Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 12, v. 14. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
daß es euch zum Besten geschehen, und euch vonden trüglichen Arbeitern weiß machen lasset, als hätte ich daran unrecht gethan, in dem, daß es ein Mißtrauen gegen euch anzeige.) V. 14. Siehe, ich bin bereit, zum drittenmal Anmerckungen. 1. Als der Apostel diesen Brief schrieb, war er erst einmal zu Corinthen gewesen; wie man aus seinem oben vor der Epistel an die Römer kürtzlich verzeichneten Lebens-Lauf siehet. Er sa- get alhier nicht, daß er zum dritten mal wolle zu ihnen kommen, sondern nur dieses, daß er nun zum dritten mal in der Bereitschaft stehe zu ihnen zu kommen, nemlich das andere mal. Und al- so gehören die Worte zum dritten mal nicht zu den folgenden Worten zu euch zu kommen, sondern zu den vorhergehenden: ich bin bereit. Daß der Apostel ihnen vorher schon zweymal versprochen, nach GOttes Willen zu ihnen zu kommen, siehet man aus den Oertern 1 Cor. 16, 2. seqq. 2 Cor. 1, 16. dabey siehe die Anmer- ckung. 2. O ein vortrefliches Kennzeichen eines rechtschafnen Lehrers, wenn er mit Wahrheit sagen kan: Jch suche nicht das eure, son- dern euch. Bey den Mietlingen ist es umge- kehrt. Und solcher funden sich auch schon zur Apostel Zeit, wie wir aus den vorhergehenden Klagen sehen c. 11, 13. seqq. 20. seqq. Wie er denn auch von solchen an die Philipper schriebe c. 2, 31. Sie suchen alle das ihre, nicht das CHristi JESU ist. c. 3, 19. Denen der Bauch ihr Gott ist. Rom. 16, 18. 3. Diese Worte Pauli, daß nicht die Kin- der den Eltern, sondern die Eltern den Kin- dern sollen Schätze sammlen, werden sehr gemißbrauchet: daher es nöthig ist, erst ihren rechten Verstand, hernach ihren Mißbrauch wohl zu mercken. 4. Vom rechten Verstande ist zuvorderst zu mercken, daß es ein Sprichwort sey, welches [Spaltenumbruch] vom gemeinen Gebrauch hergenommen ist. Es hat aber nach der Wahrheit dieses in sich: a. Daß nicht die Kinder die Eltern zu ernähren, und dißfalls einigen Vorrath zu sammlen ha- ben, (es sey denn die Rede von schon erzognen Kindern, welche schon ihr eigen Brodt essen, und unvermögende arme Eltern haben) son- dern die Eltern die Kinder. b. Wenn GOtt Eltern durch rechtmäßige Mit- tel und Wege theils bereits etwas an zeitli- chen Gütern hat zufliessen lassen, theils durch solche ohne allen Geitz und Ungerechtigkeit ih- nen noch ein mehrers bescheret, daß sie, so viel ohne Hindansetzung des dürftigen Nächsten ge- schehen kan, ihren Kindern solches zum Erbe hinterlassen. Und sind es denn keine grossen Schätze, so ist auch ein kleiner Vorrath im Segen. Wie denn das Wort, thesaurizein, überhaupt heißt sammlen, und auch von weni- gem verstanden werden kan. 5. Der Mißbrauch ist dieser: a. Wenn Eltern nur ihr Haupt-Werck dahin ge- richtet seyn lassen, daß sie den Kindern Schä- tze sammlen, und ie mehr sie haben, ie mehr sie haben wollen. b. Wenn sie dagegen die wahre Erziehung der Kinder in der Furcht des HERRN versäu- men, oder doch nur als ein Neben-Werck treiben. c. Wenn sie dabey im offenbaren oder verbor- genen Geitze stehen, wo nicht gar in