Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 13, 1.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Es war nur einer unter den Corinthiern,
welcher die Sünde der Blutschande begangen
hatte, da er nemlich seines Vaters Weib, oder
seine Stiefmutter zur Ehe genommen 1 Cor. 5,
1. seqq. Allein weil die Sünde der Unreinigkeit
unter den Corinthiern, nach dem vorigen Hei-
denthum, über alle die Massen war gemein und
recht greulich gewesen, und viele von solchen bey
der Predigt von CHristo das Evangelium ange-
nommen, und bey bezeugter kräftigen Rührung
ihres Hertzens, sich auch hatten taufen lassen und
zur christlichen Gemeine gehalten; und Pau-
lus von solchen die Verleugnung solches ungöttli-
chen Wesens in einem noch immer tiefern Grad
erwartete: so besorgete er nunmehro bey der vor-
gegangnen Zerrüttung das Gegentheil, daß
manche, wo nicht gar wieder nach einiger
Schwemme sich möchten in den Koth solcher
Sünden werfen und weltzen; doch an der gründ-
lichen Reinigung von allem alten Sünden-
Schlamm nicht den gehörigen Fleiß und genug-
same Treue möchten bewiesen haben.
2. Gleichwie die Sünden wider das fünf-
te Gebot, die alle im Hasse gegen den Nechsten
zusammen fliessen, auf so vielerley Art, und nach
so mancherley Stufen begangen werden, daß sie
vorher v. 20. mit sechs Worten, als beson-
dern Gattungen, benennet werden: so hat alhie
die Sünde wider das sechste Gebot, die Unkeusch-
heit, nach ihren unterschiedlichen Gattungen drey
Namen, nemlich der Hurerey, Unreinigkeit
[Spaltenumbruch] und Unzucht. Man sehe dergleichen Gal. 5,
19. 20. und Col. 3, 5.
3. Gleichwie einen rechtschaffenen Lehrer
nichts mehr erfreuet, als die rechten Früchte sei-
nes Amts an seinen Zuhörern zu sehen, also daß
er darüber ein in GOTT zu seinem Lobe erhabe-
nes Gemüth hat: so betrübet ihn hingegen nichts
mehr, als das Gegentheil: und wird er da-
durch vor Kummer gebeuget und niedergeschla-
gen.
4. Die Redensart aber, daß mich mein
GOtt demüthige bey euch,
gehet auf die gött-
liche Providenz, nach welcher GOtt das Böse
nicht durch seine absolute Gewalt verhindert, son-
dern es geschehen, und es hie und dazu gereichen
lässet. Ob nun wol Paulus eine solche Demü-
thigung als von GOtt annahme; so wuste er doch
wohl, daß dieses nicht der gnädige, sondern
nur der zuläßige Wille GOttes war, und wol-
te er lieber von GOTT durch der Corinthier
Wohlverhalten erfreuet, als also gedemüthiget
werden. Siehe c. 2, 1. da er es nennet, in
Traurigkeit zu ihnen kommen.
Hingegen
c. 7, 13. als ein tapeinos, ein niedriger und vie-
les Anliegens wegen gedemüthigter, oder nie-
dergeschlagener, getröstet und aufgerichtet wer-
den.
5. Wer seines vorigen Lebens wegen, son-
derlich wegen Hurerey und Unreinigkeit, alte
Wunden in seinem Gewissen hat, muß ja zuse-
hen, daß der alte Schade nicht wieder aufbreche,
sondern recht ausgeheilet werde.
Das dreyzehente Capitel/
Darinnen der Apostel den Brief mit einer ernstlichen War-
nung/ Vermahnung/ Aufmunterung/ und mit einem Segens-
Wunsche beschliesset.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

KOmme ich zum dritten mal zu
euch, so soll
(nach dem göttlichen
Gebote Num. 35, 30. Deut. 17,
6. c. 19, 15. Siehe auch Matth.
18, 16. Joh. 8, 17. Hebr. 10, 28.)
in zweyer oder dreyer Zeugen Mund (oder
gewissenhaften Aussage) bestehen (entschieden
werden) allerley Sache (zwar mit sanftmüthi-
gem, aber dabey ernstlichen Geiste, da GOTT
der Bestrafung, wenn sie auch nur mit Worten
geschiehet, wol selbst durch gewisse Gerichte ei-
nen Nachdruck giebet; wie die Corinthier ein
Exempel an dem Blutschänder gesehen hatten.
