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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 1, v. 2. 3. an die Galater.
[Spaltenumbruch] Rechte und zugleich auch ihre Pflichten anzei-
gen. Jhrer Würde und ihren Rechten nach
sind sie Kinder und Erben GOttes und Mit-
Erben CHristi;
welche, weil sie in der Ord-
nung der Wiedergeburt und Rechtfertigung
GOTT zum gnädigen Vater haben; so sind sie,
als seine Kinder, Brüder und Schwestern unter
einander. Und diese Verwandschaft aus GOtt
und in GOtt ist wie eine heilige und reine also
auch eine immerwährende, die ewig bestehet.
Und gleichwie Kinder GOttes durch die Sal-
bung zu geistlichen Brüdern werden: so entstehet
aus diesem Grunde auch eine so freywillige, rei-
ne und thätige Liebe gegen einander, daß sie in
derselben zusammen und in allerhand Pflichten
gegen einander ausfliessen: welche Freundschaft
allein denen bekant ist, welche aus GOTT ge-
bohren sind. Da hingegen Unwiedergebohrne
von keinem andern Bande der Verwandschaft,
als von dem natürlichen wissen, und ausser dem
zur Verunehrung des Christlichen Namens zum
Theil wol gar eine Brüderschaft beym Gesöffe
unter sich stiften, und damit gnugsam an den Tag
legen, wie weit sie von der Kindschaft GOttes
entfremdet sind.
2. Daß Paulus alhier aller Brüder, die
um ihn waren, gedencket, thut er, um die Gala-
ter so viel mehr von der Wahrheit des Evangelii,
worinnen jene mit ihme übereinstimmeten, zu
überzeugen, und sie durch die mit ihnen nicht ab-
gebrochene, sondern bisher beständig beybehalte-
ne Gemeinschaft des Geistes zu so viel mehrer
Lauterkeit in der Gegen-Liebe und Harmonie in
der Evangelischen Lehre zu erwecken. Wie denn
nicht zu zweifeln ist, daß die gedachten Brüder
gleichfalls nicht ohne Betrübniß von dem Ver-
fall der Galatischen Gemeinen werden gehöret,
und, da sie vernommen, daß Paulus an sie schrei-
ben wolte, ihren Segens-Gruß und Wunsch
durch Paulum werden haben vermelden lassen.
Da denn Paulo doch allein der Brief zuzuschrei-
ben ist: wie er auch in dem gantzen Briefe in der
einzeln Zahl von sich allein redet.
3. Daß das Wort Gemeinen mit einem
solchen Griechischen Wort bezeichnet wird, wel-
ches auf die Berufung und Folge der Stimme
des Evangelii gehet; das ist bekannt. Denn als
Paulus in Galatien kam, ließ er seine Stimme
wie eine Posaune erschallen, öffentlich in den
Schulen der Juden, und auch daheim bey Juden
und Heiden, und verkündigte, als ein von GOtt
gesandter Herold, das Evangelium von CHri-
sto. Welche sich nun dadurch berufen liessen,
also, daß sie folgten und an CHristum gläubig
wurden, die waren denn ecclesia, ein zum Him-
melreich berufener und folgender Haufe; und da
Galatia eine gantze Landschaft war, Paulus
auch an mehrern Orten predigte, und dazu das
Wort GOttes an sich selbst war wie ein gesegne-
ter Sauer-Teig, der immer weiter um sich griff,
Matth. 13, 33. so war hie und da ein solches
Häufelein.
4. Ob nun wol solchen allen dieser Brief
geschrieben worden; so ist er doch zuerst ohne Zwei-
fel an eine besondere Gemeine gerichtet gewesen,
also, daß er derselben durch den Boten überliefert
[Spaltenumbruch] worden: welche ihn denn hernach mit den übri-
gen communiciret hat, theils im Original, theils
durch glaubwürdige Abschriften; durch die er
denn auch nach und nach allen übrigen Christli-
chen Gemeinen in der gantzen Welt ist mitgethei-
let worden.
5. Man siehet aber aus der Inscription die-
ses und der übrigen apostolischen Briefe, wie
daß die Lesung des göttlichen Worts keines we-
ges allein für die Lehrer, sondern auch allerdings
für die Zuhörer gehöre: wie denn nicht zu zwei-
feln ist, daß dieser Brief werde öffentlich verlesen
und auch allen Gliedern der Kirchen zum beson-
dern Gebrauch überlassen worden seyn.
