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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 11. 12.
[Spaltenumbruch] CHristi durch den Glauben an ihn schon loß
von der Sünden Herrschaft, Schuld und
Strafe; und also dürft ihr nicht erst durch
die irdische Beschneidung und andere Mosai-
sche Satzungen, vielweniger durch blosse
menschliche Aufsätze suchen davon befreyet und
selig zu werden.
4. Wir haben demnach bey diesem ersten
Stücke unterschiedliche Stellen der heiligen
Schrift zu conferiren; zuvorderst die aus dem
Alten Testamente:
5 B. Mos. 10, 16. So beschneidet nun eures
Hertzens Vorhaut, und seyd fürder nicht
halsstarrig.
c. 30, 6. Der HERR dein GOTT wird
dein Hertz beschneiden und das Hertz dei-
nes Samens, daß du den HERRN
deinen GOTT liebest von gantzem Her-
tzen und von gantzer Seelen, auf daß du
leben mögest.
Jerem. 4, 3. 4. Pflüget ein neues und säot
nicht unter die Hecken: Beschneidet euch
dem HERRN und thut weg die Vor-
haut eures Hertzens.
Es wird demnach
hiemit so viel gesaget, als Ezech 11, 19. 36,
26. 27. Jch will ein neu Hertz und einen
neuen Geist in euch geben, und will das
steinerne Hertz aus eurem Fleische weg
nehmen, und euch ein fleischern Hertz
geben
u. f.
Rom. 2, 28. 29. Das ist nicht ein (rechter)
Jude, der (nur allein) auswendig ein
Jude ist; auch ist das nicht eine
(an sich
zur Seligkeit hinlängliche) Beschneidung,
die auswendig am Fleische geschiehet:
sondern das ist ein
(rechter) Jude, der
inwendig verborgen ist, und die Be-
schneidung des Hertzens ist eine Beschnei-
dung, die im Geist und nicht im Buch-
staben geschiehet; welches Lob ist nicht
aus Menschen, sondern aus GOTT.

Siehe auch Phil. 3, 3. Wir sind die Be-
schneidung,
(die geistlich Beschnittene und
geistliche Jsraeliten,) die wir GOTT im
Geiste dienen, und rühmen uns von
CHristo JEsu, und verlassen uns nicht
auf Fleisch.
Wie mißfällig die Juden bey
ihrer äusserlichen Beschneidung GOTT in
ihrem widerspänstigen Unglauben gewesen
sind, sehe man sonderlich Ap. Ges. 7, 51. da
Stephanus voll Geistes saget: Jhr Hals-
starrigen und Unbeschnittenen an Her-
tzen und Ohren, ihr widerstrebet alle-
zeit dem Heiligen Geist, wie eure Vä-
ter, also auch ihr.
5. Es ist aber bey diesem bisher erläuter-
ten ersten Puncte noch dieses wohl zu mercken,
warum die innerliche Veränderung des sündli-
chen Verderbens, welche durch die Bekehrung
und Rechtfertigung geschiehet, mit den Worten
von der Beschneidung ausgedrucket werde?
oder (wohin diese Frage eigentlich gehet,) war-
um GOTT im Alten Testamente zur Bezeich-
nung dessen die Beschneidung verordnet habe?
[Spaltenumbruch] Der Mensch nimmt die Sünde nicht erst von
aussen an sich durch böse Exempel, sondern er hat
sie schon von Natur in sich; und wie er sie durch
die leibliche Zeugung von seinen Eltern empfan-
gen hat, also pflantzet er sie dadurch auch ferner
fort: und muß ihrer doch, wenn er selig werden
soll, loß werden. Beydes, nemlich den sünd-
lichen Erb. Schaden unserer Natur, und die
Nothwendigkeit der Erlösung, anzuzeigen,
hat GOTT eine solche Handlung der Beschnei-
dung verordnet; und zwar an dem Gliede des
männlichen Leibes, wodurch die Fortpflantzung
geschiehet, um den Menschen auf den göttlichen
Verstand zu führen. Wie wir denn gesehen ha-
ben aus den Zeugnissen Mosis und der Prophe-
ten, daß die alten Juden aller dinge darauf sind
gewiesen worden. Weil nun der Meßias ohne
Sünde seyn solte und wolte, so ist er daher auf
eine ausserordentliche Art empfangen und geboh-
ren, und mit den in der Beschneidung vergosse-
nen Tröpflein Bluts ist sein künftiges Versöh-
nungs-Blut und sein Versöhnungs-Tod bezeich-
net worden. Wir wollen nun sehen, wie uns
hiebey der andere Punct mit mehrern auf Chri-
stum führet.
