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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 5, v. 21.
[Spaltenumbruch] auch zum sechsten Gebot dem Verbote nach ge-
rechnet werden können. Vier streiten wider
das sechste Gebot; nemlich: Ehebruch, Hu-
rerey, Unreinigkeit, Unzucht.
Eins wider
das erste, die Abgötterey. Da das noch
übrige Laster der Zauberey in Ansehung des da-
bey gemeiniglich gemißbrauchten göttlichen Na-
mens zum andern, auch, dem dadurch zugefüg-
ten Schaden nach, zum fünften Gebot gerechnet
werden kan.
3. Daß der Apostel in Benennung der La-
ster keine gewisse Ordnung nach den Geboten
hält, damit zeiget er an, daß es darauf nicht
ankomme, sondern auf die Sache selbst, daß man
alle solche Dinge für Greuel erkenne, und sie un-
terlasse.
4. Er machet aber deßwegen sonderlich die
Laster wider das fünfte und sechste Gebot nam-
haftig, weil sie am allerhäufigsten begangen wer-
den. Und weil sie auf so mancherley Art aus-
brechen, so zeiget er solche Ausbrüche mit beson-
dern Namen an.
5. Von allen eine besondere Erklärung zu
geben, ist so viel weniger nöthig, so viel häufiger
und betrübter leider davon die Erfahrung ist,
auch unter uns Christen. Doch eins und das
andere insonderheit mit wenigen hinzu zu thun,
so ist folgendes zu mercken.
6. Da, ausser dem würcklichen Ehebruch
und der Hurerey, auch noch der Unreinigkeit
und der Unzucht gedacht wird, so werden da-
durch auch alle also genannte stumme und So-
domitische
Sünden und Greuel, die man vor
züchtigen Ohren nicht gerne nennet, verstanden.
Daher Paulus 1 Cor. 6, 9. der Weichlinge
und Knaben-Schänder gedencket. Und Col.
3, 5. nennet er nebst der Unreinigkeit auch die
schändliche Brunst, böse Lust. Hierzu ge-
hören denn auch ohne Zweifel unzüchtige, oder
aus Geilheit entstehende und zur Unzucht reitzen-
de Entblössungen, schändliche Lieder und
ärgerliche Gemählde.
7. Was die Sünden wider das fünfte Ge-
bot
betrift; so ist Feindschaft derjenige Affect,
des Hertzens, da man dem Nächsten sehr aufsätzig
ist; und ihn auch wol auf mancherley Art zur Be-
leidigung ausbrechen läßt, man möge dazu durch
vorher gegangene Beleidigung veranlasset seyn,
oder nicht. Der Hadder bestehet in einem sol-
chen Gezäncke, da die Uneinigkeit durch aller-
hand Beschuldigungen, auch wol durch Schelt-
Worte sich hervor thut. Neid zelos, ist ein
fleischlicher Eifer, welcher im ungebrochnen
Natur-Feuer geschiehet. Zorn, thumos, ist ein
solcher Grimm, den Paulus Col. 3, 8. vom Zorn
orge, unterscheidet, da nemlich der Mensch vor
Zorn gantz entzündet wird, und gleichsam bren-
net, also, daß er dabey nebst den heftigsten Wor-
ten auch seine Geberden verstellet, und gleichsam
wie ein Unsinniger ist. Zanck, eritheia, Zanck-
sucht ist, da man seinen widrigen Sinn gegen an-
dere mit vieler Bitterkeit auslässet, und in solchem
ungöttlichen Wesen gleichsam seine Nahrung su-
chet, oder davon nicht ablässet. Zwietracht,
dikhosasik, ist solche Uneinigkeit, die, weil der
[Spaltenumbruch] eine hier, der andere da hinaus will, zu einer Tren-
nung hinaus schlägt, dadurch alle Gemeinschaft
unter einander aufgehoben wird. Rotten,
aireseis, Secten, Sectenmacherey ist, da man
nicht allein eine Trennung anrichtet, es sey mit
falscher Lehr und besonderer selbst erwählter Le-
bens Art, sondern auch bey andern einen An-
hang sucht, auch sich zu den Rottenmachern schlä-
get. Haß, phthonos, ist eigentlich ein solcher
Neid, da man dem andern das Gute, so er hat,
oder ihm noch erst zu Theil werden soll, nicht gön-
net, es gerne selbst hätte, und ihn daher gerne bey
andern verkleinert. Was der würckliche Mord
sey, ist leider schon am Cain und Abel bekannt
worden.