Ungerech- tigkeit und mancherley Vervortheilung des Nächsten. d. Wenn sie ihre Capitalien dergestalt auf Inter- esse thun, daß sie auch von denen, welche sich mit ihrem Gelde aus der äussersten Noth ret- ten müssen, und damit nichts gewonnen haben, die Zinsen nehmen. Und wenn sie denn ihre Interessen immer also wieder zu Capitalien ma- chen, daß des dürftigen Nächsten dabey ver- gessen, oder demselben doch nicht nach Pro- portion des Vermögens gedienet wird. 6. Solches Schätze sammlen ist heidnisch, ja es streitet auch wider das Licht und Recht der Natur, und es lieget samt dem Sammlen unter dem Fluche. 7. Dieser Fluch äussert sich zuvorderst dar- innen, daß die Eltern damit ihr Hertz verstricken, und nimmermehr zu den rechten Schätzen ihres geistlichen und ewigen Heils gelangen. Hat doch unser Heiland selbst gesaget: Ein Reicher wird schwerlich ins Himmelreich kommen. Matth. 19, 23. 8. Hernach findet sich der Fluch bey den Kindern. Denn sie werden entweder Ver- schwender, oder Geitzhälse. Geschiehet jenes, so heißts: so gewonnen, so zerronnen. Gehen sie aber in den Geitz ein, und scharren noch mehr zusammen, damit ein ieder so viel haben möge, als die Eltern zusammen gehabt; so solte es zwar, wenn das Gut eine Zeitlang beklebet, und man die Verschwendung dagegen hält, das Ansehen haben des Segens. Aber in der That nichts we- niger. Denn ein Prasser und Schlemmer han- delt zwar übel vor GOTT und Menschen; aber ein
Cap. 12, v. 14. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
daß es euch zum Beſten geſchehen, und euch vonden truͤglichen Arbeitern weiß machen laſſet, als haͤtte ich daran unrecht gethan, in dem, daß es ein Mißtrauen gegen euch anzeige.) V. 14. Siehe, ich bin bereit, zum drittenmal Anmerckungen. 1. Als der Apoſtel dieſen Brief ſchrieb, war er erſt einmal zu Corinthen geweſen; wie man aus ſeinem oben vor der Epiſtel an die Roͤmer kuͤrtzlich verzeichneten Lebens-Lauf ſiehet. Er ſa- get alhier nicht, daß er zum dritten mal wolle zu ihnen kommen, ſondern nur dieſes, daß er nun zum dritten mal in der Bereitſchaft ſtehe zu ihnen zu kommen, nemlich das andere mal. Und al- ſo gehoͤren die Worte zum dritten mal nicht zu den folgenden Worten zu euch zu kommen, ſondern zu den vorhergehenden: ich bin bereit. Daß der Apoſtel ihnen vorher ſchon zweymal verſprochen, nach GOttes Willen zu ihnen zu kommen, ſiehet man aus den Oertern 1 Cor. 16, 2. ſeqq. 2 Cor. 1, 16. dabey ſiehe die Anmer- ckung. 2. O ein vortrefliches Kennzeichen eines rechtſchafnen Lehrers, wenn er mit Wahrheit ſagen kan: Jch ſuche nicht das eure, ſon- dern euch. Bey den Mietlingen iſt es umge- kehrt. Und ſolcher funden ſich auch ſchon zur Apoſtel Zeit, wie wir aus den vorhergehenden Klagen ſehen c. 11, 13. ſeqq. 20. ſeqq. Wie er denn auch von ſolchen an die Philipper ſchriebe c. 2, 31. Sie ſuchen alle das ihre, nicht das CHriſti JESU iſt. c. 3, 19. Denen der Bauch ihr Gott iſt. Rom. 16, 18. 3. Dieſe Worte Pauli, daß nicht die Kin- der den Eltern, ſondern die Eltern den Kin- dern ſollen Schaͤtze ſammlen, werden ſehr gemißbrauchet: daher es noͤthig iſt, erſt ihren rechten Verſtand, hernach ihren Mißbrauch wohl zu mercken. 