Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 16. 21. [Spaltenumbruch]
lassen sich füglich verbinden mit den letztern Wor-ten des 12ten Verses: Die werden durchs Gesetz verurtheilet werden, nemlich an dem Tage etc. daß also die drey mitlern Verse in pa- renthesi zu setzen sind: wie denn Pauli Briefe, vermöge des Affects, worinnen er geschrieben, auch anderwärtig lange parentheses haben. Will man keine parenthesin admittiren, so hies- se en emera so viel als eis emeran; wie es Luthe- rus vertiret hat, und wäre der sensus, daß man mit dem innern Zeugniß des Gesetzes der Natur im Gewissen auf das jüngste Gericht gewiesen werde. Auf eben diese Weise stehet diese Re- dens-Art auch cum verbo praesentis temporis 2 Cor. 1, 14. 2. Wenn GOtt auch das Verborgene richten wird; wie mancher wird alsdenn mit Schanden bestehen, der hie für einen unsträfli- chen Menschen gehalten worden? Und wie mancher fälschlich beschuldigter und verdammter wird dort die Krone der Unschuld tragen? 3. Jm übrigen ist alhie zu mercken, daß, nach dem der Apostel es bisher mit Juden und Heyden zugleich zu thun gehabt, er nunmehro seine Rede auf die Jüden allein lencket, wie folget. V. 17. Siehe aber zu, du heissest ein Jude, Anmerckung. Eben dieses gilt auch den falschen Christen, V. 18. Und weissest seinen Willen (aber nur V. 19. Und vermissest dich zu seyn ein Leiter V. 20. Ein Züchtiger der Thörichten, ein Anmerckungen. 1. Wir finden hie in der application auch 2. Das Wort morphosis, die Form kan V. 21. Nun lehrest du andere, und lehrest 17.
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 16. 21. [Spaltenumbruch]
laſſen ſich fuͤglich verbinden mit den letztern Wor-ten des 12ten Verſes: Die werden durchs Geſetz verurtheilet werden, nemlich an dem Tage ꝛc. daß alſo die drey mitlern Verſe in pa- rentheſi zu ſetzen ſind: wie denn Pauli Briefe, vermoͤge des Affects, worinnen er geſchrieben, auch anderwaͤrtig lange parentheſes haben. Will man keine parentheſin admittiren, ſo hieſ- ſe ἐν ἡμέρᾳ ſo viel als είς ἡμέραν; wie es Luthe- rus vertiret hat, und waͤre der ſenſus, daß man mit dem innern Zeugniß des Geſetzes der Natur im Gewiſſen auf das juͤngſte Gericht gewieſen werde. Auf eben dieſe Weiſe ſtehet dieſe Re- dens-Art auch cum verbo præſentis temporis 2 Cor. 1, 14. 2. Wenn GOtt auch das Verborgene richten wird; wie mancher wird alsdenn mit Schanden beſtehen, der hie fuͤr einen unſtraͤfli- chen Menſchen gehalten worden? Und wie mancher faͤlſchlich beſchuldigter und verdammter wird dort die Krone der Unſchuld tragen? 3. Jm uͤbrigen iſt alhie zu mercken, daß, nach dem der Apoſtel es bisher mit Juden und Heyden zugleich zu thun gehabt, er nunmehro ſeine Rede auf die Juͤden allein lencket, wie folget. V. 17. Siehe aber zu, du heiſſeſt ein Jude, Anmerckung. Eben dieſes gilt auch den falſchen Chriſten, V. 18. Und weiſſeſt ſeinen Willen (aber nur V. 19. Und vermiſſeſt dich zu ſeyn ein Leiter V. 20. Ein Zuͤchtiger der Thoͤrichten, ein Anmerckungen. 1. Wir finden hie in der application auch 2. Das Wort μόρφωσις, die Form kan V. 21. Nun lehreſt du andere, und lehreſt 17.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0070" n="42"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 2, v. 16. 21.</hi></hi></fw><lb/><cb/> laſſen ſich fuͤglich verbinden mit den letztern Wor-<lb/> ten des 12ten Verſes: <hi rendition="#fr">Die werden durchs<lb/> Geſetz verurtheilet werden,</hi> nemlich <hi rendition="#fr">an dem<lb/> Tage ꝛc.