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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, 13. 14.
[Spaltenumbruch] damit immermehr verloschen und entkräftet
worden, theils aber gar eine theoretische Athei-
sterey daher entsprungen: wie von den Heiden
bekant ist, auch von den meisten Secten der
philosophorum; als deren also genannter Dei-
smus,
oder falsche Lehre von GOtt vom Atheismo
nicht weit unterschieden ist, und gerades Weges
dazu verleitet.
V. 13.

Nun aber, da ihr (dergestalt von Christo
beruffen worden, daß ihr zu seiner seligen Ge-
meinschaft gekommen und also) in Christo
seyd, und weiland ferne gewesen seyd, nun
aber nahe worden durch das Blut Christi

(durch seinen Versöhnungs-Tod, wodurch aller
Unterscheid zwischen Juden und Heiden aufge-
haben ist, also, daß dem lieben GOtt einer so na-
he ist als der andere. Siehe Jes. 56, 3.

Anmerckungen.
1. Der Leser wird sich erinnern, oder kan
nachschlagen, was vorher v. 10. von der Re-
dens-Art: in Christo, erinnert worden. Hier
kömmt sie nun abermal vor mit eben solchem
Nachdruck: desgleichen auch v. 21. 22. wieder-
holet wird. Daß also dieses ein rechter Haupt-
Character des Paulinischen styli ist, daß er so oft
und so nachdrücklich auf die Gemeinschaft mit
Christo
führet, und damit erweiset, wie nicht
allein dem Grunde nach alles auf ihn ankomme
und von ihm herrühre, sondern auch der Heils-
Ordnung nach alle erlangte Seligkeit in der
würcklichen Vereinigung mit ihm genossen wer-
den müsse.
2. Durch das Blut Christi wird das gan-
tze Leiden Christi und der Tod selbst nebst der
Auferstehung, und also das gantze Werck der
Erlösung verstanden. Denn gleichwie im alten
Testament das Blutvergiessen und Sprengen
geschahe bey und nach dem Tode der Opfer-Thie-
re, und versöhnlich war, also, daß es darauf für-
nehmlich ankam, als wodurch der Tod des
Opfer-Viehes mit angezeiget wurde: also stehet
noch vielmehr im neuen Testamente die Re-
dens-Art vom Blute Christi mit grossem Nach-
drucke vom gantzen Wercke der Erlösung.
Welches von allen solchen häufig vorkommen-
den Oerten wohl zu mercken ist.
3. Der selige Lutherus hat zwar die Wor-
te en to aimati gar füglich übersetzet durch das
Blut
u. s. w. allein es ist nach dem gedachten
Character der Paulinischen Schreib-Art ein
grösserer Nachdruck darinnen, wenn es heißt:
in dem Blute Christi; als dadurch ausser der
caussa meritoria, oder verdienstlichen und wir-
ckenden Ursache, auch zugleich die wirckliche Be-
sitzung und Heils-volle Gemeinschaft bezeichnet
wird; und zwar also, daß man nach derselben
auch eine neue Creatur sey: wie denn niemand
in Christo ist, es sey denn, daß er eine neue Cre-
atur sey. 2 Cor. 5, 17. Gal. 6, 15.
4. Es heißt demnach durch das Blut
Christi oder in demselben nahe worden
seyn
so viel, als durch dasselbe dergestalt versöh-
net seyn, daß man, nachdem man dazu durch das
[Spaltenumbruch] Evangelium kräftigst berufen worden, den Glau-
ben an Christum in sich anzünden lassen, ihn durch
denselben sich wircklich zugeeignet und mit ihm
vereiniget worden, und also vor GOtt in ihm
erfunden und als ein versöhntes, auch geheiligtes
Kind GOttes angesehen wird.
5. GOtt ist zwar allgegenwärtig, und da-
her ist kein Mensch ferne von ihm, noch er ferne
von einem einzigen Menschen: wenn doch aber
solche Redens-Arten von der Entfernung zwi-
schen GOtt und Menschen und von der Annähe-
rung gebrauchet werden, so wird damit gesehen
auf Seiten GOttes auf die besondere Wir-
ckung,
welche von GOtt gegen den Menschen
geschehen, und auf Seiten des Menschen auf die
geistliche Veränderung, die dadurch in ihm
vorgehet; wodurch denn auch ein solcher gläubi-
ger Eindruck von der gnädigen Allgegenwart
GOttes in ihm entstehet, der vorher bey ihm
nicht war, als er sich durch die Abkehr seines Her-
tzens selbst von dem allgegenwärtigen GOTT
entfernete, da er seine Allgegenwart nicht glaub-
te, oder sich doch nur einen leeren Gedancken da-
von machete.
6. Es heisset noch von einem jeglichen zu
Christo wahrhaftig bekehrten Menschen also, daß,
da er zuvor im Stande der herrschenden Sünde
von GOtt entfernet gewesen, er durch die wahre
Bekehrung sich zu ihm genähert. Wohl dem,
der sich nicht wieder von ihm entfernet, wie gar
leicht geschehen kan, wenn man seine heilige Ge-
genwart aus den Augen setzet, und wider sein
Gewissen sündiget.
V. 14.

