Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 7-10.
[Spaltenumbruch] durch den Glauben darinnen nicht allein anfan-
gen, sondern auch fortfahren und beharren;
sintemal nicht der Anfang, sondern das Ende
k[r]ö[n]et Matth. 10, 22. Luc. 21, 19. Apoc. 2, 7.)
nach der (künftigen) Herrlichkeit, Ehre
und Unverweslichkeit
(eines seligen Zustan-
des) trachten, das ewige Leben (wird er
geben, nach v. 6.)

Anmerckung.

Es ist demnach die Griechische Construction
dieses Verses wohl zu mercken, nemlich die letz-
ten Worte zoen aionion, das ewige Leben,
dependiren von dem Verbo apodosei, er wird
geben,
oder vergelten v. 6. Die aber, wel-
chen die Vergeltung wiederfahren wird, werden
mit den darzwischen stehenden Worten beschrie-
ben.

V. 8.

Aber denen, die (unter Heyden und Ju-
den dergestalt) zänckisch sind, (daß sie aller
Uberzeugung sich widersetzen und in einen feind-
seligen Widerspruch eingehen) und (wie der
aus dem Lichte der Natur zu erkennenden, also
auch der in dem Gesetze und Evangelio GOttes
vorgestelleten) Wahrheit nicht gehorchen,
gehorchen aber dem Ungerechten,
(der Un-
gerechtigkeit, oder aller Sünde, also daß sie
Knechte und Sclaven der Sünde sind, und ih-
re Glieder der Sünde zu Waffen und zum Dien-
ste der Ungerechtigkeit und Unreinigkeit begeben,
und von einer Ungerechtigkeit zu der andern
schreiten, nach Cap. 6, 13. 19. wird) Ungna-
de und Zorn
(wiederfahren, nemlich in ge-
häuften Straf-Gerichten, welche am Tage des
grossen Welt-Gerichts über sie ergehen werden,
da es schrecklich seyn wird, in die Hände des le-
bendigen GOttes zu fallen. Hebr. 10, 31.)

Anmerckungen.

1. Es kömmt bey der Seligkeit und Ver-
dammniß sonderlich auf den Glauben und Un-
glauben an: als dadurch man die in CHristo
angebotene Gnade entweder annimmt, oder
von sich stösset, und dadurch man sich zugleich
entweder der Tugend oder den Lastern ergiebet.
Denn es heißt im Text: apeithousi, peithome.
nois de, welche Worte eigentlich vom Glauben
und Unglauben gesaget werden: Gleichwie es
Marc. 16, 16. heißt: Wer da glaubet, wird
selig werden; wer aber nicht glaubet, wird
verdammet werden.

2. Wenn der Wahrheit die Ungerech-
tigkeit
entgegen gesetzet wird, so wird damit an-
gezeiget, daß die Wahrheit voller Gerechtigkeit,
die Ungerechtigkeit aber voller Unwahrheit, Lü-
gen und Jrrthum sey.

V. 9.

Trübsal (schwere äusserliche Leiden) und
(innerliche) Angst (der Seelen, welche eine
Verzweifelung mit sich führet, und mit den
äusserlichen Leiden von dem vorher benannten
Zorn und der Ungnade GOttes entstehet,) über
alle Seelen der Menschen,
(welche von der
[Spaltenumbruch] Seele, als von dem vornehmsten Theile benen-
net werden; nach welchem sie auch, ohne Aus-
schliessung des Leibes, die Verdammniß am mei-
sten empfinden werden,) die da (dergestalt)
böses thun, (als zuvor angezeiget ist,) für-
nehmlich
(zuvorderst) der Juden (sintemal
von dem, wem vieles gegeben ist, auch vieles
gefordert werden soll; und wem mehrere Gna-
de angebothen wird, der ladet auch eine schwe-
rere Verantwortung auf sich, wenn er sie nicht
wohl anleget,) und auch der Griechen,
(auch anderer ungriechischen Nationen; als wel-
che nicht allein das Licht und Gesetz der Natur,
sondern auch in ihren Vorfahren, aus der Schu-
le und Anführung des Noä, von welchem nach
der Sündfluth alle Völcker auf Erden herstam-
men, durch das Mittel der Traditionen einiges
Licht der göttlichen Offenbarung zu ihrer Richt-
schnur gehabt haben; und über das, vermöge
der den Juden gegebenen und ihnen nicht unbe-
kanten göttlichen Offenbarung, hätten so viel
mehr von ihrer Abgötterey und übrigen Gottlo-
sigkeit ablassen sollen und können.)

