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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 12, v. 9-10. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] jenem Falle befindet; wie es beruhiget wird, oder
nicht? zu welcher Zuversicht es kömmt, und wie
es die Erhörung selbst schon mit ergreifet, oder
nicht? Denn man soll billig niemals beten, zu-
mal in besondern und schweren Angelegenheiten,
da man nicht mit seinem Glauben sich dergestalt
in die Verheissungen GOttes gleichsam einlage-
re, daß man nicht die Erhörung selbst, der kind-
lichen Zuversicht nach, schon mit davon trage.
Und gesetzt auch, daß man sie nicht auf diese und
jene Art erhält, so stellet sie sich doch auf eine an-
dere Art ein, also, daß GOTT das Gebet alle-
zeit erhöret, zum wenigsten darinnen, daß er das
Hertz im Glauben stärcket und segnet.
3. Allein bey dem Gebet muß die Ordnung
wohl gehalten werden, die Paulus mit seinem
Exempel anweiset: nemlich, daß man sey, oder
doch seyn wolle ein Mensch in CHristo. v. 1.
Und diese Ordnung weiset uns unser Heyland
selbst an, wenn er spricht: So ihr in mir
bleibet, und meine Worte in euch bleiben,
werdet ihr bitten, was ihr wollet, und
es wird euch widerfahren
Joh. 15, 7. Sie-
he auch 1 Joh. 3, 22. und 4, 14. 15. Das ist die
Freudigkeit, die wir haben zu ihm, daß, so
wir etwas bitten nach seinem Willen, so
höret er uns. Und so wir wissen, daß er
uns höret, was wir bitten, so wissen wir,
daß wir die Bitte haben, die wir von ihm
gebeten haben.
4. Bey grossen Herren in dieser Welt heißt
es oft: Laß dir an meiner Gnade genügen:
aber es sind nicht selten nur leere Worte. Bey
GOTT aber ist Gnade lauter Kraft und That.
Wohl dem, der sich an der Gnade GOttes der-
gestalt genügen lässet, daß ihme daher es nicht
alleine erträglich wird, der Menschen ihre Un-
gnade des Gewissens wegen über sich zu nehmen,
sondern auch möglich ja leicht wird, die gantze
Welt zu verläugnen, und bloß an der Gnade
GOttes zu hangen, wie ein Kind an den Brü-
sten der Mutter, wie denn das rechte Genügen
an der Gnade ein würckliches Geniessen mit sich
führet.
5. Die Kraft GOttes wird nie besser er-
kannt, als in schwachen Werckzeugen. Man
siehet dieses zuvorderst an der durch die Apostel in
aller Welt geschehenen Ausbreitung des Evan-
gelii und Pflantzung so vieler Kirchen. Wer
hätte gedencken sollen, daß dieses in so kurtzer Zeit,
und durch so wenige und äusserlich mit keiner
weltlichen Macht und anderm grossen Ansehen
unterstützte Personen, und dazu unter so vieler
Widersetzung würde zu Stande kommen? Wer
solte gedacht haben, daß die Märtyrer, und un-
ter denselben manche am Leibe sehr schwächliche
und zarte Weibes-Personen, dasjenige mit al-
ler Standhaftigkeit, ja ohne einiges Zeichen der
Ungeduld von sich zu geben, würden haben er-
tragen können, was kaum ein Delinquent sonst
auch nur dem zehenten Theil nach, ohne die
Schwäche der Natur zu zeigen, auszustehen ver-
mögend ist?
6. Diese Treue GOttes erweiset sich noch
allezeit bey den Gläubigen, daß er sich in allen
ihren sie abschwächenden Leiden mit seiner stär-
[Spaltenumbruch] ckenden Gnade so kräftig in ihnen erweiset, daß
sie sich oft selbst darüber wundern müssen, wo-
her ihnen die Gelassenheit und das Vermögen
komme, mit einem GOTT ergebenen Gemü-
the, unter ihrer grossen Last so getrost einher zu
gehen, und sie oftmals kaum zu fühlen.
7. Nicht weniger zeiget es sich manchmal
in Kranckheiten des Leibes, daß, wenn alle
Hülfe und Hofnung vor Menschen Augen aus ist,
GOTT wol die geschehene Vorbitte dergestalt
erhöret, daß der Krancke sich wieder erholet und
geneset. Und wenn es denn auch schon durch
Mittel geschiehet; so ist und bleibet doch die Se-
gens-Kraft des lieben GOttes.
8. Die Redens-Art, auf daß die Kraft
CHristi bey mir wohne,
ist hergenommen von
der Stifts-Hütte, welche wie ein grosses und son-
derbar zugerichtetes Gezelt war, und darinnen,
auch darüber sich GOTT zur Bewohnung in der
Wolcken- und Feuer-Seule seiner Herrlichkeit
und herrlichen Gegenwart nach offenbare-
te: wie es denn im Griechischen auch eigentlich
heißt: auf daß die Kraft CHristi über mir,
als über einer Hütte wohne.
Von der
Stifts-Hütte heißt es 2 B. Mos. 40, 34. seqq.
Da bedeckte die Wolcke die Hütte des
Stifts, und die Herrlichkeit des HErrn
füllete die Wohnung. - - Die Wolcke des
HERRN war des Tages auf der Woh-
nung, und des Nachts war sie feurig vor
den Augen des gantzen Jsraels, so lange sie
reiseten.
Da nun die Gläubigen ein Gegen-
Bild sind von dem Tempel und von der Stifts-
Hütte, Paulus auch oben c. 5, 1. ihre Leiber mit
den Hütten verglichen hat; so zeiget er mit ge-
dachten Worten an, wie GOTT durch seine ein-
wohnende und überschattende Kraft an den
Gläubigen in ihrer Schwachheit zu ihrer Stär-
ckung sich verherrliche.
9. Was nun die Gläubigen dißfalls bereits
im Reiche der Gnaden anfangsweise geniessen,
davon sollen sie im Reiche der Herrlichkeit die
Vollendung haben, nach der Verheissung Of-
fenb. 7, 16. Sie, (die aus grossem Trübsal kom-
men sind, und ihre Kleider gewaschen, und helle
gemacht haben im Blute des Lammes) sind
vor dem Stuhl GOttes, und dienen ihm
Tag und Nacht in seinem Tempel. Und
der auf dem Stuhl sitzet, wird über ih-
nen wohnen,
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V. 10.

Darum bin ich gutes Muths in
Schwachheiten, in Schmachen, in Nö-
then, in Verfolgungen, in Aengsten,
(wel-
ches Worte sind, womit die vielen Leiden über-
haupt bezeichnet werden) um CHristus willen
(welche Worte zu den letztern gehören, daß nem-
lich alle diese Leiden seyn Leiden um CHristus
willen, daß Paulus das Evangelium von CHri-
sto prediget, und dabey in seiner Nachfolge ein-
her gehet:) denn wenn ich schwach bin (in
allerley den äusserlichen Menschen schwächenden,
auch oft den innern mit angreifenden Leiden mich
befinde, und zur Ertragung der Läst in mir selbst

keine
N n n 3
Cap. 12, v. 9-10. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] jenem Falle befindet; wie es beruhiget wird, oder
nicht? zu welcher Zuverſicht es koͤmmt, und wie
es die Erhoͤrung ſelbſt ſchon mit ergreifet, oder
nicht? Denn man ſoll billig niemals beten, zu-
mal in beſondern und ſchweren Angelegenheiten,
da man nicht mit ſeinem Glauben ſich dergeſtalt
in die Verheiſſungen GOttes gleichſam einlage-
re, daß man nicht die Erhoͤrung ſelbſt, der kind-
lichen Zuverſicht nach, ſchon mit davon trage.
Und geſetzt auch, daß man ſie nicht auf dieſe und
jene Art erhaͤlt, ſo ſtellet ſie ſich doch auf eine an-
dere Art ein, alſo, daß GOTT das Gebet alle-
zeit erhoͤret, zum wenigſten darinnen, daß er das
Hertz im Glauben ſtaͤrcket und ſegnet.
3. Allein bey dem Gebet muß die Ordnung
wohl gehalten werden, die Paulus mit ſeinem
Exempel anweiſet: nemlich, daß man ſey, oder
doch ſeyn wolle ein Menſch in CHriſto. v. 1.
Und dieſe Ordnung weiſet uns unſer Heyland
ſelbſt an, wenn er ſpricht: So ihr in mir
bleibet, und meine Worte in euch bleiben,
werdet ihr bitten, was ihr wollet, und
es wird euch widerfahren
Joh. 15, 7. Sie-
he auch 1 Joh. 3, 22. und 4, 14. 15. Das iſt die
Freudigkeit, die wir haben zu ihm, daß, ſo
wir etwas bitten nach ſeinem Willen, ſo
hoͤret er uns. Und ſo wir wiſſen, daß er
uns hoͤret, was wir bitten, ſo wiſſen wir,
daß wir die Bitte haben, die wir von ihm
gebeten haben.
4. Bey groſſen Herren in dieſer Welt heißt
es oft: Laß dir an meiner Gnade genuͤgen:
aber es ſind nicht ſelten nur leere Worte. Bey
GOTT aber iſt Gnade lauter Kraft und That.
Wohl dem, der ſich an der Gnade GOttes der-
geſtalt genuͤgen laͤſſet, daß ihme daher es nicht
alleine ertraͤglich wird, der Menſchen ihre Un-
gnade des Gewiſſens wegen uͤber ſich zu nehmen,
ſondern auch moͤglich ja leicht wird, die gantze
Welt zu verlaͤugnen, und bloß an der Gnade
GOttes zu hangen, wie ein Kind an den Bruͤ-
ſten der Mutter, wie denn das rechte Genuͤgen
an der Gnade ein wuͤrckliches Genieſſen mit ſich
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5. Die Kraft GOttes wird nie beſſer er-
kannt, als in ſchwachen Werckzeugen. Man
ſiehet dieſes zuvorderſt an der durch die Apoſtel in
aller Welt geſchehenen Ausbreitung des Evan-
gelii und Pflantzung ſo vieler Kirchen. Wer
haͤtte gedencken ſollen, daß dieſes in ſo kurtzer Zeit,
und durch ſo wenige und aͤuſſerlich mit keiner
weltlichen Macht und anderm groſſen Anſehen
unterſtuͤtzte Perſonen, und dazu unter ſo vieler
Widerſetzung wuͤrde zu Stande kommen? Wer
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ter denſelben manche am Leibe ſehr ſchwaͤchliche
und zarte Weibes-Perſonen, dasjenige mit al-
ler Standhaftigkeit, ja ohne einiges Zeichen der
Ungeduld von ſich zu geben, wuͤrden haben er-
tragen koͤnnen, was kaum ein Delinquent ſonſt
auch nur dem zehenten Theil nach, ohne die
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6. Dieſe Treue GOttes erweiſet ſich noch
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komme, mit einem GOTT ergebenen Gemuͤ-
the, unter ihrer groſſen Laſt ſo getroſt einher zu
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7. Nicht weniger zeiget es ſich manchmal
in Kranckheiten des Leibes, daß, wenn alle
Huͤlfe und Hofnung vor Menſchen Augen aus iſt,
GOTT wol die geſchehene Vorbitte dergeſtalt
erhoͤret, daß der Krancke ſich wieder erholet und
geneſet. Und wenn es denn auch ſchon durch
Mittel geſchiehet; ſo iſt und bleibet doch die Se-
gens-Kraft des lieben GOttes.
8. Die Redens-Art, auf daß die Kraft
CHriſti bey mir wohne,
iſt hergenommen von
der Stifts-Huͤtte, welche wie ein groſſes und ſon-
derbar zugerichtetes Gezelt war, und darinnen,
auch daruͤber ſich GOTT zur Bewohnung in der
Wolcken- und Feuer-Seule ſeiner Herrlichkeit
und herrlichen Gegenwart nach offenbare-
te: wie es denn im Griechiſchen auch eigentlich
heißt: auf daß die Kraft CHriſti uͤber mir,
als uͤber einer Huͤtte wohne.
Von der
Stifts-Huͤtte heißt es 2 B. Moſ. 40, 34. ſeqq.
Da bedeckte die Wolcke die Huͤtte des
Stifts, und die Herrlichkeit des HErrn
fuͤllete die Wohnung. ‒ ‒ Die Wolcke des
HERRN war des Tages auf der Woh-
nung, und des Nachts war ſie feurig vor
den Augen des gantzen Jſraels, ſo lange ſie
reiſeten.
Da nun die Glaͤubigen ein Gegen-
Bild ſind von dem Tempel und von der Stifts-
Huͤtte, Paulus auch oben c. 5, 1. ihre Leiber mit
den Huͤtten verglichen hat; ſo zeiget er mit ge-
dachten Worten an, wie GOTT durch ſeine ein-
wohnende und uͤberſchattende Kraft an den
Glaͤubigen in ihrer Schwachheit zu ihrer Staͤr-
ckung ſich verherrliche.
9. Was nun die Glaͤubigen dißfalls bereits
im Reiche der Gnaden anfangsweiſe genieſſen,
davon ſollen ſie im Reiche der Herrlichkeit die
Vollendung haben, nach der Verheiſſung Of-
fenb. 7, 16. Sie, (die aus groſſem Truͤbſal kom-
men ſind, und ihre Kleider gewaſchen, und helle
gemacht haben im Blute des Lammes) ſind
vor dem Stuhl GOttes, und dienen ihm
Tag und Nacht in ſeinem Tempel. Und
der auf dem Stuhl ſitzet, wird uͤber ih-
nen wohnen,
σκηνώσει ἐπ᾽ ἀυτοὺς, wird uͤber
ihnen, als uͤber einer Huͤtten, wohnen.
V. 10.

Darum bin ich gutes Muths in
Schwachheiten, in Schmachen, in Noͤ-
then, in Verfolgungen, in Aengſten,
(wel-
ches Worte ſind, womit die vielen Leiden uͤber-
haupt bezeichnet werden) um CHriſtus willen
(welche Worte zu den letztern gehoͤren, daß nem-
lich alle dieſe Leiden ſeyn Leiden um CHriſtus
willen, daß Paulus das Evangelium von CHri-
ſto prediget, und dabey in ſeiner Nachfolge ein-
her gehet:) denn wenn ich ſchwach bin (in
allerley den aͤuſſerlichen Menſchen ſchwaͤchenden,
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[469/0497] Cap. 12, v. 9-10. an die Corinthier. jenem Falle befindet; wie es beruhiget wird, oder nicht? zu welcher Zuverſicht es koͤmmt, und wie es die Erhoͤrung ſelbſt ſchon mit ergreifet, oder nicht? Denn man ſoll billig niemals beten, zu- mal in beſondern und ſchweren Angelegenheiten, da man nicht mit ſeinem Glauben ſich dergeſtalt in die Verheiſſungen GOttes gleichſam einlage- re, daß man nicht die Erhoͤrung ſelbſt, der kind- lichen Zuverſicht nach, ſchon mit davon trage. Und geſetzt auch, daß man ſie nicht auf dieſe und jene Art erhaͤlt, ſo ſtellet ſie ſich doch auf eine an- dere Art ein, alſo, daß GOTT das Gebet alle- zeit erhoͤret, zum wenigſten darinnen, daß er das Hertz im Glauben ſtaͤrcket und ſegnet. 3. Allein bey dem Gebet muß die Ordnung wohl gehalten werden, die Paulus mit ſeinem Exempel anweiſet: nemlich, daß man ſey, oder doch ſeyn wolle ein Menſch in CHriſto. v. 1. Und dieſe Ordnung weiſet uns unſer Heyland ſelbſt an, wenn er ſpricht: So ihr in mir bleibet, und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollet, und es wird euch widerfahren Joh. 15, 7. Sie- he auch 1 Joh. 3, 22. und 4, 14. 15. Das iſt die Freudigkeit, die wir haben zu ihm, daß, ſo wir etwas bitten nach ſeinem Willen, ſo hoͤret er uns. Und ſo wir wiſſen, daß er uns hoͤret, was wir bitten, ſo wiſſen wir, daß wir die Bitte haben, die wir von ihm gebeten haben. 4. Bey groſſen Herren in dieſer Welt heißt es oft: Laß dir an meiner Gnade genuͤgen: aber es ſind nicht ſelten nur leere Worte. Bey GOTT aber iſt Gnade lauter Kraft und That. Wohl dem, der ſich an der Gnade GOttes der- geſtalt genuͤgen laͤſſet, daß ihme daher es nicht alleine ertraͤglich wird, der Menſchen ihre Un- gnade des Gewiſſens wegen uͤber ſich zu nehmen, ſondern auch moͤglich ja leicht wird, die gantze Welt zu verlaͤugnen, und bloß an der Gnade GOttes zu hangen, wie ein Kind an den Bruͤ- ſten der Mutter, wie denn das rechte Genuͤgen an der Gnade ein wuͤrckliches Genieſſen mit ſich fuͤhret. 5. Die Kraft GOttes wird nie beſſer er- kannt, als in ſchwachen Werckzeugen. Man ſiehet dieſes zuvorderſt an der durch die Apoſtel in aller Welt geſchehenen Ausbreitung des Evan- gelii und Pflantzung ſo vieler Kirchen. Wer haͤtte gedencken ſollen, daß dieſes in ſo kurtzer Zeit, und durch ſo wenige und aͤuſſerlich mit keiner weltlichen Macht und anderm groſſen Anſehen unterſtuͤtzte Perſonen, und dazu unter ſo vieler Widerſetzung wuͤrde zu Stande kommen? Wer ſolte gedacht haben, daß die Maͤrtyrer, und un- ter denſelben manche am Leibe ſehr ſchwaͤchliche und zarte Weibes-Perſonen, dasjenige mit al- ler Standhaftigkeit, ja ohne einiges Zeichen der Ungeduld von ſich zu geben, wuͤrden haben er- tragen koͤnnen, was kaum ein Delinquent ſonſt auch nur dem zehenten Theil nach, ohne die Schwaͤche der Natur zu zeigen, auszuſtehen ver- moͤgend iſt? 6. Dieſe Treue GOttes erweiſet ſich noch allezeit bey den Glaͤubigen, daß er ſich in allen ihren ſie abſchwaͤchenden Leiden mit ſeiner ſtaͤr- ckenden Gnade ſo kraͤftig in ihnen erweiſet, daß ſie ſich oft ſelbſt daruͤber wundern muͤſſen, wo- her ihnen die Gelaſſenheit und das Vermoͤgen komme, mit einem GOTT ergebenen Gemuͤ- the, unter ihrer groſſen Laſt ſo getroſt einher zu gehen, und ſie oftmals kaum zu fuͤhlen. 7. Nicht weniger zeiget es ſich manchmal in Kranckheiten des Leibes, daß, wenn alle Huͤlfe und Hofnung vor Menſchen Augen aus iſt, GOTT wol die geſchehene Vorbitte dergeſtalt erhoͤret, daß der Krancke ſich wieder erholet und geneſet. Und wenn es denn auch ſchon durch Mittel geſchiehet; ſo iſt und bleibet doch die Se- gens-Kraft des lieben GOttes. 8. Die Redens-Art, auf daß die Kraft CHriſti bey mir wohne, iſt hergenommen von der Stifts-Huͤtte, welche wie ein groſſes und ſon- derbar zugerichtetes Gezelt war, und darinnen, auch daruͤber ſich GOTT zur Bewohnung in der Wolcken- und Feuer-Seule ſeiner Herrlichkeit und herrlichen Gegenwart nach offenbare- te: wie es denn im Griechiſchen auch eigentlich heißt: auf daß die Kraft CHriſti uͤber mir, als uͤber einer Huͤtte wohne. Von der Stifts-Huͤtte heißt es 2 B. Moſ. 40, 34. ſeqq. Da bedeckte die Wolcke die Huͤtte des Stifts, und die Herrlichkeit des HErrn fuͤllete die Wohnung. ‒ ‒ Die Wolcke des HERRN war des Tages auf der Woh- nung, und des Nachts war ſie feurig vor den Augen des gantzen Jſraels, ſo lange ſie reiſeten. Da nun die Glaͤubigen ein Gegen- Bild ſind von dem Tempel und von der Stifts- Huͤtte, Paulus auch oben c. 5, 1. ihre Leiber mit den Huͤtten verglichen hat; ſo zeiget er mit ge- dachten Worten an, wie GOTT durch ſeine ein- wohnende und uͤberſchattende Kraft an den Glaͤubigen in ihrer Schwachheit zu ihrer Staͤr- ckung ſich verherrliche. 9. Was nun die Glaͤubigen dißfalls bereits im Reiche der Gnaden anfangsweiſe genieſſen, davon ſollen ſie im Reiche der Herrlichkeit die Vollendung haben, nach der Verheiſſung Of- fenb. 7, 16. Sie, (die aus groſſem Truͤbſal kom- men ſind, und ihre Kleider gewaſchen, und helle gemacht haben im Blute des Lammes) ſind vor dem Stuhl GOttes, und dienen ihm Tag und Nacht in ſeinem Tempel. Und der auf dem Stuhl ſitzet, wird uͤber ih- nen wohnen, σκηνώσει ἐπ᾽ ἀυτοὺς, wird uͤber ihnen, als uͤber einer Huͤtten, wohnen. V. 10. Darum bin ich gutes Muths in Schwachheiten, in Schmachen, in Noͤ- then, in Verfolgungen, in Aengſten, (wel- ches Worte ſind, womit die vielen Leiden uͤber- haupt bezeichnet werden) um CHriſtus willen (welche Worte zu den letztern gehoͤren, daß nem- lich alle dieſe Leiden ſeyn Leiden um CHriſtus willen, daß Paulus das Evangelium von CHri- ſto prediget, und dabey in ſeiner Nachfolge ein- her gehet:) denn wenn ich ſchwach bin (in allerley den aͤuſſerlichen Menſchen ſchwaͤchenden, auch oft den innern mit angreifenden Leiden mich befinde, und zur Ertragung der Laͤſt in mir ſelbſt keine N n n 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/497>, abgerufen am 24.11.2024.