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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 15.
[Spaltenumbruch] als in demselben, ja ausser demselben noch freyer,
als vorher, also gebrauchen kan, daß sie es selbst
weiß, wie ihr zu Muthe ist und was in ihr vor-
gehet. Von diesem unserm eignen und erschaf-
nen Geiste können wir nun leichtlich einen
Schluß machen auf das sonst an sich selbst sei-
ner Unendlichkeit und Vortreflichkeit wegen un-
begreifliche Wesen GOttes, des Schöpfers,
welches in Ansehung des Verstandes und des
Willens lauter Licht und lauter Recht und
Kraft ist, und bey seiner Unsichtbarkeit die un-
endliche Wircklichkeit, oder unendliche reale
Existentz hat.
2. Von diesem unsichtbaren Wesen
GOttes, insonderheit des Vaters, ist nun der
Sohn das Ebenbild: Dabey folgende Puncte
zu mercken sind:
a. Daß der Sohn mit dem Vater eines eini-
gen göttlichen Wesens, und daher das we-
sentliche Ebenbild
des Vaters sey, und
dannenhero solchem Wesen nach eine voll-
kommene Gleichheit mit dem Vater habe.
Welches wir von unserer Seele nicht sagen
können. Denn ob diese gleich ist ein solches
Ebenbild GOttes, welches mit GOTT in
solcher Gleichheit stehet, als von keinem cör-
perlichen Dinge kan gesaget werden; so ist sie
doch kein wesentliches Ebenbild GOttes, son-
dern ein von GOTT unterschiedenes endli-
ches Geschöpfe.
b. Daß bey dieser Gleichheit des Wesens
sich ein persönlicher Unterscheid zwischen
dem Vater und dem Sohne finde, und er nach
demselben das Ebenbild des Vaters genennet
werde; sintemal ein Bild von dem, dessen
Bild es ist, unterschieden seyn muß.
c. Daß damit, wenn der Sohn das Ebenbild
des Vaters genennet wird, gesehen werde
auf die ewige Ordnung zwischen der persön-
lichen Existentz des Vaters und des Sohnes,
oder auf die ewige Geburt des Sohnes vom
Vater, da der Sohn ist der ewige und selbst-
ständige Abglantz des Vaters, als des ewi-
gen Lichts; nicht aber der Vater der Ab-
glantz des Sohnes: gleichwie der Sohn ist
das Ebenbild des Vaters, nicht aber der Va-
ter das Ebenbild des Sohnes.
d Daß daher mit dem Worte Ebenbild eben
so viel angezeiget werde, als mit dem Wor-
te Sohn, und also das Ebenbild GOttes
und der Sohn GOttes einerley sey.
e. Daß zwar das Wort Ebenbild eigentlich
auf die göttliche Natur des Sohnes gehe, a-
ber doch, wenn er das Ebenbild des unsicht-
baren GOttes
genennet wird, dabey auf
seine Menschliche Natur gesehen werde: als
in welcher sich der Vater wegen der wesent-
lichen Einigkeit des Sohnes gleichsam selbst
sichtbar gemachet hat. Denn GOTT ist
geoffenbaret im Fleisch
1 Tim. 3, 16. und
die Apostel sahen an CHristo seine Herrlich-
keit, als eine Herrlichkeit des eingebohrnen
Sohnes vom Vater. Joh. 1, 14. Daher
unser Heiland selbst spricht Joh. 14, 9. 10.
Philippe, wer mich siehet, der stehet
den Vater. Wie sprichst du denn; Zei-
[Spaltenumbruch] ge uns den Vater? Gläubest du nicht,
daß ich im Vater bin, und der Vater in
mir ist?
Also auch c. 12, 45. Wer mich sie-
het, der siehet den, der mich gesandt
hat.
Und hieraus können wir auch erken-
nen, warum der Heilige Geist, ob er gleich
durch einen ewigen und uns unbegreiflichen
Ausgange vom Vater und Sohne ist, doch
weder des Vaters noch des Sohnes Eben-
bild genennet werde, weil in ihm der Vater
und der Sohn nicht sichtbar ist, wie der Va-
ter ist im Sohne. Daß aber der Sohn
nicht auch das Ebenbild des Heiligen Gei-
stes heißt, kömmt her von der Ordnung zwi-
schen den Personen, nach welcher der Sohn
nicht von dem Heiligen Geiste, sondern die-
ser von dem Sohne ausgehet.
f. Daß das, was alhier heißt das Ebenbild
GOttes,
Hebr. 1, 3. genennet wird khara-
kter tes upastaseos, ein solcher wesentlicher
und persönlicher Character, an welchem man
den Vater kennet: Denn so bald die Per-
son des Sohnes genennet wird, beziehet sich
diese Benennung, seiner relativen Natur nach,
auf die Person des Vaters. Daher der sel.