Anmerckung.

Was die Sünde vor ein grosses Ubel, und
wie sehr sie GOTT zuwider seyn müsse, kan
man, ausser ihrer dem göttlichen Wesen äusserst
entgegen stehenden argen Natur, sonderlich aus
der Grösse der Strafe GOttes, welche mit so
nachdrücklichen Worten bezeichnet wird, erken-
nen: der Grund davon ist die Gerechtigkeit
GOttes, welche also beschaffen ist, daß sie zwi-
schen Schuld und Strafe eine proportion
hält.

V. 10.

Preis (Herrlichkeit) und Ehre, (oder
geistliche Würde, geistlicher hoher Ehrenstand
der Seligen, welcher aus der ewigen Herrlich-
keit entstehet,) und Friede, (ein ungestörter,
unvergänglicher, ruhiger und beständiger Ge-
nuß der durch die beyden vorhergehenden Wor-
te bezeichneten Seligkeit. Denn was alhier
Friede genannt wird, das hieß vorher v. 7. a-
phtharsia, ein unvergängliches Wesen; daß
also ein Wort das andere gar wohl erläutert,)
allen denen, die da gutes thun, (das Wah-
re und Gute, welches zu ihrem geistlichen und
ewigen Heil dienet, bey einem aller Abgötterey
entgegen gesetzten glaubigen Anhangen an GOtt
also erkennen, daß sie es auch durch die ge-
schenckte Gnaden-Kraft ausüben, gegen GOtt,
sich selbst und ihren Nächsten, zuvorderst mit
dem gereinigten Afsect des Hertzens innerlich,
und denn auch, nach gegebener Gelegenheit
äusserlich in der That zum guten Exempel ande-
rer,) fürnemlich (oder zuvorderst) den Ju-
den
(so fern sie den Heyden nach der beson-
dern Gnade in derselbigen würdigen Annehmung
zuvor gekommen sind,) und auch den Grie-
chen,
(und mit ihnen den übrigen heydnischen
Völckern, welche die Gnaden-Berufung Got-
tes zum Reiche des Meßiä, als darinnen allei-
ne das geistlich Wahre und Gute recht erkannt
und ausgeübet wird, angenommen haben.)

Anmer-

Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 7-10.
[Spaltenumbruch] durch den Glauben darinnen nicht allein anfan-
gen, ſondern auch fortfahren und beharren;
ſintemal nicht der Anfang, ſondern das Ende
k[r]oͤ[n]et Matth. 10, 22. Luc. 21, 19. Apoc. 2, 7.)
nach der (kuͤnftigen) Herrlichkeit, Ehre
und Unverweslichkeit
(eines ſeligen Zuſtan-
des) trachten, das ewige Leben (wird er
geben, nach v. 6.)

Anmerckung.

Es iſt demnach die Griechiſche Conſtruction
dieſes Verſes wohl zu mercken, nemlich die letz-
ten Worte ζωὴν άιώνιον, das ewige Leben,
dependiren von dem Verbo ἀποδώσει, er wird
geben,
oder vergelten v. 6. Die aber, wel-
chen die Vergeltung wiederfahren wird, werden
mit den darzwiſchen ſtehenden Worten beſchrie-
ben.

V. 8.

Aber denen, die (unter Heyden und Ju-
den dergeſtalt) zaͤnckiſch ſind, (daß ſie aller
Uberzeugung ſich widerſetzen und in einen feind-
ſeligen Widerſpruch eingehen) und (wie der
aus dem Lichte der Natur zu erkennenden, alſo
auch der in dem Geſetze und Evangelio GOttes
vorgeſtelleten) Wahrheit nicht gehorchen,
gehorchen aber dem Ungerechten,
(der Un-
gerechtigkeit, oder aller Suͤnde, alſo daß ſie
Knechte und Sclaven der Suͤnde ſind, und ih-
re Glieder der Suͤnde zu Waffen und zum Dien-
ſte der Ungerechtigkeit und Unreinigkeit begeben,
und von einer Ungerechtigkeit zu der andern
ſchreiten, nach Cap. 6, 13. 19. wird) Ungna-
de und Zorn
(wiederfahren, nemlich in ge-
haͤuften Straf-Gerichten, welche am Tage des
groſſen Welt-Gerichts uͤber ſie ergehen werden,
da es ſchrecklich ſeyn wird, in die Haͤnde des le-
bendigen GOttes zu fallen. Hebr. 10, 31.)

