Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 1, v. 10-12. an die Epheser. [Spaltenumbruch]
so ist der Sohn GOttes Mensch und auch nachder menschlichen Natur das Haupt der Kirche, ja des gantzen menschlichen Geschlechts zur Wiederbringung worden. Von welchem hoch- gelobten Haupte der Apostel hernach v. 20. u. f. mit mehrern handelt. Ob nun wol dadurch die gute Harmonie und Freundschaft zwischen den Glaubigen und den heiligen Engeln unter dem einigen Haupte CHristo wieder hergestellet ist: so lässet sich doch bey solcher Herstellung und Wiederbringung kein Schluß machen von der allgemeinen Erwerbung auf die allgemeine Zu- eignung: als zu welcher eine gewisse Ordnung gehöret, welche von den meisten nicht angenom- men wird. Und was die gefallenen Engel be- trifft, so stehet deroselben Wiederbringung un- ter andern entgegen Hebr. 2, 16. Er nimmt nirgend die Engel an sich etc. Zu derjeni- gen Zusammenfassung aber, welche zwischen den heiligen Engeln und auserwehlten Menschen geschehen, haben sich zum Lobe GOttes jene höchlich gefreuet, und an dem Geheimniß ihre heiligste Belustigung bezeuget, wie sonderlich daraus zu erkennen, daß sie sich bey der verkündig- ten Empfängniß und Geburt CHristi; wie auch bey seinem Leben, Leiden, Sterben, auch bey seiner Auferstehung und Himmelfahrt, so gar geschäftig erwiesen haben. Siehe auch Eph. 3, 10. 1 Pet 1, 12. 6. Da nun dieses wol der einfältigste und richtigste Verstand ist der Worte von der in CHristo geschehenen anacephalaeosi, oder Zu- sammenfassung unter ein Haupt; so folget daraus von sich selbst, daß man die Wörter, alles was im Himmel und Erden ist, nicht füglich verstehen kan, als von dem, was solcher Zusammenbringung fähig ist, das ist von den heiligen Engeln und Menschen. 7. Die Wörtlein en auto können gar füg- lich angesehen werden, als solche, die ihres Nachdrucks wegen wiederhohlet sind und auf die vorhergehenden en to Khriso gehen; und sehen sie auf diese Worte also zurück, daß sie auch mit auf die folgenden gehen, solcher ge- stalt: daß alles zusammen gefasset würde in CHristo, beyde das im Himmel und auf Erden ist; en auto, in ihm, oder in dem, sage ich, in welchem wir auch zum Erb- theil kommen sind etc. V. 11. 12. Durch welchen (CHristum, den Welt- Anmerckungen. 1. Weß das Hertz voll ist, davon gehet der Mund über, oder fliesset durch die Fe- der aus; mag man alhier nach Matth. 12, 34. wol sagen von Paulo. Denn das Hertz war ihm so voll von CHristo, insonderheit von des- selben Haupt-Wercke, der Erlösung, und der da- von dependirenden Erwehlung zum ewigen Le- ben, daß er dasjenige, welches er bereits v. 4. u. f. davon vorgetragen hatte, mit einiger Ver- änderung der Worte, oder neuem Zusatze, wie- derholet.: Gleichwie es die Sache selbst also mit sich brachte, und es zu geschehen pfleget, wo man aus allem Affect etwas redet, oder schrei- bet. Wir finden demnach alhier vier Stücke von der Erwehlung zu bemercken: erstlich dessel- ben principium, zum andern die Erwehlung selbst, und drittens derselben Ausführung im Wercke der Seligkeit, und viertens den Zweck, oder wozu sie geschehen ist. 2. Das principium der Erwehlung ist pro- thesis, der Fürsatz, nemlich die Menschen durch den Glauben an CHristum selig zu machen. Die Erwehlung selbst wird ausgedrucket mit dem Worte prooristhentes, zuvor verordnet, welches bereits v. 5. erkläret ist, dazu denn al- hier die Worte en o, in welchem, die auf CHristum gehen, nicht weniger gehören, als zu dem Worte eklerothemen, wir sind zum Erbtheil kommen. 