8. Das Fressen und Saufen läufet son-
derlich wider das fünfte und sechste Gebot, da es
vielen Antrieb giebet zum Zanck und Streit, ja
oft zu Mord und Todtschlag, auch zur Hurerey
und Unreinigkeit: wie denn auch der Mensch
wol oft ein Mörder wird an seinem eigenen Lei-
be, wenn er seine Gesundheit dadurch verder-
bet.
9. Das Wort komoi aber, welches Luthe-
rus
durch Fressen übersetzet hat, bedeutet solche
Gast-Mahle, welche nach der Ubermasse im Es-
sen und Trincken, unter groben Zoten, oder auch
sonst unanständigen Schertz-Reden, bey leicht-
sinniger Music mit singen, springen und tantzen
sich endigten, und eine rechte Schwärmerey wa-
ren; und vielen noch heute zu Tage leider ge-
bräuchlichen Hochzeit-Mahlen und andern der-
gleichen Zusammenkünften nicht ungleich sind.
Siehe davon Rom. 13, 13.
10. Daß der Apostel aber noch viele ande-
re dergleichen, oder eben so schändliche Laster
wolle verstanden haben, siehet man aus den bey-
gesetzten Worten: und dergleichen. Es ist
auch daraus abzunehmen, daß er eigentlich nur
die wider das fünfte und sechste, theils auch wi-
der das erste Gebot streitende Sünden benennet
habe, und also die wider die übrigen Gebote un-
benennet geblieben sind.
11. So viel von dem num. 1. angeführten
ersten Punct, welcher auf die Benennung der
Sünden gehet. Nun ist auch bey dem andern,
oder bey Pauli Ausspruche, den er davon thut,
noch eines und das andere zu erwegen. Es hält
derselbe zwey Stücke in sich: das eine gehet auf
die Schwere und Gefährlichkeit der nach ein-
ander gesetzten Laster: das andere auf die An-
zeigung,
oder Warnung, die Paulus deßwe-
gen schon gleich anfangs mündlich gethan hatte,
und nun auch schriftlich wiederholet.
12. Was das erste Stück betrift, declari-
ret Paulus die gedachten Laster für so schwer, daß
er ausdrücklich bezeuget, es könne mit denselben,
so fern sie nemlich beharrlich herrschen, der Stand
der Gnaden nicht bestehen, sondern man werde
dadurch, wie aller Gnade GOttes, also auch des
ewigen Lebens, welches er seiner Vortreflichkeit
wegen von der Majestät GOttes und der königli-
chen Würde der Christen, das Reich, oder Kö-
nigreich GOttes
nennet, verlustig. Und wie
könte es auch immer mehr anders seyn? Denn
wo
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 5, v. 21.
[Spaltenumbruch] auch zum ſechſten Gebot dem Verbote nach ge-
rechnet werden koͤnnen. Vier ſtreiten wider
das ſechſte Gebot; nemlich: Ehebruch, Hu-
rerey, Unreinigkeit, Unzucht.
Eins wider
das erſte, die Abgoͤtterey. Da das noch
uͤbrige Laſter der Zauberey in Anſehung des da-
bey gemeiniglich gemißbrauchten goͤttlichen Na-
mens zum andern, auch, dem dadurch zugefuͤg-
ten Schaden nach, zum fuͤnften Gebot gerechnet
werden kan.
3. Daß der Apoſtel in Benennung der La-
ſter keine gewiſſe Ordnung nach den Geboten
haͤlt, damit zeiget er an, daß es darauf nicht
ankomme, ſondern auf die Sache ſelbſt, daß man
alle ſolche Dinge fuͤr Greuel erkenne, und ſie un-
terlaſſe.
4. Er machet aber deßwegen ſonderlich die
Laſter wider das fuͤnfte und ſechſte Gebot nam-
haftig, weil ſie am allerhaͤufigſten begangen wer-
den. Und weil ſie auf ſo mancherley Art aus-
brechen, ſo zeiget er ſolche Ausbruͤche mit beſon-
dern Namen an.
5. Von allen eine beſondere Erklaͤrung zu
geben, iſt ſo viel weniger noͤthig, ſo viel haͤufiger
und betruͤbter leider davon die Erfahrung iſt,
auch unter uns Chriſten. Doch eins und das
andere inſonderheit mit wenigen hinzu zu thun,
ſo iſt folgendes zu mercken.
6. Da, auſſer dem wuͤrcklichen Ehebruch
und der Hurerey, auch noch der Unreinigkeit
und der Unzucht gedacht wird, ſo werden da-
durch auch alle alſo genannte ſtumme und So-
domitiſche
Suͤnden und Greuel, die man vor
zuͤchtigen Ohren nicht gerne nennet, verſtanden.
Daher Paulus 1 Cor. 6, 9. der Weichlinge
und Knaben-Schaͤnder gedencket. Und Col.
3, 5. nennet er nebſt der Unreinigkeit auch die
ſchaͤndliche Brunſt, boͤſe Luſt. Hierzu ge-
hoͤren denn auch ohne Zweifel unzuͤchtige, oder
aus Geilheit entſtehende und zur Unzucht reitzen-
de Entbloͤſſungen, ſchaͤndliche Lieder und
aͤrgerliche Gemaͤhlde.
7. Was die Suͤnden wider das fuͤnfte Ge-
bot
betrift; ſo iſt Feindſchaft derjenige Affect,
des Hertzens, da man dem Naͤchſten ſehr aufſaͤtzig
iſt; und ihn auch wol auf mancherley Art zur Be-
leidigung ausbrechen laͤßt, man moͤge dazu durch
vorher gegangene Beleidigung veranlaſſet ſeyn,
oder nicht. Der Hadder beſtehet in einem ſol-
chen Gezaͤncke, da die Uneinigkeit durch aller-
hand Beſchuldigungen, auch wol durch Schelt-
Worte ſich hervor thut. Neid ζῆλος, iſt ein
fleiſchlicher Eifer, welcher im ungebrochnen
Natur-Feuer geſchiehet. Zorn, ϑυμὸς, iſt ein
ſolcher Grimm, den Paulus Col. 3, 8. vom Zorn
ὸργῆ, unterſcheidet, da nemlich der Menſch vor
Zorn gantz entzuͤndet wird, und gleichſam bren-
net, alſo, daß er dabey nebſt den heftigſten Wor-
ten auch ſeine Geberden verſtellet, und gleichſam
wie ein Unſinniger iſt. Zanck, ἐριϑεία, Zanck-
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διχοςασίκ, iſt ſolche Uneinigkeit, die, weil der
[Spaltenumbruch] eine hier, der andere da hinaus will, zu einer Tren-
nung hinaus ſchlaͤgt, dadurch alle Gemeinſchaft
unter einander aufgehoben wird. Rotten,
αἱρέσεις, Secten, Sectenmacherey iſt, da man
nicht allein eine Trennung anrichtet, es ſey mit
falſcher Lehr und beſonderer ſelbſt erwaͤhlter Le-
bens Art, ſondern auch bey andern einen An-
hang ſucht, auch ſich zu den Rottenmachern ſchlaͤ-
get. Haß, φϑόνος, iſt eigentlich ein ſolcher
Neid, da man dem andern das Gute, ſo er hat,
oder ihm noch erſt zu Theil werden ſoll, nicht goͤn-
net, es gerne ſelbſt haͤtte, und ihn daher gerne bey
andern verkleinert. Was der wuͤrckliche Mord
ſey, iſt leider ſchon am Cain und Abel bekannt
worden.
8. Das Freſſen und Saufen laͤufet ſon-
derlich wider das fuͤnfte und ſechſte Gebot, da es
vielen Antrieb giebet zum Zanck und Streit, ja
oft zu Mord und Todtſchlag, auch zur Hurerey
und Unreinigkeit: wie denn auch der Menſch
wol oft ein Moͤrder wird an ſeinem eigenen Lei-
be, wenn er ſeine Geſundheit dadurch verder-
bet.
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durch Freſſen uͤberſetzet hat, bedeutet ſolche
Gaſt-Mahle, welche nach der Ubermaſſe im Eſ-
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ſonſt unanſtaͤndigen Schertz-Reden, bey leicht-
ſinniger Muſic mit ſingen, ſpringen und tantzen
ſich endigten, und eine rechte Schwaͤrmerey wa-
ren; und vielen noch heute zu Tage leider ge-
braͤuchlichen Hochzeit-Mahlen und andern der-
gleichen Zuſammenkuͤnften nicht ungleich ſind.
Siehe davon Rom. 13, 13.
10. Daß der Apoſtel aber noch viele ande-
re dergleichen, oder eben ſo ſchaͤndliche Laſter
wolle verſtanden haben, ſiehet man aus den bey-
geſetzten Worten: und dergleichen. Es iſt
auch daraus abzunehmen, daß er eigentlich nur
die wider das fuͤnfte und ſechſte, theils auch wi-
der das erſte Gebot ſtreitende Suͤnden benennet
habe, und alſo die wider die uͤbrigen Gebote un-
benennet geblieben ſind.