Anmerckungen.

1. Es koͤmmt bey der Seligkeit und Ver-
dammniß ſonderlich auf den Glauben und Un-
glauben an: als dadurch man die in CHriſto
angebotene Gnade entweder annimmt, oder
von ſich ſtoͤſſet, und dadurch man ſich zugleich
entweder der Tugend oder den Laſtern ergiebet.
Denn es heißt im Text: ἀπειϑοῦσι, πειϑομέ.
νοις δέ, welche Worte eigentlich vom Glauben
und Unglauben geſaget werden: Gleichwie es
Marc. 16, 16. heißt: Wer da glaubet, wird
ſelig werden; wer aber nicht glaubet, wird
verdammet werden.

2. Wenn der Wahrheit die Ungerech-
tigkeit
entgegen geſetzet wird, ſo wird damit an-
gezeiget, daß die Wahrheit voller Gerechtigkeit,
die Ungerechtigkeit aber voller Unwahrheit, Luͤ-
gen und Jrrthum ſey.

V. 9.

Truͤbſal (ſchwere aͤuſſerliche Leiden) und
(innerliche) Angſt (der Seelen, welche eine
Verzweifelung mit ſich fuͤhret, und mit den
aͤuſſerlichen Leiden von dem vorher benannten
Zorn und der Ungnade GOttes entſtehet,) uͤber
alle Seelen der Menſchen,
(welche von der
[Spaltenumbruch] Seele, als von dem vornehmſten Theile benen-
net werden; nach welchem ſie auch, ohne Aus-
ſchlieſſung des Leibes, die Verdammniß am mei-
ſten empfinden werden,) die da (dergeſtalt)
boͤſes thun, (als zuvor angezeiget iſt,) fuͤr-
nehmlich
(zuvorderſt) der Juden (ſintemal
von dem, wem vieles gegeben iſt, auch vieles
gefordert werden ſoll; und wem mehrere Gna-
de angebothen wird, der ladet auch eine ſchwe-
rere Verantwortung auf ſich, wenn er ſie nicht
wohl anleget,) und auch der Griechen,
(auch anderer ungriechiſchen Nationen; als wel-
che nicht allein das Licht und Geſetz der Natur,
ſondern auch in ihren Vorfahren, aus der Schu-
le und Anfuͤhrung des Noaͤ, von welchem nach
der Suͤndfluth alle Voͤlcker auf Erden herſtam-
men, durch das Mittel der Traditionen einiges
Licht der goͤttlichen Offenbarung zu ihrer Richt-
ſchnur gehabt haben; und uͤber das, vermoͤge
der den Juden gegebenen und ihnen nicht unbe-
kanten goͤttlichen Offenbarung, haͤtten ſo viel
mehr von ihrer Abgoͤtterey und uͤbrigen Gottlo-
ſigkeit ablaſſen ſollen und koͤnnen.)

Anmerckung.

Was die Suͤnde vor ein groſſes Ubel, und
wie ſehr ſie GOTT zuwider ſeyn muͤſſe, kan
man, auſſer ihrer dem goͤttlichen Weſen aͤuſſerſt
entgegen ſtehenden argen Natur, ſonderlich aus
der Groͤſſe der Strafe GOttes, welche mit ſo
nachdruͤcklichen Worten bezeichnet wird, erken-
nen: der Grund davon iſt die Gerechtigkeit
GOttes, welche alſo beſchaffen iſt, daß ſie zwi-
ſchen Schuld und Strafe eine proportion
haͤlt.

