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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 4, 10. an die Galater.
[Spaltenumbruch]
4. Da nun Christus zur Menschwerdung
gekommen war, das Werck der Erlösung voll-
zogen, und sein Gnaden-Reich aufgerichtet hat-
te, so waren damit auch die jüdischen Fest-Tage
aufgehaben. Daher denn auf diese, als auf
Dinge, die zur Seligkeit nöthig wären, fallen,
so viel war, als Christum verleugnen.
5. Gleichwi[e] aber die Christen von der
Verbindung an die Feste befreyet waren; so
behielten sie doch, sonderlich die aus den Juden zu
Christo bekehrete, aber noch schwächere im Glau-
ben, auch die Freyheit, sie zu halten, wenn man
nur keine Nothwendigkeit darinnen setzte, noch
andern darüber ein Gewissen machte. Wie
denn Paulus selbst auf das Fest nach Jerusalem
gezogen Act. 18, 21. 20, 16. und daher saget er
Rom. 14, 5. 6. Einer hält einen Tag vor
dem andern, der andere aber hält alle Tage
gleich. Ein ieglicher sey in seiner Meinung
gewiß. Welcher auf die Tage hält, der
thuts dem HErrn; und welcher nichts
darauf hält, der thuts auch dem HErrn.
6. Wenn aber dergleichen iemanden als
ein nöthiges Mittel zur Seligkeit wolte aufge-
drungen werden, so hatten die Apostel zu Jeru-
salem dagegen die Verordnung gemachet, welche
allenthalben publiciret wurde. Act. 15, 23. sqq.
16, 4. 5. Und darauf ging Paulus, wenn er
an die Colosser schrieb c. 2, 16. Lasset nun nie-
mand euch Gewissen machen über Speise,
oder über Tranck, oder über bestimmete
Feyertage, oder Neumonden, oder Sab-
bater. Welches ist der Schatten von dem,
das zukünftig war. Aber der Cörper selbst
ist in Christo.
7. Was den jüdischen Sabbat betrifft,
so hat derselbe etwas vor allen übrigen jüdischen
Festen voraus und sonderbares: nemlich darin-
nen, daß er schon nach der Schöpfung verordnet
worden, und in der Patriarchalischen Kirche vor
Mose feyerlich gehalten worden. Da sie denn
an demselben sich ohne Zweifel mit Opfern,
auch Singen, Beten und Betrachtung göttli-
cher Wercke und Wohlthaten, und mit Erinne-
rung der schuldigen Pflichten werden haben ge-
schäftig finden lassen. Wie man denn schon vor
dem von dem Berge Sinai promulgirten Gesetze
den siebenden Tag gefeyret hat: wie gantz deut-
lich damit angezeiget ist, daß die Jsraeliten das
Manna am sechsten Tage musten zwiefältig ein-
tragen, am siebenden aber auch davon ruhen,
2 B. M. 16, 5. da denn des Sabbats, als der
heiligen Ruhe des HErrn, oder der dem HErrn
zu heiligenden Ruhe v. 22. 25. 26. dreymal aus-
drücklich gedacht wird.