Siehe auch 1 Tim. 1, 20. da es heißt: Daß Hy-
menäus und Alexander dem Satan überge-
ben worden, daß sie möchten gezüchtiget
werden, nicht mehr zu lästern.
)

Anmerckungen.
1. Das zum dritten mal wird alhie, wie
c. 12, 14. von dem Vorsatze und Anschickung
[Spaltenumbruch] zur Zukunft verstanden: und ist so viel, als sagte
der Apostel: Triton touto, dieses dritte mal, die-
sem meinen zum dritten mal gemachten Vorsatze
nach, komme ich gewiß nach GOttes Willen zu
euch. Da es denn, wie folget, soll gehalten
werden.
2. Es war im Gesetze Mosis gar weislich
verordnet, daß keinem Kläger, oder Angeber, so
schlechthin solte geglaubet werden, sondern
daß es auf die Aussage dreyer, oder doch aufs we-
nigste zweyer Zeugen solte ankommen. Welche
Zeugen denn auch gewissenhaft und eines un-
sträflichen Lebens seyn musten: sonsten ihr Zeug-
niß verwerflich war. Denn da man gerne auf
die Leute lüget; wer würde unschuldig seyn,
wenn angeben und beschuldigen genug wäre! Es
ist so arg genug, daß es bald am Richter, bald an
den Zeugen fehlet; und vielmal weder jene noch
diese ihre Gewissen recht in acht nehmen; und
daher Ungerechtigkeit überhand nimmt, und so
vieles von den unschuldigen und unterdrückten
dem
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 13, 1.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Es war nur einer unter den Corinthiern,
welcher die Suͤnde der Blutſchande begangen
hatte, da er nemlich ſeines Vaters Weib, oder
ſeine Stiefmutter zur Ehe genommen 1 Cor. 5,
1. ſeqq. Allein weil die Suͤnde der Unreinigkeit
unter den Corinthiern, nach dem vorigen Hei-
denthum, uͤber alle die Maſſen war gemein und
recht greulich geweſen, und viele von ſolchen bey
der Predigt von CHriſto das Evangelium ange-
nommen, und bey bezeugter kraͤftigen Ruͤhrung
ihres Hertzens, ſich auch hatten taufen laſſen und
zur chriſtlichen Gemeine gehalten; und Pau-
lus von ſolchen die Verleugnung ſolches ungoͤttli-
chen Weſens in einem noch immer tiefern Grad
erwartete: ſo beſorgete er nunmehro bey der vor-
gegangnen Zerruͤttung das Gegentheil, daß
manche, wo nicht gar wieder nach einiger
Schwemme ſich moͤchten in den Koth ſolcher
Suͤnden werfen und weltzen; doch an der gruͤnd-
lichen Reinigung von allem alten Suͤnden-
Schlamm nicht den gehoͤrigen Fleiß und genug-
ſame Treue moͤchten bewieſen haben.
2. Gleichwie die Suͤnden wider das fuͤnf-
te Gebot, die alle im Haſſe gegen den Nechſten
zuſammen flieſſen, auf ſo vielerley Art, und nach
ſo mancherley Stufen begangen werden, daß ſie
vorher v. 20. mit ſechs Worten, als beſon-
dern Gattungen, benennet werden: ſo hat alhie
die Suͤnde wider das ſechſte Gebot, die Unkeuſch-
heit, nach ihren unterſchiedlichen Gattungen drey
Namen, nemlich der Hurerey, Unreinigkeit
[Spaltenumbruch] und Unzucht. Man ſehe dergleichen Gal. 5,
19. 20. und Col. 3, 5.
3. Gleichwie einen rechtſchaffenen Lehrer
nichts mehr erfreuet, als die rechten Fruͤchte ſei-
nes Amts an ſeinen Zuhoͤrern zu ſehen, alſo daß
er daruͤber ein in GOTT zu ſeinem Lobe erhabe-
nes Gemuͤth hat: ſo betruͤbet ihn hingegen nichts
mehr, als das Gegentheil: und wird er da-
durch vor Kummer gebeuget und niedergeſchla-
gen.
