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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 3-5.
[Spaltenumbruch] 16. 30, 6. Jer. 4, 4. 6, 10. 11, 25. 26. Ezech.
44, 7. 9.
7. Diejenigen, welche ihren Gottes-Dienst,
mit Hindansetzung des innerlichen, nur bloß in
äusserlichen Ubungen und Ceremonien setzen, sind
mehr alt-testamentische Juden, als Christen.
Welches sonderlich im Papstthum sich findet:
und zwar so viel mehr, ie mehr es darinnen an-
kömmt auf blosse Menschen-Satzungen, und da-
zu auf solche, die nicht allein unnützlich, sondern
auch recht abergläubisch, abgöttisch, ja zum Theil
recht lächerlich sind, und dem hohenpriesterli-
chen Amte CHristi gerade entgegen stehen: da
hingegen die Levitischen Ceremonien eine göttli-
che Verordnung zum Grunde hatten, und als
Vorbilder auf CHristum, und sonderlich auf
sein hohespriesterliches Amt führeten, auch mit
dem Dienste GOttes im Geiste und in der Wahr-
heit gar wohl bestehen konten.
V. 4. 5.

Da aber die (von GOTT bestimmete
v. 2. und durch die Propheten, sonderlich den
Daniel c. 9, 24. 25 in den 70 Jahr-Wochen
angezeigete) Zeit erfüllet ward, sandte GOtt
(der himmlische Vater) seinen (eingebohrnen)
Sohn (der mit ihm gleiches Wesens ist Joh.
3, 16.) gebohren von einem Weibe, (mit
welchem Namen die Jungfrau Maria benennet
wird, in Ansehung, nicht des ledigen, oder ver-
ehelichten, Standes, sondern des weiblichen Ge-
schlechts, nach der Verheissung Jes. 7, 14.) V. 5.
Unter das (gantze) Gesetz gethan (demselben
unterworfen, da er sonst desselben HERR ist,
der es selbst auf dem Berge Sinai gegeben hat:)
auf daß er die, so unter dem Gesetz wa-
ren
(das ist, alle Menschen, was das Moral-
Gesetze, dessen Verbindung, Forderung und
Fluch betrifft) erlösete (durch seinen Gehorsam
und durch seinen übernommenen Tod am Creu-
tze für sie erfüllete, und damit den Fluch abthäte
c. 3, 13.) daß wir die Kindschaft empfingen
(nemlich ausser dem Rechte zu demselben, wel-
ches auch die Gläubigen des alten Testaments
gehabt und würcklich besessen haben, diejenige
Oeconomie und Freyheit, welche erwachsenen
Kindern zukömmt, und dem Stande der Un-
mündigen entgegen gesetzet ist; wie vorher ge-
het.)

Anmerckungen.
1. Dieser Spruch ist vor andern werth, daß
man ihn wohl betrachte: wozu denn ietzo mehre-
re Anleitung soll gegeben werden. Wir finden
aber darinnen folgende Stücke zu bemercken:
1. Die Zeit, davon geredet wird. 2. Die Sen-
dung des Sohnes,
welche darinnen geschehen.
3. Desselben Geburt vom Weibe. 4. Wie wir
Menschen unter dem Gesetze sind? 5. War-
um,
und wie CHristus unter das Gesetz gethan?
6. Die Erlösung, die er dadurch zu wege ge-
bracht. 7. Die herrliche Frucht, die daher zur
Kindschaft GOttes über uns kömmt.
2. Was die Zeit betrift, hätte GOTT
den Meßiam, oder Heiland der Welt, bald nach
dem Sünden-Fall, da er ihn verheissen hatte,
[Spaltenumbruch] senden können: wie denn auch die Gläubigen
seiner von da an sehnlich erwartet haben, als
man aus unterschiedlichen Spuren in der Be-
schreibung ihres Lebens findet. Aber GOTT
hat nach seiner Weisheit geheime und heilige Ur-
sachen gehabt, diese Zeit bey vier tausend Jahr
hinaus zu setzen, und unter dessen die Verheissun-
gen nicht allein zu wiederholen, sondern auch im-
mer deutlicher und mit mehrern Umständen vor-
zustellen, auch die Sache selbst auf mancherley
Art vorzubilden, und dadurch die Gläubigen des
alten Testaments in ihrem Glauben und ihrer
Hoffnung recht zu üben, und endlich das so lan-
ge erwartete Gut und Heil durch die Darstellung
desto angenehmer zu machen. Die eigentlich-
ste Bestimmung der rechten Zeit, da die Vor-
mundschaft des alten Testaments ein Ende neh-
men solte, geschahe durch den Propheten Da-
niel Cap. 9, 24. 25. in den daselbst benannten
siebenzig Jahr-Wochen. Wovon sich alhier
mit wenig Worten nicht handeln lässet; sondern
nur so viel zu mercken ist, daß diese Zeit aufs aller-
genaueste zugetroffen, und solcher herrlichen Ver-
heissung mit der Erfüllung ihr vollkommenes
Gewicht gegeben habe, und unser Heiland un-
ter andern auch dadurch als der verheissene
wahre Meßias erwiesen und bestätiget worden
sey.
3. Bey der Sendung des Sohnes GOt-
tes sind folgende Puncte zu mercken:
a. Die wahre göttliche Natur CHristi, nach
welcher er von Ewigkeit gewesen bey dem Va-
ter Joh. 1, 1. und in dem Vater Joh. 14, 9.
10. 11. ehe er in der Fülle der Zeit gesandt
worden.
b. Die besondere Person in dem einigen gött-
lichen Wesen, nach welcher er ist der Sohn,
von dem sendenden Vater und von dem Heili-
gen Geiste, der v. 6. ein Geist des Sohnes
heißt, persönlich unterschieden, gleichwie er
wesentlich mit ihnen vereiniget, oder eines
Wesens mit ihnen ist.
c. Der Rath des Friedens zwischen Vater
und dem Sohne, welchen die Sendung zum
Grunde hat, und der darinnen bestehet, daß
der Sohn sich schon von Ewigkeit her, bey vor-
hergesehenem Sünden-Fall zum Mittler-
Amte freywillig erkläret hat, und zwar in sol-
cher Ordnung, daß er menschliche Natur an
sich nehmen, und das menschliche Geschlecht
darinn erlösen wolle; der Vater auch selbst, so
nebst dem Heiligen Geist diesen Rath mit aus-
gefunden, die Sendung des Sohnes beschlos-
sen hat.
d. Die Sendung selbst: welche unter den Per-
sonen der hochgelobten Gottheit keine Ungleich-
heit, sondern nur die wesentliche Ordnung ih-
res persönlichen Unterscheids, auch ihre aller-
höchste Ubereinstimmung, anzeiget: und bey
welcher der Sohn so willig gewesen ist zu kom-
men, als der Vater ihn zu senden, und der
Heilige Geist, seine anzunehmende menschli-
che Natur mit der Fülle der Gottheit ohne alle
Masse zu salben, und durch das Werck der Er-
lösung in desselben rechten Application bey den
Menschen den Vater und den Sohn, und also
auch
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 3-5.
[Spaltenumbruch] 16. 30, 6. Jer. 4, 4. 6, 10. 11, 25. 26. Ezech.
44, 7. 9.
7. Diejenigen, welche ihren Gottes-Dienſt,
mit Hindanſetzung des innerlichen, nur bloß in
aͤuſſerlichen Ubungen und Ceremonien ſetzen, ſind
mehr alt-teſtamentiſche Juden, als Chriſten.
Welches ſonderlich im Papſtthum ſich findet:
und zwar ſo viel mehr, ie mehr es darinnen an-
koͤmmt auf bloſſe Menſchen-Satzungen, und da-
zu auf ſolche, die nicht allein unnuͤtzlich, ſondern
auch recht aberglaͤubiſch, abgoͤttiſch, ja zum Theil
recht laͤcherlich ſind, und dem hohenprieſterli-
chen Amte CHriſti gerade entgegen ſtehen: da
hingegen die Levitiſchen Ceremonien eine goͤttli-
che Verordnung zum Grunde hatten, und als
Vorbilder auf CHriſtum, und ſonderlich auf
ſein hohesprieſterliches Amt fuͤhreten, auch mit
dem Dienſte GOttes im Geiſte und in der Wahr-
heit gar wohl beſtehen konten.
V. 4. 5.

Da aber die (von GOTT beſtimmete
v. 2. und durch die Propheten, ſonderlich den
Daniel c. 9, 24. 25 in den 70 Jahr-Wochen
angezeigete) Zeit erfuͤllet ward, ſandte GOtt
(der himmliſche Vater) ſeinen (eingebohrnen)
Sohn (der mit ihm gleiches Weſens iſt Joh.
3, 16.) gebohren von einem Weibe, (mit
welchem Namen die Jungfrau Maria benennet
wird, in Anſehung, nicht des ledigen, oder ver-
ehelichten, Standes, ſondern des weiblichen Ge-
ſchlechts, nach der Verheiſſung Jeſ. 7, 14.) V. 5.
Unter das (gantze) Geſetz gethan (demſelben
unterworfen, da er ſonſt deſſelben HERR iſt,
der es ſelbſt auf dem Berge Sinai gegeben hat:)
auf daß er die, ſo unter dem Geſetz wa-
ren
(das iſt, alle Menſchen, was das Moral-
Geſetze, deſſen Verbindung, Forderung und
Fluch betrifft) erloͤſete (durch ſeinen Gehorſam
und durch ſeinen uͤbernommenen Tod am Creu-
tze fuͤr ſie erfuͤllete, und damit den Fluch abthaͤte
c. 3, 13.) daß wir die Kindſchaft empfingen
(nemlich auſſer dem Rechte zu demſelben, wel-
ches auch die Glaͤubigen des alten Teſtaments
gehabt und wuͤrcklich beſeſſen haben, diejenige
Oeconomie und Freyheit, welche erwachſenen
Kindern zukoͤmmt, und dem Stande der Un-
muͤndigen entgegen geſetzet iſt; wie vorher ge-
het.)

Anmerckungen.
1. Dieſer Spruch iſt vor andern werth, daß
man ihn wohl betrachte: wozu denn ietzo mehre-
re Anleitung ſoll gegeben werden. Wir finden
aber darinnen folgende Stuͤcke zu bemercken:
1. Die Zeit, davon geredet wird. 2. Die Sen-
dung des Sohnes,
welche darinnen geſchehen.
3. Deſſelben Geburt vom Weibe. 4. Wie wir
Menſchen unter dem Geſetze ſind? 5. War-
um,
und wie CHriſtus unter das Geſetz gethan?
6. Die Erloͤſung, die er dadurch zu wege ge-
bracht. 7. Die herrliche Frucht, die daher zur
Kindſchaft GOttes uͤber uns koͤmmt.
2. Was die Zeit betrift, haͤtte GOTT
den Meßiam, oder Heiland der Welt, bald nach
dem Suͤnden-Fall, da er ihn verheiſſen hatte,
[Spaltenumbruch] ſenden koͤnnen: wie denn auch die Glaͤubigen
ſeiner von da an ſehnlich erwartet haben, als
man aus unterſchiedlichen Spuren in der Be-
ſchreibung ihres Lebens findet. Aber GOTT
hat nach ſeiner Weisheit geheime und heilige Ur-
ſachen gehabt, dieſe Zeit bey vier tauſend Jahr
hinaus zu ſetzen, und unter deſſen die Verheiſſun-
gen nicht allein zu wiederholen, ſondern auch im-
mer deutlicher und mit mehrern Umſtaͤnden vor-
zuſtellen, auch die Sache ſelbſt auf mancherley
Art vorzubilden, und dadurch die Glaͤubigen des
alten Teſtaments in ihrem Glauben und ihrer
Hoffnung recht zu uͤben, und endlich das ſo lan-
ge erwartete Gut und Heil durch die Darſtellung
deſto angenehmer zu machen. Die eigentlich-
ſte Beſtimmung der rechten Zeit, da die Vor-
mundſchaft des alten Teſtaments ein Ende neh-
men ſolte, geſchahe durch den Propheten Da-
niel Cap. 9, 24. 25. in den daſelbſt benannten
ſiebenzig Jahr-Wochen. Wovon ſich alhier
mit wenig Worten nicht handeln laͤſſet; ſondern
nur ſo viel zu mercken iſt, daß dieſe Zeit aufs aller-
genaueſte zugetroffen, und ſolcher herrlichen Ver-
heiſſung mit der Erfuͤllung ihr vollkommenes
Gewicht gegeben habe, und unſer Heiland un-
ter andern auch dadurch als der verheiſſene
wahre Meßias erwieſen und beſtaͤtiget worden
ſey.
3. Bey der Sendung des Sohnes GOt-
tes ſind folgende Puncte zu mercken:
a. Die wahre goͤttliche Natur CHriſti, nach
welcher er von Ewigkeit geweſen bey dem Va-
ter Joh. 1, 1. und in dem Vater Joh. 14, 9.
10. 11. ehe er in der Fuͤlle der Zeit geſandt
worden.
b. Die beſondere Perſon in dem einigen goͤtt-
lichen Weſen, nach welcher er iſt der Sohn,
von dem ſendenden Vater und von dem Heili-
gen Geiſte, der v. 6. ein Geiſt des Sohnes
heißt, perſoͤnlich unterſchieden, gleichwie er
weſentlich mit ihnen vereiniget, oder eines
Weſens mit ihnen iſt.
c. Der Rath des Friedens zwiſchen Vater
und dem Sohne, welchen die Sendung zum
Grunde hat, und der darinnen beſtehet, daß
der Sohn ſich ſchon von Ewigkeit her, bey vor-
hergeſehenem Suͤnden-Fall zum Mittler-
Amte freywillig erklaͤret hat, und zwar in ſol-
cher Ordnung, daß er menſchliche Natur an
ſich nehmen, und das menſchliche Geſchlecht
darinn erloͤſen wolle; der Vater auch ſelbſt, ſo
nebſt dem Heiligen Geiſt dieſen Rath mit aus-
gefunden, die Sendung des Sohnes beſchloſ-
ſen hat.
d. Die Sendung ſelbſt: welche unter den Per-
ſonen der hochgelobten Gottheit keine Ungleich-
heit, ſondern nur die weſentliche Ordnung ih-
res perſoͤnlichen Unterſcheids, auch ihre aller-
hoͤchſte Ubereinſtimmung, anzeiget: und bey
welcher der Sohn ſo willig geweſen iſt zu kom-
men, als der Vater ihn zu ſenden, und der
Heilige Geiſt, ſeine anzunehmende menſchli-
che Natur mit der Fuͤlle der Gottheit ohne alle
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[530/0558] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 3-5. 16. 30, 6. Jer. 4, 4. 6, 10. 11, 25. 26. Ezech. 44, 7. 9. 7. Diejenigen, welche ihren Gottes-Dienſt, mit Hindanſetzung des innerlichen, nur bloß in aͤuſſerlichen Ubungen und Ceremonien ſetzen, ſind mehr alt-teſtamentiſche Juden, als Chriſten. Welches ſonderlich im Papſtthum ſich findet: und zwar ſo viel mehr, ie mehr es darinnen an- koͤmmt auf bloſſe Menſchen-Satzungen, und da- zu auf ſolche, die nicht allein unnuͤtzlich, ſondern auch recht aberglaͤubiſch, abgoͤttiſch, ja zum Theil recht laͤcherlich ſind, und dem hohenprieſterli- chen Amte CHriſti gerade entgegen ſtehen: da hingegen die Levitiſchen Ceremonien eine goͤttli- che Verordnung zum Grunde hatten, und als Vorbilder auf CHriſtum, und ſonderlich auf ſein hohesprieſterliches Amt fuͤhreten, auch mit dem Dienſte GOttes im Geiſte und in der Wahr- heit gar wohl beſtehen konten. V. 4. 5. Da aber die (von GOTT beſtimmete v. 2. und durch die Propheten, ſonderlich den Daniel c. 9, 24. 25 in den 70 Jahr-Wochen angezeigete) Zeit erfuͤllet ward, ſandte GOtt (der himmliſche Vater) ſeinen (eingebohrnen) Sohn (der mit ihm gleiches Weſens iſt Joh. 3, 16.) gebohren von einem Weibe, (mit welchem Namen die Jungfrau Maria benennet wird, in Anſehung, nicht des ledigen, oder ver- ehelichten, Standes, ſondern des weiblichen Ge- ſchlechts, nach der Verheiſſung Jeſ. 7, 14.) V. 5. Unter das (gantze) Geſetz gethan (demſelben unterworfen, da er ſonſt deſſelben HERR iſt, der es ſelbſt auf dem Berge Sinai gegeben hat:) auf daß er die, ſo unter dem Geſetz wa- ren (das iſt, alle Menſchen, was das Moral- Geſetze, deſſen Verbindung, Forderung und Fluch betrifft) erloͤſete (durch ſeinen Gehorſam und durch ſeinen uͤbernommenen Tod am Creu- tze fuͤr ſie erfuͤllete, und damit den Fluch abthaͤte c. 3, 13.) daß wir die Kindſchaft empfingen (nemlich auſſer dem Rechte zu demſelben, wel- ches auch die Glaͤubigen des alten Teſtaments gehabt und wuͤrcklich beſeſſen haben, diejenige Oeconomie und Freyheit, welche erwachſenen Kindern zukoͤmmt, und dem Stande der Un- muͤndigen entgegen geſetzet iſt; wie vorher ge- het.) Anmerckungen. 1. Dieſer Spruch iſt vor andern werth, daß man ihn wohl betrachte: wozu denn ietzo mehre- re Anleitung ſoll gegeben werden. Wir finden aber darinnen folgende Stuͤcke zu bemercken: 1. Die Zeit, davon geredet wird. 2. Die Sen- dung des Sohnes, welche darinnen geſchehen. 3. Deſſelben Geburt vom Weibe. 4. Wie wir Menſchen unter dem Geſetze ſind? 5. War- um, und wie CHriſtus unter das Geſetz gethan? 6. Die Erloͤſung, die er dadurch zu wege ge- bracht. 7. Die herrliche Frucht, die daher zur Kindſchaft GOttes uͤber uns koͤmmt. 2. Was die Zeit betrift, haͤtte GOTT den Meßiam, oder Heiland der Welt, bald nach dem Suͤnden-Fall, da er ihn verheiſſen hatte, ſenden koͤnnen: wie denn auch die Glaͤubigen ſeiner von da an ſehnlich erwartet haben, als man aus unterſchiedlichen Spuren in der Be- ſchreibung ihres Lebens findet. Aber GOTT hat nach ſeiner Weisheit geheime und heilige Ur- ſachen gehabt, dieſe Zeit bey vier tauſend Jahr hinaus zu ſetzen, und unter deſſen die Verheiſſun- gen nicht allein zu wiederholen, ſondern auch im- mer deutlicher und mit mehrern Umſtaͤnden vor- zuſtellen, auch die Sache ſelbſt auf mancherley Art vorzubilden, und dadurch die Glaͤubigen des alten Teſtaments in ihrem Glauben und ihrer Hoffnung recht zu uͤben, und endlich das ſo lan- ge erwartete Gut und Heil durch die Darſtellung deſto angenehmer zu machen. Die eigentlich- ſte Beſtimmung der rechten Zeit, da die Vor- mundſchaft des alten Teſtaments ein Ende neh- men ſolte, geſchahe durch den Propheten Da- niel Cap. 9, 24. 25. in den daſelbſt benannten ſiebenzig Jahr-Wochen. Wovon ſich alhier mit wenig Worten nicht handeln laͤſſet; ſondern nur ſo viel zu mercken iſt, daß dieſe Zeit aufs aller- genaueſte zugetroffen, und ſolcher herrlichen Ver- heiſſung mit der Erfuͤllung ihr vollkommenes Gewicht gegeben habe, und unſer Heiland un- ter andern auch dadurch als der verheiſſene wahre Meßias erwieſen und beſtaͤtiget worden ſey. 3. Bey der Sendung des Sohnes GOt- tes ſind folgende Puncte zu mercken: a. Die wahre goͤttliche Natur CHriſti, nach welcher er von Ewigkeit geweſen bey dem Va- ter Joh. 1, 1. und in dem Vater Joh. 14, 9. 10. 11. ehe er in der Fuͤlle der Zeit geſandt worden. b. Die beſondere Perſon in dem einigen goͤtt- lichen Weſen, nach welcher er iſt der Sohn, von dem ſendenden Vater und von dem Heili- gen Geiſte, der v. 6. ein Geiſt des Sohnes heißt, perſoͤnlich unterſchieden, gleichwie er weſentlich mit ihnen vereiniget, oder eines Weſens mit ihnen iſt. c. Der Rath des Friedens zwiſchen Vater und dem Sohne, welchen die Sendung zum Grunde hat, und der darinnen beſtehet, daß der Sohn ſich ſchon von Ewigkeit her, bey vor- hergeſehenem Suͤnden-Fall zum Mittler- Amte freywillig erklaͤret hat, und zwar in ſol- cher Ordnung, daß er menſchliche Natur an ſich nehmen, und das menſchliche Geſchlecht darinn erloͤſen wolle; der Vater auch ſelbſt, ſo nebſt dem Heiligen Geiſt dieſen Rath mit aus- gefunden, die Sendung des Sohnes beſchloſ- ſen hat. d. Die Sendung ſelbſt: welche unter den Per- ſonen der hochgelobten Gottheit keine Ungleich- heit, ſondern nur die weſentliche Ordnung ih- res perſoͤnlichen Unterſcheids, auch ihre aller- hoͤchſte Ubereinſtimmung, anzeiget: und bey welcher der Sohn ſo willig geweſen iſt zu kom- men, als der Vater ihn zu ſenden, und der Heilige Geiſt, ſeine anzunehmende menſchli- che Natur mit der Fuͤlle der Gottheit ohne alle Maſſe zu ſalben, und durch das Werck der Er- loͤſung in deſſelben rechten Application bey den Menſchen den Vater und den Sohn, und alſo auch

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/558>, abgerufen am 27.11.2024.