11. So viel von dem num. 1. angefuͤhrten
erſten Punct, welcher auf die Benennung der
Suͤnden gehet. Nun iſt auch bey dem andern,
oder bey Pauli Ausſpruche, den er davon thut,
noch eines und das andere zu erwegen. Es haͤlt
derſelbe zwey Stuͤcke in ſich: das eine gehet auf
die Schwere und Gefaͤhrlichkeit der nach ein-
ander geſetzten Laſter: das andere auf die An-
zeigung,
oder Warnung, die Paulus deßwe-
gen ſchon gleich anfangs muͤndlich gethan hatte,
und nun auch ſchriftlich wiederholet.
12. Was das erſte Stuͤck betrift, declari-
ret Paulus die gedachten Laſter fuͤr ſo ſchwer, daß
er ausdruͤcklich bezeuget, es koͤnne mit denſelben,
ſo fern ſie nemlich beharrlich herrſchen, der Stand
der Gnaden nicht beſtehen, ſondern man werde
dadurch, wie aller Gnade GOttes, alſo auch des
ewigen Lebens, welches er ſeiner Vortreflichkeit
wegen von der Majeſtaͤt GOttes und der koͤnigli-
chen Wuͤrde der Chriſten, das Reich, oder Koͤ-
nigreich GOttes
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koͤnte es auch immer mehr anders ſeyn? Denn
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[566/0594] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 5, v. 21. auch zum ſechſten Gebot dem Verbote nach ge- rechnet werden koͤnnen. Vier ſtreiten wider das ſechſte Gebot; nemlich: Ehebruch, Hu- rerey, Unreinigkeit, Unzucht. Eins wider das erſte, die Abgoͤtterey. Da das noch uͤbrige Laſter der Zauberey in Anſehung des da- bey gemeiniglich gemißbrauchten goͤttlichen Na- mens zum andern, auch, dem dadurch zugefuͤg- ten Schaden nach, zum fuͤnften Gebot gerechnet werden kan. 3. Daß der Apoſtel in Benennung der La- ſter keine gewiſſe Ordnung nach den Geboten haͤlt, damit zeiget er an, daß es darauf nicht ankomme, ſondern auf die Sache ſelbſt, daß man alle ſolche Dinge fuͤr Greuel erkenne, und ſie un- terlaſſe. 4. Er machet aber deßwegen ſonderlich die Laſter wider das fuͤnfte und ſechſte Gebot nam- haftig, weil ſie am allerhaͤufigſten begangen wer- den. Und weil ſie auf ſo mancherley Art aus- brechen, ſo zeiget er ſolche Ausbruͤche mit beſon- dern Namen an. 5. Von allen eine beſondere Erklaͤrung zu geben, iſt ſo viel weniger noͤthig, ſo viel haͤufiger und betruͤbter leider davon die Erfahrung iſt, auch unter uns Chriſten. Doch eins und das andere inſonderheit mit wenigen hinzu zu thun, ſo iſt folgendes zu mercken. 6. Da, auſſer dem wuͤrcklichen Ehebruch und der Hurerey, auch noch der Unreinigkeit und der Unzucht gedacht wird, ſo werden da- durch auch alle alſo genannte ſtumme und So- domitiſche Suͤnden und Greuel, die man vor zuͤchtigen Ohren nicht gerne nennet, verſtanden. Daher Paulus 1 Cor. 6, 9. der Weichlinge und Knaben-Schaͤnder gedencket. Und Col. 3, 5. nennet er nebſt der Unreinigkeit auch die ſchaͤndliche Brunſt, boͤſe Luſt. Hierzu ge- hoͤren denn auch ohne Zweifel unzuͤchtige, oder aus Geilheit entſtehende und zur Unzucht reitzen- de Entbloͤſſungen, ſchaͤndliche Lieder und aͤrgerliche Gemaͤhlde. 7. Was die Suͤnden wider das fuͤnfte Ge- bot betrift; ſo iſt Feindſchaft derjenige Affect, des Hertzens, da man dem Naͤchſten ſehr aufſaͤtzig iſt; und ihn auch wol auf mancherley Art zur Be- leidigung ausbrechen laͤßt, man moͤge dazu durch vorher gegangene Beleidigung veranlaſſet ſeyn, oder nicht. Der Hadder beſtehet in einem ſol- chen Gezaͤncke, da die Uneinigkeit durch aller- hand Beſchuldigungen, auch wol durch Schelt- Worte ſich hervor thut. Neid ζῆλος, iſt ein fleiſchlicher Eifer, welcher im ungebrochnen Natur-Feuer geſchiehet. Zorn, ϑυμὸς, iſt ein ſolcher Grimm, den Paulus Col. 3, 8. vom Zorn ὸργῆ, unterſcheidet, da nemlich der Menſch vor Zorn gantz entzuͤndet wird, und gleichſam bren- net, alſo, daß er dabey nebſt den heftigſten Wor- ten auch ſeine Geberden verſtellet, und gleichſam wie ein Unſinniger iſt. Zanck, ἐριϑεία, Zanck- ſucht iſt, da man ſeinen widrigen Sinn gegen an- dere mit vieler Bitterkeit auslaͤſſet, und in ſolchem ungoͤttlichen Weſen gleichſam ſeine Nahrung ſu- chet, oder davon nicht ablaͤſſet. Zwietracht, διχοςασίκ, iſt ſolche Uneinigkeit, die, weil der eine hier, der andere da hinaus will, zu einer Tren- nung hinaus ſchlaͤgt, dadurch alle Gemeinſchaft unter einander aufgehoben wird. Rotten, αἱρέσεις, Secten, Sectenmacherey iſt, da man nicht allein eine Trennung anrichtet, es ſey mit falſcher Lehr und beſonderer ſelbſt erwaͤhlter Le- bens Art, ſondern auch bey andern einen An- hang ſucht, auch ſich zu den Rottenmachern ſchlaͤ- get. Haß, φϑόνος, iſt eigentlich ein ſolcher Neid, da man dem andern das Gute, ſo er hat, oder ihm noch erſt zu Theil werden ſoll, nicht goͤn- net, es gerne ſelbſt haͤtte, und ihn daher gerne bey andern verkleinert. Was der wuͤrckliche Mord ſey, iſt leider ſchon am Cain und Abel bekannt worden. 8. Das Freſſen und Saufen laͤufet ſon- derlich wider das fuͤnfte und ſechſte Gebot, da es vielen Antrieb giebet zum Zanck und Streit, ja oft zu Mord und Todtſchlag, auch zur Hurerey und Unreinigkeit: wie denn auch der Menſch wol oft ein Moͤrder wird an ſeinem eigenen Lei- be, wenn er ſeine Geſundheit dadurch verder- bet. 9. Das Wort κῶμοι aber, welches Luthe- rus durch Freſſen uͤberſetzet hat, bedeutet ſolche Gaſt-Mahle, welche nach der Ubermaſſe im Eſ- ſen und Trincken, unter groben Zoten, oder auch ſonſt unanſtaͤndigen Schertz-Reden, bey leicht- ſinniger Muſic mit ſingen, ſpringen und tantzen ſich endigten, und eine rechte Schwaͤrmerey wa- ren; und vielen noch heute zu Tage leider ge- braͤuchlichen Hochzeit-Mahlen und andern der- gleichen Zuſammenkuͤnften nicht ungleich ſind. Siehe davon Rom. 13, 13. 10. Daß der Apoſtel aber noch viele ande- re dergleichen, oder eben ſo ſchaͤndliche Laſter wolle verſtanden haben, ſiehet man aus den bey- geſetzten Worten: und dergleichen. Es iſt auch daraus abzunehmen, daß er eigentlich nur die wider das fuͤnfte und ſechſte, theils auch wi- der das erſte Gebot ſtreitende Suͤnden benennet habe, und alſo die wider die uͤbrigen Gebote un- benennet geblieben ſind. 11. So viel von dem num. 1. angefuͤhrten erſten Punct, welcher auf die Benennung der Suͤnden gehet. Nun iſt auch bey dem andern, oder bey Pauli Ausſpruche, den er davon thut, noch eines und das andere zu erwegen. Es haͤlt derſelbe zwey Stuͤcke in ſich: das eine gehet auf die Schwere und Gefaͤhrlichkeit der nach ein- ander geſetzten Laſter: das andere auf die An- zeigung, oder Warnung, die Paulus deßwe- gen ſchon gleich anfangs muͤndlich gethan hatte, und nun auch ſchriftlich wiederholet. 12. Was das erſte Stuͤck betrift, declari- ret Paulus die gedachten Laſter fuͤr ſo ſchwer, daß er ausdruͤcklich bezeuget, es koͤnne mit denſelben, ſo fern ſie nemlich beharrlich herrſchen, der Stand der Gnaden nicht beſtehen, ſondern man werde dadurch, wie aller Gnade GOttes, alſo auch des ewigen Lebens, welches er ſeiner Vortreflichkeit wegen von der Majeſtaͤt GOttes und der koͤnigli- chen Wuͤrde der Chriſten, das Reich, oder Koͤ- nigreich GOttes nennet, verluſtig. Und wie koͤnte es auch immer mehr anders ſeyn? Denn wo

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/594>, abgerufen am 27.11.2024.