4. Die Redensart aber, daß mich mein
GOtt demuͤthige bey euch,
gehet auf die goͤtt-
liche Providenz, nach welcher GOtt das Boͤſe
nicht durch ſeine abſolute Gewalt verhindert, ſon-
dern es geſchehen, und es hie und dazu gereichen
laͤſſet. Ob nun wol Paulus eine ſolche Demuͤ-
thigung als von GOtt annahme; ſo wuſte er doch
wohl, daß dieſes nicht der gnaͤdige, ſondern
nur der zulaͤßige Wille GOttes war, und wol-
te er lieber von GOTT durch der Corinthier
Wohlverhalten erfreuet, als alſo gedemuͤthiget
werden. Siehe c. 2, 1. da er es nennet, in
Traurigkeit zu ihnen kommen.
Hingegen
c. 7, 13. als ein ταπεινὸς, ein niedriger und vie-
les Anliegens wegen gedemuͤthigter, oder nie-
dergeſchlagener, getroͤſtet und aufgerichtet wer-
den.
5. Wer ſeines vorigen Lebens wegen, ſon-
derlich wegen Hurerey und Unreinigkeit, alte
Wunden in ſeinem Gewiſſen hat, muß ja zuſe-
hen, daß der alte Schade nicht wieder aufbreche,
ſondern recht ausgeheilet werde.
Das dreyzehente Capitel/
Darinnen der Apoſtel den Brief mit einer ernſtlichen War-
nung/ Vermahnung/ Aufmunterung/ und mit einem Segens-
Wunſche beſchlieſſet.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

KOmme ich zum dritten mal zu
euch, ſo ſoll
(nach dem goͤttlichen
Gebote Num. 35, 30. Deut. 17,
6. c. 19, 15. Siehe auch Matth.
18, 16. Joh. 8, 17. Hebr. 10, 28.)
in zweyer oder dreyer Zeugen Mund (oder
gewiſſenhaften Auſſage) beſtehen (entſchieden
werden) allerley Sache (zwar mit ſanftmuͤthi-
gem, aber dabey ernſtlichen Geiſte, da GOTT
der Beſtrafung, wenn ſie auch nur mit Worten
geſchiehet, wol ſelbſt durch gewiſſe Gerichte ei-
nen Nachdruck giebet; wie die Corinthier ein
Exempel an dem Blutſchaͤnder geſehen hatten.
Siehe auch 1 Tim. 1, 20. da es heißt: Daß Hy-
menaͤus und Alexander dem Satan uͤberge-
ben worden, daß ſie moͤchten gezuͤchtiget
werden, nicht mehr zu laͤſtern.
)

Anmerckungen.
1. Das zum dritten mal wird alhie, wie
c. 12, 14. von dem Vorſatze und Anſchickung
[Spaltenumbruch] zur Zukunft verſtanden: und iſt ſo viel, als ſagte
der Apoſtel: Τρίτον τοῦτο, dieſes dritte mal, die-
ſem meinen zum dritten mal gemachten Vorſatze
nach, komme ich gewiß nach GOttes Willen zu
euch. Da es denn, wie folget, ſoll gehalten
werden.
2. Es war im Geſetze Moſis gar weislich
verordnet, daß keinem Klaͤger, oder Angeber, ſo
ſchlechthin ſolte geglaubet werden, ſondern
daß es auf die Auſſage dreyer, oder doch aufs we-
nigſte zweyer Zeugen ſolte ankommen. Welche
Zeugen denn auch gewiſſenhaft und eines un-
ſtraͤflichen Lebens ſeyn muſten: ſonſten ihr Zeug-
niß verwerflich war. Denn da man gerne auf
die Leute luͤget; wer wuͤrde unſchuldig ſeyn,
wenn angeben und beſchuldigen genug waͤre! Es
iſt ſo arg genug, daß es bald am Richter, bald an
den Zeugen fehlet; und vielmal weder jene noch
dieſe ihre Gewiſſen recht in acht nehmen; und
daher Ungerechtigkeit uͤberhand nimmt, und ſo
vieles von den unſchuldigen und unterdruͤckten
dem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0502" n="474"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des andern Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 13, 1.</hi></hi> </fw><lb/>
            <cb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Es war nur einer unter den Corinthiern,<lb/>
welcher die Su&#x0364;nde der Blut&#x017F;chande begangen<lb/>
hatte, da er nemlich &#x017F;eines Vaters Weib, oder<lb/>
&#x017F;eine Stiefmutter zur Ehe genommen 1 Cor. 5,<lb/>
1. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi> Allein weil die Su&#x0364;nde der Unreinigkeit<lb/>
unter den Corinthiern, nach dem vorigen Hei-<lb/>
denthum, u&#x0364;ber alle die Ma&#x017F;&#x017F;en war gemein und<lb/>
recht greulich gewe&#x017F;en, und viele von &#x017F;olchen bey<lb/>
der Predigt von CHri&#x017F;to das Evangelium ange-<lb/>
nommen, und bey bezeugter kra&#x0364;ftigen Ru&#x0364;hrung<lb/>
ihres Hertzens, &#x017F;ich auch hatten taufen la&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
zur chri&#x017F;tlichen Gemeine gehalten; und Pau-<lb/>
lus von &#x017F;olchen die Verleugnung &#x017F;olches ungo&#x0364;ttli-<lb/>
chen We&#x017F;ens in einem noch immer tiefern Grad<lb/>
erwartete: &#x017F;o be&#x017F;orgete er nunmehro bey der vor-<lb/>
gegangnen Zerru&#x0364;ttung das Gegentheil, daß<lb/>
manche, wo nicht gar wieder nach einiger<lb/>
Schwemme &#x017F;ich mo&#x0364;chten in den Koth &#x017F;olcher<lb/>
Su&#x0364;nden werfen und weltzen; doch an der gru&#x0364;nd-<lb/>
lichen Reinigung von allem alten Su&#x0364;nden-<lb/>
Schlamm nicht den geho&#x0364;rigen Fleiß und genug-<lb/>
&#x017F;ame Treue mo&#x0364;chten bewie&#x017F;en haben.</item><lb/>
                <item>2. Gleichwie die Su&#x0364;nden wider das fu&#x0364;nf-<lb/>
te Gebot, die alle im Ha&#x017F;&#x017F;e gegen den Nech&#x017F;ten<lb/>
zu&#x017F;ammen flie&#x017F;&#x017F;en, auf &#x017F;o vielerley Art, und nach<lb/>
&#x017F;o mancherley Stufen begangen werden, daß &#x017F;ie<lb/>
vorher v. 20. mit &#x017F;echs Worten, als be&#x017F;on-<lb/>
dern Gattungen, benennet werden: &#x017F;o hat alhie<lb/>
die Su&#x0364;nde wider das &#x017F;ech&#x017F;te Gebot, die Unkeu&#x017F;ch-<lb/>
heit, nach ihren unter&#x017F;chiedlichen Gattungen drey<lb/>
Namen, nemlich der <hi rendition="#fr">Hurerey, Unreinigkeit</hi><lb/><cb/>
und <hi rendition="#fr">Unzucht.</hi> Man &#x017F;ehe dergleichen Gal. 5,<lb/>
19. 20. und Col. 3, 5.</item><lb/>
                <item>3. Gleichwie einen recht&#x017F;chaffenen Lehrer<lb/>
nichts mehr erfreuet, als die rechten Fru&#x0364;chte &#x017F;ei-<lb/>
nes Amts an &#x017F;einen Zuho&#x0364;rern zu &#x017F;ehen, al&#x017F;o daß<lb/>