Lutherus das Wort kharakter durch das
Wort Ebenbild übersetzet hat, aber das Wort
upastaseos füglicher durch Person als We-
sen
hätte geben können. Es ist auch hiebey
der Parallel-Ort zu conferiren 2 Cor. 4, 4.
g. Jm übrigen ist alhier wohl zu mercken, war-
um wir so gar oft und so gar nachdrücklich ge-
führet werden auf die Gemeinschaft mit
CHristo,
und auf die Gleichförmigkeit
CHristi:
nemlich daß wir in ihm und mit
ihm, als dem wesentlichen Ebenbilde des Va-
ters, auch wieder zum Ebenbilde GOttes
kommen. Je mehr demnach CHristus in
uns eine Gestalt gewinnet, und ie ähnlicher
wir seinem Bilde werden Rom. 8, 29. ie mehr
kommen wir zum Ebenbilde GOttes. 2 Cor.
3, 18.
3. Nicht weniger ist die Benennung Chri-
sti, da er heißt der Erstgebohrne vor allen
Creaturen,
sehr wichtig und von grossem Nach-
druck: davon folgendes zu mercken ist:
a. Daß der Sohn GOttes nicht heißt pro-
toktistos, der Ersterschaffne, sondern
prototokos, der Erstgebohrne: und daß
demnach nicht eine Schöpfung, sondern die
Geburt des Sohnes angezeiget wird, nem-
lich die ewige Geburt vom Vater, nach wel-
cher er ist der ewige Abglantz von ihm, als
dem ewigen Lichte, und das Ebenbild seines
Wesens.
b. Daß in dem Worte protos, daraus die
Helfte des Worts Erstgebohrner bestehet,
der Kraft nach lieget das Wörtlein pro vor,
und es daher vor den Worten pases ktiseos
sey ausgelassen worden, aber eben so viel sey,
als hiesse es prototokos pro pases kti-
seos, der Erstgebohrne vor allen Crea-
turen,
wie es von dem sel. Luthero gar recht
übersetzet ist. Welchen Sinn des Worts
und der gantzen Redens-Arten die der Grie-
chischen Sprache kundigsten ersten Väter der
Grie-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 15.
[Spaltenumbruch] als in demſelben, ja auſſer demſelben noch freyer,
als vorher, alſo gebrauchen kan, daß ſie es ſelbſt
weiß, wie ihr zu Muthe iſt und was in ihr vor-
gehet. Von dieſem unſerm eignen und erſchaf-
nen Geiſte koͤnnen wir nun leichtlich einen
Schluß machen auf das ſonſt an ſich ſelbſt ſei-
ner Unendlichkeit und Vortreflichkeit wegen un-
begreifliche Weſen GOttes, des Schoͤpfers,
welches in Anſehung des Verſtandes und des
Willens lauter Licht und lauter Recht und
Kraft iſt, und bey ſeiner Unſichtbarkeit die un-
endliche Wircklichkeit, oder unendliche reale
Exiſtentz hat.
2. Von dieſem unſichtbaren Weſen
GOttes, inſonderheit des Vaters, iſt nun der
Sohn das Ebenbild: Dabey folgende Puncte
zu mercken ſind:
a. Daß der Sohn mit dem Vater eines eini-
gen goͤttlichen Weſens, und daher das we-
ſentliche Ebenbild
des Vaters ſey, und
dannenhero ſolchem Weſen nach eine voll-
kommene Gleichheit mit dem Vater habe.