3. Die Ausführung wird angezeiget mit den Worten: Der alle Dinge wircket nach dem Rath seines Willens. Da denn der Wille GOttes ist eudokia, das zuvor gerühmte Wohlgefallen GOTTes. Und wenn diesem Willen ein Rath zugeschrieben wird, so wird damit angezeiget, wie der Wille GOttes von höchster Weisheit sey: gleichwie unter Men- schen solche Willens-Meinungen und Schlüs- se die besten sind, welche aus wohl bedachter Sache und reiflich gepflogenem Rath herfliessen; daß also der Verstand nach seiner Weisheit mit dem Willen in seinen Schlüssen zusammen trit. Nach diesem allerweisesten Willen wircket GOTT alles, nemlich also, daß, nachdem er etwas in höchster Weisheit und Vollkommen- heit beschlossen, es auch verheissen hat, er es auch ausführet. Und gleichwie er es in allen Dingen also machet: so hat er es insonderheit in dem Haupt-Geschäfte von der Sendung sei- nes Sohnes und von der durch ihn zu vollbrin- genden Erlösung des menschlichen Geschlechts also gemachet. 4. Was nun endlich den Zweck betrifft, dazu die Erwehlung geschehen, so bestehet er auf Seiten der Menschen in der Seligkeit, auf Seiten GOttes in der Verherrlichung seines Namens. Von jener heißt es eklerothemen prooristhentis, wir sind ins Erbtheil kom- men, oder eingesetzet, da wir sind zuvor verordnet worden. Der Apostel redet wie von der Erwehlung selbst, also auch von dem Erbtheil, als von einer solchen geschehenen Sa- che G g g g
Cap. 1, v. 10-12. an die Epheſer. [Spaltenumbruch]
ſo iſt der Sohn GOttes Menſch und auch nachder menſchlichen Natur das Haupt der Kirche, ja des gantzen menſchlichen Geſchlechts zur Wiederbringung worden. Von welchem hoch- gelobten Haupte der Apoſtel hernach v. 20. u. f. mit mehrern handelt. Ob nun wol dadurch die gute Harmonie und Freundſchaft zwiſchen den Glaubigen und den heiligen Engeln unter dem einigen Haupte CHriſto wieder hergeſtellet iſt: ſo laͤſſet ſich doch bey ſolcher Herſtellung und Wiederbringung kein Schluß machen von der allgemeinen Erwerbung auf die allgemeine Zu- eignung: als zu welcher eine gewiſſe Ordnung gehoͤret, welche von den meiſten nicht angenom- men wird. Und was die gefallenen Engel be- trifft, ſo ſtehet deroſelben Wiederbringung un- ter andern entgegen Hebr. 2, 16. Er nimmt nirgend die Engel an ſich ꝛc. Zu derjeni- gen Zuſammenfaſſung aber, welche zwiſchen den heiligen Engeln und auserwehlten Menſchen geſchehen, haben ſich zum Lobe GOttes jene hoͤchlich gefreuet, und an dem Geheimniß ihre heiligſte Beluſtigung bezeuget, wie ſonderlich daraus zu erkennen, daß ſie ſich bey der verkuͤndig- ten Empfaͤngniß und Geburt CHriſti; wie auch bey ſeinem Leben, Leiden, Sterben, auch bey ſeiner Auferſtehung und Himmelfahrt, ſo gar geſchaͤftig erwieſen haben. Siehe auch Eph. 3, 10. 1 Pet 1, 12. 6. Da nun dieſes wol der einfaͤltigſte und richtigſte Verſtand iſt der Worte von der in CHriſto geſchehenen anacephalæoſi, oder Zu- ſammenfaſſung unter ein Haupt; ſo folget daraus von ſich ſelbſt, daß man die Woͤrter, alles was im Himmel und Erden iſt, nicht fuͤglich verſtehen kan, als von dem, was ſolcher Zuſammenbringung faͤhig iſt, das iſt von den heiligen Engeln und Menſchen. 7. Die Woͤrtlein ἐν ἀυτῷ koͤnnen gar fuͤg- lich angeſehen werden, als ſolche, die ihres Nachdrucks wegen wiederhohlet ſind und auf die vorhergehenden ἔν τῷ Χριςῷ gehen; und ſehen ſie auf dieſe Worte alſo zuruͤck, daß ſie auch mit auf die folgenden gehen, ſolcher ge- ſtalt: daß alles zuſammen gefaſſet wuͤrde in CHriſto, beyde das im Himmel und auf Erden iſt; ἐν ἀυτῷ, in ihm, oder in dem, ſage ich, in welchem wir auch zum Erb- theil kommen ſind ꝛc. V. 11. 