er daru&#x0364;ber ein in GOTT zu &#x017F;einem Lobe erhabe-<lb/>
nes Gemu&#x0364;th hat: &#x017F;o betru&#x0364;bet ihn hingegen nichts<lb/>
mehr, als das Gegentheil: und wird er da-<lb/>
durch vor Kummer gebeuget und niederge&#x017F;chla-<lb/>
gen.</item><lb/>
                <item>4. Die Redensart aber, <hi rendition="#fr">daß mich mein<lb/>
GOtt demu&#x0364;thige bey euch,</hi> gehet auf die go&#x0364;tt-<lb/>
liche <hi rendition="#aq">Providenz,</hi> nach welcher GOtt das Bo&#x0364;&#x017F;e<lb/>
nicht durch &#x017F;eine <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olut</hi>e Gewalt verhindert, &#x017F;on-<lb/>
dern es ge&#x017F;chehen, und es hie und dazu gereichen<lb/>
la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et. Ob nun wol Paulus eine &#x017F;olche Demu&#x0364;-<lb/>
thigung als von GOtt annahme; &#x017F;o wu&#x017F;te er doch<lb/>
wohl, daß die&#x017F;es nicht der <hi rendition="#fr">gna&#x0364;dige,</hi> &#x017F;ondern<lb/>
nur der <hi rendition="#fr">zula&#x0364;ßige</hi> Wille GOttes war, und wol-<lb/>
te er lieber von GOTT durch der Corinthier<lb/>
Wohlverhalten erfreuet, als al&#x017F;o gedemu&#x0364;thiget<lb/>
werden. Siehe c. 2, 1. da er es nennet, <hi rendition="#fr">in<lb/>
Traurigkeit zu ihnen kommen.</hi> Hingegen<lb/>
c. 7, 13. als ein &#x03C4;&#x03B1;&#x03C0;&#x03B5;&#x03B9;&#x03BD;&#x1F78;&#x03C2;, ein niedriger und vie-<lb/>
les Anliegens wegen gedemu&#x0364;thigter, oder nie-<lb/>
derge&#x017F;chlagener, getro&#x0364;&#x017F;tet und aufgerichtet wer-<lb/>
den.</item><lb/>
                <item>5. Wer &#x017F;eines vorigen Lebens wegen, &#x017F;on-<lb/>
derlich wegen Hurerey und Unreinigkeit, alte<lb/>
Wunden in &#x017F;einem Gewi&#x017F;&#x017F;en hat, muß ja zu&#x017F;e-<lb/>
hen, daß der alte Schade nicht wieder aufbreche,<lb/>
&#x017F;ondern recht ausgeheilet werde.</item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das dreyzehente Capitel/<lb/>
Darinnen der Apo&#x017F;tel den Brief mit einer ern&#x017F;tlichen War-<lb/>
nung/ Vermahnung/ Aufmunterung/ und mit einem Segens-<lb/>
Wun&#x017F;che be&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;et.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 1.</head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">K</hi><hi rendition="#fr">Omme ich zum dritten mal zu<lb/>
euch, &#x017F;o &#x017F;oll</hi> (nach dem go&#x0364;ttlichen<lb/>
Gebote <hi rendition="#aq">Num. 35, 30. Deut.</hi> 17,<lb/>
6. c. 19, 15. Siehe auch Matth.<lb/>
18, 16. Joh. 8, 17. Hebr. 10, 28.)<lb/><hi rendition="#fr">in zweyer oder dreyer Zeugen Mund</hi> (oder<lb/>
gewi&#x017F;&#x017F;enhaften Au&#x017F;&#x017F;age) <hi rendition="#fr">be&#x017F;tehen</hi> (ent&#x017F;chieden<lb/>
werden) <hi rendition="#fr">allerley Sache</hi> (zwar mit &#x017F;anftmu&#x0364;thi-<lb/>
gem, aber dabey ern&#x017F;tlichen Gei&#x017F;te, da GOTT<lb/>
der Be&#x017F;trafung, wenn &#x017F;ie auch nur mit Worten<lb/>
ge&#x017F;chiehet, wol &#x017F;elb&#x017F;t durch gewi&#x017F;&#x017F;e Gerichte ei-<lb/>
nen Nachdruck giebet; wie die Corinthier ein<lb/>
Exempel an dem Blut&#x017F;cha&#x0364;nder ge&#x017F;ehen hatten.<lb/>
Siehe auch 1 Tim. 1, 20. da es heißt: <hi rendition="#fr">Daß Hy-<lb/>
mena&#x0364;us und Alexander dem Satan u&#x0364;berge-<lb/>
ben worden, daß &#x017F;ie mo&#x0364;chten gezu&#x0364;chtiget<lb/>
werden, nicht mehr zu la&#x0364;&#x017F;tern.</hi>)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Das zum <hi rendition="#fr">dritten mal</hi> wird alhie, wie<lb/>
c. 12, 14. von dem <hi rendition="#fr">Vor&#x017F;atze</hi> und An&#x017F;chickung<lb/><cb/>
zur Zukunft ver&#x017F;tanden: und i&#x017F;t &#x017F;o viel, als &#x017F;agte<lb/>
der Apo&#x017F;tel: &#x03A4;&#x03C1;&#x03AF;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BD; &#x03C4;&#x03BF;&#x1FE6;&#x03C4;&#x03BF;, die&#x017F;es dritte mal, die-<lb/>
&#x017F;em meinen zum dritten mal gemachten Vor&#x017F;atze<lb/>
nach, komme ich gewiß nach GOttes Willen zu<lb/>
euch. Da es denn, wie folget, &#x017F;oll gehalten<lb/>
werden.</item><lb/>
                <item>2. Es war im Ge&#x017F;etze Mo&#x017F;is gar weislich<lb/>
verordnet, daß keinem Kla&#x0364;ger, oder Angeber, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chlechthin &#x017F;olte geglaubet werden, &#x017F;ondern<lb/>
daß es auf die Au&#x017F;&#x017F;age dreyer, oder doch aufs we-<lb/>
nig&#x017F;te zweyer Zeugen &#x017F;olte ankommen. Welche<lb/>
Zeugen denn auch gewi&#x017F;&#x017F;enhaft und eines un-<lb/>
&#x017F;tra&#x0364;flichen Lebens &#x017F;eyn mu&#x017F;ten: &#x017F;on&#x017F;ten ihr Zeug-<lb/>
niß verwerflich war. Denn da man gerne auf<lb/>
die Leute lu&#x0364;get; wer wu&#x0364;rde un&#x017F;chuldig &#x017F;eyn,<lb/>
wenn angeben und be&#x017F;chuldigen genug wa&#x0364;re! Es<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;o arg genug, daß es bald am Richter, bald an<lb/>
den Zeugen fehlet; und vielmal weder jene noch<lb/>
die&#x017F;e ihre Gewi&#x017F;&#x017F;en recht in acht nehmen; und<lb/>
daher Ungerechtigkeit u&#x0364;berhand nimmt, und &#x017F;o<lb/>
vieles von den un&#x017F;chuldigen und unterdru&#x0364;ckten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[474/0502] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 13, 1. Anmerckungen. 1. Es war nur einer unter den Corinthiern, welcher die Suͤnde der Blutſchande begangen hatte, da er nemlich ſeines Vaters Weib, oder ſeine Stiefmutter zur Ehe genommen 1 Cor. 5, 1. ſeqq. Allein weil die Suͤnde der Unreinigkeit unter den Corinthiern, nach dem vorigen Hei- denthum, uͤber alle die Maſſen war gemein und recht greulich geweſen, und viele von ſolchen bey der Predigt von CHriſto das Evangelium ange- nommen, und bey bezeugter kraͤftigen Ruͤhrung ihres Hertzens, ſich auch hatten taufen laſſen und zur chriſtlichen Gemeine gehalten; und Pau- lus von ſolchen die Verleugnung ſolches ungoͤttli- chen Weſens in einem noch immer tiefern Grad erwartete: ſo beſorgete er nunmehro bey der vor- gegangnen Zerruͤttung das Gegentheil, daß manche, wo nicht gar wieder nach einiger Schwemme ſich moͤchten in den Koth ſolcher Suͤnden werfen und weltzen; doch an der gruͤnd- lichen Reinigung von allem alten Suͤnden- Schlamm nicht den gehoͤrigen Fleiß und genug- ſame Treue moͤchten bewieſen haben. 2. Gleichwie die Suͤnden wider das fuͤnf- te Gebot, die alle im Haſſe gegen den Nechſten zuſammen flieſſen, auf ſo vielerley Art, und nach ſo mancherley Stufen begangen werden, daß ſie vorher v. 20. mit ſechs Worten, als beſon- dern Gattungen, benennet werden: ſo hat alhie die Suͤnde wider das ſechſte Gebot, die Unkeuſch- heit, nach ihren unterſchiedlichen Gattungen drey Namen, nemlich der Hurerey, Unreinigkeit und Unzucht. Man ſehe dergleichen Gal. 5, 19. 20. und Col. 3, 5. 3. Gleichwie einen rechtſchaffenen Lehrer nichts mehr erfreuet, als die rechten Fruͤchte ſei- nes Amts an ſeinen Zuhoͤrern zu ſehen, alſo daß er daruͤber ein in GOTT zu ſeinem Lobe erhabe- nes Gemuͤth hat: ſo betruͤbet ihn hingegen nichts mehr, als das Gegentheil: und wird er da- durch vor Kummer gebeuget und niedergeſchla- gen. 4. Die Redensart aber, daß mich mein GOtt demuͤthige bey euch, gehet auf die goͤtt- liche Providenz, nach welcher GOtt das Boͤſe nicht durch ſeine abſolute Gewalt verhindert, ſon- dern es geſchehen, und es hie und dazu gereichen laͤſſet. Ob nun wol Paulus eine ſolche Demuͤ- thigung als von GOtt annahme; ſo wuſte er doch wohl, daß dieſes nicht der gnaͤdige, ſondern nur der zulaͤßige Wille GOttes war, und wol- te er lieber von GOTT durch der Corinthier Wohlverhalten erfreuet, als alſo gedemuͤthiget werden. Siehe c. 2, 1. da er es nennet, in Traurigkeit zu ihnen kommen. Hingegen c. 7, 13. als ein ταπεινὸς, ein niedriger und vie- les Anliegens wegen gedemuͤthigter, oder nie- dergeſchlagener, getroͤſtet und aufgerichtet wer- den. 5. Wer ſeines vorigen Lebens wegen, ſon- derlich wegen Hurerey und Unreinigkeit, alte Wunden in ſeinem Gewiſſen hat, muß ja zuſe- hen, daß der alte Schade nicht wieder aufbreche, ſondern recht ausgeheilet werde. Das dreyzehente Capitel/ Darinnen der Apoſtel den Brief mit einer ernſtlichen War- nung/ Vermahnung/ Aufmunterung/ und mit einem Segens- Wunſche beſchlieſſet. V. 1. KOmme ich zum dritten mal zu euch, ſo ſoll (nach dem goͤttlichen Gebote Num. 35, 30. Deut. 17, 6. c. 19, 15. Siehe auch Matth. 18, 16. Joh. 8, 17. Hebr. 10, 28.) in zweyer oder dreyer Zeugen Mund (oder gewiſſenhaften Auſſage) beſtehen (entſchieden werden) allerley Sache (zwar mit ſanftmuͤthi- gem, aber dabey ernſtlichen Geiſte, da GOTT der Beſtrafung, wenn ſie auch nur mit Worten geſchiehet, wol ſelbſt durch gewiſſe Gerichte ei- nen Nachdruck giebet; wie die Corinthier ein Exempel an dem Blutſchaͤnder geſehen hatten. Siehe auch 1 Tim. 1, 20. da es heißt: Daß Hy- menaͤus und Alexander dem Satan uͤberge- ben worden, daß ſie moͤchten gezuͤchtiget werden, nicht mehr zu laͤſtern.) Anmerckungen. 1. Das zum dritten mal wird alhie, wie c. 12, 14. von dem Vorſatze und Anſchickung zur Zukunft verſtanden: und iſt ſo viel, als ſagte der Apoſtel: Τρίτον τοῦτο, dieſes dritte mal, die- ſem meinen zum dritten mal gemachten Vorſatze nach, komme ich gewiß nach GOttes Willen zu euch. Da es denn, wie folget, ſoll gehalten werden. 2. Es war im Geſetze Moſis gar weislich verordnet, daß keinem Klaͤger, oder Angeber, ſo ſchlechthin ſolte geglaubet werden, ſondern daß es auf die Auſſage dreyer, oder doch aufs we- nigſte zweyer Zeugen ſolte ankommen. Welche Zeugen denn auch gewiſſenhaft und eines un- ſtraͤflichen Lebens ſeyn muſten: ſonſten ihr Zeug- niß verwerflich war. Denn da man gerne auf die Leute luͤget; wer wuͤrde unſchuldig ſeyn, wenn angeben und beſchuldigen genug waͤre! Es iſt ſo arg genug, daß es bald am Richter, bald an den Zeugen fehlet; und vielmal weder jene noch dieſe ihre Gewiſſen recht in acht nehmen; und daher Ungerechtigkeit uͤberhand nimmt, und ſo vieles von den unſchuldigen und unterdruͤckten dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/502
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/502>, abgerufen am 27.11.2024.