<lb/> ſo da leben, hinfort nicht ihnen ſelbſt leben,<lb/> ſondern dem, der fuͤr ſie geſtorben und<lb/> auferſtanden iſt.</hi> Welches der Apoſtel Rom.<lb/> 6, 4. nennet <hi rendition="#fr">in einem neuen Leben wan-<lb/> deln.</hi></item><lb/> <item>6. Koͤmmt es mit einem Glaͤubigen zum<lb/> Sterben, ſo kan ihm nichts troͤſtlicher ſeyn, als<lb/> daß er mit glaͤubiger Zueignung ſagen kan:<lb/><hi rendition="#fr">Chriſtus iſt mein Leben!</hi> und daher <hi rendition="#fr">auch<lb/> Sterben mein Gewinn!</hi> Wohl dem, der bey<lb/> Zeiten einen guten Grund dazu leget, daß es dar-<lb/> an zuletzt nicht fehlen moͤge!</item><lb/> <item>7. Die <hi rendition="#fr">Offenbarung Chriſti;</hi> und zwar<lb/> die in <hi rendition="#fr">ſeiner Herrlichkeit,</hi> wird geſchehen in<lb/> ſeiner Zukunft zum Juͤngſten Gerichte. Davon<lb/> er ſpricht: <hi rendition="#fr">Wenn des Menſchen Sohn<lb/> kommen wird in ſeiner Herrlichkeit, und<lb/> alle heilige Engel mit ihm, denn wird er<lb/> ſitzen auf dem Stuhl ſeiner Herrlichkeit</hi><lb/> u. ſ. f. Von welcher Erſcheinung in der Herr-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lich-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [796/0824]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, 3. 4.
von den Glaͤubigen aus genugſamen Proben er-
kannt wurde: alſo ſind die Glieder Chriſti ih-
nen ſelbſt untereinander am beſten bekannt, da
einer an dem andern das Bild und den Sinn ſei-
nes Heilandes alſo wahrnimmt, daß es aus der
innern Fuͤlle in das aͤuſſere, durch Worte und
Wercke, ohne Verſtellung, obgleich noch in
groſſer Unvollkommenheit, doch in der Wahrheit
und Lauterkeit, hervor trit.
8. Und dieſes ihr verborgenes Leben iſt in
GOtt, das iſt, es iſt von GOtt, gruͤndet ſich
auf GOtt, ruhet in GOtt, iſt GOtt am beſten
bekannt, wird von GOtt unterhalten und auch
endlich offenbaret. GOtt iſt mit allen goͤttli-
chen Dingen und Heils-Guͤtern gleichſam das
Element, worinnen das geiſtliche Leben ſich befin-
det, und worinn es ſeine Nahrung hat, gleichſam
wie ein Fiſch im Waſſer.
9. Wir mercken hiebey aufs neue den
Haupt-Character des Pauliniſchen ſtili, da es
ſo oft heißt: in Chriſto, mit Chriſto. Da-
mit er anzeiget, wie daß ihm alles und in allen
Chriſtus ſey, und wie ſein gantzes Amt da-
hin gehe, nur Chriſtum in den Glaͤubigen zu ver-
klaͤren, oder ihnen ſeine Herrlichkeit mit allen
Heils-Schaͤtzen zum ſeligen Genuß recht anzu-
preiſen; gleichwie er ſelbſt dazu alſo gelanget
war, daß er aus eigner Erfahrung wuſte, was er
an Chriſto hatte.
10. Wenn man eine kraͤftige Aufmunte-
rung haben will zur rechten Bruder-Liebe, daß
man einen glaͤubigen Chriſten recht lieb und
werth halte, ſo darf man ſich nur vorſtellen, daß
das Leben Chriſti, ja Chriſtus ſelbſt, in ihnen
verborgen iſt; ſo wird es gewiß an einer wehrt-
haltenden Liebe nicht ermangeln.
V. 4.
Wenn aber Chriſtus, euer Leben, ſich
offenbaren wird, denn werdet ihr auch
mit ihm offenbar werden in der Herr-
lichkeit.
Anmerckungen.
1. Sind die Glieder Chriſti ihrem Haupte
aͤhnlich geweſen im Stande der Erniedrigung,
ſo werden die es auch im Stande der Erhoͤhung
ſeyn. Daraus man ihre hohe Wuͤrde, welche
ſie auf gewiſſe Art auch vor den Engeln von Chri-
ſto haben werden, erkennen kan.