Welches wir von unſerer Seele nicht ſagen
koͤnnen. Denn ob dieſe gleich iſt ein ſolches
Ebenbild GOttes, welches mit GOTT in
ſolcher Gleichheit ſtehet, als von keinem coͤr-
perlichen Dinge kan geſaget werden; ſo iſt ſie
doch kein weſentliches Ebenbild GOttes, ſon-
dern ein von GOTT unterſchiedenes endli-
ches Geſchoͤpfe.
b. Daß bey dieſer Gleichheit des Weſens
ſich ein perſoͤnlicher Unterſcheid zwiſchen
dem Vater und dem Sohne finde, und er nach
demſelben das Ebenbild des Vaters genennet
werde; ſintemal ein Bild von dem, deſſen
Bild es iſt, unterſchieden ſeyn muß.
c. Daß damit, wenn der Sohn das Ebenbild
des Vaters genennet wird, geſehen werde
auf die ewige Ordnung zwiſchen der perſoͤn-
lichen Exiſtentz des Vaters und des Sohnes,
oder auf die ewige Geburt des Sohnes vom
Vater, da der Sohn iſt der ewige und ſelbſt-
ſtaͤndige Abglantz des Vaters, als des ewi-
gen Lichts; nicht aber der Vater der Ab-
glantz des Sohnes: gleichwie der Sohn iſt
das Ebenbild des Vaters, nicht aber der Va-
ter das Ebenbild des Sohnes.
d Daß daher mit dem Worte Ebenbild eben
ſo viel angezeiget werde, als mit dem Wor-
te Sohn, und alſo das Ebenbild GOttes
und der Sohn GOttes einerley ſey.
e. Daß zwar das Wort Ebenbild eigentlich
auf die goͤttliche Natur des Sohnes gehe, a-
ber doch, wenn er das Ebenbild des unſicht-
baren GOttes
genennet wird, dabey auf
ſeine Menſchliche Natur geſehen werde: als
in welcher ſich der Vater wegen der weſent-
lichen Einigkeit des Sohnes gleichſam ſelbſt
ſichtbar gemachet hat. Denn GOTT iſt
geoffenbaret im Fleiſch
1 Tim. 3, 16. und
die Apoſtel ſahen an CHriſto ſeine Herrlich-
keit, als eine Herrlichkeit des eingebohrnen
Sohnes vom Vater. Joh. 1, 14. Daher
unſer Heiland ſelbſt ſpricht Joh. 14, 9. 10.
Philippe, wer mich ſiehet, der ſtehet
den Vater. Wie ſprichſt du denn; Zei-
[Spaltenumbruch] ge uns den Vater? Glaͤubeſt du nicht,
daß ich im Vater bin, und der Vater in
mir iſt?
Alſo auch c. 12, 45. Wer mich ſie-
het, der ſiehet den, der mich geſandt
hat.
Und hieraus koͤnnen wir auch erken-
nen, warum der Heilige Geiſt, ob er gleich
durch einen ewigen und uns unbegreiflichen
Ausgange vom Vater und Sohne iſt, doch
weder des Vaters noch des Sohnes Eben-
bild genennet werde, weil in ihm der Vater
und der Sohn nicht ſichtbar iſt, wie der Va-
ter iſt im Sohne. Daß aber der Sohn
nicht auch das Ebenbild des Heiligen Gei-
ſtes heißt, koͤmmt her von der Ordnung zwi-
ſchen den Perſonen, nach welcher der Sohn
nicht von dem Heiligen Geiſte, ſondern die-
ſer von dem Sohne ausgehet.
f. Daß das, was alhier heißt das Ebenbild
GOttes,
Hebr. 1, 3. genennet wird χαρα-
κτὴρ τῆς ὑπαστάσεως, ein ſolcher weſentlicher
und perſoͤnlicher Character, an welchem man
den Vater kennet: Denn ſo bald die Per-
ſon des Sohnes genennet wird, beziehet ſich
dieſe Benennung, ſeiner relativen Natur nach,
auf die Perſon des Vaters. Daher der ſel.
Lutherus das Wort χαρακτὴρ durch das
Wort Ebenbild uͤberſetzet hat, aber das Wort
ὑπαστάσεως fuͤglicher durch Perſon als We-
ſen
haͤtte geben koͤnnen. Es iſt auch hiebey
der Parallel-Ort zu conferiren 2 Cor. 4, 4.
g. Jm uͤbrigen iſt alhier wohl zu mercken, war-
um wir ſo gar oft und ſo gar nachdruͤcklich ge-
fuͤhret werden auf die Gemeinſchaft mit
CHriſto,
und auf die Gleichfoͤrmigkeit
CHriſti:
nemlich daß wir in ihm und mit
ihm, als dem weſentlichen Ebenbilde des Va-
ters, auch wieder zum Ebenbilde GOttes
kommen. Je mehr demnach CHriſtus in
uns eine Geſtalt gewinnet, und ie aͤhnlicher
wir ſeinem Bilde werden Rom. 8, 29. ie mehr
kommen wir zum Ebenbilde GOttes. 2 Cor.