V. 3.

Gnade sey mit euch, und Friede von
GOTT dem Vater, und unserm HErrn
JESU CHristo.

Anmerckungen.
1. Die Gnade leget den Grund zum Frie-
den:
und der Friede führet mit sich den seligen
Genuß der Gnade.
2. Die Gnade heilet unsere Natur: und
in der gesund gemachten Natur entstehet der
Friede.
3. Der wahre Friede kan niemals ohne
Gnade seyn. Denn Friede ohne Gnade ist nur
ein blosses Natur-Werck und eine fleischliche
Sicherheit.
4. Hingegen aber ist die Gnade zuweilen
ohne Friede, nemlich bey den Angefochtenen.
Denn diese können in grosse Unruhe ihrer See-
len auf eine Zeitlang gerathen, und doch gleich-
wol in der Gnade GOttes stehen. Es aussert
sich doch aber auch bey ihnen die Gnade wieder
durch den Frieden, wenn sie nur getreu bleiben,
auch ihrem Gewissen von verständigen und ge-
übten Führern rathen lassen.
5. Den Galatern war beydes Gnade
und Friede sehr nöthig. Denn nachdem ihrer
viele die Gnade fahren lassen, so hatten sie auch
damit den Frieden verlohren. Darum, damit
sie wieder zum Genuß des Friedens gelangen
möchten, führet sie Paulus sonderlich auf die
Gnade des Evangelii.
6. Gnade und Friede kommen allein
von GOTT.
Was die Welt davon hat und
mittheilet, ist des Namens nicht werth.
7. Daß CHristus wahrer GOtt ist, be-
zeuget Paulus damit in diesen Worten, weil er
ihn nicht allein nennet unsern HERRN, un-
sern Iehovah, der uns zu befehlen und uns zu
beherrschen hat, und JEsum, unsern Heiland,
da keiner uns das verlohrne Heil wiederbringen
kan, als GOtt selbst; sondern auch damit, daß
er ihn als den Urheber der Gnade und des
Friedes,
GOTT seinem himmlischen Vater
zur Seite setzet, und damit die Einigkeit des
göttlichen Wesens anzeiget.
8. Daß aber der Heilige Geist von der
Schenckung dieser Heils-Güter nicht ausge-
schlossen sey, siehet man auch daraus, daß Pau-
lus c. 5, 22. den Frieden eine Frucht des Gei-
stes
nennet.
9. Daß
Cap. 1, v. 2. 3. an die Galater.
[Spaltenumbruch] Rechte und zugleich auch ihre Pflichten anzei-
gen. Jhrer Wuͤrde und ihren Rechten nach
ſind ſie Kinder und Erben GOttes und Mit-
Erben CHriſti;
welche, weil ſie in der Ord-
nung der Wiedergeburt und Rechtfertigung
GOTT zum gnaͤdigen Vater haben; ſo ſind ſie,
als ſeine Kinder, Bruͤder und Schweſtern unter
einander. Und dieſe Verwandſchaft aus GOtt
und in GOtt iſt wie eine heilige und reine alſo
auch eine immerwaͤhrende, die ewig beſtehet.
Und gleichwie Kinder GOttes durch die Sal-
bung zu geiſtlichen Bruͤdern werden: ſo entſtehet
aus dieſem Grunde auch eine ſo freywillige, rei-
ne und thaͤtige Liebe gegen einander, daß ſie in
derſelben zuſammen und in allerhand Pflichten
gegen einander ausflieſſen: welche Freundſchaft
allein denen bekant iſt, welche aus GOTT ge-
bohren ſind. Da hingegen Unwiedergebohrne
von keinem andern Bande der Verwandſchaft,
als von dem natuͤrlichen wiſſen, und auſſer dem
zur Verunehrung des Chriſtlichen Namens zum
Theil wol gar eine Bruͤderſchaft beym Geſoͤffe
unter ſich ſtiften, und damit gnugſam an den Tag
legen, wie weit ſie von der Kindſchaft GOttes
entfremdet ſind.