6. Bey diesem andern Stücke haben wir
zuvorderst die besondere Verbindung, in wel-
cher der 12te Vers mit dem vorhergehenden ste-
het, zu mercken. Nachdem der Apostel der
wahren Bekehrung zu GOTT und der Recht-
fertigung mit den Worten der Beschneidung
CHristi gedacht hat, so zeiget er darauf an, wie
und wodurch uns CHristus solche hohe Wohl-
thaten erworben habe, nemlich durch seinen
Tod und seine Auferstehung; und wie die Co-
losser derselben wären theilhaftig worden, nem-
lich durch die heilige Taufe; als dadurch das
bey den Erwachsenen durch das Evangelium be-
reits geschehene Werck der Bekehrung und der
Gerechtmachung versiegelt und bekräftiget sey,
da sie in seinen Tod zur desto bessern Zueignung
seines Versöhn-Opfers wären getaufet wor-
den.
7. Was die Ordnung der zum andern
Stücke, oder Verse, gehörigen Materie betrift,
so finden wir darinnen diese zweene besondere
Puncte: erstlich CHristi Tod und Auferste-
hung:
und denn wie die gläubigen Colosser dar-
an durch die heilige Taufe Theil genommen
haben. Was den Tod CHristi betrifft, so
wird desselben zwar nicht ausdrücklich gedacht,
sondern nur des Begräbnisses: allein eben hier-
unter wird zuvorderst der Tod mit gemeinet;
sintemal CHristus als ein wircklich Todter ist
begraben worden. Daß aber nicht des Todes,
sondern nur des Begräbnisses ausdrücklich ge-
dacht worden, das ist daher gekommen, weil
eine Meldung geschehen solte der heiligen Tau-
fe, diese aber durch das damalige Untertauchen
unter dem Wasser füglicher die Begräbniß als
den Tod selbst repraesentirte: gleichwie die hei-
lige Taufe durch das wieder hervorkommen aus
dem Wasser eine feine Figur war von der Auf-
erstehung CHristi. Dieweil es doch aber bey
der Taufe eigentlich auf die Zueignung des Ver-
söhnungs-Todes CHristi ankam, so gedencket
Pau-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 11. 12.
[Spaltenumbruch] CHriſti durch den Glauben an ihn ſchon loß
von der Suͤnden Herrſchaft, Schuld und
Strafe; und alſo duͤrft ihr nicht erſt durch
die irdiſche Beſchneidung und andere Moſai-
ſche Satzungen, vielweniger durch bloſſe
menſchliche Aufſaͤtze ſuchen davon befreyet und
ſelig zu werden.
4. Wir haben demnach bey dieſem erſten
Stuͤcke unterſchiedliche Stellen der heiligen
Schrift zu conferiren; zuvorderſt die aus dem
Alten Teſtamente:
5 B. Moſ. 10, 16. So beſchneidet nun eures
Hertzens Vorhaut, und ſeyd fuͤrder nicht
halsſtarrig.
c. 30, 6. Der HERR dein GOTT wird
dein Hertz beſchneiden und das Hertz dei-
nes Samens, daß du den HERRN
deinen GOTT liebeſt von gantzem Her-
tzen und von gantzer Seelen, auf daß du
leben moͤgeſt.
Jerem. 4, 3. 4. Pfluͤget ein neues und ſaͤot
nicht unter die Hecken: Beſchneidet euch
dem HERRN und thut weg die Vor-
haut eures Hertzens.
Es wird demnach
hiemit ſo viel geſaget, als Ezech 11, 19. 36,
26. 27. Jch will ein neu Hertz und einen
neuen Geiſt in euch geben, und will das
ſteinerne Hertz aus eurem Fleiſche weg
nehmen, und euch ein fleiſchern Hertz
geben
u. f.
Rom. 2, 28. 29. Das iſt nicht ein (rechter)
Jude, der (nur allein) auswendig ein
Jude iſt; auch iſt das nicht eine
(an ſich
zur Seligkeit hinlaͤngliche) Beſchneidung,
die auswendig am Fleiſche geſchiehet:
ſondern das iſt ein
(rechter) Jude, der
inwendig verborgen iſt, und die Be-
ſchneidung des Hertzens iſt eine Beſchnei-
dung, die im Geiſt und nicht im Buch-
ſtaben geſchiehet; welches Lob iſt nicht
aus Menſchen, ſondern aus GOTT.

Siehe auch Phil. 3, 3. Wir ſind die Be-
ſchneidung,
(die geiſtlich Beſchnittene und
geiſtliche Jſraeliten,) die wir GOTT im
Geiſte dienen, und ruͤhmen uns von
CHriſto JEſu, und verlaſſen uns nicht
auf Fleiſch.
Wie mißfaͤllig die Juden bey
ihrer aͤuſſerlichen Beſchneidung GOTT in
ihrem widerſpaͤnſtigen Unglauben geweſen
ſind, ſehe man ſonderlich Ap. Geſ. 7, 51. da
Stephanus voll Geiſtes ſaget: Jhr Hals-
ſtarrigen und Unbeſchnittenen an Her-
tzen und Ohren, ihr widerſtrebet alle-
zeit dem Heiligen Geiſt, wie eure Vaͤ-
ter, alſo auch ihr.
5. Es iſt aber bey dieſem bisher erlaͤuter-
ten erſten Puncte noch dieſes wohl zu mercken,
warum die innerliche Veraͤnderung des ſuͤndli-
chen Verderbens, welche durch die Bekehrung
und Rechtfertigung geſchiehet, mit den Worten
von der Beſchneidung ausgedrucket werde?
oder (wohin dieſe Frage eigentlich gehet,) war-
um GOTT im Alten Teſtamente zur Bezeich-
nung deſſen die Beſchneidung verordnet habe?
[Spaltenumbruch] Der Menſch nimmt die Suͤnde nicht erſt von
auſſen an ſich durch boͤſe Exempel, ſondern er hat
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die leibliche Zeugung von ſeinen Eltern empfan-
gen hat, alſo pflantzet er ſie dadurch auch ferner
fort: und muß ihrer doch, wenn er ſelig werden
ſoll, loß werden. Beydes, nemlich den ſuͤnd-
lichen Erb. Schaden unſerer Natur, und die
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hat GOTT eine ſolche Handlung der Beſchnei-
dung verordnet; und zwar an dem Gliede des
maͤnnlichen Leibes, wodurch die Fortpflantzung
geſchiehet, um den Menſchen auf den goͤttlichen
Verſtand zu fuͤhren. Wie wir denn geſehen ha-
ben aus den Zeugniſſen Moſis und der Prophe-
ten, daß die alten Juden aller dinge darauf ſind
gewieſen worden. Weil nun der Meßias ohne
Suͤnde ſeyn ſolte und wolte, ſo iſt er daher auf
eine auſſerordentliche Art empfangen und geboh-
ren, und mit den in der Beſchneidung vergoſſe-
nen Troͤpflein Bluts iſt ſein kuͤnftiges Verſoͤh-
nungs-Blut und ſein Verſoͤhnungs-Tod bezeich-
net worden. Wir wollen nun ſehen, wie uns
hiebey der andere Punct mit mehrern auf Chri-
ſtum fuͤhret.
6. Bey dieſem andern Stuͤcke haben wir
zuvorderſt die beſondere Verbindung, in wel-
cher der 12te Vers mit dem vorhergehenden ſte-
het, zu mercken. Nachdem der Apoſtel der
wahren Bekehrung zu GOTT und der Recht-
fertigung mit den Worten der Beſchneidung
CHriſti gedacht hat, ſo zeiget er darauf an, wie
und wodurch uns CHriſtus ſolche hohe Wohl-
thaten erworben habe, nemlich durch ſeinen
Tod und ſeine Auferſtehung; und wie die Co-
loſſer derſelben waͤren theilhaftig worden, nem-
lich durch die heilige Taufe; als dadurch das
bey den Erwachſenen durch das Evangelium be-
reits geſchehene Werck der Bekehrung und der
Gerechtmachung verſiegelt und bekraͤftiget ſey,
da ſie in ſeinen Tod zur deſto beſſern Zueignung
ſeines Verſoͤhn-Opfers waͤren getaufet wor-
den.
7. Was die Ordnung der zum andern
Stuͤcke, oder Verſe, gehoͤrigen Materie betrift,
ſo finden wir darinnen dieſe zweene beſondere
Puncte: erſtlich CHriſti Tod und Auferſte-
hung:
und denn wie die glaͤubigen Coloſſer dar-
an durch die heilige Taufe Theil genommen
haben. Was den Tod CHriſti betrifft, ſo
wird deſſelben zwar nicht ausdruͤcklich gedacht,
ſondern nur des Begraͤbniſſes: allein eben hier-
unter wird zuvorderſt der Tod mit gemeinet;
ſintemal CHriſtus als ein wircklich Todter iſt
begraben worden. Daß aber nicht des Todes,
ſondern nur des Begraͤbniſſes ausdruͤcklich ge-
dacht worden, das iſt daher gekommen, weil
eine Meldung geſchehen ſolte der heiligen Tau-
fe, dieſe aber durch das damalige Untertauchen
unter dem Waſſer fuͤglicher die Begraͤbniß als
den Tod ſelbſt repræſentirte: gleichwie die hei-
lige Taufe durch das wieder hervorkommen aus
dem Waſſer eine feine Figur war von der Auf-
erſtehung CHriſti. Dieweil es doch aber bey
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[782/0810] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 11. 12. CHriſti durch den Glauben an ihn ſchon loß von der Suͤnden Herrſchaft, Schuld und Strafe; und alſo duͤrft ihr nicht erſt durch die irdiſche Beſchneidung und andere Moſai- ſche Satzungen, vielweniger durch bloſſe menſchliche Aufſaͤtze ſuchen davon befreyet und ſelig zu werden. 4. Wir haben demnach bey dieſem erſten Stuͤcke unterſchiedliche Stellen der heiligen Schrift zu conferiren; zuvorderſt die aus dem Alten Teſtamente: 5 B. Moſ. 10, 16. So beſchneidet nun eures Hertzens Vorhaut, und ſeyd fuͤrder nicht halsſtarrig. c. 30, 6. Der HERR dein GOTT wird dein Hertz beſchneiden und das Hertz dei- nes Samens, daß du den HERRN deinen GOTT liebeſt von gantzem Her- tzen und von gantzer Seelen, auf daß du leben moͤgeſt. Jerem. 4, 3. 4. Pfluͤget ein neues und ſaͤot nicht unter die Hecken: Beſchneidet euch dem HERRN und thut weg die Vor- haut eures Hertzens. Es wird demnach hiemit ſo viel geſaget, als Ezech 11, 19. 36, 26. 27. Jch will ein neu Hertz und einen neuen Geiſt in euch geben, und will das ſteinerne Hertz aus eurem Fleiſche weg nehmen, und euch ein fleiſchern Hertz geben u. f. Rom. 2, 28. 29. Das iſt nicht ein (rechter) Jude, der (nur allein) auswendig ein Jude iſt; auch iſt das nicht eine (an ſich zur Seligkeit hinlaͤngliche) Beſchneidung, die auswendig am Fleiſche geſchiehet: ſondern das iſt ein (rechter) Jude, der inwendig verborgen iſt, und die Be- ſchneidung des Hertzens iſt eine Beſchnei- dung, die im Geiſt und nicht im Buch- ſtaben geſchiehet; welches Lob iſt nicht aus Menſchen, ſondern aus GOTT. Siehe auch Phil. 3, 3. Wir ſind die Be- ſchneidung, (die geiſtlich Beſchnittene und geiſtliche Jſraeliten,) die wir GOTT im Geiſte dienen, und ruͤhmen uns von CHriſto JEſu, und verlaſſen uns nicht auf Fleiſch. Wie mißfaͤllig die Juden bey ihrer aͤuſſerlichen Beſchneidung GOTT in ihrem widerſpaͤnſtigen Unglauben geweſen ſind, ſehe man ſonderlich Ap. Geſ. 7, 51. da Stephanus voll Geiſtes ſaget: Jhr Hals- ſtarrigen und Unbeſchnittenen an Her- tzen und Ohren, ihr widerſtrebet alle- zeit dem Heiligen Geiſt, wie eure Vaͤ- ter, alſo auch ihr. 5. Es iſt aber bey dieſem bisher erlaͤuter- ten erſten Puncte noch dieſes wohl zu mercken, warum die innerliche Veraͤnderung des ſuͤndli- chen Verderbens, welche durch