Denn er ist unser Friede (der rechte Frie-
dens-Fürst Jes. 9, 6. 7. und Friedens-Erwer-
ber, der uns, die Juden und Heiden, mit GOtt
versöhnet hat, also, daß wir von ihm und in ihm
den Frieden mit GOtt und in GOtt haben: da-
her denn auch die Widrigkeit, die zwischen Jü-
den und Heiden ist, von sich selbst hinweg fällt)
der aus beyden (Juden und Heiden) eins (ei-
ne christliche Kirche, oder Gemeine, einen geist-
lichen Leib, einen geistlichen Tempel, eine Heer-
de eines Hirten, und ein gemeinschaftliches Volck
des Eigenthums gemachet hat) und hat abge-
brochen den Zaun, der dazwischen gema-
chet war
(als eine Scheide-Wand, nemlich
das Ceremonial-Gesetz, und sonderlich die dazu
gehörige Beschneidung.)

Anmerckungen.
1. Der von Christo erworbene Friede ste-
het entgegen der Straf-Gerechtigkeit GOt-
tes,
nach wecher, unter der Verdammung des
Gesetzes, der Mensch, der durch die Sünde in
der grössesten Feindseligkeit GOttes stehet, dem
Fluche unterworfen ist. Da nun Christus die-
sen Fluch über sich genommen, und das Gesetz für
uns erfüllet hat, so hat er uns damit versöhnet
und uns den Frieden mit GOtt erworben: da-
her er Jes. 9, 6. 7. der Friedens-Fürst heißt,
und im Gegenbilde von dem Melchisedech,
dem Könige zu Salem, oder zur Friedensburg,
der König des Friedens genennet wird Hebr.
7, 2.
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, 13. 14.
[Spaltenumbruch] damit immermehr verloſchen und entkraͤftet
worden, theils aber gar eine theoretiſche Athei-
ſterey daher entſprungen: wie von den Heiden
bekant iſt, auch von den meiſten Secten der
philoſophorum; als deren alſo genannter Dei-
ſmus,
oder falſche Lehre von GOtt vom Atheiſmo
nicht weit unterſchieden iſt, und gerades Weges
dazu verleitet.
V. 13.

Nun aber, da ihr (dergeſtalt von Chriſto
beruffen worden, daß ihr zu ſeiner ſeligen Ge-
meinſchaft gekommen und alſo) in Chriſto
ſeyd, und weiland ferne geweſen ſeyd, nun
aber nahe worden durch das Blut Chriſti

(durch ſeinen Verſoͤhnungs-Tod, wodurch aller
Unterſcheid zwiſchen Juden und Heiden aufge-
haben iſt, alſo, daß dem lieben GOtt einer ſo na-
he iſt als der andere. Siehe Jeſ. 56, 3.

Anmerckungen.
1. Der Leſer wird ſich erinnern, oder kan
nachſchlagen, was vorher v. 10. von der Re-
dens-Art: in Chriſto, erinnert worden. Hier
koͤmmt ſie nun abermal vor mit eben ſolchem
Nachdruck: desgleichen auch v. 21. 22. wieder-
holet wird. Daß alſo dieſes ein rechter Haupt-
Character des Pauliniſchen ſtyli iſt, daß er ſo oft
und ſo nachdruͤcklich auf die Gemeinſchaft mit
Chriſto
fuͤhret, und damit erweiſet, wie nicht
allein dem Grunde nach alles auf ihn ankomme
und von ihm herruͤhre, ſondern auch der Heils-
Ordnung nach alle erlangte Seligkeit in der
wuͤrcklichen Vereinigung mit ihm genoſſen wer-
den muͤſſe.
2. Durch das Blut Chriſti wird das gan-
tze Leiden Chriſti und der Tod ſelbſt nebſt der
Auferſtehung, und alſo das gantze Werck der
Erloͤſung verſtanden. Denn gleichwie im alten
Teſtament das Blutvergieſſen und Sprengen
geſchahe bey und nach dem Tode der Opfer-Thie-
re, und verſoͤhnlich war, alſo, daß es darauf fuͤr-
nehmlich ankam, als wodurch der Tod des
Opfer-Viehes mit angezeiget wurde: alſo ſtehet
noch vielmehr im neuen Teſtamente die Re-
dens-Art vom Blute Chriſti mit groſſem Nach-
drucke vom gantzen Wercke der Erloͤſung.
Welches von allen ſolchen haͤufig vorkommen-
den Oerten wohl zu mercken iſt.
3. Der ſelige Lutherus hat zwar die Wor-
te ἐν τῷ ἅιματι gar fuͤglich uͤberſetzet durch das
Blut
u. ſ. w. allein es iſt nach dem gedachten
Character der Pauliniſchen Schreib-Art ein
groͤſſerer Nachdruck darinnen, wenn es heißt:
in dem Blute Chriſti; als dadurch auſſer der
cauſſa meritoria, oder verdienſtlichen und wir-
ckenden Urſache, auch zugleich die wirckliche Be-
ſitzung und Heils-volle Gemeinſchaft bezeichnet
wird; und zwar alſo, daß man nach derſelben
auch eine neue Creatur ſey: wie denn niemand
in Chriſto iſt, es ſey denn, daß er eine neue Cre-
atur ſey. 2 Cor. 5, 17. Gal. 6, 15.
4. Es heißt demnach durch das Blut
Chriſti oder in demſelben nahe worden
ſeyn
ſo viel, als durch daſſelbe dergeſtalt verſoͤh-
net ſeyn, daß man, nachdem man dazu durch das
[Spaltenumbruch] Evangelium kraͤftigſt berufen worden, den Glau-
ben an Chriſtum in ſich anzuͤnden laſſen, ihn durch
denſelben ſich wircklich zugeeignet und mit ihm
vereiniget worden, und alſo vor GOtt in ihm
erfunden und als ein verſoͤhntes, auch geheiligtes
Kind GOttes angeſehen wird.
5. GOtt iſt zwar allgegenwaͤrtig, und da-
her iſt kein Menſch ferne von ihm, noch er ferne
von einem einzigen Menſchen: wenn doch aber
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ſchen GOtt und Menſchen und von der Annaͤhe-
rung gebrauchet werden, ſo wird damit geſehen
auf Seiten GOttes auf die beſondere Wir-
ckung,
welche von GOtt gegen den Menſchen
geſchehen, und auf Seiten des Menſchen auf die
geiſtliche Veraͤnderung, die dadurch in ihm
vorgehet; wodurch denn auch ein ſolcher glaͤubi-
ger Eindruck von der gnaͤdigen Allgegenwart
GOttes in ihm entſtehet, der vorher bey ihm
nicht war, als er ſich durch die Abkehr ſeines Her-
tzens ſelbſt von dem allgegenwaͤrtigen GOTT
entfernete, da er ſeine Allgegenwart nicht glaub-
te, oder ſich doch nur einen leeren Gedancken da-
von machete.
6. Es heiſſet noch von einem jeglichen zu
Chriſto wahrhaftig bekehrten Menſchen alſo, daß,
da er zuvor im Stande der herrſchenden Suͤnde
von GOtt entfernet geweſen, er durch die wahre
Bekehrung ſich zu ihm genaͤhert. Wohl dem,
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leicht geſchehen kan, wenn man ſeine heilige Ge-
genwart aus den Augen ſetzet, und wider ſein
Gewiſſen ſuͤndiget.
V. 14.

Denn er iſt unſer Friede (der rechte Frie-
dens-Fuͤrſt Jeſ. 9, 6. 7. und Friedens-Erwer-
ber, der uns, die Juden und Heiden, mit GOtt
verſoͤhnet hat, alſo, daß wir von ihm und in ihm
den Frieden mit GOtt und in GOtt haben: da-
her denn auch die Widrigkeit, die zwiſchen Juͤ-
den und Heiden iſt, von ſich ſelbſt hinweg faͤllt)
der aus beyden (Juden und Heiden) eins (ei-
ne chriſtliche Kirche, oder Gemeine, einen geiſt-
lichen Leib, einen geiſtlichen Tempel, eine Heer-
de eines Hirten, und ein gemeinſchaftliches Volck
des Eigenthums gemachet hat) und hat abge-
brochen den Zaun, der dazwiſchen gema-
chet war
(als eine Scheide-Wand, nemlich
das Ceremonial-Geſetz, und ſonderlich die dazu
gehoͤrige Beſchneidung.)

Anmerckungen.
1. Der von Chriſto erworbene Friede ſte-
het entgegen der Straf-Gerechtigkeit GOt-
tes,
nach wecher, unter der Verdammung des
Geſetzes, der Menſch, der durch die Suͤnde in
der groͤſſeſten Feindſeligkeit GOttes ſtehet, dem
Fluche unterworfen iſt. Da nun Chriſtus die-
ſen Fluch uͤber ſich genommen, und das Geſetz fuͤr
uns erfuͤllet hat, ſo hat er uns damit verſoͤhnet
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und im Gegenbilde von dem Melchiſedech,
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der Koͤnig des Friedens genennet wird Hebr.
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[620/0648] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, 13. 14. damit immermehr verloſchen und entkraͤftet worden, theils aber gar eine theoretiſche Athei- ſterey daher entſprungen: wie von den Heiden bekant iſt, auch von den meiſten Secten der philoſophorum; als deren alſo genannter Dei- ſmus, oder falſche Lehre von GOtt vom Atheiſmo nicht weit unterſchieden iſt, und gerades Weges dazu verleitet. V. 13. Nun aber, da ihr (dergeſtalt von Chriſto beruffen worden, daß ihr zu ſeiner ſeligen Ge- meinſchaft gekommen und alſo) in Chriſto ſeyd, und weiland ferne geweſen ſeyd, nun aber nahe worden durch das Blut Chriſti (durch ſeinen Verſoͤhnungs-Tod, wodurch aller Unterſcheid zwiſchen Juden und Heiden aufge- haben iſt, alſo, daß dem lieben GOtt einer ſo na- he iſt als der andere. Siehe Jeſ. 56, 3. Anmerckungen. 1. Der Leſer wird ſich erinnern, oder kan nachſchlagen, was vorher v. 10. von der Re- dens-Art: in Chriſto, erinnert worden. Hier koͤmmt ſie nun abermal vor mit eben ſolchem Nachdruck: desgleichen auch v. 21. 22. wieder- holet wird. Daß alſo dieſes ein rechter Haupt- Character des Pauliniſchen ſtyli iſt, daß er ſo oft und ſo nachdruͤcklich auf die Gemeinſchaft mit Chriſto fuͤhret, und damit erweiſet, wie nicht allein dem Grunde nach alles auf ihn ankomme und von ihm herruͤhre, ſondern auch der Heils- Ordnung nach alle erlangte Seligkeit in der wuͤrcklichen Vereinigung mit ihm genoſſen wer- den muͤſſe. 2. Durch das Blut Chriſti wird das gan- tze Leiden Chriſti und der Tod ſelbſt nebſt der Auferſtehung, und alſo das gantze Werck der Erloͤſung verſtanden. Denn gleichwie im alten Teſtament das Blutvergieſſen und Sprengen geſchahe bey und nach dem Tode der Opfer-Thie- re, und verſoͤhnlich war, alſo, daß es darauf fuͤr- nehmlich ankam, als wodurch der Tod des Opfer-Viehes mit angezeiget wurde: alſo ſtehet noch vielmehr im neuen Teſtamente die Re- dens-Art vom Blute Chriſti mit groſſem Nach- drucke vom gantzen Wercke der Erloͤſung. Welches von allen ſolchen haͤufig vorkommen- den Oerten wohl zu mercken iſt. 3. Der ſelige Lutherus hat zwar die Wor- te ἐν τῷ ἅιματι gar fuͤglich uͤberſetzet durch das Blut u. ſ. w. allein es iſt nach dem gedachten Character der Pauliniſchen Schreib-Art ein groͤſſerer Nachdruck darinnen, wenn es heißt: in dem Blute Chriſti; als dadurch auſſer der cauſſa meritoria, oder verdienſtlichen und wir- ckenden Urſache, auch zugleich die wirckliche Be- ſitzung und Heils-volle Gemeinſchaft bezeichnet wird; und zwar alſo, daß man nach derſelben auch eine neue Creatur ſey: wie denn niemand in Chriſto iſt, es ſey denn, daß er eine neue Cre- atur ſey. 2 Cor. 5, 17. Gal. 6, 15. 4. Es heißt demnach durch das Blut Chriſti oder in demſelben nahe worden ſeyn ſo viel, als durch daſſelbe dergeſtalt verſoͤh- net ſeyn, daß man, nachdem man dazu durch das Evangelium kraͤftigſt berufen worden, den Glau- ben an Chriſtum in ſich anzuͤnden laſſen, ihn durch denſelben ſich wircklich zugeeignet und mit ihm vereiniget worden, und alſo vor GOtt in ihm erfunden und als ein verſoͤhntes, auch geheiligtes Kind GOttes angeſehen wird. 5. GOtt iſt zwar allgegenwaͤrtig, und da- her iſt kein Menſch ferne von ihm, noch er ferne von einem einzigen Menſchen: wenn doch aber ſolche Redens-Arten von der Entfernung zwi- ſchen GOtt und Menſchen und von der Annaͤhe- rung gebrauchet werden, ſo wird damit geſehen auf Seiten GOttes auf die beſondere Wir- ckung, welche von GOtt gegen den Menſchen geſchehen, und auf Seiten des Menſchen auf die geiſtliche Veraͤnderung, die dadurch in ihm vorgehet; wodurch denn auch ein ſolcher glaͤubi- ger Eindruck von der gnaͤdigen Allgegenwart GOttes in ihm entſtehet, der vorher bey ihm nicht war, als er ſich durch die Abkehr ſeines Her- tzens ſelbſt von dem allgegenwaͤrtigen GOTT entfernete, da er ſeine Allgegenwart nicht glaub- te, oder ſich doch nur einen leeren Gedancken da- von machete. 6. Es heiſſet noch von einem jeglichen zu Chriſto wahrhaftig bekehrten Menſchen alſo, daß, da er zuvor im Stande der herrſchenden Suͤnde von GOtt entfernet geweſen, er durch die wahre Bekehrung ſich zu ihm genaͤhert. Wohl dem, der ſich nicht wieder von ihm entfernet, wie gar leicht geſchehen kan, wenn man ſeine heilige Ge- genwart aus den Augen ſetzet, und wider ſein Gewiſſen ſuͤndiget. V. 14. Denn er iſt unſer Friede (der rechte Frie- dens-Fuͤrſt Jeſ. 9, 6. 7. und Friedens-Erwer- ber, der uns, die Juden und Heiden, mit GOtt verſoͤhnet hat, alſo, daß wir von ihm und in ihm den Frieden mit GOtt und in GOtt haben: da- her denn auch die Widrigkeit, die zwiſchen Juͤ- den und Heiden iſt, von ſich ſelbſt hinweg faͤllt) der aus beyden (Juden und Heiden) eins (ei- ne chriſtliche Kirche, oder Gemeine, einen geiſt- lichen Leib, einen geiſtlichen Tempel, eine Heer- de eines Hirten, und ein gemeinſchaftliches Volck des Eigenthums gemachet hat) und hat abge- brochen den Zaun, der dazwiſchen gema- chet war (als eine Scheide-Wand, nemlich das Ceremonial-Geſetz, und ſonderlich die dazu gehoͤrige Beſchneidung.) Anmerckungen. 1. Der von Chriſto erworbene Friede ſte- het entgegen der Straf-Gerechtigkeit GOt- tes, nach wecher, unter der Verdammung des Geſetzes, der Menſch, der durch die Suͤnde in der groͤſſeſten Feindſeligkeit GOttes ſtehet, dem Fluche unterworfen iſt. Da nun Chriſtus die- ſen Fluch uͤber ſich genommen, und das Geſetz fuͤr uns erfuͤllet hat, ſo hat er uns damit verſoͤhnet und uns den Frieden mit GOtt erworben: da- her er Jeſ. 9, 6. 7. der Friedens-Fuͤrſt heißt, und im Gegenbilde von dem Melchiſedech, dem Koͤnige zu Salem, oder zur Friedensburg, der Koͤnig des Friedens genennet wird Hebr. 7, 2.

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/648>, abgerufen am 24.11.2024.