2. Daß Paulus alhier aller Bruͤder, die
um ihn waren, gedencket, thut er, um die Gala-
ter ſo viel mehr von der Wahrheit des Evangelii,
worinnen jene mit ihme uͤbereinſtimmeten, zu
uͤberzeugen, und ſie durch die mit ihnen nicht ab-
gebrochene, ſondern bisher beſtaͤndig beybehalte-
ne Gemeinſchaft des Geiſtes zu ſo viel mehrer
Lauterkeit in der Gegen-Liebe und Harmonie in
der Evangeliſchen Lehre zu erwecken. Wie denn
nicht zu zweifeln iſt, daß die gedachten Bruͤder
gleichfalls nicht ohne Betruͤbniß von dem Ver-
fall der Galatiſchen Gemeinen werden gehoͤret,
und, da ſie vernommen, daß Paulus an ſie ſchrei-
ben wolte, ihren Segens-Gruß und Wunſch
durch Paulum werden haben vermelden laſſen.
Da denn Paulo doch allein der Brief zuzuſchrei-
ben iſt: wie er auch in dem gantzen Briefe in der
einzeln Zahl von ſich allein redet.
3. Daß das Wort Gemeinen mit einem
ſolchen Griechiſchen Wort bezeichnet wird, wel-
ches auf die Berufung und Folge der Stimme
des Evangelii gehet; das iſt bekannt. Denn als
Paulus in Galatien kam, ließ er ſeine Stimme
wie eine Poſaune erſchallen, oͤffentlich in den
Schulen der Juden, und auch daheim bey Juden
und Heiden, und verkuͤndigte, als ein von GOtt
geſandter Herold, das Evangelium von CHri-
ſto. Welche ſich nun dadurch berufen lieſſen,
alſo, daß ſie folgten und an CHriſtum glaͤubig
wurden, die waren denn eccleſia, ein zum Him-
melreich berufener und folgender Haufe; und da
Galatia eine gantze Landſchaft war, Paulus
auch an mehrern Orten predigte, und dazu das
Wort GOttes an ſich ſelbſt war wie ein geſegne-
ter Sauer-Teig, der immer weiter um ſich griff,
Matth. 13, 33. ſo war hie und da ein ſolches
Haͤufelein.
4. Ob nun wol ſolchen allen dieſer Brief
geſchrieben worden; ſo iſt er doch zuerſt ohne Zwei-
fel an eine beſondere Gemeine gerichtet geweſen,
alſo, daß er derſelben durch den Boten uͤberliefert
[Spaltenumbruch] worden: welche ihn denn hernach mit den uͤbri-
gen communiciret hat, theils im Original, theils
durch glaubwuͤrdige Abſchriften; durch die er
denn auch nach und nach allen uͤbrigen Chriſtli-
chen Gemeinen in der gantzen Welt iſt mitgethei-
let worden.
5. Man ſiehet aber aus der Inſcription die-
ſes und der uͤbrigen apoſtoliſchen Briefe, wie
daß die Leſung des goͤttlichen Worts keines we-
ges allein fuͤr die Lehrer, ſondern auch allerdings
fuͤr die Zuhoͤrer gehoͤre: wie denn nicht zu zwei-
feln iſt, daß dieſer Brief werde oͤffentlich verleſen
und auch allen Gliedern der Kirchen zum beſon-
dern Gebrauch uͤberlaſſen worden ſeyn.
V. 3.

Gnade ſey mit euch, und Friede von
GOTT dem Vater, und unſerm HErrn
JESU CHriſto.

Anmerckungen.
1. Die Gnade leget den Grund zum Frie-
den:
und der Friede fuͤhret mit ſich den ſeligen
Genuß der Gnade.
2. Die Gnade heilet unſere Natur: und
in der geſund gemachten Natur entſtehet der
Friede.
3. Der wahre Friede kan niemals ohne
Gnade ſeyn. Denn Friede ohne Gnade iſt nur
ein bloſſes Natur-Werck und eine fleiſchliche
Sicherheit.
4. Hingegen aber iſt die Gnade zuweilen
ohne Friede, nemlich bey den Angefochtenen.
Denn dieſe koͤnnen in groſſe Unruhe ihrer See-
len auf eine Zeitlang gerathen, und doch gleich-
wol in der Gnade GOttes ſtehen. Es auſſert
ſich doch aber auch bey ihnen die Gnade wieder
durch den Frieden, wenn ſie nur getreu bleiben,
auch ihrem Gewiſſen von verſtaͤndigen und ge-
uͤbten Fuͤhrern rathen laſſen.