4. Vom rechten Verſtande iſt zuvorderſt zu mercken, daß es ein Sprichwort ſey, welches [Spaltenumbruch] vom gemeinen Gebrauch hergenommen iſt. Es hat aber nach der Wahrheit dieſes in ſich: a. Daß nicht die Kinder die Eltern zu ernaͤhren, und dißfalls einigen Vorrath zu ſammlen ha- ben, (es ſey denn die Rede von ſchon erzognen Kindern, welche ſchon ihr eigen Brodt eſſen, und unvermoͤgende arme Eltern haben) ſon- dern die Eltern die Kinder. b. Wenn GOtt Eltern durch rechtmaͤßige Mit- tel und Wege theils bereits etwas an zeitli- chen Guͤtern hat zuflieſſen laſſen, theils durch ſolche ohne allen Geitz und Ungerechtigkeit ih- nen noch ein mehrers beſcheret, daß ſie, ſo viel ohne Hindanſetzung des duͤrftigen Naͤchſten ge- ſchehen kan, ihren Kindern ſolches zum Erbe hinterlaſſen. Und ſind es denn keine groſſen Schaͤtze, ſo iſt auch ein kleiner Vorrath im Segen. Wie denn das Wort, ϑησαυρίζειν, uͤberhaupt heißt ſammlen, und auch von weni- gem verſtanden werden kan. 5. Der Mißbrauch iſt dieſer: a. Wenn Eltern nur ihr Haupt-Werck dahin ge- richtet ſeyn laſſen, daß ſie den Kindern Schaͤ- tze ſammlen, und ie mehr ſie haben, ie mehr ſie haben wollen. b. Wenn ſie dagegen die wahre Erziehung der Kinder in der Furcht des HERRN verſaͤu- men, oder doch nur als ein Neben-Werck treiben. c. Wenn ſie dabey im offenbaren oder verbor- genen Geitze ſtehen, wo nicht gar in Ungerech- tigkeit und mancherley Vervortheilung des Naͤchſten. d. Wenn ſie ihre Capitalien dergeſtalt auf Inter- eſſe thun, daß ſie auch von denen, welche ſich mit ihrem Gelde aus der aͤuſſerſten Noth ret- ten muͤſſen, und damit nichts gewonnen haben, die Zinſen nehmen. Und wenn ſie denn ihre Intereſſen immer alſo wieder zu Capitalien ma- chen, daß des duͤrftigen Naͤchſten dabey ver- geſſen, oder demſelben doch nicht nach Pro- portion des Vermoͤgens gedienet wird. 6. Solches Schaͤtze ſammlen iſt heidniſch, ja es ſtreitet auch wider das Licht und Recht der Natur, und es lieget ſamt dem Sammlen unter dem Fluche. 7. Dieſer Fluch aͤuſſert ſich zuvorderſt dar- innen, daß die Eltern damit ihr Hertz verſtricken, und nimmermehr zu den rechten Schaͤtzen ihres geiſtlichen und ewigen Heils gelangen. Hat doch unſer Heiland ſelbſt geſaget: Ein Reicher wird ſchwerlich ins Himmelreich kommen. Matth. 19, 23. 8. Hernach findet ſich der Fluch bey den Kindern. Denn ſie werden entweder Ver- ſchwender, oder Geitzhaͤlſe. Geſchiehet jenes, ſo heißts: ſo gewonnen, ſo zerronnen. Gehen ſie aber in den Geitz ein, und ſcharren noch mehr zuſammen, damit ein ieder ſo viel haben moͤge, als die Eltern zuſammen gehabt; ſo ſolte es zwar, wenn das Gut eine Zeitlang beklebet, und man die Verſchwendung dagegen haͤlt, das Anſehen haben des Segens. Aber in der That nichts we- niger. Denn ein Praſſer und Schlemmer han- delt zwar uͤbel vor GOTT und Menſchen; aber ein
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Cap. 12, v. 14. an die Corinthier.
daß es euch zum Beſten geſchehen, und euch von
den truͤglichen Arbeitern weiß machen laſſet, als
haͤtte ich daran unrecht gethan, in dem, daß es
ein Mißtrauen gegen euch anzeige.)
V. 14.
Siehe, ich bin bereit, zum drittenmal
zu euch zu kommen, (ich bin zum dritten mal
bereit zu euch zu kommen) und will euch nicht
beſchweren (daß ich den Sold nun noch erſt von
euch nehmen ſolte, ſondern ich werde es halten,
wie vor dem.) Denn ich ſuche nicht das eure
(euer Geld und Gut) ſondern euch (euch bey
CHriſto, dem ich euch zugefuͤhret habe, c. 11, 2. zu
erhalten, welchen lautern Sinn ich auch damit
beweiſe, daß ich mich auch unter euch meines
Rechts, mich von euch unterhalten zu laſſen, wil-
ligſt begebe. Denn es ſollen nicht die Kin-
der den Eltern Schaͤtze ſammlen, ſondern
die Eltern den Kindern. (Da ich nun euer
geiſtlicher Vater bin; als der ich euch gezeuget
habe in CHriſto JESU durchs Evangelium
1 Cor. 4, 16. ſo verlange ich von euch keine Ver-
ſorgung, ſondern ich will euch, ob ich gleich von
zeitlichen Guͤtern nichts habe, ferner zu eurer
geiſtlichen Bereicherung die Schaͤtze in CHriſto
anpreiſen, und euch alſo als ein Werckzeug reich
machen. 2 Cor. 6, 10.)
Anmerckungen.
1. Als der Apoſtel dieſen Brief ſchrieb, war
er erſt einmal zu Corinthen geweſen; wie man
aus ſeinem oben vor der Epiſtel an die Roͤmer
kuͤrtzlich verzeichneten Lebens-Lauf ſiehet. Er ſa-
get alhier nicht, daß er zum dritten mal wolle zu
ihnen kommen, ſondern nur dieſes, daß er nun
zum dritten mal in der Bereitſchaft ſtehe zu ihnen
zu kommen, nemlich das andere mal. Und al-
ſo gehoͤren die Worte zum dritten mal nicht
zu den folgenden Worten zu euch zu kommen,
ſondern zu den vorhergehenden: ich bin bereit.
Daß der Apoſtel ihnen vorher ſchon zweymal
verſprochen, nach GOttes Willen zu ihnen zu
kommen, ſiehet man aus den Oertern 1 Cor. 16,
2. ſeqq. 2 Cor. 1, 16. dabey ſiehe die Anmer-
ckung.
2. O ein vortrefliches Kennzeichen eines
rechtſchafnen Lehrers, wenn er mit Wahrheit
ſagen kan: Jch ſuche nicht das eure, ſon-
dern euch. Bey den Mietlingen iſt es umge-
kehrt. Und ſolcher funden ſich auch ſchon zur
Apoſtel Zeit, wie wir aus den vorhergehenden
Klagen ſehen c. 11, 13. ſeqq. 20. ſeqq. Wie er
denn auch von ſolchen an die Philipper ſchriebe
c. 2, 31. Sie ſuchen alle das ihre, nicht das
CHriſti JESU iſt. c. 3, 19. Denen der
Bauch ihr Gott iſt. Rom. 16, 18.
3. Dieſe Worte Pauli, daß nicht die Kin-
der den Eltern, ſondern die Eltern den Kin-
dern ſollen Schaͤtze ſammlen, werden ſehr
gemißbrauchet: daher es noͤthig iſt, erſt ihren
rechten Verſtand, hernach ihren Mißbrauch
wohl zu mercken.
4. Vom rechten Verſtande iſt zuvorderſt
zu mercken, daß es ein Sprichwort ſey, welches
vom gemeinen Gebrauch hergenommen iſt. Es
hat aber nach der Wahrheit dieſes in ſich:
a. Daß nicht die Kinder die Eltern zu ernaͤhren,
und dißfalls einigen Vorrath zu ſammlen ha-
ben, (es ſey denn die Rede von ſchon erzognen
Kindern, welche ſchon ihr eigen Brodt eſſen,
und unvermoͤgende arme Eltern haben) ſon-
dern die Eltern die Kinder.
b. Wenn GOtt Eltern durch rechtmaͤßige Mit-
tel und Wege theils bereits etwas an zeitli-
chen Guͤtern hat zuflieſſen laſſen, theils durch
ſolche ohne allen Geitz und Ungerechtigkeit ih-
nen noch ein mehrers beſcheret, daß ſie, ſo viel
ohne Hindanſetzung des duͤrftigen Naͤchſten ge-
ſchehen kan, ihren Kindern ſolches zum Erbe
hinterlaſſen. Und ſind es denn keine groſſen
Schaͤtze, ſo iſt auch ein kleiner Vorrath im
Segen. Wie denn das Wort, ϑησαυρίζειν,
uͤberhaupt heißt ſammlen, und auch von weni-
gem verſtanden werden kan.
5. Der Mißbrauch iſt dieſer:
a. Wenn Eltern nur ihr Haupt-Werck dahin ge-
richtet ſeyn laſſen, daß ſie den Kindern Schaͤ-
tze ſammlen, und ie mehr ſie haben, ie mehr
ſie haben wollen.
b. Wenn ſie dagegen die wahre Erziehung der
Kinder in der Furcht des HERRN verſaͤu-
men, oder doch nur als ein Neben-Werck
treiben.
c. Wenn ſie dabey im offenbaren oder verbor-
genen Geitze ſtehen, wo nicht gar in Ungerech-
tigkeit und mancherley Vervortheilung des
Naͤchſten.
d. Wenn ſie ihre Capitalien dergeſtalt auf Inter-
eſſe thun, daß ſie auch von denen, welche ſich
mit ihrem Gelde aus der aͤuſſerſten Noth ret-
ten muͤſſen, und damit nichts gewonnen haben,
die Zinſen nehmen. Und wenn ſie denn ihre
Intereſſen immer alſo wieder zu Capitalien ma-
chen, daß des duͤrftigen Naͤchſten dabey ver-
geſſen, oder demſelben doch nicht nach Pro-
portion des Vermoͤgens gedienet wird.
6. Solches Schaͤtze ſammlen iſt heidniſch,
ja es ſtreitet auch wider das Licht und Recht
der Natur, und es lieget ſamt dem Sammlen
unter dem Fluche.
7. Dieſer Fluch aͤuſſert ſich zuvorderſt dar-
innen, daß die Eltern damit ihr Hertz verſtricken,
und nimmermehr zu den rechten Schaͤtzen ihres
geiſtlichen und ewigen Heils gelangen. Hat
doch unſer Heiland ſelbſt geſaget: Ein Reicher
wird ſchwerlich ins Himmelreich kommen.
Matth. 19, 23.
8. Hernach findet ſich der Fluch bey den
Kindern. Denn ſie werden entweder Ver-
ſchwender, oder Geitzhaͤlſe. Geſchiehet jenes,
ſo heißts: ſo gewonnen, ſo zerronnen. Gehen
ſie aber in den Geitz ein, und ſcharren noch mehr
zuſammen, damit ein ieder ſo viel haben moͤge,
als die Eltern zuſammen gehabt; ſo ſolte es zwar,
wenn das Gut eine Zeitlang beklebet, und man
die Verſchwendung dagegen haͤlt, das Anſehen
haben des Segens. Aber in der That nichts we-
niger. Denn ein Praſſer und Schlemmer han-
delt zwar uͤbel vor GOTT und Menſchen; aber
ein
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