12. Durch welchen (CHriſtum, den Welt- Anmerckungen. 1. Weß das Hertz voll iſt, davon gehet der Mund uͤber, oder flieſſet durch die Fe- der aus; mag man alhier nach Matth. 12, 34. wol ſagen von Paulo. Denn das Hertz war ihm ſo voll von CHriſto, inſonderheit von deſ- ſelben Haupt-Wercke, der Erloͤſung, und der da- von dependirenden Erwehlung zum ewigen Le- ben, daß er dasjenige, welches er bereits v. 4. u. f. davon vorgetragen hatte, mit einiger Ver- aͤnderung der Worte, oder neuem Zuſatze, wie- derholet.: Gleichwie es die Sache ſelbſt alſo mit ſich brachte, und es zu geſchehen pfleget, wo man aus allem Affect etwas redet, oder ſchrei- bet. Wir finden demnach alhier vier Stuͤcke von der Erwehlung zu bemercken: erſtlich deſſel- ben principium, zum andern die Erwehlung ſelbſt, und drittens derſelben Ausfuͤhrung im Wercke der Seligkeit, und viertens den Zweck, oder wozu ſie geſchehen iſt. 2. Das principium der Erwehlung iſt pro- theſis, der Fuͤrſatz, nemlich die Menſchen durch den Glauben an CHriſtum ſelig zu machen. Die Erwehlung ſelbſt wird ausgedrucket mit dem Worte προορισϑέντες, zuvor verordnet, welches bereits v. 5. erklaͤret iſt, dazu denn al- hier die Worte ἐν ᾧ, in welchem, die auf CHriſtum gehen, nicht weniger gehoͤren, als zu dem Worte ἐκληρώϑημεν, wir ſind zum Erbtheil kommen. 3. Die Ausfuͤhrung wird angezeiget mit den Worten: Der alle Dinge wircket nach dem Rath ſeines Willens. Da denn der Wille GOttes iſt ἐυδοκία, das zuvor geruͤhmte Wohlgefallen GOTTes. Und wenn dieſem Willen ein Rath zugeſchrieben wird, ſo wird damit angezeiget, wie der Wille GOttes von hoͤchſter Weisheit ſey: gleichwie unter Men- ſchen ſolche Willens-Meinungen und Schluͤſ- ſe die beſten ſind, welche aus wohl bedachter Sache und reiflich gepflogenem Rath herflieſſen; daß alſo der Verſtand nach ſeiner Weisheit mit dem Willen in ſeinen Schluͤſſen zuſammen trit. Nach dieſem allerweiſeſten Willen wircket GOTT alles, nemlich alſo, daß, nachdem er etwas in hoͤchſter Weisheit und Vollkommen- heit beſchloſſen, es auch verheiſſen hat, er es auch ausfuͤhret. Und gleichwie er es in allen Dingen alſo machet: ſo hat er es inſonderheit in dem Haupt-Geſchaͤfte von der Sendung ſei- nes Sohnes und von der durch ihn zu vollbrin- genden Erloͤſung des menſchlichen Geſchlechts alſo gemachet. 4. Was nun endlich den Zweck betrifft, dazu die Erwehlung geſchehen, ſo beſtehet er auf Seiten der Menſchen in der Seligkeit, auf Seiten GOttes in der Verherrlichung ſeines Namens. Von jener heißt es ἐκληρώϑημεν προορισϑέντις, wir ſind ins Erbtheil kom- men, oder eingeſetzet, da wir ſind zuvor verordnet worden. Der Apoſtel redet wie von der Erwehlung ſelbſt, alſo auch von dem Erbtheil, als von einer ſolchen geſchehenen Sa- che G g g g
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0629" n="601"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 1, v. 10-12. an die Epheſer.</hi></fw><lb/><cb/> ſo iſt der Sohn GOttes Menſch und auch nach<lb/> der menſchlichen Natur das Haupt der Kirche,<lb/> ja des gantzen menſchlichen Geſchlechts zur<lb/> Wiederbringung worden. Von welchem hoch-<lb/> gelobten Haupte der Apoſtel hernach v. 20. u. f.