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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 12, v. 7. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] fechtungen wehe zu thun suchen. Man wird
auch wol schwerlich ein Exempel finden, daß
ein noch gantz roher Welt-Mensche von einer
solchen innerlichen Sichtung des Satans, da-
von bisher gehandelt ist, zu sagen gewust. Es
müste denn Sache seyn, daß, da noch einige
natürliche Furcht vor GOTT bey ihm statt ge-
funden, solches inneres Seelen-Leiden bey ei-
ner solchen in ihm noch übrigen natürlichen
Furcht GOttes, dadurch es ihm sehr empfind-
lich worden, von GOTT zu seiner desto bessern
Aufweckung und Abziehung von Sünden über
ihn verhenget worden, und der Satan dabey,
unter einer andern und bösen Absicht, wider den
Vortheil seines eignen Reichs handeln müssen:
wie auch sonst manchmal geschiehet. Da es
aber eigentlich GOTT ergebene Seelen be-
trifft: so pflegen sie ihre Noth selten von sich zu
sagen, sondern sich heimlich damit zu tragen,
und pfleget wol ein ieglicher Ungeübter zu ge-
dencken, als sey er es allein, dem es also gehe-
da er doch wol viele Brüder hat von gemein-
schaftlicher Noth.
11. Die eigentliche Natur dieses See-
len Ubels ist nun zwar schon oben num. 7. be-
schrieben: es ist aber dabey dieses, welches zwar
auch schon berühret worden, sonderlich zu mer-
cken, daß es nicht so wol des Menschen eigenes,
als etwas fremdes in ihm ist, und daß es nicht
so wol den Grund des Hertzens als die Phanta-
sie einnimmt. Daß es nicht eigentlich des
Menschen eignes Werck und Wircken, sondern
etwas fremdes in ihm sey, erkennet man dar-
aus, daß er davor, so bald er es empfindet,
erschrickt, und daran nicht das geringste Wohl-
gefallen hat, sondern es verabscheuet; da hin-
gegen, wenn in dem Menschen andere sündli-
che Gedancken entstehen, dieselbe gemeiniglich
aus dem Grunde der Erb-Sünde mit einiger
Reitzung und bösen, ob gleich oft gar subtilen,
Begierde verknüpfet sind, also daß ein glaubi-
ger Christ nicht allein wider die Gedancken
selbst, sondern auch wider die subtile Reitzung
und Zuneigung zu streiten hat. Die sich aber
hier nicht findet, sondern nur die blosse und da-
zu sehr unangenehme Empfindung, bey welcher
an statt der Reitzung zum Beyfall sich die in-
nigste Verabscheuung befindet. Es giebt auch
wol einige Gattungen der Sünden, die unmit-
telbar wider GOTT gehen, und nach Matth.
15, 9. aus dem Hertzen kommen, und des Men-
schen eigne Wercke sind; aber da sind sie, wenn
sie vorsetzlich geschehen, ein Kennzeichen recht
gottloser Menschen. Jmgleichen siehet man
aus beyden Orten Pauli, daß dieses Anliegen
eigentlich nur ein Leiden und etwas fremdes sey,
da es mit eingeschoßenen feurigen Pfeilen und
mit Fäusten-Schlägen verglichen wird. Und
aus dieser Beschaffenheit erhellet denn zugleich,
daß es nicht so wol in dem Grunde des Her-
tzens, oder in dem Willen des Menschen, als
nur in seiner Imagination, oder Phantasie haf-
te; ob wol der innerste Grund der Seelen da-
durch beunruhiget wird. Und also sind solche
vom Satan in der Phantasie erregte Gedan-
cken gleich den Feuer-Kugeln, welche in eine
[Spaltenumbruch] Festung geworfen werden, und daher unter-
schieden von einem darinnen aus Vorsatz, oder
Versehen, und also aus eigner Schuld verur-
sachten Brande. Diese Beschaffenheit brin-
get es nun mit sich, daß GOTT dieses Ubel
dem Menschen nicht zurechnet. Denn da
GOTT den Glaubigen auch ihre Schwach-
heits-Sünden, ob wol dieselbe auch ihr eignes
Werck sind, deßwegen, daß sie nicht mehr herr-
schen, um des Glaubens willen an CHristum,
ihnen nicht zurechnet zur Ungnade und Ver-
dammniß; so ist leichtlich zu erachten, daß er
ihnen das, was nicht ihr eignes Gewircke, son-
dern ein fremdes Werck des Satans ist, da-
bey sie mit grosser Verabscheuung sich nur lei-
dentlich verhalten, so viel weniger zuschreibe;
geschweige, daß sie es als ein Zeichen, als
wenn sie nicht in der Gnade GOttes stünden,
und Theil an seinem Reich hätten, anzusehen
haben.
