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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli an die Epheser. Cap. 6, 24.
[Spaltenumbruch]
V. 24.

Gnade sey mit allen, die da (vermöge
ihres Wachsthums im Glauben nach v. 23. und
Gal. 5, 6.) lieb haben unsern HErrn JE-
sum Christ
(und in ihm den Vater und den
Heiligen Geist, und also den Dreyeinigen GOtt)
unverrückt (en aphtharsia, in aller Lauter-
keit und Beständigkeit) Amen.

Anmerckungen.
1. An Christum glauben und Chri-
stum lieben
ist lauter Gnade, oder eine Frucht
der Gnaden: und diese Treue der Liebe ist die
Ordnung, in welcher man noch mehrere Gnade
erlanget. Da es denn heißt: Wer da hat,
(und es recht anlegt) dem wird gegeben, daß
er die Fülle habe
Matth. 13, 22. 25, 29.
Und so nimmt man aus der Fülle JEsu Gnade
um Gnade. Joh. 1, 16.
2. Jn die Liebe gegen Christum kömmt
leichtlich phthora, eine Corruption, oder gleich-
sam eine Fäulung und ein Verderben; nem-
lich von der unordentlichen Liebe gegen uns
selbst und gegen die Welt. Daher 2 Pet. 1, 4.
die phothra, die Corruption genennet wird phtho-
ra en epithumia, das verwesliche in die Fäu-
lung gehende Wesen,
welches in der Welt-
Lust lieget, und daraus entstehet. Und Eph.
4, 22. wird vom alten Menschen gesaget, daß er
sey phtheiromenou, der ins Verderben gehet,
kata tas epithumias tes apates, nach den
Lüsten des Betrugs,
oder wodurch er sich be-
trügen Lüsset. Wo nun eine solche Corruption
durch die unreine Lüste in die Liebe Christi
kömmt, da wird sie unlauter, und fänget gleich-
[Spaltenumbruch] sam an zu faulen und zu verwesen; damit sie
denn aufhöret. Dergleichen Paulus an dem
Dema erfahren, da er die Welt lieb gewonnen
2 Tim. 4, 10. Denn es kan die Liebe und die
Freundschaft GOttes und der Welt unmöglich
mit einander bestehen 1 Joh. 2, 15-17. Jac. 4,
4. Matth. 6, 24.
3. Gleichwie nun diese phthora, diese
Corruption der Liebe eine Unlauterkeit ja rechte
Fäulung in sich hält, und damit die Liebe gar auf-
hebet: so hält hingegen die aphtharsia, das
frische, lautere, unverwesliche und unver-
gängliche Wesen der Liebe
in sich derselben
lautere Reinigkeit, Aufrichtigkeit und Bestän-
digkeit. Und also heißt Christum lieben en
aphtharsia, in der Ordnung der verleugneten
unreinen Welt- und Eigenliebe, auch weltlichen
Lust, ihn lieben lauterlich, aufrichtig und
beständig.
4. Daß aber in der Gemeine zu Ephesus
die Liebe zu Christo bis auf die Zeiten der ge-
schriebenen Offenbarung Johannis, das ist bis
an das Ende des ersten Jahr-Hunderts, zwar
beständig, aber doch nicht nach allen Stücken in
der ersten und recht frischen Lauterkeit geblieben,
bestrafet unser Heiland an ihr Off. 2, 4. wenn er
spricht: Aber ich habe wider dich, daß du
die erste Liebe verlässest.
5. Es sehe demnach ein ieder Leser dahin,
daß er möge zu der rechten Lauterkeit in der Liebe
JEsu kommen, und sich darinnen bewahren; so
wird denn die auch ihm von Paulo angewünschte
Gnade GOttes in einem so viel reichern Masse
mit ihm seyn. Dazu er denn selbst in wahr-
haftiger Entschliessung ein gläubi-
ges Amen setze!


Histo-
Erklaͤrung des Briefs Pauli an die Epheſer. Cap. 6, 24.
[Spaltenumbruch]
V. 24.

Gnade ſey mit allen, die da (vermoͤge
ihres Wachsthums im Glauben nach v. 23. und
Gal. 5, 6.) lieb haben unſern HErrn JE-
ſum Chriſt
(und in ihm den Vater und den
Heiligen Geiſt, und alſo den Dreyeinigen GOtt)
unverruͤckt (ἐν ἀϕϑαρσίᾳ, in aller Lauter-
keit und Beſtaͤndigkeit) Amen.