die Bekehrung und Rechtfertigung geſchiehet, mit den Worten von der Beſchneidung ausgedrucket werde? oder (wohin dieſe Frage eigentlich gehet,) war- um GOTT im Alten Teſtamente zur Bezeich- nung deſſen die Beſchneidung verordnet habe? Der Menſch nimmt die Suͤnde nicht erſt von auſſen an ſich durch boͤſe Exempel, ſondern er hat ſie ſchon von Natur in ſich; und wie er ſie durch die leibliche Zeugung von ſeinen Eltern empfan- gen hat, alſo pflantzet er ſie dadurch auch ferner fort: und muß ihrer doch, wenn er ſelig werden ſoll, loß werden. Beydes, nemlich den ſuͤnd- lichen Erb. Schaden unſerer Natur, und die Nothwendigkeit der Erloͤſung, anzuzeigen, hat GOTT eine ſolche Handlung der Beſchnei- dung verordnet; und zwar an dem Gliede des maͤnnlichen Leibes, wodurch die Fortpflantzung geſchiehet, um den Menſchen auf den goͤttlichen Verſtand zu fuͤhren. Wie wir denn geſehen ha- ben aus den Zeugniſſen Moſis und der Prophe- ten, daß die alten Juden aller dinge darauf ſind gewieſen worden. Weil nun der Meßias ohne Suͤnde ſeyn ſolte und wolte, ſo iſt er daher auf eine auſſerordentliche Art empfangen und geboh- ren, und mit den in der Beſchneidung vergoſſe- nen Troͤpflein Bluts iſt ſein kuͤnftiges Verſoͤh- nungs-Blut und ſein Verſoͤhnungs-Tod bezeich- net worden. Wir wollen nun ſehen, wie uns hiebey der andere Punct mit mehrern auf Chri- ſtum fuͤhret. 6. Bey dieſem andern Stuͤcke haben wir zuvorderſt die beſondere Verbindung, in wel- cher der 12te Vers mit dem vorhergehenden ſte- het, zu mercken. Nachdem der Apoſtel der wahren Bekehrung zu GOTT und der Recht- fertigung mit den Worten der Beſchneidung CHriſti gedacht hat, ſo zeiget er darauf an, wie und wodurch uns CHriſtus ſolche hohe Wohl- thaten erworben habe, nemlich durch ſeinen Tod und ſeine Auferſtehung; und wie die Co- loſſer derſelben waͤren theilhaftig worden, nem- lich durch die heilige Taufe; als dadurch das bey den Erwachſenen durch das Evangelium be- reits geſchehene Werck der Bekehrung und der Gerechtmachung verſiegelt und bekraͤftiget ſey, da ſie in ſeinen Tod zur deſto beſſern Zueignung ſeines Verſoͤhn-Opfers waͤren getaufet wor- den. 7. Was die Ordnung der zum andern Stuͤcke, oder Verſe, gehoͤrigen Materie betrift, ſo finden wir darinnen dieſe zweene beſondere Puncte: erſtlich CHriſti Tod und Auferſte- hung: und denn wie die glaͤubigen Coloſſer dar- an durch die heilige Taufe Theil genommen haben. Was den Tod CHriſti betrifft, ſo wird deſſelben zwar nicht ausdruͤcklich gedacht, ſondern nur des Begraͤbniſſes: allein eben hier- unter wird zuvorderſt der Tod mit gemeinet; ſintemal CHriſtus als ein wircklich Todter iſt begraben worden. Daß aber nicht des Todes, ſondern nur des Begraͤbniſſes ausdruͤcklich ge- dacht worden, das iſt daher gekommen, weil eine Meldung geſchehen ſolte der heiligen Tau- fe, dieſe aber durch das damalige Untertauchen unter dem Waſſer fuͤglicher die Begraͤbniß als den Tod ſelbſt repræſentirte: gleichwie die hei- lige Taufe durch das wieder hervorkommen aus dem Waſſer eine feine Figur war von der Auf- erſtehung CHriſti. Dieweil es doch aber bey der Taufe eigentlich auf die Zueignung des Ver- ſoͤhnungs-Todes CHriſti ankam, ſo gedencket Pau-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 782. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/810>, abgerufen am 24.11.2024.