12. Warum GOtt diese so arge Sich-
tung
des Satans über so manche Seele ver-
henge,
ist leichtlich zu erachten: nemlich er
will sie, wenn er sie etwa mit hohen Gaben
ausgerüstet und auch zu vielen wichtigen Din-
gen in seinem Reiche gebrauchet hat, dadurch
vor der verborgenen Erhebung des Gemüths be-
wahren; wie Paulus von sich anzeigete, oder
aber er will sie dadurch immer mehr von der
Welt ab und zu sich ziehen: oder auch, wenn
sie davon bereits abgezogen sind und in der Ge-
meinschaft mit ihm stehen, sie dadurch in der
Lauterkeit erhalten, und dem Rückfall, der
durch Betrug der Sünde und durch Sicherheit
geschiehet, vorbauen. Denn wenn ein Mensch,
in welchem eine wahre Furcht vor GOTT ist,
mit solchen giftigen Einfällen heimgesuchet wird,
so wird er dadurch dergestalt angegriffen, daß
es ihm, der Lust der Sünde nachzuhangen, oder
dieses und jenes mit zu machen, und sich also
hinreissen zu lassen, wohl vergehet. Was nun
Paulus von aller Widerwärtigkeit saget, daß
sie den Gläubigen müsse zum Besten dienen,
Rom. 8, 28. das gilt insonderheit auch von die-
ser Gattung der Anfechtung.
13. Nun ist noch übrig, daß ich auch an-
zeige, wie man sich in diesem Anliegen zu
verhalten habe.
Da es aber hiebey auf un-
terschiedliche Stücke ankömmt, so will ich da-
von nachfolgende Erinnerungen stellen; wie die-
selbe aus den bisherigen Anmerckungen flies-
sen.
a. Man hat dieses Anliegen nicht für ein
Zeichen göttlicher Ungnade anzusehen:

sondern vielmehr daraus zu erkennen, daß
man kräftig zu GOTT gezogen werde, oder
auch schon in seiner Gemeinschaft stehe, und
der Zweck göttlicher Zulassung sey, daß wir
darinnen immer mehr sollen bevestiget wer-
den. Dieses eintzige ist schon genug, einem
dabey einen guten Muth zu machen: sinte-
mal die daher entstehende Beängstigung mei-
stentheils aus dem Mißverstande kommt, da
man meinet, GOTT werde einem, die Ge-
dancken, als sein eignes Werck, zurechnen,
und
N n n 2
Cap. 12, v. 7. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] fechtungen wehe zu thun ſuchen. Man wird
auch wol ſchwerlich ein Exempel finden, daß
ein noch gantz roher Welt-Menſche von einer
ſolchen innerlichen Sichtung des Satans, da-
von bisher gehandelt iſt, zu ſagen gewuſt. Es
muͤſte denn Sache ſeyn, daß, da noch einige
natuͤrliche Furcht vor GOTT bey ihm ſtatt ge-
funden, ſolches inneres Seelen-Leiden bey ei-
ner ſolchen in ihm noch uͤbrigen natuͤrlichen
Furcht GOttes, dadurch es ihm ſehr empfind-
lich worden, von GOTT zu ſeiner deſto beſſern
Aufweckung und Abziehung von Suͤnden uͤber
ihn verhenget worden, und der Satan dabey,
unter einer andern und boͤſen Abſicht, wider den
Vortheil ſeines eignen Reichs handeln muͤſſen:
wie auch ſonſt manchmal geſchiehet. Da es
aber eigentlich GOTT ergebene Seelen be-
trifft: ſo pflegen ſie ihre Noth ſelten von ſich zu
ſagen, ſondern ſich heimlich damit zu tragen,
und pfleget wol ein ieglicher Ungeuͤbter zu ge-
dencken, als ſey er es allein, dem es alſo gehe-
da er doch wol viele Bruͤder hat von gemein-
ſchaftlicher Noth.