Anmerckungen.
1. An Chriſtum glauben und Chri-
ſtum lieben
iſt lauter Gnade, oder eine Frucht
der Gnaden: und dieſe Treue der Liebe iſt die
Ordnung, in welcher man noch mehrere Gnade
erlanget. Da es denn heißt: Wer da hat,
(und es recht anlegt) dem wird gegeben, daß
er die Fuͤlle habe
Matth. 13, 22. 25, 29.
Und ſo nimmt man aus der Fuͤlle JEſu Gnade
um Gnade. Joh. 1, 16.
2. Jn die Liebe gegen Chriſtum koͤmmt
leichtlich φϑορὰ, eine Corruption, oder gleich-
ſam eine Faͤulung und ein Verderben; nem-
lich von der unordentlichen Liebe gegen uns
ſelbſt und gegen die Welt. Daher 2 Pet. 1, 4.
die φοϑρὰ, die Corruption genennet wird φϑο-
ρὰ ἐν ἐπιϑυμίᾳ, das verwesliche in die Faͤu-
lung gehende Weſen,
welches in der Welt-
Luſt lieget, und daraus entſtehet. Und Eph.
4, 22. wird vom alten Menſchen geſaget, daß er
ſey φϑειρόμενου, der ins Verderben gehet,
κατὰ τὰς ἐπιϑυμίας τῆς ἀπάτης, nach den
Luͤſten des Betrugs,
oder wodurch er ſich be-
truͤgen Luͤſſet. Wo nun eine ſolche Corruption
durch die unreine Luͤſte in die Liebe Chriſti
koͤmmt, da wird ſie unlauter, und faͤnget gleich-
[Spaltenumbruch] ſam an zu faulen und zu verweſen; damit ſie
denn aufhoͤret. Dergleichen Paulus an dem
Dema erfahren, da er die Welt lieb gewonnen
2 Tim. 4, 10. Denn es kan die Liebe und die
Freundſchaft GOttes und der Welt unmoͤglich
mit einander beſtehen 1 Joh. 2, 15-17. Jac. 4,
4. Matth. 6, 24.
3. Gleichwie nun dieſe φϑορὰ, dieſe
Corruption der Liebe eine Unlauterkeit ja rechte
Faͤulung in ſich haͤlt, und damit die Liebe gar auf-
hebet: ſo haͤlt hingegen die ἀϕϑαρσία, das
friſche, lautere, unverwesliche und unver-
gaͤngliche Weſen der Liebe
in ſich derſelben
lautere Reinigkeit, Aufrichtigkeit und Beſtaͤn-
digkeit. Und alſo heißt Chriſtum lieben ἐν
ἀϕϑαρσίᾳ, in der Ordnung der verleugneten
unreinen Welt- und Eigenliebe, auch weltlichen
Luſt, ihn lieben lauterlich, aufrichtig und
beſtaͤndig.
4. Daß aber in der Gemeine zu Epheſus
die Liebe zu Chriſto bis auf die Zeiten der ge-
ſchriebenen Offenbarung Johannis, das iſt bis
an das Ende des erſten Jahr-Hunderts, zwar
beſtaͤndig, aber doch nicht nach allen Stuͤcken in
der erſten und recht friſchen Lauterkeit geblieben,
beſtrafet unſer Heiland an ihr Off. 2, 4. wenn er
ſpricht: Aber ich habe wider dich, daß du
die erſte Liebe verlaͤſſeſt.
5. Es ſehe demnach ein ieder Leſer dahin,
daß er moͤge zu der rechten Lauterkeit in der Liebe
JEſu kommen, und ſich darinnen bewahren; ſo
wird denn die auch ihm von Paulo angewuͤnſchte
Gnade GOttes in einem ſo viel reichern Maſſe
mit ihm ſeyn. Dazu er denn ſelbſt in wahr-
haftiger Entſchlieſſung ein glaͤubi-
ges Amen ſetze!


Hiſto-
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[686/0714] Erklaͤrung des Briefs Pauli an die Epheſer. Cap. 6, 24. V. 24. Gnade ſey mit allen, die da (vermoͤge ihres Wachsthums im Glauben nach v. 23. und Gal. 5, 6.) lieb haben unſern HErrn JE- ſum Chriſt (und in ihm den Vater und den Heiligen Geiſt, und alſo den Dreyeinigen GOtt) unverruͤckt (ἐν ἀϕϑαρσίᾳ, in aller Lauter- keit und Beſtaͤndigkeit) Amen. Anmerckungen. 1. An Chriſtum glauben und Chri- ſtum lieben iſt lauter Gnade, oder eine Frucht der Gnaden: und dieſe Treue der Liebe iſt die Ordnung, in welcher man noch mehrere Gnade erlanget. Da es denn heißt: Wer da hat, (und es recht anlegt) dem wird gegeben, daß er die Fuͤlle habe Matth. 13, 22. 25, 29. Und ſo nimmt man aus der Fuͤlle JEſu Gnade um Gnade. Joh. 1, 16. 2. Jn die Liebe gegen Chriſtum koͤmmt leichtlich φϑορὰ, eine Corruption, oder gleich- ſam eine Faͤulung und ein Verderben; nem- lich von der unordentlichen Liebe gegen uns ſelbſt und gegen die Welt. Daher 2 Pet. 1, 4. die φοϑρὰ, die Corruption genennet wird φϑο- ρὰ ἐν ἐπιϑυμίᾳ, das verwesliche in die Faͤu- lung gehende Weſen, welches in der Welt- Luſt lieget, und daraus entſtehet. Und Eph. 4, 22. wird vom alten Menſchen geſaget, daß er ſey φϑειρόμενου, der ins Verderben gehet, κατὰ τὰς ἐπιϑυμίας τῆς ἀπάτης, nach den Luͤſten des Betrugs, oder wodurch er ſich be- truͤgen Luͤſſet. Wo nun eine ſolche Corruption durch die unreine Luͤſte in die Liebe Chriſti koͤmmt, da wird ſie unlauter, und faͤnget gleich- ſam an zu faulen und zu verweſen; damit ſie denn aufhoͤret. Dergleichen Paulus an dem Dema erfahren, da er die Welt lieb gewonnen 2 Tim. 4, 10. Denn es kan die Liebe und die Freundſchaft GOttes und der Welt unmoͤglich mit einander beſtehen 1 Joh. 2, 15-17. Jac. 4, 4. Matth. 6, 24. 3. Gleichwie nun dieſe φϑορὰ, dieſe Corruption der Liebe eine Unlauterkeit ja rechte Faͤulung in ſich haͤlt, und damit die Liebe gar auf- hebet: ſo haͤlt hingegen die ἀϕϑαρσία, das friſche, lautere, unverwesliche und unver- gaͤngliche Weſen der Liebe in ſich derſelben lautere Reinigkeit, Aufrichtigkeit und Beſtaͤn- digkeit. Und alſo heißt Chriſtum lieben ἐν ἀϕϑαρσίᾳ, in der Ordnung der verleugneten unreinen Welt- und Eigenliebe, auch weltlichen Luſt, ihn lieben lauterlich, aufrichtig und beſtaͤndig. 4. Daß aber in der Gemeine zu Epheſus die Liebe zu Chriſto bis auf die Zeiten der ge- ſchriebenen Offenbarung Johannis, das iſt bis an das Ende des erſten Jahr-Hunderts, zwar beſtaͤndig, aber doch nicht nach allen Stuͤcken in der erſten und recht friſchen Lauterkeit geblieben, beſtrafet unſer Heiland an ihr Off. 2, 4. wenn er ſpricht: Aber ich habe wider dich, daß du die erſte Liebe verlaͤſſeſt. 5. Es ſehe demnach ein ieder Leſer dahin, daß er moͤge zu der rechten Lauterkeit in der Liebe JEſu kommen, und ſich darinnen bewahren; ſo wird denn die auch ihm von Paulo angewuͤnſchte Gnade GOttes in einem ſo viel reichern Maſſe mit ihm ſeyn. Dazu er denn ſelbſt in wahr- haftiger Entſchlieſſung ein glaͤubi- ges Amen ſetze! Hiſto-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/714>, abgerufen am 27.11.2024.