</hi> daß alſo die drey mitlern Verſe in <hi rendition="#aq">pa-<lb/> rentheſi</hi> zu ſetzen ſind: wie denn Pauli Briefe,<lb/> vermoͤge des <hi rendition="#aq">Affect</hi>s, worinnen er geſchrieben,<lb/> auch anderwaͤrtig lange <hi rendition="#aq">parentheſes</hi> haben.<lb/> Will man keine <hi rendition="#aq">parentheſin admitti</hi>ren, ſo hieſ-<lb/> ſe ἐν ἡμέρᾳ ſo viel als είς ἡμέραν; wie es Luthe-<lb/> rus <hi rendition="#aq">verti</hi>ret hat, und waͤre der <hi rendition="#aq">ſenſus,</hi> daß man<lb/> mit dem innern Zeugniß des Geſetzes der Natur<lb/> im Gewiſſen auf das juͤngſte Gericht gewieſen<lb/> werde. Auf eben dieſe Weiſe ſtehet dieſe Re-<lb/> dens-Art auch <hi rendition="#aq">cum verbo præſentis temporis</hi><lb/> 2 Cor. 1, 14.</item><lb/> <item>2. Wenn GOtt auch das <hi rendition="#fr">Verborgene</hi><lb/> richten wird; wie mancher wird alsdenn mit<lb/> Schanden beſtehen, der hie fuͤr einen unſtraͤfli-<lb/> chen Menſchen gehalten worden? Und wie<lb/> mancher faͤlſchlich beſchuldigter und verdammter<lb/> wird dort die Krone der Unſchuld tragen?</item><lb/> <item>3. Jm uͤbrigen iſt alhie zu mercken, daß,<lb/> nach dem der Apoſtel es bisher mit Juden und<lb/> Heyden zugleich zu thun gehabt, er nunmehro<lb/> ſeine Rede auf die Juͤden allein lencket, wie<lb/> folget.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 17.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Siehe aber zu, du heiſſeſt ein Jude,</hi><lb/> (macheſt dir viel aus dieſem Namen, nach den<lb/> groſſen Vorzuͤgen, welche das Juͤdiſche Volck,<lb/> nicht ſeiner guten Art und Verdienſte wegen,<lb/> ſondern in Anſehung des Meßiaͤ, der aus ihnen<lb/> herkommen ſolte, von GOtt hatte: <hi rendition="#aq">Exod. 19,<lb/> 6. Deut.</hi> 4, 6. 7. Roͤm. 9, 4. Welche aber<lb/> auſſer dem Meßia, oder ohne Glauben an ihn,<lb/> vor GOtt nichts gelten) <hi rendition="#fr">und verlaͤſſeſt dich<lb/> aufs Geſetz</hi> (alſo, daß du, mit Hindanſetzung<lb/> des Evangeilii von Chriſto, darinnen deine Ru-<lb/> he ſucheſt, und, ſo wenig du es nach der Wahr-<lb/> heit verſteheſt und haͤltſt, doch vermeyneſt da-<lb/> durch das ewige Leben zu erlangen) <hi rendition="#fr">und ruͤh-<lb/> meſt dich GOttes</hi> (als wenn du ihm vor al-<lb/> len andern Menſchen gleichſam, wie ein Lieb-<lb/> ling, im Schoſſe ſaͤſſeſt. Siehe auch Jeſ. 58, 2.<lb/> Joh. 8, 33. 41. Phil. 3, 3. 4. 5.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/> <p>Eben dieſes gilt auch den falſchen Chriſten,<lb/> da es nach der Wahrheit heißt: <hi rendition="#fr">Siehe zu,</hi><lb/> (was du denckeſt und thuſt) <hi rendition="#fr">du heiſſeſt ein<lb/> Chriſt</hi> (ja wol gar ein Lehrer der Chriſten) <hi rendition="#fr">und<lb/> verlaͤſſeſt dich</hi> (aber im fleiſchlichen Sinn)<lb/><hi rendition="#fr">aufs Evangelium</hi> (und auf die wahre Reli-<lb/> gion, oder Kirchliche <hi rendition="#aq">Confeſſion</hi>) <hi rendition="#fr">und ruͤhmeſt<lb/> dich GOttes</hi> (und ſeiner Gnade: aber gantz<lb/> vergeblich. Du ſprichſt: <hi rendition="#fr">Jch bin reich und<lb/> habe gar ſatt, und darf nichts: und weiſ-<lb/> ſeſt nicht, daß du biſt elend, und jaͤmmer-<lb/> lich, arm, blind und bloß.</hi> <hi rendition="#aq">Apoc.</hi> 3, 17.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 18.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Und weiſſeſt ſeinen Willen</hi> (aber nur<lb/> bloß buchſtaͤblich und hiſtoriſch, aus bloß natuͤr-<lb/> lichen Kraͤften, mit einem bloß natuͤrlichen Bey-<lb/> fall und fleiſchlichen Vertrauen:) <hi rendition="#fr">Und weil<lb/><cb/> du aus dem Geſetz unterrichtet biſt</hi> (dich<lb/> auch wol ſelbſt mit eigenem Fleiß darauf geleget<lb/> haſt) <hi rendition="#fr">pruͤfeſt du, was das beſte zu thun<lb/> ſey</hi> (ſchreibeſt dir die Tuͤchtigkeit der geiſtlichen<lb/> Pruͤfung zu, und nimmſt dir die Freyheit her-<lb/> aus, alles nach ſeinem Unterſcheide auch geiſtli-<lb/> chen Werthe und Gewichte zu beurtheilen: ob<lb/> es nemlich war, oder falſch, gut oder boͤſe; gut<lb/> und noch beſſer ſey.)</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 19.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Und vermiſſeſt dich zu ſeyn ein Leiter<lb/> der Blinden,</hi> Matth. 15, 14. 23, 24.) <hi rendition="#fr">ein<lb/> Licht derer, die in Finſterniß ſind,</hi> (wie<lb/> der ungelehrten Juden, alſo ſonderlich auch der<lb/> Heyden, welche du dich bemuͤheſt von dem eini-<lb/> gen wahren GOtt Jſraelis zu unterrichten und<lb/> zu Juden-Genoſſen zu machen. Matth. 23, 15.)</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 20.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Ein Zuͤchtiger der Thoͤrichten, ein<lb/> Lehrer der Einfaͤltigen</hi> (derer, die Kinder, wo<lb/> nicht an Jahren, doch am Verſtande ſind, und<lb/> nicht ſo viel natuͤrlichen Witz haben, als du:)<lb/><hi rendition="#fr">haſt die Form</hi> (den Schein ohne das wahre<lb/> Weſen: ſiehe 2 Tim. 3, 5.) <hi rendition="#fr">was zu wiſſen<lb/> und recht iſt im Geſetze</hi> (Gr. der Erkaͤntniß<lb/> und der Wahrheit, worauf die Erkaͤntniß ge-<lb/> het) <hi rendition="#fr">im Geſetze.</hi> (weißt aber leider vom wahren<lb/> Evangelio nichts, das dir doch deutlich ge-<lb/> nug in Moſe und in den Propheten geoffenba-<lb/> ret iſt.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <p>1. Wir finden hie in der <hi rendition="#aq">application</hi> auch<lb/> einen deutlichen Abriß eines unbekehrten und<lb/> dabey buchſtaͤblich gelehrten Lehrers unter den<lb/> Chriſten, auch unter uns Evangeliſchen; ſon-<lb/> derlich in deme, wie ihn die bloß buchſtaͤbliche<lb/> Erkaͤntniß und aͤuſſerliche Amts-Verrichtung<lb/> aufblehet, daß er davor nicht zur Erkaͤntniß ſei-<lb/> nes noch unbekehrten Zuſtandes und ſeiner groſ-<lb/> ſen Armuth am Geiſte kommen kan. Fuͤr wel-<lb/> che diejenigen Zuhoͤrer, welchen GOtt die Au-<lb/> gen geoͤffnet und das Hertz geaͤndert hat, zu be-<lb/> ten, andere aber ſich zu huͤten haben, daß ſie<lb/> nicht auch eine ſolche falſche Form des Chri-<lb/> ſtenthums annehmen oder behalten.</p><lb/> <p>2. Das Wort μόρφωσις, die <hi rendition="#fr">Form</hi> kan<lb/> auch gar fuͤglich fuͤr die rechte Form der Erkaͤnt-<lb/> niß genommen werden; nicht aber wie ſie in dem<lb/> ſtoltzen und blinden Phariſaͤer war, ſondern<lb/> wie ſie im Geſetze, worauf er ſich verließ, lag;<lb/> weil es heißt, der Jude habe ſolche Form gehabt<lb/> ἐν νόμω, <hi rendition="#fr">im oder am Geſetze;</hi> darauf er ſich denn<lb/> faͤlſchlich verlaſſen, und vom Geſetze einen fal-<lb/> ſchen Schluß gemacht auf ſeine Erkaͤntniß. Jn<lb/> welchem Verſtande μόρφωσις alhie ſo viel waͤre,<lb/> als τύπος διδαχῆς das Vorbild der Lehre. c. 6, 17.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 21.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Nun lehreſt du andere, und lehreſt<lb/> dich ſelbſt nicht</hi> (ſieheſt nicht, was dir ſelbſt<lb/> noch fehlet; vielweniger biſt du darum bemuͤhet,<lb/> daß du erſt ſelbſt zur wahren und heylſamen Er-<lb/> kaͤntniß gelangen moͤgeſt, ſiehe auch Pſ. 50, 16.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">17.</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0070]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 16. 21.
laſſen ſich fuͤglich verbinden mit den letztern Wor-
ten des 12ten Verſes: Die werden durchs
Geſetz verurtheilet werden, nemlich an dem
Tage ꝛc. daß alſo die drey mitlern Verſe in pa-
rentheſi zu ſetzen ſind: wie denn Pauli Briefe,
vermoͤge des Affects, worinnen er geſchrieben,
auch anderwaͤrtig lange parentheſes haben.
Will man keine parentheſin admittiren, ſo hieſ-
ſe ἐν ἡμέρᾳ ſo viel als είς ἡμέραν; wie es Luthe-
rus vertiret hat, und waͤre der ſenſus, daß man
mit dem innern Zeugniß des Geſetzes der Natur
im Gewiſſen auf das juͤngſte Gericht gewieſen
werde. Auf eben dieſe Weiſe ſtehet dieſe Re-
dens-Art auch cum verbo præſentis temporis
2 Cor. 1, 14.
2. Wenn GOtt auch das Verborgene
richten wird; wie mancher wird alsdenn mit
Schanden beſtehen, der hie fuͤr einen unſtraͤfli-
chen Menſchen gehalten worden? Und wie
mancher faͤlſchlich beſchuldigter und verdammter
wird dort die Krone der Unſchuld tragen?
3. Jm uͤbrigen iſt alhie zu mercken, daß,
nach dem der Apoſtel es bisher mit Juden und
Heyden zugleich zu thun gehabt, er nunmehro
ſeine Rede auf die Juͤden allein lencket, wie
folget.
V. 17.
Siehe aber zu, du heiſſeſt ein Jude,
(macheſt dir viel aus dieſem Namen, nach den
groſſen Vorzuͤgen, welche das Juͤdiſche Volck,
nicht ſeiner guten Art und Verdienſte wegen,
ſondern in Anſehung des Meßiaͤ, der aus ihnen
herkommen ſolte, von GOtt hatte: Exod. 19,
6. Deut. 4, 6. 7. Roͤm. 9, 4. Welche aber
auſſer dem Meßia, oder ohne Glauben an ihn,
vor GOtt nichts gelten) und verlaͤſſeſt dich
aufs Geſetz (alſo, daß du, mit Hindanſetzung
des Evangeilii von Chriſto, darinnen deine Ru-
he ſucheſt, und, ſo wenig du es nach der Wahr-
heit verſteheſt und haͤltſt, doch vermeyneſt da-
durch das ewige Leben zu erlangen) und ruͤh-
meſt dich GOttes (als wenn du ihm vor al-
len andern Menſchen gleichſam, wie ein Lieb-
ling, im Schoſſe ſaͤſſeſt. Siehe auch Jeſ. 58, 2.
Joh. 8, 33. 41. Phil. 3, 3. 4. 5.)
Anmerckung.
Eben dieſes gilt auch den falſchen Chriſten,
da es nach der Wahrheit heißt: Siehe zu,
(was du denckeſt und thuſt) du heiſſeſt ein
Chriſt (ja wol gar ein Lehrer der Chriſten) und
verlaͤſſeſt dich (aber im fleiſchlichen Sinn)
aufs Evangelium (und auf die wahre Reli-
gion, oder Kirchliche Confeſſion) und ruͤhmeſt
dich GOttes (und ſeiner Gnade: aber gantz
vergeblich. Du ſprichſt: Jch bin reich und
habe gar ſatt, und darf nichts: und weiſ-
ſeſt nicht, daß du biſt elend, und jaͤmmer-
lich, arm, blind und bloß. Apoc. 3, 17.
V. 18.
Und weiſſeſt ſeinen Willen (aber nur
bloß buchſtaͤblich und hiſtoriſch, aus bloß natuͤr-
lichen Kraͤften, mit einem bloß natuͤrlichen Bey-
fall und fleiſchlichen Vertrauen:) Und weil
du aus dem Geſetz unterrichtet biſt (dich
auch wol ſelbſt mit eigenem Fleiß darauf geleget
haſt) pruͤfeſt du, was das beſte zu thun
ſey (ſchreibeſt dir die Tuͤchtigkeit der geiſtlichen
Pruͤfung zu, und nimmſt dir die Freyheit her-
aus, alles nach ſeinem Unterſcheide auch geiſtli-
chen Werthe und Gewichte zu beurtheilen: ob
es nemlich war, oder falſch, gut oder boͤſe; gut
und noch beſſer ſey.)
V. 19.
Und vermiſſeſt dich zu ſeyn ein Leiter
der Blinden, Matth. 15, 14. 23, 24.) ein
Licht derer, die in Finſterniß ſind, (wie
der ungelehrten Juden, alſo ſonderlich auch der
Heyden, welche du dich bemuͤheſt von dem eini-
gen wahren GOtt Jſraelis zu unterrichten und
zu Juden-Genoſſen zu machen. Matth. 23, 15.)
V. 20.
Ein Zuͤchtiger der Thoͤrichten, ein
Lehrer der Einfaͤltigen (derer, die Kinder, wo
nicht an Jahren, doch am Verſtande ſind, und
nicht ſo viel natuͤrlichen Witz haben, als du:)
haſt die Form (den Schein ohne das wahre
Weſen: ſiehe 2 Tim. 3, 5.) was zu wiſſen
und recht iſt im Geſetze (Gr. der Erkaͤntniß
und der Wahrheit, worauf die Erkaͤntniß ge-
het) im Geſetze. (weißt aber leider vom wahren
Evangelio nichts, das dir doch deutlich ge-
nug in Moſe und in den Propheten geoffenba-
ret iſt.)
Anmerckungen.
1. Wir finden hie in der application auch
einen deutlichen Abriß eines unbekehrten und
dabey buchſtaͤblich gelehrten Lehrers unter den
Chriſten, auch unter uns Evangeliſchen; ſon-
derlich in deme, wie ihn die bloß buchſtaͤbliche
Erkaͤntniß und aͤuſſerliche Amts-Verrichtung
aufblehet, daß er davor nicht zur Erkaͤntniß ſei-
nes noch unbekehrten Zuſtandes und ſeiner groſ-
ſen Armuth am Geiſte kommen kan. Fuͤr wel-
che diejenigen Zuhoͤrer, welchen GOtt die Au-
gen geoͤffnet und das Hertz geaͤndert hat, zu be-
ten, andere aber ſich zu huͤten haben, daß ſie
nicht auch eine ſolche falſche Form des Chri-
ſtenthums annehmen oder behalten.
2. Das Wort μόρφωσις, die Form kan
auch gar fuͤglich fuͤr die rechte Form der Erkaͤnt-
niß genommen werden; nicht aber wie ſie in dem
ſtoltzen und blinden Phariſaͤer war, ſondern
wie ſie im Geſetze, worauf er ſich verließ, lag;
weil es heißt, der Jude habe ſolche Form gehabt
ἐν νόμω, im oder am Geſetze; darauf er ſich denn
faͤlſchlich verlaſſen, und vom Geſetze einen fal-
ſchen Schluß gemacht auf ſeine Erkaͤntniß. Jn
welchem Verſtande μόρφωσις alhie ſo viel waͤre,
als τύπος διδαχῆς das Vorbild der Lehre. c. 6, 17.
V. 21.
Nun lehreſt du andere, und lehreſt
dich ſelbſt nicht (ſieheſt nicht, was dir ſelbſt
noch fehlet; vielweniger biſt du darum bemuͤhet,
daß du erſt ſelbſt zur wahren und heylſamen Er-
kaͤntniß gelangen moͤgeſt, ſiehe auch Pſ. 50, 16.
17.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |