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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 4, v. 7. 8. an die Philipper.
[Spaltenumbruch] ein Gnüge geschehen, und damit der Fluch des
Gesetzes, und folglich die Schuld und Strafe
der Sünden, auch die Gewalt des Teufels, hin-
weg genommen ist, mit den Menschen, welche
sich durch den Glauben in CHristo erfinden las-
sen, versöhnet, und ihnen mit aller Huld und
Gnade in CHristo zugethan, auch bereit ist, ih-
nen, als seinen Kindern, alle durch CHristum er-
worbene Heils-Schätze zu schencken, und sie da-
mit zu beseligen. Dieser Friede GOttes äussert
sich nun auf Seiten der Gläubigen, und bestehet
darinnen, daß, wenn sie sich des freyen Zutritts,
welchen sie durch die Erlösung CHristi zu GOtt
haben, im Glauben bedienen, und sich die erwor-
bene Gerechtigkeit CHristi zur Versöhnung, Ge-
rechtmachung, Kindschaft und Seligkeit zu-
eignen, sie daher eine solche Ruhe in ihrer Seele
empfinden, daß sie GOTT ihren lieben Vater
nennen können, und dabey der geschenckten Heils-
Güter geniessen; und zwar so viel mehr, so viel
mehr die das Hertz verunruhigende Sünde, ihrer
Schuld und Herrschaft nach, in der Ordnung
der Bekehrung und Rechtfertigung hinweg ge-
nommen ist.
3. Von diesem Frieden heisset unser Hei-
land der Fürst des Friedens Jes. 9, 6. der, da
er gebohren wurde, durch die Engel den Frieden
auf Erden verkündigen ließ Luc. 2, 14. der, als
unser Friede Eph. 2, 14. den Frieden gemachet
hat durch sein Blut am Creutze, und ihn hat
verkündigen lassen durch seine Apostel, als Boten
des Friedens Eph. 2, 17. Col. 1, 20. der seinen
Frieden schencket, als eines der rechten Haupt-
Güter, darinnen das Reich GOttes bestehet
Rom. 14, 17. also, daß die Gläubigen mit Pau-
lo sagen können: nachdem wir sind gerecht
worden durch den Glauben, so haben wir
Friede mit GOTT durch unsern HErrn
JESUM CHristum
Rom. 5, 1. Von wel-
chem Frieden bey GOtt, und in GOtt, GOtt
heißt ein GOtt des Friedens Rom. 15, 33. 16,
20. 1 Cor. 14, 33. 2 Cor. 13, 11. Phil. 4, 9.
1 Thess. 5, 23. 2 Thess. 3, 16. da Paulus spricht:
Er aber, der GOtt des Friedens, gebe euch
Friede allenthalben und auf allerley Weise.

Siehe auch Hebr. 13, 20.
4. Von diesem Frieden GOttes wird nun
im gegenwärtigen Texte noch unterschiedliches
gesaget, nemlich seine Hoheit, seine Bewah-
rung
der Hertzen und Sinne, und denn die
Ordnung solcher Bewahrung in CHristo
JESU.

a. Die Hoheit und Vortreflichkeit des Frie-
des, damit er alle Vernunft oder menschlichen
Verstand übertrifft, bestehet theils in seinem
Grunde, oder Wercke der Erlösung und
Versöhnung, auch daher entstehenden Recht-
fertigung, theils in dem Haupt-Gute der
Annehmung zur Kindschaft: welches ein zwar
wohlgegründetes, aber doch unbegreifliches
Glaubens-Geheimniß ist: theils in seinem
Genusse, welcher so beschaffen ist, daß ihn
nicht allein die Welt, ausser der eigenen Er-
fahrung, nicht erkennet, sondern auch die Kin-
der GOttes davon würcklich mehr empfin-
den, als sie vernünftiger und sinnlicher Wei-
[Spaltenumbruch] se davon begreifeu; auch erfahren, wie daß
durch die Besitzung des Seelen-Friedens ihnen
und andern sonst an sich selbst unmüglich ge-
schienene Dinge möglich gemacht werden,
nemlich daß man unter allem Druck und
Verfolgung, ja endlich im Tode selbst, durch
den Frieden mit und in GOtt ein ruhiges und
GOtt gelassenes Hertz behalte.
b. Die Bewahrung, die man vom Frieden hat,
bestehet zuvorderst in einer innerlichen Stär-
ckung, da man sich mit genugsamen geistli-
chen Gnaden-Kräften zum Streite, und zum
Siege, auch zur Leistung aller Christenthums-
Pflichten ausgerüstet befindet. Wenn man
denn nun nach dem Grunde solcher Stärcke
des Geistes durch den Frieden GOttes recht
bey sich selbst ist und sich in einer geheiligten
Gemüths-Stille und in einem gesegneten
Sabbat der Seelen befindet, so wird man da-
durch, da man in solcher Stille solche Stär-
cke recht geniesset und gebrauchet, wider alle
Anläufe und Versuchungen also bewahret, daß
man unüberwältiget und unbeschädiget blei-
bet, und einen Sieg nach dem andern erhält.