11. Die eigentliche Natur dieſes See-
len Ubels iſt nun zwar ſchon oben num. 7. be-
ſchrieben: es iſt aber dabey dieſes, welches zwar
auch ſchon beruͤhret worden, ſonderlich zu mer-
cken, daß es nicht ſo wol des Menſchen eigenes,
als etwas fremdes in ihm iſt, und daß es nicht
ſo wol den Grund des Hertzens als die Phanta-
ſie einnimmt. Daß es nicht eigentlich des
Menſchen eignes Werck und Wircken, ſondern
etwas fremdes in ihm ſey, erkennet man dar-
aus, daß er davor, ſo bald er es empfindet,
erſchrickt, und daran nicht das geringſte Wohl-
gefallen hat, ſondern es verabſcheuet; da hin-
gegen, wenn in dem Menſchen andere ſuͤndli-
che Gedancken entſtehen, dieſelbe gemeiniglich
aus dem Grunde der Erb-Suͤnde mit einiger
Reitzung und boͤſen, ob gleich oft gar ſubtilen,
Begierde verknuͤpfet ſind, alſo daß ein glaubi-
ger Chriſt nicht allein wider die Gedancken
ſelbſt, ſondern auch wider die ſubtile Reitzung
und Zuneigung zu ſtreiten hat. Die ſich aber
hier nicht findet, ſondern nur die bloſſe und da-
zu ſehr unangenehme Empfindung, bey welcher
an ſtatt der Reitzung zum Beyfall ſich die in-
nigſte Verabſcheuung befindet. Es giebt auch
wol einige Gattungen der Suͤnden, die unmit-
telbar wider GOTT gehen, und nach Matth.
15, 9. aus dem Hertzen kommen, und des Men-
ſchen eigne Wercke ſind; aber da ſind ſie, wenn
ſie vorſetzlich geſchehen, ein Kennzeichen recht
gottloſer Menſchen. Jmgleichen ſiehet man
aus beyden Orten Pauli, daß dieſes Anliegen
eigentlich nur ein Leiden und etwas fremdes ſey,
da es mit eingeſchoßenen feurigen Pfeilen und
mit Faͤuſten-Schlaͤgen verglichen wird. Und
aus dieſer Beſchaffenheit erhellet denn zugleich,
daß es nicht ſo wol in dem Grunde des Her-
tzens, oder in dem Willen des Menſchen, als
nur in ſeiner Imagination, oder Phantaſie haf-
te; ob wol der innerſte Grund der Seelen da-
durch beunruhiget wird. Und alſo ſind ſolche
vom Satan in der Phantaſie erregte Gedan-
cken gleich den Feuer-Kugeln, welche in eine
[Spaltenumbruch] Feſtung geworfen werden, und daher unter-
ſchieden von einem darinnen aus Vorſatz, oder
Verſehen, und alſo aus eigner Schuld verur-
ſachten Brande. Dieſe Beſchaffenheit brin-
get es nun mit ſich, daß GOTT dieſes Ubel
dem Menſchen nicht zurechnet. Denn da
GOTT den Glaubigen auch ihre Schwach-
heits-Suͤnden, ob wol dieſelbe auch ihr eignes
Werck ſind, deßwegen, daß ſie nicht mehr herr-
ſchen, um des Glaubens willen an CHriſtum,
ihnen nicht zurechnet zur Ungnade und Ver-
dammniß; ſo iſt leichtlich zu erachten, daß er
ihnen das, was nicht ihr eignes Gewircke, ſon-
dern ein fremdes Werck des Satans iſt, da-
bey ſie mit groſſer Verabſcheuung ſich nur lei-
dentlich verhalten, ſo viel weniger zuſchreibe;
geſchweige, daß ſie es als ein Zeichen, als
wenn ſie nicht in der Gnade GOttes ſtuͤnden,
und Theil an ſeinem Reich haͤtten, anzuſehen
haben.
12. Warum GOtt dieſe ſo arge Sich-
tung
des Satans uͤber ſo manche Seele ver-
henge,
iſt leichtlich zu erachten: nemlich er
will ſie, wenn er ſie etwa mit hohen Gaben
ausgeruͤſtet und auch zu vielen wichtigen Din-
gen in ſeinem Reiche gebrauchet hat, dadurch
vor der verborgenen Erhebung des Gemuͤths be-
wahren; wie Paulus von ſich anzeigete, oder
aber er will ſie dadurch immer mehr von der
Welt ab und zu ſich ziehen: oder auch, wenn
ſie davon bereits abgezogen ſind und in der Ge-
meinſchaft mit ihm ſtehen, ſie dadurch in der
Lauterkeit erhalten, und dem Ruͤckfall, der
durch Betrug der Suͤnde und durch Sicherheit
geſchiehet, vorbauen. Denn wenn ein Menſch,
in welchem eine wahre Furcht vor GOTT iſt,
mit ſolchen giftigen Einfaͤllen heimgeſuchet wird,
ſo wird er dadurch dergeſtalt angegriffen, daß
es ihm, der Luſt der Suͤnde nachzuhangen, oder
dieſes und jenes mit zu machen, und ſich alſo
hinreiſſen zu laſſen, wohl vergehet. Was nun
Paulus von aller Widerwaͤrtigkeit ſaget, daß
ſie den Glaͤubigen muͤſſe zum Beſten dienen,
Rom. 8, 28. das gilt inſonderheit auch von die-
ſer Gattung der Anfechtung.