V. 10.

Preis (Herrlichkeit) und Ehre, (oder
geiſtliche Wuͤrde, geiſtlicher hoher Ehrenſtand
der Seligen, welcher aus der ewigen Herrlich-
keit entſtehet,) und Friede, (ein ungeſtoͤrter,
unvergaͤnglicher, ruhiger und beſtaͤndiger Ge-
nuß der durch die beyden vorhergehenden Wor-
te bezeichneten Seligkeit. Denn was alhier
Friede genannt wird, das hieß vorher v. 7. ἀ-
φϑαρσία, ein unvergaͤngliches Weſen; daß
alſo ein Wort das andere gar wohl erlaͤutert,)
allen denen, die da gutes thun, (das Wah-
re und Gute, welches zu ihrem geiſtlichen und
ewigen Heil dienet, bey einem aller Abgoͤtterey
entgegen geſetzten glaubigen Anhangen an GOtt
alſo erkennen, daß ſie es auch durch die ge-
ſchenckte Gnaden-Kraft ausuͤben, gegen GOtt,
ſich ſelbſt und ihren Naͤchſten, zuvorderſt mit
dem gereinigten Afſect des Hertzens innerlich,
und denn auch, nach gegebener Gelegenheit
aͤuſſerlich in der That zum guten Exempel ande-
rer,) fuͤrnemlich (oder zuvorderſt) den Ju-
den
(ſo fern ſie den Heyden nach der beſon-
dern Gnade in derſelbigen wuͤrdigen Annehmung
zuvor gekommen ſind,) und auch den Grie-
chen,
(und mit ihnen den uͤbrigen heydniſchen
Voͤlckern, welche die Gnaden-Berufung Got-
tes zum Reiche des Meßiaͤ, als darinnen allei-
ne das geiſtlich Wahre und Gute recht erkannt
und ausgeuͤbet wird, angenommen haben.)