<lb/> mit mehrern handelt. Ob nun wol dadurch die<lb/> gute Harmonie und Freundſchaft zwiſchen den<lb/> Glaubigen und den heiligen Engeln unter dem<lb/> einigen Haupte CHriſto wieder hergeſtellet iſt:<lb/> ſo laͤſſet ſich doch bey ſolcher Herſtellung und<lb/> Wiederbringung kein Schluß machen von der<lb/> allgemeinen Erwerbung auf die allgemeine Zu-<lb/> eignung: als zu welcher eine gewiſſe Ordnung<lb/> gehoͤret, welche von den meiſten nicht angenom-<lb/> men wird. Und was die gefallenen Engel be-<lb/> trifft, ſo ſtehet deroſelben Wiederbringung un-<lb/> ter andern entgegen Hebr. 2, 16. <hi rendition="#fr">Er nimmt<lb/> nirgend die Engel an ſich ꝛc.</hi> Zu derjeni-<lb/> gen Zuſammenfaſſung aber, welche zwiſchen<lb/> den heiligen Engeln und auserwehlten Menſchen<lb/> geſchehen, haben ſich zum Lobe GOttes jene<lb/> hoͤchlich gefreuet, und an dem Geheimniß ihre<lb/> heiligſte Beluſtigung bezeuget, wie ſonderlich<lb/> daraus zu erkennen, daß ſie ſich bey der verkuͤndig-<lb/> ten Empfaͤngniß und Geburt CHriſti; wie<lb/> auch bey ſeinem Leben, Leiden, Sterben, auch<lb/> bey ſeiner Auferſtehung und Himmelfahrt, ſo<lb/> gar geſchaͤftig erwieſen haben. Siehe auch<lb/> Eph. 3, 10. 1 Pet 1, 12.</item><lb/> <item>6. Da nun dieſes wol der einfaͤltigſte und<lb/> richtigſte Verſtand iſt der Worte von der in<lb/> CHriſto geſchehenen <hi rendition="#aq">anacephalæoſi,</hi> oder <hi rendition="#fr">Zu-<lb/> ſammenfaſſung unter ein Haupt;</hi> ſo folget<lb/> daraus von ſich ſelbſt, daß man die Woͤrter,<lb/><hi rendition="#fr">alles was im Himmel und Erden iſt,</hi> nicht<lb/> fuͤglich verſtehen kan, als von dem, was ſolcher<lb/> Zuſammenbringung faͤhig iſt, das iſt von den<lb/> heiligen Engeln und Menſchen.</item><lb/> <item>7. Die Woͤrtlein ἐν ἀυτῷ koͤnnen gar fuͤg-<lb/> lich angeſehen werden, als ſolche, die ihres<lb/> Nachdrucks wegen wiederhohlet ſind und auf<lb/> die vorhergehenden ἔν τῷ Χριςῷ gehen; und<lb/> ſehen ſie auf dieſe Worte alſo zuruͤck, daß ſie<lb/> auch mit auf die folgenden gehen, ſolcher ge-<lb/> ſtalt: <hi rendition="#fr">daß alles zuſammen gefaſſet wuͤrde<lb/> in CHriſto, beyde das im Himmel und auf<lb/> Erden iſt;</hi> ἐν ἀυτῷ, <hi rendition="#fr">in ihm,</hi> oder <hi rendition="#fr">in dem,<lb/> ſage ich, in welchem wir auch zum Erb-<lb/> theil kommen ſind ꝛc.</hi></item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 11. 12.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Durch welchen</hi> (CHriſtum, den Welt-<lb/> Heiland) <hi rendition="#fr">wir auch zum Erbtheil kommen<lb/> ſind,</hi> (zu einer ſolchen Kindſchaft erwehlet ſind,<lb/> welche die voͤllige Erbſchaft der ewigen Herr-<lb/> lichkeit mit ſich fuͤhret,) <hi rendition="#fr">die wir zuvor</hi> (ehe<lb/> wir noch da geweſen, das iſt, von Ewigkeit her,<lb/> vermoͤge der goͤttlichen Vorherſehung, die uns<lb/> im Glauben an CHriſtum gefunden,) <hi rendition="#fr">ver-<lb/> ordnet</hi> (oder erwehlet) <hi rendition="#fr">ſind nach dem Fuͤr-<lb/> ſatz,</hi> (den Menſchen CHriſtum zu einem im<lb/> Glauben anzunehmenden Erloͤſer zu ſenden,)<lb/><hi rendition="#fr">deß, der alle Dinge wircket,</hi> (in der That<lb/> ſelbſt alſo kraͤftig hinaus fuͤhret,) <hi rendition="#fr">nach dem<lb/> Rath ſeines Willens,</hi> (wie er es einmal<lb/><cb/> gantz wohlgefaͤllig und unveraͤnderlich beſchloſ-<lb/> ſen hat.)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Weß das Hertz voll iſt, davon gehet<lb/> der Mund uͤber, oder flieſſet durch die Fe-<lb/> der aus; mag man alhier nach Matth. 12, 34.<lb/> wol ſagen von Paulo. Denn das Hertz war<lb/> ihm ſo voll von CHriſto, inſonderheit von deſ-<lb/> ſelben Haupt-Wercke, der Erloͤſung, und der da-<lb/> von <hi rendition="#aq">dependir</hi>enden Erwehlung zum ewigen Le-<lb/> ben, daß er dasjenige, welches er bereits v. 4.<lb/> u. f. davon vorgetragen hatte, mit einiger Ver-<lb/> aͤnderung der Worte, oder neuem Zuſatze, wie-<lb/> derholet.: Gleichwie es die Sache ſelbſt alſo<lb/> mit ſich brachte, und es zu geſchehen pfleget, wo<lb/> man aus allem <hi rendition="#aq">Affect</hi> etwas redet, oder ſchrei-<lb/> bet. Wir finden demnach alhier vier Stuͤcke<lb/> von der Erwehlung zu bemercken: erſtlich deſſel-<lb/> ben <hi rendition="#aq">principium,</hi> zum andern die <hi rendition="#fr">Erwehlung</hi><lb/> ſelbſt, und drittens derſelben <hi rendition="#fr">Ausfuͤhrung</hi> im<lb/> Wercke der Seligkeit, und viertens den <hi rendition="#fr">Zweck,</hi><lb/> oder wozu ſie geſchehen iſt.</item><lb/> <item>2. Das <hi rendition="#aq">principium</hi> der Erwehlung iſt <hi rendition="#aq">pro-<lb/> theſis,</hi> der <hi rendition="#fr">Fuͤrſatz,</hi> nemlich die Menſchen durch<lb/> den Glauben an CHriſtum ſelig zu machen.<lb/> Die <hi rendition="#fr">Erwehlung</hi> ſelbſt wird ausgedrucket mit<lb/> dem Worte προορισϑέντες, <hi rendition="#fr">zuvor verordnet,</hi><lb/> welches bereits v. 5. erklaͤret iſt, dazu denn al-<lb/> hier die Worte ἐν ᾧ, <hi rendition="#fr">in welchem,</hi> die auf<lb/> CHriſtum gehen, nicht weniger gehoͤren, als<lb/> zu dem Worte ἐκληρώϑημεν, <hi rendition="#fr">wir ſind zum<lb/> Erbtheil kommen.</hi></item><lb/> <item>3. Die Ausfuͤhrung wird angezeiget mit<lb/> den Worten: <hi rendition="#fr">Der alle Dinge wircket nach<lb/> dem Rath ſeines Willens.</hi> Da denn der<lb/> Wille GOttes iſt ἐυδοκία, das zuvor geruͤhmte<lb/> Wohlgefallen GOTTes. Und wenn dieſem<lb/> Willen ein Rath zugeſchrieben wird, ſo wird<lb/> damit angezeiget, wie der Wille GOttes von<lb/> hoͤchſter Weisheit ſey: gleichwie unter Men-<lb/> ſchen ſolche Willens-Meinungen und Schluͤſ-<lb/> ſe die beſten ſind, welche aus wohl bedachter<lb/> Sache und reiflich gepflogenem Rath herflieſſen;<lb/> daß alſo der Verſtand nach ſeiner Weisheit mit<lb/> dem Willen in ſeinen Schluͤſſen zuſammen trit.<lb/> Nach dieſem allerweiſeſten Willen wircket<lb/> GOTT alles, nemlich alſo, daß, nachdem er<lb/> etwas in hoͤchſter Weisheit und Vollkommen-<lb/> heit beſchloſſen, es auch verheiſſen hat, er es<lb/> auch ausfuͤhret. Und gleichwie er es in allen<lb/> Dingen alſo machet: ſo hat er es inſonderheit<lb/> in dem Haupt-Geſchaͤfte von der Sendung ſei-<lb/> nes Sohnes und von der durch ihn zu vollbrin-<lb/> genden Erloͤſung des menſchlichen Geſchlechts<lb/> alſo gemachet.</item><lb/> <item>4. Was nun endlich den <hi rendition="#fr">Zweck</hi> betrifft,<lb/> dazu die Erwehlung geſchehen, ſo beſtehet er auf<lb/> Seiten der Menſchen in der <hi rendition="#fr">Seligkeit,</hi> auf<lb/> Seiten GOttes in der <hi rendition="#fr">Verherrlichung ſeines<lb/> Namens.</hi> Von jener heißt es ἐκληρώϑημεν<lb/> προορισϑέντις, <hi rendition="#fr">wir ſind ins Erbtheil kom-<lb/> men,</hi> oder <hi rendition="#fr">eingeſetzet, da wir ſind zuvor<lb/> verordnet worden.</hi> Der Apoſtel redet wie<lb/> von der Erwehlung ſelbſt, alſo auch von dem<lb/> Erbtheil, als von einer ſolchen geſchehenen Sa-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">G g g g</fw><fw place="bottom" type="catch">che</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [601/0629]
Cap. 1, v. 10-12. an die Epheſer.
ſo iſt der Sohn GOttes Menſch und auch nach
der menſchlichen Natur das Haupt der Kirche,
ja des gantzen menſchlichen Geſchlechts zur
Wiederbringung worden. Von welchem hoch-
gelobten Haupte der Apoſtel hernach v. 20. u. f.
mit mehrern handelt. Ob nun wol dadurch die
gute Harmonie und Freundſchaft zwiſchen den
Glaubigen und den heiligen Engeln unter dem
einigen Haupte CHriſto wieder hergeſtellet iſt:
ſo laͤſſet ſich doch bey ſolcher Herſtellung und
Wiederbringung kein Schluß machen von der
allgemeinen Erwerbung auf die allgemeine Zu-
eignung: als zu welcher eine gewiſſe Ordnung
gehoͤret, welche von den meiſten nicht angenom-
men wird. Und was die gefallenen Engel be-
trifft, ſo ſtehet deroſelben Wiederbringung un-
ter andern entgegen Hebr. 2, 16. Er nimmt
nirgend die Engel an ſich ꝛc. Zu derjeni-
gen Zuſammenfaſſung aber, welche zwiſchen
den heiligen Engeln und auserwehlten Menſchen
geſchehen, haben ſich zum Lobe GOttes jene
hoͤchlich gefreuet, und an dem Geheimniß ihre
heiligſte Beluſtigung bezeuget, wie ſonderlich
daraus zu erkennen, daß ſie ſich bey der verkuͤndig-
ten Empfaͤngniß und Geburt CHriſti; wie
auch bey ſeinem Leben, Leiden, Sterben, auch
bey ſeiner Auferſtehung und Himmelfahrt, ſo
gar geſchaͤftig erwieſen haben. Siehe auch
Eph. 3, 10. 1 Pet 1, 12.
6. Da nun dieſes wol der einfaͤltigſte und
richtigſte Verſtand iſt der Worte von der in
CHriſto geſchehenen anacephalæoſi, oder Zu-
ſammenfaſſung unter ein Haupt; ſo folget
daraus von ſich ſelbſt, daß man die Woͤrter,
alles was im Himmel und Erden iſt, nicht
fuͤglich verſtehen kan, als von dem, was ſolcher
Zuſammenbringung faͤhig iſt, das iſt von den
heiligen Engeln und Menſchen.
7. Die Woͤrtlein ἐν ἀυτῷ koͤnnen gar fuͤg-
lich angeſehen werden, als ſolche, die ihres
Nachdrucks wegen wiederhohlet ſind und auf
die vorhergehenden ἔν τῷ Χριςῷ gehen; und
ſehen ſie auf dieſe Worte alſo zuruͤck, daß ſie
auch mit auf die folgenden gehen, ſolcher ge-
ſtalt: daß alles zuſammen gefaſſet wuͤrde
in CHriſto, beyde das im Himmel und auf
Erden iſt; ἐν ἀυτῷ, in ihm, oder in dem,
ſage ich, in welchem wir auch zum Erb-
theil kommen ſind ꝛc.