2. Chriſtus iſt das Leben an ſich ſelbſt,
und er iſt auch das Leben der Glaͤubigen. An ſich
ſelbſt iſt er das Leben, weil er iſt der lebendige
GOtt, deſſen Leben beſtehet in der wuͤrcklichen
Exiſtenz und in der wirckſamen Kraft, dadurch
ſich alle goͤttliche Eigenſchaften und Vollkom-
menheiten in den Wercken hervorthun: da denn
die Haupt-Wirckung des Lebens ſich in der
Schoͤpffung geaͤuſſert hat, und ſich noch in be-
ſtaͤndiger Erhaltung aͤuſſert; als nach welcher
alles, was da lebet, ſein Leben von dem dreyei-
nigen GOtt, und alſo auch von dem Sohne
GOttes, hat.
3. Er iſt aber nach ſeinem Mittler-Amte
auf eine beſondere Art das Leben der Glaͤubi-
gen, darauf Paulus alhier eigentlich ſiehet.
Und dis iſt er alſo, daß er ihnen das geiſtliche
und ewige Leben erworben hat und ſchencket;
daß er, zu ihrem Heil und Leben, ſein Leben in den
Tod dahin gegeben, und es durch die Auferſte-
hung wieder angenommen hat, ihnen auch ſein
von den Todten wiedergenommenes Leben alſo
angedeien laͤßt, daß ſie dadurch vor dem Gerich-
te GOttes fuͤr gerecht erkannt und wuͤrdig ge-
achtet werden, das ewige Leben zu erlangen.
Jn ſolchem Verſtande ſpricht Johannes c. 1, 4.
Jn ihm war das Leben, und das Leben war
das Licht der Menſchen. Und c. 3, 16. Al-
ſo hat GOtt die Welt geliebet, daß er ſei-
nen eingebohrnen Sohn gab, auf daß alle,
die an ihn glauben, nicht verlohren wer-
den, ſondern das ewige Leben haben. Sie-
he 1 Joh. 4, 9. Und er ſelbſt, unſer Heiland,
ſpricht Joh. 11, 25. 26. Jch bin die Auferſte-
hung und das Leben: Wer an mich glaͤu-
bet, der wird leben, ob er gleich ſtuͤrbe:
und wer da lebet und glaͤubet an mich, der
wird nimmermehr ſterben. Desgleichen c.
14, 6. Jch bin der Weg, die Wahrheit
und das Leben, niemand koͤmmt zum Va-
ter, denn durch mich.
4. Wie die Application davon, daß Chri-
ſtus unſer Leben iſt, zu machen ſey, weiſet uns
Paulus mit ſeinem eignen Exempel am beſten an,
wenn er ſpricht: Phil. 2, 21. Chriſtus iſt mein
Leben, und Sterben iſt mein Gewinn.
Und ſonderlich Gal. 2, 20. Jch bin mit Chri-
ſto gecreutziget: ich lebe, aber doch nun
nicht ich, ſondern Chriſtrs lebet in mir.
Denn was ich ietzt lebe im Fleiſche, das lebe
ich im Glauben des Sohnes SOttes. u. f.
5. Es hat uns aber Paulus nebſt ſeinem
Exempel auch die allgemeine Regel gegeben, wie
wir Chriſto leben ſollen, wenn er Rom. 14, 7. 8.
ſpricht: Unſer keiner lebet ihm ſelber, und
unſer keiner ſtirbet ihm ſelber. Leben wir,
ſo leben wir dem HErrn: ſterben wir, ſo
ſterben wir dem HErrn. Darum wir le-
ben oder ſterben, ſo ſind wir des HErrn.
u. f. Desgleichen 2 Cor. 5, 15. Chriſtus iſt
darum fuͤr ſie alle geſtorben, auf daß die,
ſo da leben, hinfort nicht ihnen ſelbſt leben,
ſondern dem, der fuͤr ſie geſtorben und
auferſtanden iſt. Welches der Apoſtel Rom.
6, 4. nennet in einem neuen Leben wan-
deln.
6. Koͤmmt es mit einem Glaͤubigen zum
Sterben, ſo kan ihm nichts troͤſtlicher ſeyn, als
daß er mit glaͤubiger Zueignung ſagen kan:
Chriſtus iſt mein Leben! und daher auch
Sterben mein Gewinn! Wohl dem, der bey
Zeiten einen guten Grund dazu leget, daß es dar-
an zuletzt nicht fehlen moͤge!
7. Die Offenbarung Chriſti; und zwar
die in ſeiner Herrlichkeit, wird geſchehen in
ſeiner Zukunft zum Juͤngſten Gerichte. Davon
er ſpricht: Wenn des Menſchen Sohn
kommen wird in ſeiner Herrlichkeit, und
alle heilige Engel mit ihm, denn wird er
ſitzen auf dem Stuhl ſeiner Herrlichkeit
u. ſ. f. Von welcher Erſcheinung in der Herr-
lich-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |