Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 4-6. [Spaltenumbruch]
Anmerckungen. 1. Das Wort Fleisch gehet alhier im Ge- 2. Wer das principium des Geistes ver- V. 4. Habt ihr denn so viel (von den Feinden Anmerckungen. 1. Obgleich um diese Zeit, da die Galater zu Christo gebracht worden, keine solche Ver- folgung gewesen, die aus Käyserlichem Befehl geschehen; als womit die Christen fast durch das gantze erste Seculum ziemlich verschonet ge- blieben sind, ohne was zu den Zeiten Neronis eigentlich nur zu Rom und am Ende des Seculi unter Domitiano an mehrern Orten vorgegan- gen ist: so hat es den Bekennern Christi doch niemals an Leiden, und dazu oft gar schweren Leiden gefehlet. Denn sowol die verstockten Juden, als die abergläubischen Heiden verlä- sterten sie nicht allein aufs ärgste, sondern druckten sie auch sonst gar hart, also, daß sie bey so vielen falschen Anklagen auch wol in die Gefängnisse geleget, ihrer Güter beraubet und verjaget wurden, nachdem die Richter den An- klägern Gehör gegeben. Wie es den Aposteln selbst und vor andern am meisten ergangen, ist aus ihren Geschichten und Briefen bekant. 2. Das Evangelium nicht allein als wahr- haftig erkant und angenommen haben, dadurch auch mit den Gaben des Heiligen Geistes ver- siegelt seyn, ja darüber schon so viel erlitten ha- ben, war eine Sache, welche den Galatern ihre [Spaltenumbruch] Wanck elmüthigkeit, als recht unvernünftig und unverantwortlich vorstellen und sie zur gehörigen Beständigkeit nicht wenig antreiben konte. Daher sich der Apostel dieser Gründe mit Fleiß bedienet: wie denn auch nicht zu zweifeln, daß er damit seinen Zweck werde erreichet haben. 3. Es haben aber die Worte: Habet ihr so viel umsonst erlitten, nicht allein diesen Ver- stand, daß sie die Leiden nicht ohne genugsame Uberzeugung von der Wahrheit des Evangelii über sich ergehen lassen; sondern sie gehen auch sonderlich auf die grosse Verheissungen von der so herrlichen Gnaden-Belohnung aller wahren Leiden: davon man sehe Matth. 5, 10-12. Rom. 8, 18. sqq. 2 Cor. 5, 17. 18. Hebr. 12, 7. Jac. 1, 12. Apoc. 2, 10. Johannes spricht daher Ep. 2, 10. Sehet euch vor, daß wir nicht ver- lieren, was wir erarbeitet haben, sondern vollen Lohn empfahen. V. 5. Der euch nun den Geist reichet (zu eu- Anmerckung. Weil dieses ein sehr wichtiger Bewegungs- V. 6. Gleichwie Abraham hat GOTT ge- Anmerckung. Die particula kathos, gleichwie, hat al- und
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 4-6. [Spaltenumbruch]
Anmerckungen. 1. Das Wort Fleiſch gehet alhier im Ge- 2. Wer das principium des Geiſtes ver- V. 4. Habt ihr denn ſo viel (von den Feinden Anmerckungen. 1. Obgleich um dieſe Zeit, da die Galater zu Chriſto gebracht worden, keine ſolche Ver- folgung geweſen, die aus Kaͤyſerlichem Befehl geſchehen; als womit die Chriſten faſt durch das gantze erſte Seculum ziemlich verſchonet ge- blieben ſind, ohne was zu den Zeiten Neronis eigentlich nur zu Rom und am Ende des Seculi unter Domitiano an mehrern Orten vorgegan- gen iſt: ſo hat es den Bekennern Chriſti doch niemals an Leiden, und dazu oft gar ſchweren Leiden gefehlet. Denn ſowol die verſtockten Juden, als die aberglaͤubiſchen Heiden verlaͤ- ſterten ſie nicht allein aufs aͤrgſte, ſondern druckten ſie auch ſonſt gar hart, alſo, daß ſie bey ſo vielen falſchen Anklagen auch wol in die Gefaͤngniſſe geleget, ihrer Guͤter beraubet und verjaget wurden, nachdem die Richter den An- klaͤgern Gehoͤr gegeben. Wie es den Apoſteln ſelbſt und vor andern am meiſten ergangen, iſt aus ihren Geſchichten und Briefen bekant. 2. Das Evangelium nicht allein als wahr- haftig erkant und angenommen haben, dadurch auch mit den Gaben des Heiligen Geiſtes ver- ſiegelt ſeyn, ja daruͤber ſchon ſo viel erlitten ha- ben, war eine Sache, welche den Galatern ihre [Spaltenumbruch] Wanck elmuͤthigkeit, als recht unvernuͤnftig und unverantwortlich vorſtellen und ſie zur gehoͤrigen Beſtaͤndigkeit nicht wenig antreiben konte. Daher ſich der Apoſtel dieſer Gruͤnde mit Fleiß bedienet: wie denn auch nicht zu zweifeln, daß er damit ſeinen Zweck werde erreichet haben. 3. Es haben aber die Worte: Habet ihr ſo viel umſonſt erlitten, nicht allein dieſen Ver- ſtand, daß ſie die Leiden nicht ohne genugſame Uberzeugung von der Wahrheit des Evangelii uͤber ſich ergehen laſſen; ſondern ſie gehen auch ſonderlich auf die groſſe Verheiſſungen von der ſo herrlichen Gnaden-Belohnung aller wahren Leiden: davon man ſehe Matth. 5, 10-12. Rom. 8, 18. ſqq. 2 Cor. 5, 17. 18. Hebr. 12, 7. Jac. 1, 12. Apoc. 2, 10. Johannes ſpricht daher Ep. 2, 10. Sehet euch vor, daß wir nicht ver- lieren, was wir erarbeitet haben, ſondern vollen Lohn empfahen. V. 5. Der euch nun den Geiſt reichet (zu eu- Anmerckung. Weil dieſes ein ſehr wichtiger Bewegungs- V. 6. Gleichwie Abraham hat GOTT ge- Anmerckung. Die particula καϑὼς, gleichwie, hat al- und
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 3, v. 4-6.
Anmerckungen.
1. Das Wort Fleiſch gehet alhier im Ge-
genſatz auf den Geiſt, auſſer der Beſchneidung,
auf die gantze Oeconomie des alten Teſtaments,
auch in Anſehung deſſen, daß die Juden gemei-
niglich nur nach ihren bloſſen Natur-Kraͤften, die
auch ſonſt mit dem Namen des Fleiſches benen-
net werden, umgingen, und aus ſolchen ihre ei-
gene Gerechtigkeit nach dem Geſetz in aͤuſſerlichen
Wercken ſuchten.
2. Wer das principium des Geiſtes ver-
laͤſſet, der faͤllt auch ſolcher geſtalt auf das Fleiſch,
daß er dem natuͤrlichen Verderben in ſich Raum
giebet, und wircklich nach dem Fleiſche lebet.
O wie leicht iſt es geſchehen, daß man vom
Geiſte alſo aufs Fleiſch falle! O wie betruͤbt
ſind die Exempel derer, welche im Geiſte ange-
fangen, aber leider im Fleiſche fortfahren, und
die Vollendung im Fluche machen, wo ſie nicht
bey Zeiten bedencken, wovon ſie gefallen ſind,
und ihre unlautere krumme Wege wieder ver-
laſſen.
V. 4.
Habt ihr denn ſo viel (von den Feinden
des Evangelii, den Juden und Heiden) um-
ſonſt erlitten? (wie es denn gewiß umſonſt ſeyn
wuͤrde, wofern ihr Chriſtum mit dem Evangelio
woltet wieder fahren laſſen) Jſt es anders
umſonſt (wie es denn nicht dabey bleiben wuͤr-
de, daß ihr das Evangelium umſonſt oder ohne
die daraus ſonſt entſtehende Seligkeit angenom-
men und daruͤber gelitten habet; ſondern es zu
eurer deſto mehrern Verdammniß gereichen
moͤchte: wiewol ich der guten Hoffnung zu euch
bin, daß es nicht umſonſt geweſen ſeyn ſoll, und
ihr euch wieder in die erſten lautern Glaubens-
Wege begeben werdet.)
Anmerckungen.
1. Obgleich um dieſe Zeit, da die Galater
zu Chriſto gebracht worden, keine ſolche Ver-
folgung geweſen, die aus Kaͤyſerlichem Befehl
geſchehen; als womit die Chriſten faſt durch
das gantze erſte Seculum ziemlich verſchonet ge-
blieben ſind, ohne was zu den Zeiten Neronis
eigentlich nur zu Rom und am Ende des Seculi
unter Domitiano an mehrern Orten vorgegan-
gen iſt: ſo hat es den Bekennern Chriſti doch
niemals an Leiden, und dazu oft gar ſchweren
Leiden gefehlet. Denn ſowol die verſtockten
Juden, als die aberglaͤubiſchen Heiden verlaͤ-
ſterten ſie nicht allein aufs aͤrgſte, ſondern
druckten ſie auch ſonſt gar hart, alſo, daß ſie
bey ſo vielen falſchen Anklagen auch wol in die
Gefaͤngniſſe geleget, ihrer Guͤter beraubet und
verjaget wurden, nachdem die Richter den An-
klaͤgern Gehoͤr gegeben. Wie es den Apoſteln
ſelbſt und vor andern am meiſten ergangen, iſt
aus ihren Geſchichten und Briefen bekant.
2. Das Evangelium nicht allein als wahr-
haftig erkant und angenommen haben, dadurch
auch mit den Gaben des Heiligen Geiſtes ver-
ſiegelt ſeyn, ja daruͤber ſchon ſo viel erlitten ha-
ben, war eine Sache, welche den Galatern ihre
Wanck elmuͤthigkeit, als recht unvernuͤnftig und
unverantwortlich vorſtellen und ſie zur gehoͤrigen
Beſtaͤndigkeit nicht wenig antreiben konte.
Daher ſich der Apoſtel dieſer Gruͤnde mit Fleiß
bedienet: wie denn auch nicht zu zweifeln, daß
er damit ſeinen Zweck werde erreichet haben.
3. Es haben aber die Worte: Habet ihr ſo
viel umſonſt erlitten, nicht allein dieſen Ver-
ſtand, daß ſie die Leiden nicht ohne genugſame
Uberzeugung von der Wahrheit des Evangelii
uͤber ſich ergehen laſſen; ſondern ſie gehen auch
ſonderlich auf die groſſe Verheiſſungen von der
ſo herrlichen Gnaden-Belohnung aller wahren
Leiden: davon man ſehe Matth. 5, 10-12. Rom.
8, 18. ſqq. 2 Cor. 5, 17. 18. Hebr. 12, 7. Jac. 1,
12. Apoc. 2, 10. Johannes ſpricht daher Ep.
2, 10. Sehet euch vor, daß wir nicht ver-
lieren, was wir erarbeitet haben, ſondern
vollen Lohn empfahen.
V. 5.
Der euch nun den Geiſt reichet (zu eu-
rer innerlichen Salbung und Anzuͤndung des
Glaubens) und thut (zu eurer deſto mehreren
Verſiegelung oder Bekraͤftigung in der Wahr-
heit) ſolche Thaten (der auſſerordentlichen
Wunder Gaben, wie bey den Corinthiern 1 Cor.
12. 14.) unter euch, thut ers durchs Geſe-
tzes Werck, oder durch die Predigt vom
Glauben? (ſeyd ihr dazu itzo erſt gelanget durch
den falſchen Eifer fuͤr das Geſetz und fuͤr die ge-
ſetzliche Gerechtigkeit, darauf euch einige falſche
Lehrer gefuͤhret haben; oder gleich anfangs durch
die im Glauben angenommene Predigt des Ev-
angelii von der euch erworbenen Gerechtigkeit
CHriſti?)
Anmerckung.
Weil dieſes ein ſehr wichtiger Bewegungs-
Grund iſt, dadurch die Galater am meiſten und
zuvorderſt uͤberzeuget werden konten; ſo wieder-
holet der Apoſtel mit etwas veraͤnderten Wor-
ten das, was er ſchon vorher v. 2. geſetzet hatte.
Und dieſes bringet diejenige Lehr-Art, da man
nicht nach der Kunſt, ſondern aus dringendem Af-
fect zur rechten Conviction redet, oder ſchreibet,
alſo mit ſich.
V. 6.
Gleichwie Abraham hat GOTT ge-
glaubet (in den ihm gegebnen Verheiſſungen
vom Meßia, als dem Heilande aller Welt) und
es iſt ihm gerechnet zur Gerechtigkeit (da-
mit er koͤnte vor GOTT beſtehen; ſintemal er
in ſeinem Glauben die Gerechtigkeit des Meßiaͤ
anſahe, und ſich zueignete: wie denn die goͤttli-
che Zurechnung des Glaubens Zueignung zum
Grunde hat. Wie aber Abraham, der Vater
oder das Muſter aller Glaͤubigen, gerecht worden
iſt, ſo muͤſſen wir alle gerecht und ſelig werden:
wie mit mehrern gezeiget iſt Rom. 4. alwo der
Ort 1 B. Moſ. 15, 6. erlaͤutert wird.
Anmerckung.
Die particula καϑὼς, gleichwie, hat al-
hier die particulam οὕτως, alſo, nicht nach ſich:
und
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