13. Nun iſt noch uͤbrig, daß ich auch an-
zeige, wie man ſich in dieſem Anliegen zu
verhalten habe.
Da es aber hiebey auf un-
terſchiedliche Stuͤcke ankoͤmmt, ſo will ich da-
von nachfolgende Erinnerungen ſtellen; wie die-
ſelbe aus den bisherigen Anmerckungen flieſ-
ſen.
a. Man hat dieſes Anliegen nicht fuͤr ein
Zeichen goͤttlicher Ungnade anzuſehen:

ſondern vielmehr daraus zu erkennen, daß
man kraͤftig zu GOTT gezogen werde, oder
auch ſchon in ſeiner Gemeinſchaft ſtehe, und
der Zweck goͤttlicher Zulaſſung ſey, daß wir
darinnen immer mehr ſollen beveſtiget wer-
den. Dieſes eintzige iſt ſchon genug, einem
dabey einen guten Muth zu machen: ſinte-
mal die daher entſtehende Beaͤngſtigung mei-
ſtentheils aus dem Mißverſtande kommt, da
man meinet, GOTT werde einem, die Ge-
dancken, als ſein eignes Werck, zurechnen,
und
N n n 2
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[467/0495] Cap. 12, v. 7. an die Corinthier. fechtungen wehe zu thun ſuchen. Man wird auch wol ſchwerlich ein Exempel finden, daß ein noch gantz roher Welt-Menſche von einer ſolchen innerlichen Sichtung des Satans, da- von bisher gehandelt iſt, zu ſagen gewuſt. Es muͤſte denn Sache ſeyn, daß, da noch einige natuͤrliche Furcht vor GOTT bey ihm ſtatt ge- funden, ſolches inneres Seelen-Leiden bey ei- ner ſolchen in ihm noch uͤbrigen natuͤrlichen Furcht GOttes, dadurch es ihm ſehr empfind- lich worden, von GOTT zu ſeiner deſto beſſern Aufweckung und Abziehung von Suͤnden uͤber ihn verhenget worden, und der Satan dabey, unter einer andern und boͤſen Abſicht, wider den Vortheil ſeines eignen Reichs handeln muͤſſen: wie auch ſonſt manchmal geſchiehet. Da es aber eigentlich GOTT ergebene Seelen be- trifft: ſo pflegen ſie ihre Noth ſelten von ſich zu ſagen, ſondern ſich heimlich damit zu tragen, und pfleget wol ein ieglicher Ungeuͤbter zu ge- dencken, als ſey er es allein, dem es alſo gehe- da er doch wol viele Bruͤder hat von gemein- ſchaftlicher Noth. 11. Die eigentliche Natur dieſes See- len Ubels iſt nun zwar ſchon oben num. 7. be- ſchrieben: es iſt aber dabey dieſes, welches zwar auch ſchon beruͤhret worden, ſonderlich zu mer- cken, daß es nicht ſo wol des Menſchen eigenes, als etwas fremdes in ihm iſt, und daß es nicht ſo wol den Grund des Hertzens als die Phanta- ſie einnimmt. Daß es nicht eigentlich des Menſchen eignes Werck und Wircken, ſondern etwas fremdes in ihm ſey, erkennet man dar- aus, daß er davor, ſo bald er es empfindet, erſchrickt, und daran nicht das geringſte Wohl- gefallen hat, ſondern es verabſcheuet; da hin- gegen, wenn in dem Menſchen andere ſuͤndli- che Gedancken entſtehen, dieſelbe gemeiniglich aus dem Grunde der Erb-Suͤnde mit einiger Reitzung und boͤſen, ob gleich oft gar ſubtilen, Begierde verknuͤpfet ſind, alſo daß ein glaubi- ger Chriſt nicht allein wider die Gedancken ſelbſt, ſondern auch wider die ſubtile Reitzung und Zuneigung zu ſtreiten hat. Die ſich aber hier nicht findet, ſondern nur die bloſſe und da- zu ſehr unangenehme Empfindung, bey welcher an ſtatt der Reitzung zum Beyfall ſich die in- nigſte Verabſcheuung befindet. Es giebt auch wol einige Gattungen der Suͤnden, die unmit- telbar wider GOTT gehen, und nach Matth. 15, 9. aus dem Hertzen kommen, und des Men- ſchen eigne Wercke ſind; aber da ſind ſie, wenn ſie vorſetzlich geſchehen, ein Kennzeichen recht gottloſer Menſchen. Jmgleichen ſiehet man aus beyden Orten Pauli, daß dieſes Anliegen eigentlich nur ein Leiden und etwas fremdes ſey, da es mit eingeſchoßenen feurigen Pfeilen und mit Faͤuſten-Schlaͤgen verglichen wird. Und aus dieſer Beſchaffenheit erhellet denn zugleich, daß es nicht ſo wol in dem Grunde des Her- tzens, oder in dem Willen des Menſchen, als nur in ſeiner Imagination, oder Phantaſie haf- te; ob wol der innerſte Grund der Seelen da- durch beunruhiget wird. Und alſo ſind ſolche vom Satan in der Phantaſie erregte Gedan- cken gleich den Feuer-Kugeln, welche in eine Feſtung geworfen werden, und daher unter- ſchieden von einem darinnen aus Vorſatz, oder Verſehen, und alſo aus eigner Schuld verur- ſachten Brande. Dieſe Beſchaffenheit brin- get es nun mit ſich, daß GOTT dieſes Ubel dem Menſchen nicht zurechnet. Denn da GOTT den Glaubigen auch ihre Schwach- heits-Suͤnden, ob wol dieſelbe auch ihr eignes Werck ſind, deßwegen, daß ſie nicht mehr herr- ſchen, um des Glaubens willen an CHriſtum, ihnen nicht zurechnet zur Ungnade und Ver- dammniß; ſo iſt leichtlich zu erachten, daß er ihnen das, was nicht ihr eignes Gewircke, ſon- dern ein fremdes Werck des Satans iſt, da- bey ſie mit groſſer Verabſcheuung ſich nur lei- dentlich verhalten, ſo viel weniger zuſchreibe; geſchweige, daß ſie es als ein Zeichen, als wenn ſie nicht in der Gnade GOttes ſtuͤnden, und Theil an ſeinem Reich haͤtten, anzuſehen haben. 12. Warum GOtt dieſe ſo arge Sich- tung des Satans uͤber ſo manche Seele ver- henge, iſt leichtlich zu erachten: nemlich er will ſie, wenn er ſie etwa mit hohen Gaben ausgeruͤſtet und auch zu vielen wichtigen Din- gen in ſeinem Reiche gebrauchet hat, dadurch vor der verborgenen Erhebung des Gemuͤths be- wahren; wie Paulus von ſich anzeigete, oder aber er will ſie dadurch immer mehr von der Welt ab und zu ſich ziehen: oder auch, wenn ſie davon bereits abgezogen ſind und in der Ge- meinſchaft mit ihm ſtehen, ſie dadurch in der Lauterkeit erhalten, und dem Ruͤckfall, der durch Betrug der Suͤnde und durch Sicherheit geſchiehet, vorbauen. Denn wenn ein Menſch, in welchem eine wahre Furcht vor GOTT iſt, mit ſolchen giftigen Einfaͤllen heimgeſuchet wird, ſo wird er dadurch dergeſtalt angegriffen, daß es ihm, der Luſt der Suͤnde nachzuhangen, oder dieſes und jenes mit zu machen, und ſich alſo hinreiſſen zu laſſen, wohl vergehet. Was nun Paulus von aller Widerwaͤrtigkeit ſaget, daß ſie den Glaͤubigen muͤſſe zum Beſten dienen, Rom. 8, 28. das gilt inſonderheit auch von die- ſer Gattung der Anfechtung. 13. Nun iſt noch uͤbrig, daß ich auch an- zeige, wie man ſich in dieſem Anliegen zu verhalten habe. Da es aber hiebey auf un- terſchiedliche Stuͤcke ankoͤmmt, ſo will ich da- von nachfolgende Erinnerungen ſtellen; wie die- ſelbe aus den bisherigen Anmerckungen flieſ- ſen. a. Man hat dieſes Anliegen nicht fuͤr ein Zeichen goͤttlicher Ungnade anzuſehen: ſondern vielmehr daraus zu erkennen, daß man kraͤftig zu GOTT gezogen werde, oder auch ſchon in ſeiner Gemeinſchaft ſtehe, und der Zweck goͤttlicher Zulaſſung ſey, daß wir darinnen immer mehr ſollen beveſtiget wer- den. Dieſes eintzige iſt ſchon genug, einem dabey einen guten Muth zu machen: ſinte- mal die daher entſtehende Beaͤngſtigung mei- ſtentheils aus dem Mißverſtande kommt, da man meinet, GOTT werde einem, die Ge- dancken, als ſein eignes Werck, zurechnen, und N n n 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/495>, abgerufen am 27.11.2024.