V. 11. 12.
Durch welchen (CHriſtum, den Welt-
Heiland) wir auch zum Erbtheil kommen
ſind, (zu einer ſolchen Kindſchaft erwehlet ſind,
welche die voͤllige Erbſchaft der ewigen Herr-
lichkeit mit ſich fuͤhret,) die wir zuvor (ehe
wir noch da geweſen, das iſt, von Ewigkeit her,
vermoͤge der goͤttlichen Vorherſehung, die uns
im Glauben an CHriſtum gefunden,) ver-
ordnet (oder erwehlet) ſind nach dem Fuͤr-
ſatz, (den Menſchen CHriſtum zu einem im
Glauben anzunehmenden Erloͤſer zu ſenden,)
deß, der alle Dinge wircket, (in der That
ſelbſt alſo kraͤftig hinaus fuͤhret,) nach dem
Rath ſeines Willens, (wie er es einmal
gantz wohlgefaͤllig und unveraͤnderlich beſchloſ-
ſen hat.)
Anmerckungen.
1. Weß das Hertz voll iſt, davon gehet
der Mund uͤber, oder flieſſet durch die Fe-
der aus; mag man alhier nach Matth. 12, 34.
wol ſagen von Paulo. Denn das Hertz war
ihm ſo voll von CHriſto, inſonderheit von deſ-
ſelben Haupt-Wercke, der Erloͤſung, und der da-
von dependirenden Erwehlung zum ewigen Le-
ben, daß er dasjenige, welches er bereits v. 4.
u. f. davon vorgetragen hatte, mit einiger Ver-
aͤnderung der Worte, oder neuem Zuſatze, wie-
derholet.: Gleichwie es die Sache ſelbſt alſo
mit ſich brachte, und es zu geſchehen pfleget, wo
man aus allem Affect etwas redet, oder ſchrei-
bet. Wir finden demnach alhier vier Stuͤcke
von der Erwehlung zu bemercken: erſtlich deſſel-
ben principium, zum andern die Erwehlung
ſelbſt, und drittens derſelben Ausfuͤhrung im
Wercke der Seligkeit, und viertens den Zweck,
oder wozu ſie geſchehen iſt.
2. Das principium der Erwehlung iſt pro-
theſis, der Fuͤrſatz, nemlich die Menſchen durch
den Glauben an CHriſtum ſelig zu machen.
Die Erwehlung ſelbſt wird ausgedrucket mit
dem Worte προορισϑέντες, zuvor verordnet,
welches bereits v. 5. erklaͤret iſt, dazu denn al-
hier die Worte ἐν ᾧ, in welchem, die auf
CHriſtum gehen, nicht weniger gehoͤren, als
zu dem Worte ἐκληρώϑημεν, wir ſind zum
Erbtheil kommen.
3. Die Ausfuͤhrung wird angezeiget mit
den Worten: Der alle Dinge wircket nach
dem Rath ſeines Willens. Da denn der
Wille GOttes iſt ἐυδοκία, das zuvor geruͤhmte
Wohlgefallen GOTTes. Und wenn dieſem
Willen ein Rath zugeſchrieben wird, ſo wird
damit angezeiget, wie der Wille GOttes von
hoͤchſter Weisheit ſey: gleichwie unter Men-
ſchen ſolche Willens-Meinungen und Schluͤſ-
ſe die beſten ſind, welche aus wohl bedachter
Sache und reiflich gepflogenem Rath herflieſſen;
daß alſo der Verſtand nach ſeiner Weisheit mit
dem Willen in ſeinen Schluͤſſen zuſammen trit.
Nach dieſem allerweiſeſten Willen wircket
GOTT alles, nemlich alſo, daß, nachdem er
etwas in hoͤchſter Weisheit und Vollkommen-
heit beſchloſſen, es auch verheiſſen hat, er es
auch ausfuͤhret. Und gleichwie er es in allen
Dingen alſo machet: ſo hat er es inſonderheit
in dem Haupt-Geſchaͤfte von der Sendung ſei-
nes Sohnes und von der durch ihn zu vollbrin-
genden Erloͤſung des menſchlichen Geſchlechts
alſo gemachet.
4. Was nun endlich den Zweck betrifft,
dazu die Erwehlung geſchehen, ſo beſtehet er auf
Seiten der Menſchen in der Seligkeit, auf
Seiten GOttes in der Verherrlichung ſeines
Namens. Von jener heißt es ἐκληρώϑημεν
προορισϑέντις, wir ſind ins Erbtheil kom-
men, oder eingeſetzet, da wir ſind zuvor
verordnet worden. Der Apoſtel redet wie
von der Erwehlung ſelbſt, alſo auch von dem
Erbtheil, als von einer ſolchen geſchehenen Sa-
che
G g g g
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |