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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 1, 23. 24. an die Colosser.
[Spaltenumbruch] alle Creatnr, die unter dem Himmel ist:
welches ich Paulus Diener worden bin.

Anmerckungen.
1. Da die Bevestigung und Beharrung
im Stande der Gnaden der Zweck aller apostoli-
schen Briefe ist, so gehet Paulus auch insonder-
heit alhier bey den Colossern darauf. Es muß
demnach möglich gewesen seyn, daß sie haben
fallen können. Daß sie aber auch ohne Rück-
fall bestehen solten und könten, siehet man alhier
deutlich genug. So ist auch nicht zu zweifeln,
daß sie dieser Ermunterung nicht solten nachge-
kommen seyn.
2. Hatte der Apostel von der Rechtferti-
gung ihrer Vollkommenheit nach drey Worte
gebrauchet, so preiset er auch alhier die Behar-
rung im Stande der Gnaden mit mehrern
Worten an, wenn er spricht: So ihr anders
bleibet im Glauben gegründet, und vest,
und unbeweglich von der Hoffnung des
Evangelii.
Womit er denn eine recht veste
Standhaftigkeit erfodert.
3. Es kömmt im gantzen Christenthum haupt-
sächlich auf den Glauben an. Denn gleichwie
die Colosser sich durch den Glauben die Versöh-
nung Christi zur Gerechtigkeit zugeeignet hatten:
also solten sie auch nun in eben demselben Glau-
ben bestehen. Siehe auch 1 Cor. 15, 58. Hebr.
3, 14.
4. Und da Paulus dem Glauben einen ve-
sten Grund
zuschreibet, so ist der Glaube dem
gantzen Christenthum, was der steinerne
Grund
ist einem Gebäude, die tiefe Wur-
tzel
dem Baume. Darum Judas v. 10. spricht:
Jhr, meine Lieben, erbauet euch selbst mit
euren allerheiligsten Glauben durch den
Heiligen Geist, und betet.
5. Daß aber der Glaube ohne die Liebe,
und ohne ein gutes Gewissen nicht bewahret
werde, ist aus dem Contexte, sonderlich nach dem
v. 4. 10. 11. und an sich selbst auch bekannt, ob
es wol von wenigen recht bedacht wird.
6. Die Hoffnung des Evangelii ist al-
hier die gehoffete Sache, worauf des Evange-
lium führet, mit der Hoffnung selbst. Wo
der Glaube bleibet, da bleibet auch die Hoff-
nung;
gleichwie eines mit dem andern verloh-
ren gehet.
7. Gleichwie einer, der in einem Lande,
dem es an Feuer fehlet, an vielen Orten, und
insonderheit auf hohen Bergen ein helles grosses
Feuer zu dem Zweck, daß man von dannen das
Feuer hohlen und weiter bringen soll, anzündete,
sagen könte, er habe dem gantzen Lande das
Feuer gegeben: also hat GOtt auch das Evan-
gelium aller vernünftigen Creatur auf Erden pre-
digen lassen, da er es ausposaunen lassen, auch
an fast unzehligen Orten Kirchen gepflantzet hat.
Ein mehrers sehe man von der Ausbreitung des
Evangelii in den Anmerckungen über c. 1, 5.
V. 24.

Nun freue ich mich in meinem Lei-
den, das ich für euch
(euch zum besten, um
euch und allen übrigen Gläubigen zur Nach-
[Spaltenumbruch] folge ein Exempel der Standhaftigkeit zu geben)
leide, und erstatte an meinem Fleische, was
noch mangelt an Trübsalen in Christo
(khri-
stou, Christi, sofern er in seinen Glaübigen be-
trachtet wird) für seinen Leib, welcher ist die
Gemeine.

Anmerckungen.
1. Das Wörtlein für heisset nicht allein
an statt, sondern auch wegen, zu gut, zum
besten.
Wenn es von den Leiden Christi ge-
brauchet und gesaget wird, daß er für uns ge-
litten habe, so heißt es beydes, an statt unser
und uns zum besten, also, daß die erste Bedeu-
tung die fürnehmste ist, und die andere daraus
folget. Wenn aber Paulus alhier saget, daß
er für die Colosser leide, so heisset für nur so viel,
als zu gute, zum besten, zum Exempel.
Zur Erlauterung dieser Redens-Art gehören die
Oerter 2 Cor. 1, 6. Wir haben Trübsal,
oder Trost,
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wie das upe[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] alhier von Luthero gar
wohl gegeben ist. Siehe auch 2 Cor. 4, 15.
Es geschiehet alles um eurent willen c. 12,
15. Jch will fast gerne darlegen und darge-
leget werden für eure Seele.
Und solcher
Verstand wird damit am allerdeutlichsten er-
kläret, wenn es 2 Tim. 2, 10. heißt: Jch dul-
de alles um der Auserwehlten willen, auf
daß auch sie die Seligkeit erlangen in Chri-
sto JEsu mit ewiger Herrlichkeit.
Siehe
auch Eph. 3, 13. Jch bitte, daß ihr nicht
müde werdet um meiner Trübsal willen,
die ich für euch leide, welche euch eine Eh-
re sind.
2. Christus wird betrachtet theils nach
seiner Person, theils auch nach seinem geistli-
chen Leibe,
welcher mit ihm, als dem Haupte,
in der genauesten Vereinigung und Gemein-
schaft stehet. Dieser Vereinigung wegen eignet
Christus das, was den Gläubigen gutes, oder
böses, wiederfähret, sich selbst zu. Siehe
Matth. 25, 40. Warlich, ich sage euch,
was ihr gethan habt einem unter diesen
meinen geringsten Brüdern, das habt ihr
mir gethan.
Darum sprach unser Heiland
zum Saulo, als er die Christen, als Glieder sei-
nes Leibes, verfolgete: Saul, Saul! was
verfolgest du mich!
Ap. Gesch. 9, 4.
3. Nach diesem Grunde sind die Leiden
Christi
alhier solche Leiden, welche der gantze
geistliche Leib Christi um Christi willen, in der
Gleichförmigkeit mit Christo über sich hat
und über sich nimmt. Und da nun einem jeden
Gliede sein Theil der Leiden gleichsam ab- und
zugemessen ist, und Paulus bisher Alters halber
schon das meiste davon über sich genommen hat-
te, aber wol sahe, daß ihm noch ein mehrers be-
vorstunde; so nennet er dieses ta usteremata
ton thlipseon khristou, den übrigen Rest der
Trübsalen Christi,
was daran noch mangel-
te; und setzet dazu, daß er sie leide für seinem
Leib, die Gemeine;
nemlich ihr zu gute, ihr zu
Dienste: sintemal, so bald er würde aufhören
der Kirche Christi mit dem Evangelio zu dienen,
auch
D d d d d 3

Cap. 1, 23. 24. an die Coloſſer.
[Spaltenumbruch] alle Creatnr, die unter dem Himmel iſt:
welches ich Paulus Diener worden bin.

Anmerckungen.
1. Da die Beveſtigung und Beharrung
im Stande der Gnaden der Zweck aller apoſtoli-
ſchen Briefe iſt, ſo gehet Paulus auch inſonder-
heit alhier bey den Coloſſern darauf. Es muß
demnach moͤglich geweſen ſeyn, daß ſie haben
fallen koͤnnen. Daß ſie aber auch ohne Ruͤck-
fall beſtehen ſolten und koͤnten, ſiehet man alhier
deutlich genug. So iſt auch nicht zu zweifeln,
daß ſie dieſer Ermunterung nicht ſolten nachge-
kommen ſeyn.
2. Hatte der Apoſtel von der Rechtferti-
gung ihrer Vollkommenheit nach drey Worte
gebrauchet, ſo preiſet er auch alhier die Behar-
rung im Stande der Gnaden mit mehrern
Worten an, wenn er ſpricht: So ihr anders
bleibet im Glauben gegruͤndet, und veſt,
und unbeweglich von der Hoffnung des
Evangelii.
Womit er denn eine recht veſte
Standhaftigkeit erfodert.
3. Es koͤm̃t im gantzen Chriſtenthum haupt-
ſaͤchlich auf den Glauben an. Denn gleichwie
die Coloſſer ſich durch den Glauben die Verſoͤh-
nung Chriſti zur Gerechtigkeit zugeeignet hatten:
alſo ſolten ſie auch nun in eben demſelben Glau-
ben beſtehen. Siehe auch 1 Cor. 15, 58. Hebr.
3, 14.
4. Und da Paulus dem Glauben einen ve-
ſten Grund
zuſchreibet, ſo iſt der Glaube dem
gantzen Chriſtenthum, was der ſteinerne
Grund
iſt einem Gebaͤude, die tiefe Wur-
tzel
dem Baume. Darum Judas v. 10. ſpricht:
Jhr, meine Lieben, erbauet euch ſelbſt mit
euren allerheiligſten Glauben durch den
Heiligen Geiſt, und betet.
5. Daß aber der Glaube ohne die Liebe,
und ohne ein gutes Gewiſſen nicht bewahret
werde, iſt aus dem Contexte, ſonderlich nach dem
v. 4. 10. 11. und an ſich ſelbſt auch bekannt, ob
es wol von wenigen recht bedacht wird.
6. Die Hoffnung des Evangelii iſt al-
hier die gehoffete Sache, worauf des Evange-
lium fuͤhret, mit der Hoffnung ſelbſt. Wo
der Glaube bleibet, da bleibet auch die Hoff-
nung;
gleichwie eines mit dem andern verloh-
ren gehet.
7. Gleichwie einer, der in einem Lande,
dem es an Feuer fehlet, an vielen Orten, und
inſonderheit auf hohen Bergen ein helles groſſes
Feuer zu dem Zweck, daß man von dannen das
Feuer hohlen und weiter bringen ſoll, anzuͤndete,
ſagen koͤnte, er habe dem gantzen Lande das
Feuer gegeben: alſo hat GOtt auch das Evan-
gelium aller vernuͤnftigen Creatur auf Erden pre-
digen laſſen, da er es auspoſaunen laſſen, auch
an faſt unzehligen Orten Kirchen gepflantzet hat.
Ein mehrers ſehe man von der Ausbreitung des
Evangelii in den Anmerckungen uͤber c. 1, 5.
V. 24.

Nun freue ich mich in meinem Lei-
den, das ich fuͤr euch
(euch zum beſten, um
euch und allen uͤbrigen Glaͤubigen zur Nach-
[Spaltenumbruch] folge ein Exempel der Standhaftigkeit zu geben)
leide, und erſtatte an meinem Fleiſche, was
noch mangelt an Truͤbſalen in Chriſto
(χρι-
στοῦ, Chriſti, ſofern er in ſeinen Glauͤbigen be-
trachtet wird) fuͤr ſeinen Leib, welcher iſt die
Gemeine.

Anmerckungen.
1. Das Woͤrtlein fuͤr heiſſet nicht allein
an ſtatt, ſondern auch wegen, zu gut, zum
beſten.
Wenn es von den Leiden Chriſti ge-
brauchet und geſaget wird, daß er fuͤr uns ge-
litten habe, ſo heißt es beydes, an ſtatt unſer
und uns zum beſten, alſo, daß die erſte Bedeu-
tung die fuͤrnehmſte iſt, und die andere daraus
folget. Wenn aber Paulus alhier ſaget, daß
er fuͤr die Coloſſer leide, ſo heiſſet fuͤr nur ſo viel,
als zu gute, zum beſten, zum Exempel.
Zur Erlauterung dieſer Redens-Art gehoͤren die
Oerter 2 Cor. 1, 6. Wir haben Truͤbſal,
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wie das ὑπε[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] alhier von Luthero gar
wohl gegeben iſt. Siehe auch 2 Cor. 4, 15.
Es geſchiehet alles um eurent willen c. 12,
15. Jch will faſt gerne darlegen und darge-
leget werden fuͤr eure Seele.
Und ſolcher
Verſtand wird damit am allerdeutlichſten er-
klaͤret, wenn es 2 Tim. 2, 10. heißt: Jch dul-
de alles um der Auserwehlten willen, auf
daß auch ſie die Seligkeit erlangen in Chri-
ſto JEſu mit ewiger Herrlichkeit.
Siehe
auch Eph. 3, 13. Jch bitte, daß ihr nicht
muͤde werdet um meiner Truͤbſal willen,
die ich fuͤr euch leide, welche euch eine Eh-
re ſind.
2. Chriſtus wird betrachtet theils nach
ſeiner Perſon, theils auch nach ſeinem geiſtli-
chen Leibe,
welcher mit ihm, als dem Haupte,
in der genaueſten Vereinigung und Gemein-
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Chriſtus das, was den Glaͤubigen gutes, oder
boͤſes, wiederfaͤhret, ſich ſelbſt zu. Siehe
Matth. 25, 40. Warlich, ich ſage euch,
was ihr gethan habt einem unter dieſen
meinen geringſten Bruͤdern, das habt ihr
mir gethan.
Darum ſprach unſer Heiland
zum Saulo, als er die Chriſten, als Glieder ſei-
nes Leibes, verfolgete: Saul, Saul! was
verfolgeſt du mich!
Ap. Geſch. 9, 4.
3. Nach dieſem Grunde ſind die Leiden
Chriſti
alhier ſolche Leiden, welche der gantze
geiſtliche Leib Chriſti um Chriſti willen, in der
Gleichfoͤrmigkeit mit Chriſto uͤber ſich hat
und uͤber ſich nimmt. Und da nun einem jeden
Gliede ſein Theil der Leiden gleichſam ab- und
zugemeſſen iſt, und Paulus bisher Alters halber
ſchon das meiſte davon uͤber ſich genommen hat-
te, aber wol ſahe, daß ihm noch ein mehrers be-
vorſtunde; ſo nennet er dieſes τὰ ὑστερἡματα
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Truͤbſalen Chriſti,
was daran noch mangel-
te; und ſetzet dazu, daß er ſie leide fuͤr ſeinem
Leib, die Gemeine;
nemlich ihr zu gute, ihr zu
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[765/0793] Cap. 1, 23. 24. an die Coloſſer. alle Creatnr, die unter dem Himmel iſt: welches ich Paulus Diener worden bin. Anmerckungen. 1. Da die Beveſtigung und Beharrung im Stande der Gnaden der Zweck aller apoſtoli- ſchen Briefe iſt, ſo gehet Paulus auch inſonder- heit alhier bey den Coloſſern darauf. Es muß demnach moͤglich geweſen ſeyn, daß ſie haben fallen koͤnnen. Daß ſie aber auch ohne Ruͤck- fall beſtehen ſolten und koͤnten, ſiehet man alhier deutlich genug. So iſt auch nicht zu zweifeln, daß ſie dieſer Ermunterung nicht ſolten nachge- kommen ſeyn. 2. Hatte der Apoſtel von der Rechtferti- gung ihrer Vollkommenheit nach drey Worte gebrauchet, ſo preiſet er auch alhier die Behar- rung im Stande der Gnaden mit mehrern Worten an, wenn er ſpricht: So ihr anders bleibet im Glauben gegruͤndet, und veſt, und unbeweglich von der Hoffnung des Evangelii. Womit er denn eine recht veſte Standhaftigkeit erfodert. 3. Es koͤm̃t im gantzen Chriſtenthum haupt- ſaͤchlich auf den Glauben an. Denn gleichwie die Coloſſer ſich durch den Glauben die Verſoͤh- nung Chriſti zur Gerechtigkeit zugeeignet hatten: alſo ſolten ſie auch nun in eben demſelben Glau- ben beſtehen. Siehe auch 1 Cor. 15, 58. Hebr. 3, 14. 4. Und da Paulus dem Glauben einen ve- ſten Grund zuſchreibet, ſo iſt der Glaube dem gantzen Chriſtenthum, was der ſteinerne Grund iſt einem Gebaͤude, die tiefe Wur- tzel dem Baume. Darum Judas v. 10. ſpricht: Jhr, meine Lieben, erbauet euch ſelbſt mit euren allerheiligſten Glauben durch den Heiligen Geiſt, und betet. 5. Daß aber der Glaube ohne die Liebe, und ohne ein gutes Gewiſſen nicht bewahret werde, iſt aus dem Contexte, ſonderlich nach dem v. 4. 10. 11. und an ſich ſelbſt auch bekannt, ob es wol von wenigen recht bedacht wird. 6. Die Hoffnung des Evangelii iſt al- hier die gehoffete Sache, worauf des Evange- lium fuͤhret, mit der Hoffnung ſelbſt. Wo der Glaube bleibet, da bleibet auch die Hoff- nung; gleichwie eines mit dem andern verloh- ren gehet. 7. Gleichwie einer, der in einem Lande, dem es an Feuer fehlet, an vielen Orten, und inſonderheit auf hohen Bergen ein helles groſſes Feuer zu dem Zweck, daß man von dannen das Feuer hohlen und weiter bringen ſoll, anzuͤndete, ſagen koͤnte, er habe dem gantzen Lande das Feuer gegeben: alſo hat GOtt auch das Evan- gelium aller vernuͤnftigen Creatur auf Erden pre- digen laſſen, da er es auspoſaunen laſſen, auch an faſt unzehligen Orten Kirchen gepflantzet hat. Ein mehrers ſehe man von der Ausbreitung des Evangelii in den Anmerckungen uͤber c. 1, 5. V. 24. Nun freue ich mich in meinem Lei- den, das ich fuͤr euch (euch zum beſten, um euch und allen uͤbrigen Glaͤubigen zur Nach- folge ein Exempel der Standhaftigkeit zu geben) leide, und erſtatte an meinem Fleiſche, was noch mangelt an Truͤbſalen in Chriſto (χρι- στοῦ, Chriſti, ſofern er in ſeinen Glauͤbigen be- trachtet wird) fuͤr ſeinen Leib, welcher iſt die Gemeine. Anmerckungen. 1. Das Woͤrtlein fuͤr heiſſet nicht allein an ſtatt, ſondern auch wegen, zu gut, zum beſten. Wenn es von den Leiden Chriſti ge- brauchet und geſaget wird, daß er fuͤr uns ge- litten habe, ſo heißt es beydes, an ſtatt unſer und uns zum beſten, alſo, daß die erſte Bedeu- tung die fuͤrnehmſte iſt, und die andere daraus folget. Wenn aber Paulus alhier ſaget, daß er fuͤr die Coloſſer leide, ſo heiſſet fuͤr nur ſo viel, als zu gute, zum beſten, zum Exempel. Zur Erlauterung dieſer Redens-Art gehoͤren die Oerter 2 Cor. 1, 6. Wir haben Truͤbſal, oder Troſt, ὑπε_ τῆς ὑμῶν παρακ_ η_ εως καὶ σωτηρ_ ας, euch zu gut, euch zu Troſt und Heil: wie das ὑπε_ alhier von Luthero gar wohl gegeben iſt. Siehe auch 2 Cor. 4, 15. Es geſchiehet alles um eurent willen c. 12, 15. Jch will faſt gerne darlegen und darge- leget werden fuͤr eure Seele. Und ſolcher Verſtand wird damit am allerdeutlichſten er- klaͤret, wenn es 2 Tim. 2, 10. heißt: Jch dul- de alles um der Auserwehlten willen, auf daß auch ſie die Seligkeit erlangen in Chri- ſto JEſu mit ewiger Herrlichkeit. Siehe auch Eph. 3, 13. Jch bitte, daß ihr nicht muͤde werdet um meiner Truͤbſal willen, die ich fuͤr euch leide, welche euch eine Eh- re ſind. 2. Chriſtus wird betrachtet theils nach ſeiner Perſon, theils auch nach ſeinem geiſtli- chen Leibe, welcher mit ihm, als dem Haupte, in der genaueſten Vereinigung und Gemein- ſchaft ſtehet. Dieſer Vereinigung wegen eignet Chriſtus das, was den Glaͤubigen gutes, oder boͤſes, wiederfaͤhret, ſich ſelbſt zu. Siehe Matth. 25, 40. Warlich, ich ſage euch, was ihr gethan habt einem unter dieſen meinen geringſten Bruͤdern, das habt ihr mir gethan. Darum ſprach unſer Heiland zum Saulo, als er die Chriſten, als Glieder ſei- nes Leibes, verfolgete: Saul, Saul! was verfolgeſt du mich! Ap. Geſch. 9, 4. 3. Nach dieſem Grunde ſind die Leiden Chriſti alhier ſolche Leiden, welche der gantze geiſtliche Leib Chriſti um Chriſti willen, in der Gleichfoͤrmigkeit mit Chriſto uͤber ſich hat und uͤber ſich nimmt. Und da nun einem jeden Gliede ſein Theil der Leiden gleichſam ab- und zugemeſſen iſt, und Paulus bisher Alters halber ſchon das meiſte davon uͤber ſich genommen hat- te, aber wol ſahe, daß ihm noch ein mehrers be- vorſtunde; ſo nennet er dieſes τὰ ὑστερἡματα τῶν ϑλίψεων χριστοῦ, den uͤbrigen Reſt der Truͤbſalen Chriſti, was daran noch mangel- te; und ſetzet dazu, daß er ſie leide fuͤr ſeinem Leib, die Gemeine; nemlich ihr zu gute, ihr zu Dienſte: ſintemal, ſo bald er wuͤrde aufhoͤren der Kirche Chriſti mit dem Evangelio zu dienen, auch D d d d d 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 765. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/793>, abgerufen am 24.11.2024.