8. Es gehörete auch der Sabbat, in An-
sehung so wol dessen, daß er der letztere Tag in
der Wochen war, als auch der grossen Strenge,
nach welcher er gehalten werden muste, zu dem
Ceremonial-Gesetze: wie denn auch bereits vor
der Levitischen Einrichtung des äusserlichen
Gottesdienstes die patriarchalische Kirche einige
im Vorbilde auf Christum und sein Gnaden-
Reich gerichtete Ceremonien gehabt hat; da-
her auch die ersten Christen nach dem Exempel
der Christlichen Freyheit, an statt des letztern
[Spaltenumbruch] Tages in der Wochen den ersten zum Andencken
der Auferstehung Christi, die daran geschehen
war, zu öffentlichen Zusammenkünften erwehlet
haben. Es lieget aber im Sabbat so viel vom
Moral-Gesetze, daß GOtt wie allezeit inner-
lich im Hertzen; also auch zu gewisser Zeit äusser-
lich in gemeinschaftlicher Erbauung will bedie-
net seyn. Dazu denn nun der erste Tag in der
Wochen, nach altem Christlichen Gebrauch, gar
wohl von allen denen, die im innern Sabbat der
Seele stehen, angewendet wird, oder doch wer-
den kan: gleichwie hingegen diejenigen, welche
den Gottesdienst, ohne den innern Dienst ihres
Hertzens, nur in der Ruhe und im äusserlichen
Wercke kirchlicher Gebräuche und Ubungen se-
tzen, nichts weniger thun, als GOtt einen recht-
schafnen Dienst leisten: die aber, welche nebst
dem innern auch das äussere fahren lassen, erwei-
sen sich gar als Verächter GOttes und als
recht ruchlose Menschen. Von der besondern
Absicht des siebenden oder Sabbat-Tages, und
der übrigen Jüdischen Feste, soll gehandelt wer-
den bey dem Orte Offenb. 8, 1.
9. Ob denn nun wol die übrigen Fest-Tage
unter den Christen eine blosse Kirchen-Ordnung
zum Grunde haben: so ist doch diese, ausser der
papistischen Vervielfältigung betrachtet, an sich
von der Beschaffenheit, daß sie in christlicher
Freyheit gar heilsamlich kan angewendet,
auch von allen denen, welche unter Lehrern und
Zuhörern sich von dem Geiste GOttes regie-
ren lassen, wohl angeleget werden; gleichwie sie
hingegen bey andern in dem schändlichsten Miß-
brauche stehet.
10. Die beste Regel zur würdigen Feyer
der Sonn- und Fest-Tage ist diese, daß man be-
dencke, es werde damit zwar von denen, die alles
im Glauben und in der Liebe thun, und an solchen
Tagen zum Preise GOttes sonderlich die göttlichen
Gnaden-Wohlthaten betrachten, Gott gedienet:
allein, so fern es dabey auf den Vortrag u. Anhö-
rung des göttlichen Worts ankommet, so diene
GOtt damit mehr dem Menschen, als daß
der Mensch GOtt diene.
Und folglich soll
der Mensch den Dienst, oder die Gnaden-
Wohlthat, die ihm GOtt durch Verkündi-
gung seines Worts erweiset, also anlegen, daß
er durch die getreue Ausübung dessen, wozu er
aufs neue erwecket worden ist, sein gantzes Leben,
und darinnen alle seine Arbeit der übrigen Tage
gleichsam zum GOttes-Dienst mache, welches
geschiehet, wenn er alles sündliche Wesen unter-
lässet, und die Geschäfte seines äusserlichen Be-
rufs durch die Furcht GOttes und durchs Gebet
heiliget u. GOtt in Christo wohlgefällig machet.
Welches die rechte Haupt-Eigenschaft der neuen
Oeconomie des Gnaden-Bundes ist. Denn
nach dieser ist das gantze Leben eines wahren
evangelischen Christen gleichsam ein beständi-
ger Fest-Tag;
gleichwie sich sein Hertz bey dem
Genuß des Friedens mit und in GOtt, in ei-
nem beständigen Sabbat befindet. Woraus
denn die ordentliche Einrichtung und Heiligung
des übrigen gantzen Lebens von sich selbst er-
folget.
V. 11.
Y y y
Cap. 4, 10. an die Galater.
[Spaltenumbruch]
4. Da nun Chriſtus zur Menſchwerdung
gekommen war, das Werck der Erloͤſung voll-
zogen, und ſein Gnaden-Reich aufgerichtet hat-
te, ſo waren damit auch die juͤdiſchen Feſt-Tage
aufgehaben. Daher denn auf dieſe, als auf
Dinge, die zur Seligkeit noͤthig waͤren, fallen,
ſo viel war, als Chriſtum verleugnen.
5. Gleichwi[e] aber die Chriſten von der
Verbindung an die Feſte befreyet waren; ſo
behielten ſie doch, ſonderlich die aus den Juden zu
Chriſto bekehrete, aber noch ſchwaͤchere im Glau-
ben, auch die Freyheit, ſie zu halten, wenn man
nur keine Nothwendigkeit darinnen ſetzte, noch
andern daruͤber ein Gewiſſen machte. Wie
denn Paulus ſelbſt auf das Feſt nach Jeruſalem
gezogen Act. 18, 21. 20, 16. und daher ſaget er
Rom. 14, 5. 6. Einer haͤlt einen Tag vor
dem andern, der andere aber haͤlt alle Tage
gleich. Ein ieglicher ſey in ſeiner Meinung
gewiß. Welcher auf die Tage haͤlt, der
thuts dem HErrn; und welcher nichts
darauf haͤlt, der thuts auch dem HErrn.
6. Wenn aber dergleichen iemanden als
ein noͤthiges Mittel zur Seligkeit wolte aufge-
drungen werden, ſo hatten die Apoſtel zu Jeru-
ſalem dagegen die Verordnung gemachet, welche
allenthalben publiciret wurde. Act. 15, 23. ſqq.
16, 4. 5. Und darauf ging Paulus, wenn er
an die Coloſſer ſchrieb c. 2, 16. Laſſet nun nie-
mand euch Gewiſſen machen uͤber Speiſe,
oder uͤber Tranck, oder uͤber beſtimmete
Feyertage, oder Neumonden, oder Sab-
bater. Welches iſt der Schatten von dem,
das zukuͤnftig war. Aber der Coͤrper ſelbſt
iſt in Chriſto.
7. Was den juͤdiſchen Sabbat betrifft,
ſo hat derſelbe etwas vor allen uͤbrigen juͤdiſchen
Feſten voraus und ſonderbares: nemlich darin-
nen, daß er ſchon nach der Schoͤpfung verordnet
worden, und in der Patriarchaliſchen Kirche vor
Moſe feyerlich gehalten worden. Da ſie denn
an demſelben ſich ohne Zweifel mit Opfern,
auch Singen, Beten und Betrachtung goͤttli-
cher Wercke und Wohlthaten, und mit Erinne-
rung der ſchuldigen Pflichten werden haben ge-
ſchaͤftig finden laſſen. Wie man denn ſchon vor
dem von dem Berge Sinai promulgirten Geſetze
den ſiebenden Tag gefeyret hat: wie gantz deut-
lich damit angezeiget iſt, daß die Jſraeliten das
Manna am ſechſten Tage muſten zwiefaͤltig ein-
tragen, am ſiebenden aber auch davon ruhen,
2 B. M. 16, 5. da denn des Sabbats, als der
heiligen Ruhe des HErrn, oder der dem HErrn
zu heiligenden Ruhe v. 22. 25. 26. dreymal aus-
druͤcklich gedacht wird.
8. Es gehoͤrete auch der Sabbat, in An-
ſehung ſo wol deſſen, daß er der letztere Tag in
der Wochen war, als auch der groſſen Strenge,
nach welcher er gehalten werden muſte, zu dem
Ceremonial-Geſetze: wie denn auch bereits vor
der Levitiſchen Einrichtung des aͤuſſerlichen
Gottesdienſtes die patriarchaliſche Kirche einige
im Vorbilde auf Chriſtum und ſein Gnaden-
Reich gerichtete Ceremonien gehabt hat; da-
her auch die erſten Chriſten nach dem Exempel
der Chriſtlichen Freyheit, an ſtatt des letztern
[Spaltenumbruch] Tages in der Wochen den erſten zum Andencken
der Auferſtehung Chriſti, die daran geſchehen
war, zu oͤffentlichen Zuſammenkuͤnften erwehlet
haben. Es lieget aber im Sabbat ſo viel vom
Moral-Geſetze, daß GOtt wie allezeit inner-
lich im Hertzen; alſo auch zu gewiſſer Zeit aͤuſſer-
lich in gemeinſchaftlicher Erbauung will bedie-
net ſeyn. Dazu denn nun der erſte Tag in der
Wochen, nach altem Chriſtlichen Gebrauch, gar
wohl von allen denen, die im innern Sabbat der
Seele ſtehen, angewendet wird, oder doch wer-
den kan: gleichwie hingegen diejenigen, welche
den Gottesdienſt, ohne den innern Dienſt ihres
Hertzens, nur in der Ruhe und im aͤuſſerlichen
Wercke kirchlicher Gebraͤuche und Ubungen ſe-
tzen, nichts weniger thun, als GOtt einen recht-
ſchafnen Dienſt leiſten: die aber, welche nebſt
dem innern auch das aͤuſſere fahren laſſen, erwei-
ſen ſich gar als Veraͤchter GOttes und als
recht ruchloſe Menſchen. Von der beſondern
Abſicht des ſiebenden oder Sabbat-Tages, und
der uͤbrigen Juͤdiſchen Feſte, ſoll gehandelt wer-
den bey dem Orte Offenb. 8, 1.
9. Ob denn nun wol die uͤbrigen Feſt-Tage
unter den Chriſten eine bloſſe Kirchen-Ordnung
zum Grunde haben: ſo iſt doch dieſe, auſſer der
papiſtiſchen Vervielfaͤltigung betrachtet, an ſich
von der Beſchaffenheit, daß ſie in chriſtlicher
Freyheit gar heilſamlich kan angewendet,
auch von allen denen, welche unter Lehrern und
Zuhoͤrern ſich von dem Geiſte GOttes regie-
ren laſſen, wohl angeleget werden; gleichwie ſie
hingegen bey andern in dem ſchaͤndlichſten Miß-
brauche ſtehet.
10. Die beſte Regel zur wuͤrdigen Feyer
der Sonn- und Feſt-Tage iſt dieſe, daß man be-
dencke, es werde damit zwar von denen, die alles
im Glauben und in der Liebe thun, und an ſolchen
Tagen zum Preiſe GOttes ſonderlich die goͤttlichẽ
Gnaden-Wohlthaten betrachten, Gott gedienet:
allein, ſo fern es dabey auf den Vortrag u. Anhoͤ-
rung des goͤttlichen Worts ankommet, ſo diene
GOtt damit mehr dem Menſchen, als daß
der Menſch GOtt diene.
Und folglich ſoll
der Menſch den Dienſt, oder die Gnaden-
Wohlthat, die ihm GOtt durch Verkuͤndi-
gung ſeines Worts erweiſet, alſo anlegen, daß
er durch die getreue Ausuͤbung deſſen, wozu er
aufs neue erwecket worden iſt, ſein gantzes Leben,
und darinnen alle ſeine Arbeit der uͤbrigen Tage
gleichſam zum GOttes-Dienſt mache, welches
geſchiehet, wenn er alles ſuͤndliche Weſen unter-
laͤſſet, und die Geſchaͤfte ſeines aͤuſſerlichen Be-
rufs durch die Furcht GOttes und durchs Gebet
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Welches die rechte Haupt-Eigenſchaft der neuen
Oeconomie des Gnaden-Bundes iſt. Denn
nach dieſer iſt das gantze Leben eines wahren
evangeliſchen Chriſten gleichſam ein beſtaͤndi-
ger Feſt-Tag;
gleichwie ſich ſein Hertz bey dem
Genuß des Friedens mit und in GOtt, in ei-
nem beſtaͤndigen Sabbat befindet. Woraus
denn die ordentliche Einrichtung und Heiligung
des uͤbrigen gantzen Lebens von ſich ſelbſt er-
folget.
V. 11.
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[537/0565] Cap. 4, 10. an die Galater. 4. Da nun Chriſtus zur Menſchwerdung gekommen war, das Werck der Erloͤſung voll- zogen, und ſein Gnaden-Reich aufgerichtet hat- te, ſo waren damit auch die juͤdiſchen Feſt-Tage aufgehaben. Daher denn auf dieſe, als auf Dinge, die zur Seligkeit noͤthig waͤren, fallen, ſo viel war, als Chriſtum verleugnen. 5. Gleichwie aber die Chriſten von der Verbindung an die Feſte befreyet waren; ſo behielten ſie doch, ſonderlich die aus den Juden zu Chriſto bekehrete, aber noch ſchwaͤchere im Glau- ben, auch die Freyheit, ſie zu halten, wenn man nur keine Nothwendigkeit darinnen ſetzte, noch andern daruͤber ein Gewiſſen machte. Wie denn Paulus ſelbſt auf das Feſt nach Jeruſalem gezogen Act. 18, 21. 20, 16. und daher ſaget er Rom. 14, 5. 6. Einer haͤlt einen Tag vor dem andern, der andere aber haͤlt alle Tage gleich. Ein ieglicher ſey in ſeiner Meinung gewiß. Welcher auf die Tage haͤlt, der thuts dem HErrn; und welcher nichts darauf haͤlt, der thuts auch dem HErrn. 6. Wenn aber dergleichen iemanden als ein noͤthiges Mittel zur Seligkeit wolte aufge- drungen werden, ſo hatten die Apoſtel zu Jeru- ſalem dagegen die Verordnung gemachet, welche allenthalben publiciret wurde. Act. 15, 23. ſqq. 16, 4. 5. Und darauf ging Paulus, wenn er an die Coloſſer ſchrieb c. 2, 16. Laſſet nun nie- mand euch Gewiſſen machen uͤber Speiſe, oder uͤber Tranck, oder uͤber beſtimmete Feyertage, oder Neumonden, oder Sab- bater. Welches iſt der Schatten von dem, das zukuͤnftig war. Aber der Coͤrper ſelbſt iſt in Chriſto. 7. Was den juͤdiſchen Sabbat betrifft, ſo hat derſelbe etwas vor allen uͤbrigen juͤdiſchen Feſten voraus und ſonderbares: nemlich darin- nen, daß er ſchon nach der Schoͤpfung verordnet worden, und in der Patriarchaliſchen Kirche vor Moſe feyerlich gehalten worden. Da ſie denn an demſelben ſich ohne Zweifel mit Opfern, auch Singen, Beten und Betrachtung goͤttli- cher Wercke und Wohlthaten, und mit Erinne- rung der ſchuldigen Pflichten werden haben ge- ſchaͤftig finden laſſen. Wie man denn ſchon vor dem von dem Berge Sinai promulgirten Geſetze den ſiebenden Tag gefeyret hat: wie gantz deut- lich damit angezeiget iſt, daß die Jſraeliten das Manna am ſechſten Tage muſten zwiefaͤltig ein- tragen, am ſiebenden aber auch davon ruhen, 2 B. M. 16, 5. da denn des Sabbats, als der heiligen Ruhe des HErrn, oder der dem HErrn zu heiligenden Ruhe v. 22. 25. 26. dreymal aus- druͤcklich gedacht wird. 8. Es gehoͤrete auch der Sabbat, in An- ſehung ſo wol deſſen, daß er der letztere Tag in der Wochen war, als auch der groſſen Strenge, nach welcher er gehalten werden muſte, zu dem Ceremonial-Geſetze: wie denn auch bereits vor der Levitiſchen Einrichtung des aͤuſſerlichen Gottesdienſtes die patriarchaliſche Kirche einige im Vorbilde auf Chriſtum und ſein Gnaden- Reich gerichtete Ceremonien gehabt hat; da- her auch die erſten Chriſten nach dem Exempel der Chriſtlichen Freyheit, an ſtatt des letztern Tages in der Wochen den erſten zum Andencken der Auferſtehung Chriſti, die daran geſchehen war, zu oͤffentlichen Zuſammenkuͤnften erwehlet haben. Es lieget aber im Sabbat ſo viel vom Moral-Geſetze, daß GOtt wie allezeit inner- lich im Hertzen; alſo auch zu gewiſſer Zeit aͤuſſer- lich in gemeinſchaftlicher Erbauung will bedie- net ſeyn. Dazu denn nun der erſte Tag in der Wochen, nach altem Chriſtlichen Gebrauch, gar wohl von allen denen, die im innern Sabbat der Seele ſtehen, angewendet wird, oder doch wer- den kan: gleichwie hingegen diejenigen, welche den Gottesdienſt, ohne den innern Dienſt ihres Hertzens, nur in der Ruhe und im aͤuſſerlichen Wercke kirchlicher Gebraͤuche und Ubungen ſe- tzen, nichts weniger thun, als GOtt einen recht- ſchafnen Dienſt leiſten: die aber, welche nebſt dem innern auch das aͤuſſere fahren laſſen, erwei- ſen ſich gar als Veraͤchter GOttes und als recht ruchloſe Menſchen. Von der beſondern Abſicht des ſiebenden oder Sabbat-Tages, und der uͤbrigen Juͤdiſchen Feſte, ſoll gehandelt wer- den bey dem Orte Offenb. 8, 1. 9. Ob denn nun wol die uͤbrigen Feſt-Tage unter den Chriſten eine bloſſe Kirchen-Ordnung zum Grunde haben: ſo iſt doch dieſe, auſſer der papiſtiſchen Vervielfaͤltigung betrachtet, an ſich von der Beſchaffenheit, daß ſie in chriſtlicher Freyheit gar heilſamlich kan angewendet, auch von allen denen, welche unter Lehrern und Zuhoͤrern ſich von dem Geiſte GOttes regie- ren laſſen, wohl angeleget werden; gleichwie ſie hingegen bey andern in dem ſchaͤndlichſten Miß- brauche ſtehet. 10. Die beſte Regel zur wuͤrdigen Feyer der Sonn- und Feſt-Tage iſt dieſe, daß man be- dencke, es werde damit zwar von denen, die alles im Glauben und in der Liebe thun, und an ſolchen Tagen zum Preiſe GOttes ſonderlich die goͤttlichẽ Gnaden-Wohlthaten betrachten, Gott gedienet: allein, ſo fern es dabey auf den Vortrag u. Anhoͤ- rung des goͤttlichen Worts ankommet, ſo diene GOtt damit mehr dem Menſchen, als daß der Menſch GOtt diene. Und folglich ſoll der Menſch den Dienſt, oder die Gnaden- Wohlthat, die ihm GOtt durch Verkuͤndi- gung ſeines Worts erweiſet, alſo anlegen, daß er durch die getreue Ausuͤbung deſſen, wozu er aufs neue erwecket worden iſt, ſein gantzes Leben, und darinnen alle ſeine Arbeit der uͤbrigen Tage gleichſam zum GOttes-Dienſt mache, welches geſchiehet, wenn er alles ſuͤndliche Weſen unter- laͤſſet, und die Geſchaͤfte ſeines aͤuſſerlichen Be- rufs durch die Furcht GOttes und durchs Gebet heiliget u. GOtt in Chriſto wohlgefaͤllig machet. Welches die rechte Haupt-Eigenſchaft der neuen Oeconomie des Gnaden-Bundes iſt. Denn nach dieſer iſt das gantze Leben eines wahren evangeliſchen Chriſten gleichſam ein beſtaͤndi- ger Feſt-Tag; gleichwie ſich ſein Hertz bey dem Genuß des Friedens mit und in GOtt, in ei- nem beſtaͤndigen Sabbat befindet. Woraus denn die ordentliche Einrichtung und Heiligung des uͤbrigen gantzen Lebens von ſich ſelbſt er- folget. V. 11. Y y y

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 537. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/565>, abgerufen am 24.11.2024.