3, 18.
3. Nicht weniger iſt die Benennung Chri-
ſti, da er heißt der Erſtgebohrne vor allen
Creaturen,
ſehr wichtig und von groſſem Nach-
druck: davon folgendes zu mercken iſt:
a. Daß der Sohn GOttes nicht heißt πρω-
τόκτιστος, der Erſterſchaffne, ſondern
πρωτότοκος, der Erſtgebohrne: und daß
demnach nicht eine Schoͤpfung, ſondern die
Geburt des Sohnes angezeiget wird, nem-
lich die ewige Geburt vom Vater, nach wel-
cher er iſt der ewige Abglantz von ihm, als
dem ewigen Lichte, und das Ebenbild ſeines
Weſens.
b. Daß in dem Worte πρῶτος, daraus die
Helfte des Worts Erſtgebohrner beſtehet,
der Kraft nach lieget das Woͤrtlein πρὸ vor,
und es daher vor den Worten πάσης κτίσεως
ſey ausgelaſſen worden, aber eben ſo viel ſey,
als hieſſe es πρωτότοκος πρὸ πάσης κτί-
σεως, der Erſtgebohrne vor allen Crea-
turen,
wie es von dem ſel. Luthero gar recht
uͤberſetzet iſt. Welchen Sinn des Worts
und der gantzen Redens-Arten die der Grie-
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[756/0784] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 15. als in demſelben, ja auſſer demſelben noch freyer, als vorher, alſo gebrauchen kan, daß ſie es ſelbſt weiß, wie ihr zu Muthe iſt und was in ihr vor- gehet. Von dieſem unſerm eignen und erſchaf- nen Geiſte koͤnnen wir nun leichtlich einen Schluß machen auf das ſonſt an ſich ſelbſt ſei- ner Unendlichkeit und Vortreflichkeit wegen un- begreifliche Weſen GOttes, des Schoͤpfers, welches in Anſehung des Verſtandes und des Willens lauter Licht und lauter Recht und Kraft iſt, und bey ſeiner Unſichtbarkeit die un- endliche Wircklichkeit, oder unendliche reale Exiſtentz hat. 2. Von dieſem unſichtbaren Weſen GOttes, inſonderheit des Vaters, iſt nun der Sohn das Ebenbild: Dabey folgende Puncte zu mercken ſind: a. Daß der Sohn mit dem Vater eines eini- gen goͤttlichen Weſens, und daher das we- ſentliche Ebenbild des Vaters ſey, und dannenhero ſolchem Weſen nach eine voll- kommene Gleichheit mit dem Vater habe. Welches wir von unſerer Seele nicht ſagen koͤnnen. Denn ob dieſe gleich iſt ein ſolches Ebenbild GOttes, welches mit GOTT in ſolcher Gleichheit ſtehet, als von keinem coͤr- perlichen Dinge kan geſaget werden; ſo iſt ſie doch kein weſentliches Ebenbild GOttes, ſon- dern ein von GOTT unterſchiedenes endli- ches Geſchoͤpfe. b. Daß bey dieſer Gleichheit des Weſens ſich ein perſoͤnlicher Unterſcheid zwiſchen dem Vater und dem Sohne finde, und er nach demſelben das Ebenbild des Vaters genennet werde; ſintemal ein Bild von dem, deſſen Bild es iſt, unterſchieden ſeyn muß. c. Daß damit, wenn der Sohn das Ebenbild des Vaters genennet wird, geſehen werde auf die ewige Ordnung zwiſchen der perſoͤn- lichen Exiſtentz des Vaters und des Sohnes, oder auf die ewige Geburt des Sohnes vom Vater, da der Sohn iſt der ewige und ſelbſt- ſtaͤndige Abglantz des Vaters, als des ewi- gen Lichts; nicht aber der Vater der Ab- glantz des Sohnes: gleichwie der Sohn iſt das Ebenbild des Vaters, nicht aber der Va- ter das Ebenbild des Sohnes. d Daß daher mit dem Worte Ebenbild eben ſo viel angezeiget werde, als mit dem Wor- te Sohn, und alſo das Ebenbild GOttes und der Sohn GOttes einerley ſey. e. Daß zwar das Wort Ebenbild eigentlich auf die goͤttliche Natur des Sohnes gehe, a- ber doch, wenn er das Ebenbild des unſicht- baren GOttes genennet wird, dabey auf ſeine Menſchliche Natur geſehen werde: als in welcher ſich der Vater wegen der weſent- lichen Einigkeit des Sohnes gleichſam ſelbſt ſichtbar gemachet hat. Denn GOTT iſt geoffenbaret im Fleiſch 1 Tim. 3, 16. und die Apoſtel ſahen an CHriſto ſeine Herrlich- keit, als eine Herrlichkeit des eingebohrnen Sohnes vom Vater. Joh. 1, 14. Daher unſer Heiland ſelbſt ſpricht Joh. 14, 9. 