5. Den Galatern war beydes Gnade
und Friede ſehr noͤthig. Denn nachdem ihrer
viele die Gnade fahren laſſen, ſo hatten ſie auch
damit den Frieden verlohren. Darum, damit
ſie wieder zum Genuß des Friedens gelangen
moͤchten, fuͤhret ſie Paulus ſonderlich auf die
Gnade des Evangelii.
6. Gnade und Friede kommen allein
von GOTT.
Was die Welt davon hat und
mittheilet, iſt des Namens nicht werth.
7. Daß CHriſtus wahrer GOtt iſt, be-
zeuget Paulus damit in dieſen Worten, weil er
ihn nicht allein nennet unſern HERRN, un-
ſern Iehovah, der uns zu befehlen und uns zu
beherrſchen hat, und JEſum, unſern Heiland,
da keiner uns das verlohrne Heil wiederbringen
kan, als GOtt ſelbſt; ſondern auch damit, daß
er ihn als den Urheber der Gnade und des
Friedes,
GOTT ſeinem himmliſchen Vater
zur Seite ſetzet, und damit die Einigkeit des
goͤttlichen Weſens anzeiget.
8. Daß aber der Heilige Geiſt von der
Schenckung dieſer Heils-Guͤter nicht ausge-
ſchloſſen ſey, ſiehet man auch daraus, daß Pau-
lus c. 5, 22. den Frieden eine Frucht des Gei-
ſtes
nennet.
9. Daß
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[487/0515] Cap. 1, v. 2. 3. an die Galater. Rechte und zugleich auch ihre Pflichten anzei- gen. Jhrer Wuͤrde und ihren Rechten nach ſind ſie Kinder und Erben GOttes und Mit- Erben CHriſti; welche, weil ſie in der Ord- nung der Wiedergeburt und Rechtfertigung GOTT zum gnaͤdigen Vater haben; ſo ſind ſie, als ſeine Kinder, Bruͤder und Schweſtern unter einander. Und dieſe Verwandſchaft aus GOtt und in GOtt iſt wie eine heilige und reine alſo auch eine immerwaͤhrende, die ewig beſtehet. Und gleichwie Kinder GOttes durch die Sal- bung zu geiſtlichen Bruͤdern werden: ſo entſtehet aus dieſem Grunde auch eine ſo freywillige, rei- ne und thaͤtige Liebe gegen einander, daß ſie in derſelben zuſammen und in allerhand Pflichten gegen einander ausflieſſen: welche Freundſchaft allein denen bekant iſt, welche aus GOTT ge- bohren ſind. Da hingegen Unwiedergebohrne von keinem andern Bande der Verwandſchaft, als von dem natuͤrlichen wiſſen, und auſſer dem zur Verunehrung des Chriſtlichen Namens zum Theil wol gar eine Bruͤderſchaft beym Geſoͤffe unter ſich ſtiften, und damit gnugſam an den Tag legen, wie weit ſie von der Kindſchaft GOttes entfremdet ſind. 2. Daß Paulus alhier aller Bruͤder, die um ihn waren, gedencket, thut er, um die Gala- ter ſo viel mehr von der Wahrheit des Evangelii, worinnen jene mit ihme uͤbereinſtimmeten, zu uͤberzeugen, und ſie durch die mit ihnen nicht ab- gebrochene, ſondern bisher beſtaͤndig beybehalte- ne Gemeinſchaft des Geiſtes zu ſo viel mehrer Lauterkeit in der Gegen-Liebe und Harmonie in der Evangeliſchen Lehre zu erwecken. Wie denn nicht zu zweifeln iſt, daß die gedachten Bruͤder gleichfalls nicht ohne Betruͤbniß von dem Ver- fall der Galatiſchen Gemeinen werden gehoͤret, und, da ſie vernommen, daß Paulus an ſie ſchrei- ben wolte, ihren Segens-Gruß und Wunſch durch Paulum werden haben vermelden laſſen. Da denn Paulo doch allein der Brief zuzuſchrei- ben iſt: wie er auch in dem gantzen Briefe in der einzeln Zahl von ſich allein redet. 