Anmer-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0066" n="38"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 2, v. 7-10.</hi></hi></fw><lb/><cb/>
durch den Glauben darinnen nicht allein anfan-<lb/>
gen, &#x017F;ondern auch fortfahren und beharren;<lb/>
&#x017F;intemal nicht der Anfang, &#x017F;ondern das Ende<lb/>
k<supplied>r</supplied>o&#x0364;<supplied>n</supplied>et Matth. 10, 22. Luc. 21, 19. Apoc. 2, 7.)<lb/><hi rendition="#fr">nach der</hi> (ku&#x0364;nftigen) <hi rendition="#fr">Herrlichkeit, Ehre<lb/>
und Unverweslichkeit</hi> (eines &#x017F;eligen Zu&#x017F;tan-<lb/>
des) <hi rendition="#fr">trachten, das ewige Leben</hi> (wird er<lb/>
geben, nach v. 6.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t demnach die Griechi&#x017F;che <hi rendition="#aq">Con&#x017F;truction</hi><lb/>
die&#x017F;es Ver&#x017F;es wohl zu mercken, nemlich die letz-<lb/>
ten Worte &#x03B6;&#x03C9;&#x1F74;&#x03BD; &#x03AC;&#x03B9;&#x03CE;&#x03BD;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD;, <hi rendition="#fr">das ewige Leben,</hi><lb/><hi rendition="#aq">dependir</hi>en von dem <hi rendition="#aq">Verbo</hi> &#x1F00;&#x03C0;&#x03BF;&#x03B4;&#x03CE;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B9;, <hi rendition="#fr">er wird<lb/>
geben,</hi> oder <hi rendition="#fr">vergelten</hi> v. 6. Die aber, wel-<lb/>
chen die Vergeltung wiederfahren wird, werden<lb/>
mit den darzwi&#x017F;chen &#x017F;tehenden Worten be&#x017F;chrie-<lb/>
ben.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 8.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Aber denen, die</hi> (unter Heyden und Ju-<lb/>
den derge&#x017F;talt) <hi rendition="#fr">za&#x0364;ncki&#x017F;ch &#x017F;ind,</hi> (daß &#x017F;ie aller<lb/>
Uberzeugung &#x017F;ich wider&#x017F;etzen und in einen feind-<lb/>
&#x017F;eligen Wider&#x017F;pruch eingehen) <hi rendition="#fr">und</hi> (wie der<lb/>
aus dem Lichte der Natur zu erkennenden, al&#x017F;o<lb/>
auch der in dem Ge&#x017F;etze und Evangelio GOttes<lb/>
vorge&#x017F;telleten) <hi rendition="#fr">Wahrheit nicht gehorchen,<lb/>
gehorchen aber dem Ungerechten,</hi> (der Un-<lb/>
gerechtigkeit, oder aller Su&#x0364;nde, al&#x017F;o daß &#x017F;ie<lb/>
Knechte und Sclaven der Su&#x0364;nde &#x017F;ind, und ih-<lb/>
re Glieder der Su&#x0364;nde zu Waffen und zum Dien-<lb/>
&#x017F;te der Ungerechtigkeit und Unreinigkeit begeben,<lb/>
und von einer Ungerechtigkeit zu der andern<lb/>
&#x017F;chreiten, nach Cap. 6, 13. 19. wird) <hi rendition="#fr">Ungna-<lb/>
de und Zorn</hi> (wiederfahren, nemlich in ge-<lb/>
ha&#x0364;uften Straf-Gerichten, welche am Tage des<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Welt-Gerichts u&#x0364;ber &#x017F;ie ergehen werden,<lb/>
da es &#x017F;chrecklich &#x017F;eyn wird, in die Ha&#x0364;nde des le-<lb/>
bendigen GOttes zu fallen. Hebr. 10, 31.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Es ko&#x0364;mmt bey der Seligkeit und Ver-<lb/>
dammniß &#x017F;onderlich auf den Glauben und Un-<lb/>
glauben an: als dadurch man die in CHri&#x017F;to<lb/>
angebotene Gnade entweder annimmt, oder<lb/>
von &#x017F;ich &#x017F;to&#x0364;&#x017F;&#x017F;et, und dadurch man &#x017F;ich zugleich<lb/>
entweder der Tugend oder den La&#x017F;tern ergiebet.<lb/>
Denn es heißt im Text: &#x1F00;&#x03C0;&#x03B5;&#x03B9;&#x03D1;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03C3;&#x03B9;, &#x03C0;&#x03B5;&#x03B9;&#x03D1;&#x03BF;&#x03BC;&#x03AD;.<lb/>
&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C2; &#x03B4;&#x03AD;, welche Worte eigentlich vom Glauben<lb/>
und Unglauben ge&#x017F;aget werden: Gleichwie es<lb/>
Marc. 16, 16. heißt: <hi rendition="#fr">Wer da glaubet, wird<lb/>
&#x017F;elig werden; wer aber nicht glaubet, wird<lb/>