10. Philippe, wer mich ſiehet, der ſtehet den Vater. Wie ſprichſt du denn; Zei- ge uns den Vater? Glaͤubeſt du nicht, daß ich im Vater bin, und der Vater in mir iſt? Alſo auch c. 12, 45. Wer mich ſie- het, der ſiehet den, der mich geſandt hat. Und hieraus koͤnnen wir auch erken- nen, warum der Heilige Geiſt, ob er gleich durch einen ewigen und uns unbegreiflichen Ausgange vom Vater und Sohne iſt, doch weder des Vaters noch des Sohnes Eben- bild genennet werde, weil in ihm der Vater und der Sohn nicht ſichtbar iſt, wie der Va- ter iſt im Sohne. Daß aber der Sohn nicht auch das Ebenbild des Heiligen Gei- ſtes heißt, koͤmmt her von der Ordnung zwi- ſchen den Perſonen, nach welcher der Sohn nicht von dem Heiligen Geiſte, ſondern die- ſer von dem Sohne ausgehet. f. Daß das, was alhier heißt das Ebenbild GOttes, Hebr. 1, 3. genennet wird χαρα- κτὴρ τῆς ὑπαστάσεως, ein ſolcher weſentlicher und perſoͤnlicher Character, an welchem man den Vater kennet: Denn ſo bald die Per- ſon des Sohnes genennet wird, beziehet ſich dieſe Benennung, ſeiner relativen Natur nach, auf die Perſon des Vaters. Daher der ſel. Lutherus das Wort χαρακτὴρ durch das Wort Ebenbild uͤberſetzet hat, aber das Wort ὑπαστάσεως fuͤglicher durch Perſon als We- ſen haͤtte geben koͤnnen. Es iſt auch hiebey der Parallel-Ort zu conferiren 2 Cor. 4, 4. g. Jm uͤbrigen iſt alhier wohl zu mercken, war- um wir ſo gar oft und ſo gar nachdruͤcklich ge- fuͤhret werden auf die Gemeinſchaft mit CHriſto, und auf die Gleichfoͤrmigkeit CHriſti: nemlich daß wir in ihm und mit ihm, als dem weſentlichen Ebenbilde des Va- ters, auch wieder zum Ebenbilde GOttes kommen. Je mehr demnach CHriſtus in uns eine Geſtalt gewinnet, und ie aͤhnlicher wir ſeinem Bilde werden Rom. 8, 29. ie mehr kommen wir zum Ebenbilde GOttes. 2 Cor. 3, 18. 3. Nicht weniger iſt die Benennung Chri- ſti, da er heißt der Erſtgebohrne vor allen Creaturen, ſehr wichtig und von groſſem Nach- druck: davon folgendes zu mercken iſt: a. Daß der Sohn GOttes nicht heißt πρω- τόκτιστος, der Erſterſchaffne, ſondern πρωτότοκος, der Erſtgebohrne: und daß demnach nicht eine Schoͤpfung, ſondern die Geburt des Sohnes angezeiget wird, nem- lich die ewige Geburt vom Vater, nach wel- cher er iſt der ewige Abglantz von ihm, als dem ewigen Lichte, und das Ebenbild ſeines Weſens. b. Daß in dem Worte πρῶτος, daraus die Helfte des Worts Erſtgebohrner beſtehet, der Kraft nach lieget das Woͤrtlein πρὸ vor, und es daher vor den Worten πάσης κτίσεως ſey ausgelaſſen worden, aber eben ſo viel ſey, als hieſſe es πρωτότοκος πρὸ πάσης κτί- σεως, der Erſtgebohrne vor allen Crea- turen, wie es von dem ſel. Luthero gar recht uͤberſetzet iſt. Welchen Sinn des Worts und der gantzen Redens-Arten die der Grie- chiſchen Sprache kundigſten erſten Vaͤter der Grie-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/784>, abgerufen am 27.11.2024.