3. Daß das Wort Gemeinen mit einem ſolchen Griechiſchen Wort bezeichnet wird, wel- ches auf die Berufung und Folge der Stimme des Evangelii gehet; das iſt bekannt. Denn als Paulus in Galatien kam, ließ er ſeine Stimme wie eine Poſaune erſchallen, oͤffentlich in den Schulen der Juden, und auch daheim bey Juden und Heiden, und verkuͤndigte, als ein von GOtt geſandter Herold, das Evangelium von CHri- ſto. Welche ſich nun dadurch berufen lieſſen, alſo, daß ſie folgten und an CHriſtum glaͤubig wurden, die waren denn eccleſia, ein zum Him- melreich berufener und folgender Haufe; und da Galatia eine gantze Landſchaft war, Paulus auch an mehrern Orten predigte, und dazu das Wort GOttes an ſich ſelbſt war wie ein geſegne- ter Sauer-Teig, der immer weiter um ſich griff, Matth. 13, 33. ſo war hie und da ein ſolches Haͤufelein. 4. Ob nun wol ſolchen allen dieſer Brief geſchrieben worden; ſo iſt er doch zuerſt ohne Zwei- fel an eine beſondere Gemeine gerichtet geweſen, alſo, daß er derſelben durch den Boten uͤberliefert worden: welche ihn denn hernach mit den uͤbri- gen communiciret hat, theils im Original, theils durch glaubwuͤrdige Abſchriften; durch die er denn auch nach und nach allen uͤbrigen Chriſtli- chen Gemeinen in der gantzen Welt iſt mitgethei- let worden. 5. Man ſiehet aber aus der Inſcription die- ſes und der uͤbrigen apoſtoliſchen Briefe, wie daß die Leſung des goͤttlichen Worts keines we- ges allein fuͤr die Lehrer, ſondern auch allerdings fuͤr die Zuhoͤrer gehoͤre: wie denn nicht zu zwei- feln iſt, daß dieſer Brief werde oͤffentlich verleſen und auch allen Gliedern der Kirchen zum beſon- dern Gebrauch uͤberlaſſen worden ſeyn. V. 3. Gnade ſey mit euch, und Friede von GOTT dem Vater, und unſerm HErrn JESU CHriſto. Anmerckungen. 1. Die Gnade leget den Grund zum Frie- den: und der Friede fuͤhret mit ſich den ſeligen Genuß der Gnade. 2. Die Gnade heilet unſere Natur: und in der geſund gemachten Natur entſtehet der Friede. 3. Der wahre Friede kan niemals ohne Gnade ſeyn. Denn Friede ohne Gnade iſt nur ein bloſſes Natur-Werck und eine fleiſchliche Sicherheit. 4. Hingegen aber iſt die Gnade zuweilen ohne Friede, nemlich bey den Angefochtenen. Denn dieſe koͤnnen in groſſe Unruhe ihrer See- len auf eine Zeitlang gerathen, und doch gleich- wol in der Gnade GOttes ſtehen. Es auſſert ſich doch aber auch bey ihnen die Gnade wieder durch den Frieden, wenn ſie nur getreu bleiben, auch ihrem Gewiſſen von verſtaͤndigen und ge- uͤbten Fuͤhrern rathen laſſen. 5. Den Galatern war beydes Gnade und Friede ſehr noͤthig. Denn nachdem ihrer viele die Gnade fahren laſſen, ſo hatten ſie auch damit den Frieden verlohren. Darum, damit ſie wieder zum Genuß des Friedens gelangen moͤchten, fuͤhret ſie Paulus ſonderlich auf die Gnade des Evangelii. 6. Gnade und Friede kommen allein von GOTT. Was die Welt davon hat und mittheilet, iſt des Namens nicht werth. 7. Daß CHriſtus wahrer GOtt iſt, be- zeuget Paulus damit in dieſen Worten, weil er ihn nicht allein nennet unſern HERRN, un- ſern Iehovah, der uns zu befehlen und uns zu beherrſchen hat, und JEſum, unſern Heiland, da keiner uns das verlohrne Heil wiederbringen kan, als GOtt ſelbſt; ſondern auch damit, daß er ihn als den Urheber der Gnade und des Friedes, GOTT ſeinem himmliſchen Vater zur Seite ſetzet, und damit die Einigkeit des goͤttlichen Weſens anzeiget. 8. Daß aber der Heilige Geiſt von der Schenckung dieſer Heils-Guͤter nicht ausge- ſchloſſen ſey, ſiehet man auch daraus, daß Pau- lus c. 5, 22. den Frieden eine Frucht des Gei- ſtes nennet. 9. Daß

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/515>, abgerufen am 24.11.2024.