verdammet werden.</hi></p><lb/>
              <p>2. Wenn der <hi rendition="#fr">Wahrheit</hi> die <hi rendition="#fr">Ungerech-<lb/>
tigkeit</hi> entgegen ge&#x017F;etzet wird, &#x017F;o wird damit an-<lb/>
gezeiget, daß die Wahrheit voller Gerechtigkeit,<lb/>
die Ungerechtigkeit aber voller Unwahrheit, Lu&#x0364;-<lb/>
gen und Jrrthum &#x017F;ey.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 9.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Tru&#x0364;b&#x017F;al</hi> (&#x017F;chwere a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliche Leiden) <hi rendition="#fr">und</hi><lb/>
(innerliche) <hi rendition="#fr">Ang&#x017F;t</hi> (der Seelen, welche eine<lb/>
Verzweifelung mit &#x017F;ich fu&#x0364;hret, und mit den<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Leiden von dem vorher benannten<lb/>
Zorn und der Ungnade GOttes ent&#x017F;tehet,) <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber<lb/>
alle Seelen der Men&#x017F;chen,</hi> (welche von der<lb/><cb/>
Seele, als von dem vornehm&#x017F;ten Theile benen-<lb/>
net werden; nach welchem &#x017F;ie auch, ohne Aus-<lb/>
&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung des Leibes, die Verdammniß am mei-<lb/>
&#x017F;ten empfinden werden,) <hi rendition="#fr">die da</hi> (derge&#x017F;talt)<lb/><hi rendition="#fr">bo&#x0364;&#x017F;es thun,</hi> (als zuvor angezeiget i&#x017F;t,) <hi rendition="#fr">fu&#x0364;r-<lb/>
nehmlich</hi> (zuvorder&#x017F;t) <hi rendition="#fr">der Juden</hi> (&#x017F;intemal<lb/>
von dem, wem vieles gegeben i&#x017F;t, auch vieles<lb/>
gefordert werden &#x017F;oll; und wem mehrere Gna-<lb/>
de angebothen wird, der ladet auch eine &#x017F;chwe-<lb/>
rere Verantwortung auf &#x017F;ich, wenn er &#x017F;ie nicht<lb/>
wohl anleget,) <hi rendition="#fr">und auch der Griechen,</hi><lb/>
(auch anderer ungriechi&#x017F;chen Nationen; als wel-<lb/>
che nicht allein das Licht und Ge&#x017F;etz der Natur,<lb/>
&#x017F;ondern auch in ihren Vorfahren, aus der Schu-<lb/>
le und Anfu&#x0364;hrung des Noa&#x0364;, von welchem nach<lb/>
der Su&#x0364;ndfluth alle Vo&#x0364;lcker auf Erden her&#x017F;tam-<lb/>
men, durch das Mittel der <hi rendition="#aq">Tradition</hi>en einiges<lb/>
Licht der go&#x0364;ttlichen Offenbarung zu ihrer Richt-<lb/>
&#x017F;chnur gehabt haben; und u&#x0364;ber das, vermo&#x0364;ge<lb/>
der den Juden gegebenen und ihnen nicht unbe-<lb/>
kanten go&#x0364;ttlichen Offenbarung, ha&#x0364;tten &#x017F;o viel<lb/>
mehr von ihrer Abgo&#x0364;tterey und u&#x0364;brigen Gottlo-<lb/>
&#x017F;igkeit abla&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollen und ko&#x0364;nnen.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>Was die Su&#x0364;nde vor ein gro&#x017F;&#x017F;es Ubel, und<lb/>
wie &#x017F;ehr &#x017F;ie GOTT zuwider &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, kan<lb/>
man, au&#x017F;&#x017F;er ihrer dem go&#x0364;ttlichen We&#x017F;en a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t<lb/>
entgegen &#x017F;tehenden argen Natur, &#x017F;onderlich aus<lb/>
der Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Strafe GOttes, welche mit &#x017F;o<lb/>
nachdru&#x0364;cklichen Worten bezeichnet wird, erken-<lb/>
nen: der Grund davon i&#x017F;t die Gerechtigkeit<lb/>
GOttes, welche al&#x017F;o be&#x017F;chaffen i&#x017F;t, daß &#x017F;ie zwi-<lb/>
&#x017F;chen Schuld und Strafe eine <hi rendition="#aq">proportion</hi><lb/>
ha&#x0364;lt.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 10.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Preis</hi> (Herrlichkeit) <hi rendition="#fr">und Ehre,</hi> (oder<lb/>
gei&#x017F;tliche Wu&#x0364;rde, gei&#x017F;tlicher hoher Ehren&#x017F;tand<lb/>
der Seligen, welcher aus der ewigen Herrlich-<lb/>
keit ent&#x017F;tehet,) <hi rendition="#fr">und Friede,</hi> (ein unge&#x017F;to&#x0364;rter,<lb/>
unverga&#x0364;nglicher, ruhiger und be&#x017F;ta&#x0364;ndiger Ge-<lb/>
nuß der durch die beyden vorhergehenden Wor-<lb/>
te bezeichneten Seligkeit. Denn was alhier<lb/>
Friede genannt wird, das hieß vorher v. 7. &#x1F00;-<lb/>
&#x03C6;&#x03D1;&#x03B1;&#x03C1;&#x03C3;&#x03AF;&#x03B1;, <hi rendition="#fr">ein unverga&#x0364;ngliches We&#x017F;en;</hi> daß<lb/>
al&#x017F;o ein Wort das andere gar wohl erla&#x0364;utert,)<lb/><hi rendition="#fr">allen denen, die da gutes thun,</hi> (das Wah-<lb/>
re und Gute, welches zu ihrem gei&#x017F;tlichen und<lb/>
ewigen Heil dienet, bey einem aller Abgo&#x0364;tterey<lb/>
entgegen ge&#x017F;etzten glaubigen Anhangen an GOtt<lb/>
al&#x017F;o erkennen, daß &#x017F;ie es auch durch die ge-<lb/>
&#x017F;chenckte Gnaden-Kraft ausu&#x0364;ben, gegen GOtt,<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und ihren Na&#x0364;ch&#x017F;ten, zuvorder&#x017F;t mit<lb/>
dem gereinigten <hi rendition="#aq">Af&#x017F;ect</hi> des Hertzens innerlich,<lb/>
und denn auch, nach gegebener Gelegenheit<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich in der That zum guten Exempel ande-<lb/>
rer,) <hi rendition="#fr">fu&#x0364;rnemlich</hi> (oder zuvorder&#x017F;t) <hi rendition="#fr">den Ju-<lb/>
den</hi> (&#x017F;o fern &#x017F;ie den Heyden nach der be&#x017F;on-<lb/>
dern Gnade in der&#x017F;elbigen wu&#x0364;rdigen Annehmung<lb/>
zuvor gekommen &#x017F;ind,) <hi rendition="#fr">und auch den Grie-<lb/>
chen,</hi> (und mit ihnen den u&#x0364;brigen heydni&#x017F;chen<lb/>
Vo&#x0364;lckern, welche die Gnaden-Berufung Got-<lb/>
tes zum Reiche des Meßia&#x0364;, als darinnen allei-<lb/>
ne das gei&#x017F;tlich Wahre und Gute recht erkannt<lb/>
und ausgeu&#x0364;bet wird, angenommen haben.)</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Anmer-</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[38/0066] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 7-10. durch den Glauben darinnen nicht allein anfan- gen, ſondern auch fortfahren und beharren; ſintemal nicht der Anfang, ſondern das Ende kroͤnet Matth. 10, 22. Luc. 21, 19. Apoc. 2, 7.) nach der (kuͤnftigen) Herrlichkeit, Ehre und Unverweslichkeit (eines ſeligen Zuſtan- des) trachten, das ewige Leben (wird er geben, nach v. 6.) Anmerckung. Es iſt demnach die Griechiſche Conſtruction dieſes Verſes wohl zu mercken, nemlich die letz- ten Worte ζωὴν άιώνιον, das ewige Leben, dependiren von dem Verbo ἀποδώσει, er wird geben, oder vergelten v. 6. Die aber, wel- chen die Vergeltung wiederfahren wird, werden mit den darzwiſchen ſtehenden Worten beſchrie- ben. V. 8. Aber denen, die (unter Heyden und Ju- den dergeſtalt) zaͤnckiſch ſind, (daß ſie aller Uberzeugung ſich widerſetzen und in einen feind- ſeligen Widerſpruch eingehen) und (wie der aus dem Lichte der Natur zu erkennenden, alſo auch der in dem Geſetze und Evangelio GOttes vorgeſtelleten) Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber dem Ungerechten, (der Un- gerechtigkeit, oder aller Suͤnde, alſo daß ſie Knechte und Sclaven der Suͤnde ſind, und ih- re Glieder der Suͤnde zu Waffen und zum Dien- ſte der Ungerechtigkeit und Unreinigkeit begeben, und von einer Ungerechtigkeit zu der andern ſchreiten, nach Cap. 6, 13. 19. wird) Ungna- de und Zorn (wiederfahren, nemlich in ge- haͤuften Straf-Gerichten, welche am Tage des groſſen Welt-Gerichts uͤber ſie ergehen werden, da es ſchrecklich ſeyn wird, in die Haͤnde des le- bendigen GOttes zu fallen. Hebr. 10, 31.) Anmerckungen. 1. Es koͤmmt bey der Seligkeit und Ver- dammniß ſonderlich auf den Glauben und Un- glauben an: als dadurch man die in CHriſto angebotene Gnade entweder annimmt, oder von ſich ſtoͤſſet, und dadurch man ſich zugleich entweder der Tugend oder den Laſtern ergiebet. Denn es heißt im Text: ἀπειϑοῦσι, πειϑομέ. νοις δέ, welche Worte eigentlich vom Glauben und Unglauben geſaget werden: Gleichwie es Marc. 16, 16. heißt: Wer da glaubet, wird ſelig werden; wer aber nicht glaubet, wird verdammet werden. 2. Wenn der Wahrheit die Ungerech- tigkeit entgegen geſetzet wird, ſo wird damit an- gezeiget, daß die Wahrheit voller Gerechtigkeit, die Ungerechtigkeit aber voller Unwahrheit, Luͤ- gen und Jrrthum ſey. V. 9. Truͤbſal (ſchwere aͤuſſerliche Leiden) und (innerliche) Angſt (der Seelen, welche eine Verzweifelung mit ſich fuͤhret, und mit den aͤuſſerlichen Leiden von dem vorher benannten Zorn und der Ungnade GOttes entſtehet,) uͤber alle Seelen der Menſchen, (welche von der Seele, als von dem vornehmſten Theile benen- net werden; nach welchem ſie auch, ohne Aus- ſchlieſſung des Leibes, die Verdammniß am mei- ſten empfinden werden,) die da (dergeſtalt) boͤſes thun, (als zuvor angezeiget iſt,) fuͤr- nehmlich (zuvorderſt) der Juden (ſintemal von dem, wem vieles gegeben iſt, auch vieles gefordert werden ſoll; und wem mehrere Gna- de angebothen wird, der ladet auch eine ſchwe- rere Verantwortung auf ſich, wenn er ſie nicht wohl anleget,) und auch der Griechen, (auch anderer ungriechiſchen Nationen; als wel- che nicht allein das Licht und Geſetz der Natur, ſondern auch in ihren Vorfahren, aus der Schu- le und Anfuͤhrung des Noaͤ, von welchem nach der Suͤndfluth alle Voͤlcker auf Erden herſtam- men, durch das Mittel der Traditionen einiges Licht der goͤttlichen Offenbarung zu ihrer Richt- ſchnur gehabt haben; und uͤber das, vermoͤge der den Juden gegebenen und ihnen nicht unbe- kanten goͤttlichen Offenbarung, haͤtten ſo viel mehr von ihrer Abgoͤtterey und uͤbrigen Gottlo- ſigkeit ablaſſen ſollen und koͤnnen.) Anmerckung. Was die Suͤnde vor ein groſſes Ubel, und wie ſehr ſie GOTT zuwider ſeyn muͤſſe, kan man, auſſer ihrer dem goͤttlichen Weſen aͤuſſerſt entgegen ſtehenden argen Natur, ſonderlich aus der Groͤſſe der Strafe GOttes, welche mit ſo nachdruͤcklichen Worten bezeichnet wird, erken- nen: der Grund davon iſt die Gerechtigkeit GOttes, welche alſo beſchaffen iſt, daß ſie zwi- ſchen Schuld und Strafe eine proportion haͤlt. V. 10. Preis (Herrlichkeit) und Ehre, (oder geiſtliche Wuͤrde, geiſtlicher hoher Ehrenſtand der Seligen, welcher aus der ewigen Herrlich- keit entſtehet,) und Friede, (ein ungeſtoͤrter, unvergaͤnglicher, ruhiger und beſtaͤndiger Ge- nuß der durch die beyden vorhergehenden Wor- te bezeichneten Seligkeit. Denn was alhier Friede genannt wird, das hieß vorher v. 7. ἀ- φϑαρσία, ein unvergaͤngliches Weſen; daß alſo ein Wort das andere gar wohl erlaͤutert,) allen denen, die da gutes thun, (das Wah- re und Gute, welches zu ihrem geiſtlichen und ewigen Heil dienet, bey einem aller Abgoͤtterey entgegen geſetzten glaubigen Anhangen an GOtt alſo erkennen, daß ſie es auch durch die ge- ſchenckte Gnaden-Kraft ausuͤben, gegen GOtt, ſich ſelbſt und ihren Naͤchſten, zuvorderſt mit dem gereinigten Afſect des Hertzens innerlich, und denn auch, nach gegebener Gelegenheit aͤuſſerlich in der That zum guten Exempel ande- rer,) fuͤrnemlich (oder zuvorderſt) den Ju- den (ſo fern ſie den Heyden nach der beſon- dern Gnade in derſelbigen wuͤrdigen Annehmung zuvor gekommen ſind,) und auch den Grie- chen, (und mit ihnen den uͤbrigen heydniſchen Voͤlckern, welche die Gnaden-Berufung Got- tes zum Reiche des Meßiaͤ, als darinnen allei- ne das geiſtlich Wahre und Gute recht erkannt und ausgeuͤbet wird, angenommen haben.) Anmer-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/66
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/66>, abgerufen am 16.08.2024.