Welches denn daher Paulus mit Recht dem
Frieden GOttes zuschreibet, und von der Be-
wahrung ein solches Wort gebrauchet, nem-
lich phrourein, welches so viel heißt, als worinn
gleichsam zur Besatzung liegen und dadurch
einen Ort wider alle feindliche Anfälle verwah-
ret und gesichert halten. Siehe 2 Cor. 11, 32.
Wo der Mensch hingegen des Friedens mit
und in GOtt also ermangelt, daß, wenn er
ihn auch gleich hat, ihn doch weder recht em-
pfindet, noch recht anwendet, sondern inner-
lich voller Unruhe, Unzufriedenheit, und Miß-
vergnügen ist, da wird er hiedurch dergestalt
geschwächet, entkräftet und zerstreuet, daß er
den auf ihn innerlich und äusserlich zustossenden
Versuchungen nicht gewachsen ist, sondern
leicht dahin gerissen und überwunden wird.
Daher man von der bewahrenden Kraft des
Friedens so viel mehr überzeuget seyn kan.
c. Was der Friede bewahret, nennet der Apostel
Hertzen und Sinne: Hertzen, kardias,
das ist den Willen des Menschen, als den
innersten Seelen-Grund; und noemata, die
innerlichen Sinne, oder die Kräfte des Ver-
standes.
Den Willen bewahret der Frie-
de vor bösen Neigungen, daß sie, wo sie auch
aufsteigen, nicht in der Abweichung zur Herr-
schaft kommen: den Verstand vor Jrrthü-
mern: und also erhält der Friede die Seele bey
dem Lichte und bey dem Rechte, wodurch
denn ein gutes Gewissen und darinn das Ge-
heimniß des Glaubens bewahret wird.
d. Die Ordnung und zugleich der Grund der
Bewahrung
ist in CHristo JEsu, das ist,
gleichwie der Mensch durch Christum und sein
Evangelium in gläubiger Zueignung zum Frie-
den der Seelen kömmt: also muß er auch, wo
er den Frieden behalten will, in CHristo und
an seinem Evangelio bleiben, und sich davon
weder zur Lincken durch eigene Wege und
gesuchte eigene Verdienste, noch zur Rechten
durch fleischliche Sicherheit abbringen lassen.
Und
Cap. 4, v. 7. 8. an die Philipper.
[Spaltenumbruch] ein Gnuͤge geſchehen, und damit der Fluch des
Geſetzes, und folglich die Schuld und Strafe
der Suͤnden, auch die Gewalt des Teufels, hin-
weg genommen iſt, mit den Menſchen, welche
ſich durch den Glauben in CHriſto erfinden laſ-
ſen, verſoͤhnet, und ihnen mit aller Huld und
Gnade in CHriſto zugethan, auch bereit iſt, ih-
nen, als ſeinen Kindern, alle durch CHriſtum er-
worbene Heils-Schaͤtze zu ſchencken, und ſie da-
mit zu beſeligen. Dieſer Friede GOttes aͤuſſert
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darinnen, daß, wenn ſie ſich des freyen Zutritts,
welchen ſie durch die Erloͤſung CHriſti zu GOtt
haben, im Glauben bedienen, und ſich die erwor-
bene Gerechtigkeit CHriſti zur Verſoͤhnung, Ge-
rechtmachung, Kindſchaft und Seligkeit zu-
eignen, ſie daher eine ſolche Ruhe in ihrer Seele
empfinden, daß ſie GOTT ihren lieben Vater
nennen koͤnnen, und dabey der geſchenckten Heils-
Guͤter genieſſen; und zwar ſo viel mehr, ſo viel
mehr die das Hertz verunruhigende Suͤnde, ihrer
Schuld und Herrſchaft nach, in der Ordnung
der Bekehrung und Rechtfertigung hinweg ge-
nommen iſt.
3. Von dieſem Frieden heiſſet unſer Hei-
land der Fuͤrſt des Friedens Jeſ. 9, 6. der, da
er gebohren wurde, durch die Engel den Frieden
auf Erden verkuͤndigen ließ Luc. 2, 14. der, als
unſer Friede Eph. 2, 14. den Frieden gemachet
hat durch ſein Blut am Creutze, und ihn hat
verkuͤndigen laſſen durch ſeine Apoſtel, als Boten
des Friedens Eph. 2, 17. Col. 1, 20. der ſeinen
Frieden ſchencket, als eines der rechten Haupt-
Guͤter, darinnen das Reich GOttes beſtehet
Rom. 14, 17. alſo, daß die Glaͤubigen mit Pau-
lo ſagen koͤnnen: nachdem wir ſind gerecht
worden durch den Glauben, ſo haben wir
Friede mit GOTT durch unſern HErrn
JESUM CHriſtum
Rom. 5, 1. Von wel-
chem Frieden bey GOtt, und in GOtt, GOtt
heißt ein GOtt des Friedens Rom. 15, 33. 16,
20. 1 Cor. 14, 33. 2 Cor. 13, 11. Phil. 4, 9.
1 Theſſ. 5, 23. 2 Theſſ. 3, 16. da Paulus ſpricht:
Er aber, der GOtt des Friedens, gebe euch
Friede allenthalben und auf allerley Weiſe.

Siehe auch Hebr. 13, 20.
4. Von dieſem Frieden GOttes wird nun
im gegenwaͤrtigen Texte noch unterſchiedliches
geſaget, nemlich ſeine Hoheit, ſeine Bewah-
rung
der Hertzen und Sinne, und denn die
Ordnung ſolcher Bewahrung in CHriſto
JESU.

a. Die Hoheit und Vortreflichkeit des Frie-
des, damit er alle Vernunft oder menſchlichen
Verſtand uͤbertrifft, beſtehet theils in ſeinem
Grunde, oder Wercke der Erloͤſung und
Verſoͤhnung, auch daher entſtehenden Recht-
fertigung, theils in dem Haupt-Gute der
Annehmung zur Kindſchaft: welches ein zwar
wohlgegruͤndetes, aber doch unbegreifliches
Glaubens-Geheimniß iſt: theils in ſeinem
Genuſſe, welcher ſo beſchaffen iſt, daß ihn
nicht allein die Welt, auſſer der eigenen Er-
fahrung, nicht erkennet, ſondern auch die Kin-
der GOttes davon wuͤrcklich mehr empfin-
den, als ſie vernuͤnftiger und ſinnlicher Wei-
[Spaltenumbruch] ſe davon begreifeu; auch erfahren, wie daß
durch die Beſitzung des Seelen-Friedens ihnen
und andern ſonſt an ſich ſelbſt unmuͤglich ge-
ſchienene Dinge moͤglich gemacht werden,
nemlich daß man unter allem Druck und
Verfolgung, ja endlich im Tode ſelbſt, durch
den Frieden mit und in GOtt ein ruhiges und
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b. Die Bewahrung, die man vom Frieden hat,
beſtehet zuvorderſt in einer innerlichen Staͤr-
ckung, da man ſich mit genugſamen geiſtli-
chen Gnaden-Kraͤften zum Streite, und zum
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Pflichten ausgeruͤſtet befindet. Wenn man
denn nun nach dem Grunde ſolcher Staͤrcke
des Geiſtes durch den Frieden GOttes recht
bey ſich ſelbſt iſt und ſich in einer geheiligten
Gemuͤths-Stille und in einem geſegneten
Sabbat der Seelen befindet, ſo wird man da-
durch, da man in ſolcher Stille ſolche Staͤr-
cke recht genieſſet und gebrauchet, wider alle
Anlaͤufe und Verſuchungen alſo bewahret, daß
man unuͤberwaͤltiget und unbeſchaͤdiget blei-
bet, und einen Sieg nach dem andern erhaͤlt.
Welches denn daher Paulus mit Recht dem
Frieden GOttes zuſchreibet, und von der Be-
wahrung ein ſolches Wort gebrauchet, nem-
lich φρουρεῖν, welches ſo viel heißt, als worinn
gleichſam zur Beſatzung liegen und dadurch
einen Ort wider alle feindliche Anfaͤlle verwah-
ret und geſichert halten. Siehe 2 Cor. 11, 32.
Wo der Menſch hingegen des Friedens mit
und in GOtt alſo ermangelt, daß, wenn er
ihn auch gleich hat, ihn doch weder recht em-
pfindet, noch recht anwendet, ſondern inner-
lich voller Unruhe, Unzufriedenheit, und Miß-
vergnuͤgen iſt, da wird er hiedurch dergeſtalt
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leicht dahin geriſſen und uͤberwunden wird.
Daher man von der bewahrenden Kraft des
Friedens ſo viel mehr uͤberzeuget ſeyn kan.
c. Was der Friede bewahret, nennet der Apoſtel
Hertzen und Sinne: Hertzen, καρδίας,
das iſt den Willen des Menſchen, als den
innerſten Seelen-Grund; und νοήματα, die
innerlichen Sinne, oder die Kraͤfte des Ver-
ſtandes.
Den Willen bewahret der Frie-
de vor boͤſen Neigungen, daß ſie, wo ſie auch
aufſteigen, nicht in der Abweichung zur Herr-
ſchaft kommen: den Verſtand vor Jrrthuͤ-
mern: und alſo erhaͤlt der Friede die Seele bey
dem Lichte und bey dem Rechte, wodurch
denn ein gutes Gewiſſen und darinn das Ge-
heimniß des Glaubens bewahret wird.
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Bewahrung
iſt in CHriſto JEſu, das iſt,
gleichwie der Menſch durch Chriſtum und ſein
Evangelium in glaͤubiger Zueignung zum Frie-
den der Seelen koͤmmt: alſo muß er auch, wo
er den Frieden behalten will, in CHriſto und
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[735/0763] Cap. 4, v. 7. 8. an die Philipper. ein Gnuͤge geſchehen, und damit der Fluch des Geſetzes, und folglich die Schuld und Strafe der Suͤnden, auch die Gewalt des Teufels, hin- weg genommen iſt, mit den Menſchen, welche ſich durch den Glauben in CHriſto erfinden laſ- ſen, verſoͤhnet, und ihnen mit aller Huld und Gnade in CHriſto zugethan, auch bereit iſt, ih- nen, als ſeinen Kindern, alle durch CHriſtum er- worbene Heils-Schaͤtze zu ſchencken, und ſie da- mit zu beſeligen. Dieſer Friede GOttes aͤuſſert ſich nun auf Seiten der Glaͤubigen, und beſtehet darinnen, daß, wenn ſie ſich des freyen Zutritts, welchen ſie durch die Erloͤſung CHriſti zu GOtt haben, im Glauben bedienen, und ſich die erwor- bene Gerechtigkeit CHriſti zur Verſoͤhnung, Ge- rechtmachung, Kindſchaft und Seligkeit zu- eignen, ſie daher eine ſolche Ruhe in ihrer Seele empfinden, daß ſie GOTT ihren lieben Vater nennen koͤnnen, und dabey der geſchenckten Heils- Guͤter genieſſen; und zwar ſo viel mehr, ſo viel mehr die das Hertz verunruhigende Suͤnde, ihrer Schuld und Herrſchaft nach, in der Ordnung der Bekehrung und Rechtfertigung hinweg ge- nommen iſt. 3. Von dieſem Frieden heiſſet unſer Hei- land der Fuͤrſt des Friedens Jeſ. 9, 6. der, da er gebohren wurde, durch die Engel den Frieden auf Erden verkuͤndigen ließ Luc. 2, 14. der, als unſer Friede Eph. 2, 14. den Frieden gemachet hat durch ſein Blut am Creutze, und ihn hat verkuͤndigen laſſen durch ſeine Apoſtel, als Boten des Friedens Eph. 2, 17. Col. 1, 20. der ſeinen Frieden ſchencket, als eines der rechten Haupt- Guͤter, darinnen das Reich GOttes beſtehet Rom. 14, 17. alſo, daß die Glaͤubigen mit Pau- lo ſagen koͤnnen: nachdem wir ſind gerecht worden durch den Glauben, ſo haben wir Friede mit GOTT durch unſern HErrn JESUM CHriſtum Rom. 5, 1. Von wel- chem Frieden bey GOtt, und in GOtt, GOtt heißt ein GOtt des Friedens Rom. 15, 33. 16, 20. 1 Cor. 14, 33. 2 Cor. 13, 11. Phil. 4, 9. 1 Theſſ. 5, 23. 2 Theſſ. 3, 16. da Paulus ſpricht: Er aber, der GOtt des Friedens, gebe euch Friede allenthalben und auf allerley Weiſe. Siehe auch Hebr. 13, 20. 4. Von dieſem Frieden GOttes wird nun im gegenwaͤrtigen Texte noch unterſchiedliches geſaget, nemlich ſeine Hoheit, ſeine Bewah- rung der Hertzen und Sinne, und denn die Ordnung ſolcher Bewahrung in CHriſto JESU. a. Die Hoheit und Vortreflichkeit des Frie- des, damit er alle Vernunft oder menſchlichen Verſtand uͤbertrifft, beſtehet theils in ſeinem Grunde, oder Wercke der Erloͤſung und Verſoͤhnung, auch daher entſtehenden Recht- fertigung, theils in dem Haupt-Gute der Annehmung zur Kindſchaft: welches ein zwar wohlgegruͤndetes, aber doch unbegreifliches Glaubens-Geheimniß iſt: theils in ſeinem Genuſſe, welcher ſo beſchaffen iſt, daß ihn nicht allein die Welt, auſſer der eigenen Er- fahrung, nicht erkennet, ſondern auch die Kin- der GOttes davon wuͤrcklich mehr empfin- den, als ſie vernuͤnftiger und ſinnlicher Wei- ſe davon begreifeu; auch erfahren, wie daß durch die Beſitzung des Seelen-Friedens ihnen und andern ſonſt an ſich ſelbſt unmuͤglich ge- ſchienene Dinge moͤglich gemacht werden, nemlich daß man unter allem Druck und Verfolgung, ja endlich im Tode ſelbſt, durch den Frieden mit und in GOtt ein ruhiges und GOtt gelaſſenes Hertz behalte. b. Die Bewahrung, die man vom Frieden hat, beſtehet zuvorderſt in einer innerlichen Staͤr- ckung, da man ſich mit genugſamen geiſtli- chen Gnaden-Kraͤften zum Streite, und zum Siege, auch zur Leiſtung aller Chriſtenthums- Pflichten ausgeruͤſtet befindet. Wenn man denn nun nach dem Grunde ſolcher Staͤrcke des Geiſtes durch den Frieden GOttes recht bey ſich ſelbſt iſt und ſich in einer geheiligten Gemuͤths-Stille und in einem geſegneten Sabbat der Seelen befindet, ſo wird man da- durch, da man in ſolcher Stille ſolche Staͤr- cke recht genieſſet und gebrauchet, wider alle Anlaͤufe und Verſuchungen alſo bewahret, daß man unuͤberwaͤltiget und unbeſchaͤdiget blei- bet, und einen Sieg nach dem andern erhaͤlt. Welches denn daher Paulus mit Recht dem Frieden GOttes zuſchreibet, und von der Be- wahrung ein ſolches Wort gebrauchet, nem- lich φρουρεῖν, welches ſo viel heißt, als worinn gleichſam zur Beſatzung liegen und dadurch einen Ort wider alle feindliche Anfaͤlle verwah- ret und geſichert halten. Siehe 2 Cor. 11, 32. Wo der Menſch hingegen des Friedens mit und in GOtt alſo ermangelt, daß, wenn er ihn auch gleich hat, ihn doch weder recht em- pfindet, noch recht anwendet, ſondern inner- lich voller Unruhe, Unzufriedenheit, und Miß- vergnuͤgen iſt, da wird er hiedurch dergeſtalt geſchwaͤchet, entkraͤftet und zerſtreuet, daß er den auf ihn innerlich und aͤuſſerlich zuſtoſſenden Verſuchungen nicht gewachſen iſt, ſondern leicht dahin geriſſen und uͤberwunden wird. Daher man von der bewahrenden Kraft des Friedens ſo viel mehr uͤberzeuget ſeyn kan. c. Was der Friede bewahret, nennet der Apoſtel Hertzen und Sinne: Hertzen, καρδίας, das iſt den Willen des Menſchen, als den innerſten Seelen-Grund; und νοήματα, die innerlichen Sinne, oder die Kraͤfte des Ver- ſtandes. Den Willen bewahret der Frie- de vor boͤſen Neigungen, daß ſie, wo ſie auch aufſteigen, nicht in der Abweichung zur Herr- ſchaft kommen: den Verſtand vor Jrrthuͤ- mern: und alſo erhaͤlt der Friede die Seele bey dem Lichte und bey dem Rechte, wodurch denn ein gutes Gewiſſen und darinn das Ge- heimniß des Glaubens bewahret wird. d. Die Ordnung und zugleich der Grund der Bewahrung iſt in CHriſto JEſu, das iſt, gleichwie der Menſch durch Chriſtum und ſein Evangelium in glaͤubiger Zueignung zum Frie- den der Seelen koͤmmt: alſo muß er auch, wo er den Frieden behalten will, in CHriſto und an ſeinem Evangelio bleiben, und ſich davon weder zur Lincken durch eigene Wege und geſuchte eigene Verdienſte, noch zur Rechten durch fleiſchliche Sicherheit abbringen laſſen. Und

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 735. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/763>, abgerufen am 24.11.2024.