Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 12, 1. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] viele Gefahr gewesen seyn wird, hat ansehen,
und denn daß Paulus jenseit der Maure hat
glücklich entkommen müssen; wozu die Glaubi-
gen auch wol vorher in aller Stille gegen diese
Nacht mögen gewisse von GOtt gesegnete Anstalt
gemacht haben.
7. Was meinen wir aber wohl, mit was
für einer Gemüths-Bewegung dieses bey den
Glaubigen und bey Paulo muß geschehen seyn?
Gewiß Glaube! Glaube! hieß es alhie wohl
auf beyden Seiten. Denn im Glauben wurde
es gewaget und vorgenommen. Jm Glauben
satzte sich Paulus wie in den Korb, also auch zu-
gleich in die Hand GOttes, und sahe gewißlich
mehr auf diese, als auf jene. Der Glaube über-
wand auch die Menschen-Furcht vor der Gefahr,
in welche die Gläubigen, wo es ausgekommen,
oder nicht gelungen wäre, würden gesetzet wor-
den seyn. Und wer wolte daran zweifeln, daß,
ehe sich Paulus in den Korb gesetzet, er sich nicht
mit ihnen vorher auf seine Knie vor GOtt gewor-
fen, und ihn um seine gnädige Direction inbrün-
stig angeflehet habe? Und so bald Paulus un-
ten den Boden erreichet gehabt, da haben sie
ohne Zweifel ihr Gebet aufs neue fortgesetzet, und
damit so lange angehalten, bis sie vermuthet,
oder auch erfahren, daß er glücklich entkommen
sey. Und da dieses geschehen, was wird es
nicht für Dancksagung mit vieler Stärckung des
Glaubens gegen GOtt, auf Seiten Pauli und
der Gläubigen zu Damascus, nach sich gezogen
haben?
8. Man siehet hieraus eines Theils, wie
[Spaltenumbruch] man in einer Lebens-Gefahr auf eine wunderthä-
tige Errettung nicht warten solle, wenn man ei-
nen andern, ob gleich auch gantz sonderbaren
Weg zur Flucht vor sich siehet; als welches eine
Versuchung GOttes seyn würde: und daß man
sich gar wohl durch die Flucht in Sicherheit setzen
könne, so lange man erkennet, noch in dem Lau-
fe seines Amts zu seyn, und GOtt einen noch fer-
ner zu seinen Diensten gebrauchen wolle: wie
auch andern Theils, wie man sich eines andern,
der in solcher Gefahr ist, nach der Liebe anzuneh-
men, und deßfals im Glauben zur göttlichen gnä-
digen Direction etwas zu wagen habe. Jst doch
unser Heyland selbst, ehe die Zeit seines letzten
Leidens vorhanden war, seinen Feinden mehr-
mal aus ihren Händen entgangen. Siehe Joh.
8, 59. c. 11, 54. So hatte er auch zu seinen Jün-
gern gesaget: Wenn sie euch in einer Stadt
verfolgen, so fliehet in eine andere
Matth.
10, 23. Man sehe auch das Exempel der from-
men Propheten 1 Reg. 18, 4. und insonderheit
des Eliä c. 19, 4. Was die gläubige Rachab
den Kundschaftern des gelobten Landes für glei-
che Dienste gethan, siehet man Jos. 2.
9. Jm übrigen ist zu mercken, daß, da Pau-
lus diese Errettung in dem andern Briefe an die
Corinthier kund gemacht, schon 18 bis 19 Jahr
verflossen, und nicht mehr zu besorgen gewesen,
daß daher denen an der Maure zu Damascus
wohnenden Gläubigen hat eine Ungelegenheit
entstehen können. Da indessen die Sachen da-
selbst vorlängst schon in einen gantz andern Stand
gerathen, sie auch wol schon mögen verstorben
gewesen seyn.
Das zwölfte Capitel/
Darinnen der Apostel seiner ihm von GOtt wiederfahrnen
Gnade der hohen Offenbarung und Entzückung gedencket/ mit dem Bey-
fügen/ welcher Gestalt GOtt dabey über ihn eine sehr schwere Anfechtung
verhänget habe: wie der Corinthier Verdacht ihn zu seiner Schutz-Rede
genöthiget/ und wie er besorge/ daß er bey seiner Ankunft etliche
unter ihnen noch ohne gründliche Besserung
finden werde.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

ES ist mir ja (Gr. aber) das rüh-
men nichts nütze
(ich für meine
Person bleibe wol, wer ich bin; so
bleibet auch mein Apostelamt wol
wie es ist, wenn ich auch schon der
Schutz-Rede gegen die Neider und Feinde mich
enthielte: was ich aber thue, das thue ich wie
gezwungner Weise:) doch will ich kommen
auf die Gesichte und Offenbarungen des
HERRN.

Anmerckungen.
1. Die ersten Worte sind anzusehen als ei-
ne Entschuldigung, daß, da der Apostel von sei-
[Spaltenumbruch] nen Leidenschaften auf besondere hohe Begnadi-
gung kommen wolte, ihm es nicht möchte zum
eitlen Ruhm ausgeleget werden. Und also be-
hält dem sensu nach die particula gar, denn,
im Griechischen ihre gewöhnliche Bedeutung;
nemlich als sagte der Apostel: Haltet mir in
meiner Schutz-Rede, welche wie ein rühmen kan
angesehen werden, noch eines zu gute. Denn
ich muß von denen Dingen, um welcher willen,
ob sie mir zwar eine Ehre sind, ich mir bey fleisch-
lich gesinneten eher eine Verachtung, als Hoch-
achtung zuziehen kan, auf solche Sachen kom-
men, woraus man erkennen kan, wie ich von
Amts wegen mit GOtt stehe.
2. Ge-
M m m 2
Cap. 12, 1. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] viele Gefahr geweſen ſeyn wird, hat anſehen,
und denn daß Paulus jenſeit der Maure hat
gluͤcklich entkommen muͤſſen; wozu die Glaubi-
gen auch wol vorher in aller Stille gegen dieſe
Nacht moͤgen gewiſſe von GOtt geſegnete Anſtalt
gemacht haben.
7. Was meinen wir aber wohl, mit was
fuͤr einer Gemuͤths-Bewegung dieſes bey den
Glaubigen und bey Paulo muß geſchehen ſeyn?
Gewiß Glaube! Glaube! hieß es alhie wohl
auf beyden Seiten. Denn im Glauben wurde
es gewaget und vorgenommen. Jm Glauben
ſatzte ſich Paulus wie in den Korb, alſo auch zu-
gleich in die Hand GOttes, und ſahe gewißlich
mehr auf dieſe, als auf jene. Der Glaube uͤber-
wand auch die Menſchen-Furcht vor der Gefahr,
in welche die Glaͤubigen, wo es ausgekommen,
oder nicht gelungen waͤre, wuͤrden geſetzet wor-
den ſeyn. Und wer wolte daran zweifeln, daß,
ehe ſich Paulus in den Korb geſetzet, er ſich nicht
mit ihnen vorher auf ſeine Knie vor GOtt gewor-
fen, und ihn um ſeine gnaͤdige Direction inbruͤn-
ſtig angeflehet habe? Und ſo bald Paulus un-
ten den Boden erreichet gehabt, da haben ſie
ohne Zweifel ihr Gebet aufs neue fortgeſetzet, und
damit ſo lange angehalten, bis ſie vermuthet,
oder auch erfahren, daß er gluͤcklich entkommen
ſey. Und da dieſes geſchehen, was wird es
nicht fuͤr Danckſagung mit vieler Staͤrckung des
Glaubens gegen GOtt, auf Seiten Pauli und
der Glaͤubigen zu Damaſcus, nach ſich gezogen
haben?
8. Man ſiehet hieraus eines Theils, wie
[Spaltenumbruch] man in einer Lebens-Gefahr auf eine wunderthaͤ-
tige Errettung nicht warten ſolle, wenn man ei-
nen andern, ob gleich auch gantz ſonderbaren
Weg zur Flucht vor ſich ſiehet; als welches eine
Verſuchung GOttes ſeyn wuͤrde: und daß man
ſich gar wohl durch die Flucht in Sicherheit ſetzen
koͤnne, ſo lange man erkennet, noch in dem Lau-
fe ſeines Amts zu ſeyn, und GOtt einen noch fer-
ner zu ſeinen Dienſten gebrauchen wolle: wie
auch andern Theils, wie man ſich eines andern,
der in ſolcher Gefahr iſt, nach der Liebe anzuneh-
men, und deßfals im Glauben zur goͤttlichen gnaͤ-
digen Direction etwas zu wagen habe. Jſt doch
unſer Heyland ſelbſt, ehe die Zeit ſeines letzten
Leidens vorhanden war, ſeinen Feinden mehr-
mal aus ihren Haͤnden entgangen. Siehe Joh.
8, 59. c. 11, 54. So hatte er auch zu ſeinen Juͤn-
gern geſaget: Wenn ſie euch in einer Stadt
verfolgen, ſo fliehet in eine andere
Matth.
10, 23. Man ſehe auch das Exempel der from-
men Propheten 1 Reg. 18, 4. und inſonderheit
des Eliaͤ c. 19, 4. Was die glaͤubige Rachab
den Kundſchaftern des gelobten Landes fuͤr glei-
che Dienſte gethan, ſiehet man Joſ. 2.
9. Jm uͤbrigen iſt zu mercken, daß, da Pau-
lus dieſe Errettung in dem andern Briefe an die
Corinthier kund gemacht, ſchon 18 bis 19 Jahr
verfloſſen, und nicht mehr zu beſorgen geweſen,
daß daher denen an der Maure zu Damaſcus
wohnenden Glaͤubigen hat eine Ungelegenheit
entſtehen koͤnnen. Da indeſſen die Sachen da-
ſelbſt vorlaͤngſt ſchon in einen gantz andern Stand
gerathen, ſie auch wol ſchon moͤgen verſtorben
geweſen ſeyn.
Das zwoͤlfte Capitel/
Darinnen der Apoſtel ſeiner ihm von GOtt wiederfahrnen
Gnade der hohen Offenbarung und Entzuͤckung gedencket/ mit dem Bey-
fuͤgen/ welcher Geſtalt GOtt dabey uͤber ihn eine ſehr ſchwere Anfechtung
verhaͤnget habe: wie der Corinthier Verdacht ihn zu ſeiner Schutz-Rede
genoͤthiget/ und wie er beſorge/ daß er bey ſeiner Ankunft etliche
unter ihnen noch ohne gruͤndliche Beſſerung
finden werde.
V. 1.
[Spaltenumbruch]

ES iſt mir ja (Gr. aber) das ruͤh-
men nichts nuͤtze
(ich fuͤr meine
Perſon bleibe wol, wer ich bin; ſo
bleibet auch mein Apoſtelamt wol
wie es iſt, wenn ich auch ſchon der
Schutz-Rede gegen die Neider und Feinde mich
enthielte: was ich aber thue, das thue ich wie
gezwungner Weiſe:) doch will ich kommen
auf die Geſichte und Offenbarungen des
HERRN.

Anmerckungen.
1. Die erſten Worte ſind anzuſehen als ei-
ne Entſchuldigung, daß, da der Apoſtel von ſei-
[Spaltenumbruch] nen Leidenſchaften auf beſondere hohe Begnadi-
gung kommen wolte, ihm es nicht moͤchte zum
eitlen Ruhm ausgeleget werden. Und alſo be-
haͤlt dem ſenſu nach die particula γὰρ, denn,
im Griechiſchen ihre gewoͤhnliche Bedeutung;
nemlich als ſagte der Apoſtel: Haltet mir in
meiner Schutz-Rede, welche wie ein ruͤhmen kan
angeſehen werden, noch eines zu gute. Denn
ich muß von denen Dingen, um welcher willen,
ob ſie mir zwar eine Ehre ſind, ich mir bey fleiſch-
lich geſinneten eher eine Verachtung, als Hoch-
achtung zuziehen kan, auf ſolche Sachen kom-
men, woraus man erkennen kan, wie ich von
Amts wegen mit GOtt ſtehe.
2. Ge-
M m m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0487" n="459"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 12, 1. an die Corinthier.</hi></fw><lb/><cb/>
viele Gefahr gewe&#x017F;en &#x017F;eyn wird, hat an&#x017F;ehen,<lb/>
und denn daß Paulus jen&#x017F;eit der Maure hat<lb/>
glu&#x0364;cklich entkommen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; wozu die Glaubi-<lb/>
gen auch wol vorher in aller Stille gegen die&#x017F;e<lb/>
Nacht mo&#x0364;gen gewi&#x017F;&#x017F;e von GOtt ge&#x017F;egnete An&#x017F;talt<lb/>
gemacht haben.</item><lb/>
                <item>7. Was meinen wir aber wohl, mit was<lb/>
fu&#x0364;r einer Gemu&#x0364;ths-Bewegung die&#x017F;es bey den<lb/>
Glaubigen und bey Paulo muß ge&#x017F;chehen &#x017F;eyn?<lb/>
Gewiß <hi rendition="#fr">Glaube! Glaube!</hi> hieß es alhie wohl<lb/>
auf beyden Seiten. Denn im Glauben wurde<lb/>
es gewaget und vorgenommen. Jm Glauben<lb/>
&#x017F;atzte &#x017F;ich Paulus wie in den Korb, al&#x017F;o auch zu-<lb/>
gleich in die Hand GOttes, und &#x017F;ahe gewißlich<lb/>
mehr auf die&#x017F;e, als auf jene. Der Glaube u&#x0364;ber-<lb/>
wand auch die Men&#x017F;chen-Furcht vor der Gefahr,<lb/>
in welche die Gla&#x0364;ubigen, wo es ausgekommen,<lb/>
oder nicht gelungen wa&#x0364;re, wu&#x0364;rden ge&#x017F;etzet wor-<lb/>
den &#x017F;eyn. Und wer wolte daran zweifeln, daß,<lb/>
ehe &#x017F;ich Paulus in den Korb ge&#x017F;etzet, er &#x017F;ich nicht<lb/>
mit ihnen vorher auf &#x017F;eine Knie vor GOtt gewor-<lb/>
fen, und ihn um &#x017F;eine gna&#x0364;dige <hi rendition="#aq">Direction</hi> inbru&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;tig angeflehet habe? Und &#x017F;o bald Paulus un-<lb/>
ten den Boden erreichet gehabt, da haben &#x017F;ie<lb/>
ohne Zweifel ihr Gebet aufs neue fortge&#x017F;etzet, und<lb/>
damit &#x017F;o lange angehalten, bis &#x017F;ie vermuthet,<lb/>
oder auch erfahren, daß er glu&#x0364;cklich entkommen<lb/>
&#x017F;ey. Und da die&#x017F;es ge&#x017F;chehen, was wird es<lb/>
nicht fu&#x0364;r Danck&#x017F;agung mit vieler Sta&#x0364;rckung des<lb/>
Glaubens gegen GOtt, auf Seiten Pauli und<lb/>
der Gla&#x0364;ubigen zu Dama&#x017F;cus, nach &#x017F;ich gezogen<lb/>
haben?</item><lb/>
                <item>8. Man &#x017F;iehet hieraus eines Theils, wie<lb/><cb/>
man in einer Lebens-Gefahr auf eine wundertha&#x0364;-<lb/>
tige Errettung nicht warten &#x017F;olle, wenn man ei-<lb/>
nen andern, ob gleich auch gantz &#x017F;onderbaren<lb/>
Weg zur Flucht vor &#x017F;ich &#x017F;iehet; als welches eine<lb/>
Ver&#x017F;uchung GOttes &#x017F;eyn wu&#x0364;rde: und daß man<lb/>
&#x017F;ich gar wohl durch die Flucht in Sicherheit &#x017F;etzen<lb/>
ko&#x0364;nne, &#x017F;o lange man erkennet, noch in dem Lau-<lb/>
fe &#x017F;eines Amts zu &#x017F;eyn, und GOtt einen noch fer-<lb/>
ner zu &#x017F;einen Dien&#x017F;ten gebrauchen wolle: wie<lb/>
auch andern Theils, wie man &#x017F;ich eines andern,<lb/>
der in &#x017F;olcher Gefahr i&#x017F;t, nach der Liebe anzuneh-<lb/>
men, und deßfals im Glauben zur go&#x0364;ttlichen gna&#x0364;-<lb/>
digen <hi rendition="#aq">Direction</hi> etwas zu wagen habe. J&#x017F;t doch<lb/>
un&#x017F;er Heyland &#x017F;elb&#x017F;t, ehe die Zeit &#x017F;eines letzten<lb/>
Leidens vorhanden war, &#x017F;einen Feinden mehr-<lb/>
mal aus ihren Ha&#x0364;nden entgangen. Siehe Joh.<lb/>
8, 59. c. 11, 54. So hatte er auch zu &#x017F;einen Ju&#x0364;n-<lb/>
gern ge&#x017F;aget: <hi rendition="#fr">Wenn &#x017F;ie euch in einer Stadt<lb/>
verfolgen, &#x017F;o fliehet in eine andere</hi> Matth.<lb/>
10, 23. Man &#x017F;ehe auch das Exempel der from-<lb/>
men Propheten 1 <hi rendition="#aq">Reg.</hi> 18, 4. und in&#x017F;onderheit<lb/>
des Elia&#x0364; c. 19, 4. Was die gla&#x0364;ubige Rachab<lb/>
den Kund&#x017F;chaftern des gelobten Landes fu&#x0364;r glei-<lb/>
che Dien&#x017F;te gethan, &#x017F;iehet man Jo&#x017F;. 2.</item><lb/>
                <item>9. Jm u&#x0364;brigen i&#x017F;t zu mercken, daß, da Pau-<lb/>
lus die&#x017F;e Errettung in dem andern Briefe an die<lb/>
Corinthier kund gemacht, &#x017F;chon 18 bis 19 Jahr<lb/>
verflo&#x017F;&#x017F;en, und nicht mehr zu be&#x017F;orgen gewe&#x017F;en,<lb/>
daß daher denen an der Maure zu Dama&#x017F;cus<lb/>
wohnenden Gla&#x0364;ubigen hat eine Ungelegenheit<lb/>
ent&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen. Da inde&#x017F;&#x017F;en die Sachen da-<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t vorla&#x0364;ng&#x017F;t &#x017F;chon in einen gantz andern Stand<lb/>
gerathen, &#x017F;ie auch wol &#x017F;chon mo&#x0364;gen ver&#x017F;torben<lb/>
gewe&#x017F;en &#x017F;eyn.</item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das zwo&#x0364;lfte Capitel/<lb/>
Darinnen der Apo&#x017F;tel &#x017F;einer ihm von GOtt wiederfahrnen<lb/>
Gnade der hohen Offenbarung und Entzu&#x0364;ckung gedencket/ mit dem Bey-<lb/>
fu&#x0364;gen/ welcher Ge&#x017F;talt GOtt dabey u&#x0364;ber ihn eine &#x017F;ehr &#x017F;chwere Anfechtung<lb/>
verha&#x0364;nget habe: wie der Corinthier Verdacht ihn zu &#x017F;einer Schutz-Rede<lb/>
geno&#x0364;thiget/ und wie er be&#x017F;orge/ daß er bey &#x017F;einer Ankunft etliche<lb/>
unter ihnen noch ohne gru&#x0364;ndliche Be&#x017F;&#x017F;erung<lb/>
finden werde.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>V. 1.</head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi><hi rendition="#fr">S i&#x017F;t mir ja</hi> (Gr. aber) <hi rendition="#fr">das ru&#x0364;h-<lb/>
men nichts nu&#x0364;tze</hi> (ich fu&#x0364;r meine<lb/>
Per&#x017F;on bleibe wol, wer ich bin; &#x017F;o<lb/>
bleibet auch mein Apo&#x017F;telamt wol<lb/>
wie es i&#x017F;t, wenn ich auch &#x017F;chon der<lb/>
Schutz-Rede gegen die Neider und Feinde mich<lb/>
enthielte: was ich aber thue, das thue ich wie<lb/>
gezwungner Wei&#x017F;e:) <hi rendition="#fr">doch will ich kommen<lb/>
auf die Ge&#x017F;ichte und Offenbarungen des<lb/>
HERRN.</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Die er&#x017F;ten Worte &#x017F;ind anzu&#x017F;ehen als ei-<lb/>
ne Ent&#x017F;chuldigung, daß, da der Apo&#x017F;tel von &#x017F;ei-<lb/><cb/>
nen Leiden&#x017F;chaften auf be&#x017F;ondere hohe Begnadi-<lb/>
gung kommen wolte, ihm es nicht mo&#x0364;chte zum<lb/>
eitlen Ruhm ausgeleget werden. Und al&#x017F;o be-<lb/>
ha&#x0364;lt dem <hi rendition="#aq">&#x017F;en&#x017F;u</hi> nach die <hi rendition="#aq">particula</hi> &#x03B3;&#x1F70;&#x03C1;, <hi rendition="#fr">denn,</hi><lb/>
im Griechi&#x017F;chen ihre gewo&#x0364;hnliche Bedeutung;<lb/>
nemlich als &#x017F;agte der Apo&#x017F;tel: Haltet mir in<lb/>
meiner Schutz-Rede, welche wie ein ru&#x0364;hmen kan<lb/>
ange&#x017F;ehen werden, noch eines zu gute. Denn<lb/>
ich muß von denen Dingen, um welcher willen,<lb/>
ob &#x017F;ie mir zwar eine Ehre &#x017F;ind, ich mir bey flei&#x017F;ch-<lb/>
lich ge&#x017F;inneten eher eine Verachtung, als Hoch-<lb/>
achtung zuziehen kan, auf &#x017F;olche Sachen kom-<lb/>
men, woraus man erkennen kan, wie ich von<lb/>
Amts wegen mit GOtt &#x017F;tehe.</item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">M m m 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">2. <hi rendition="#fr">Ge-</hi></fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[459/0487] Cap. 12, 1. an die Corinthier. viele Gefahr geweſen ſeyn wird, hat anſehen, und denn daß Paulus jenſeit der Maure hat gluͤcklich entkommen muͤſſen; wozu die Glaubi- gen auch wol vorher in aller Stille gegen dieſe Nacht moͤgen gewiſſe von GOtt geſegnete Anſtalt gemacht haben. 7. Was meinen wir aber wohl, mit was fuͤr einer Gemuͤths-Bewegung dieſes bey den Glaubigen und bey Paulo muß geſchehen ſeyn? Gewiß Glaube! Glaube! hieß es alhie wohl auf beyden Seiten. Denn im Glauben wurde es gewaget und vorgenommen. Jm Glauben ſatzte ſich Paulus wie in den Korb, alſo auch zu- gleich in die Hand GOttes, und ſahe gewißlich mehr auf dieſe, als auf jene. Der Glaube uͤber- wand auch die Menſchen-Furcht vor der Gefahr, in welche die Glaͤubigen, wo es ausgekommen, oder nicht gelungen waͤre, wuͤrden geſetzet wor- den ſeyn. Und wer wolte daran zweifeln, daß, ehe ſich Paulus in den Korb geſetzet, er ſich nicht mit ihnen vorher auf ſeine Knie vor GOtt gewor- fen, und ihn um ſeine gnaͤdige Direction inbruͤn- ſtig angeflehet habe? Und ſo bald Paulus un- ten den Boden erreichet gehabt, da haben ſie ohne Zweifel ihr Gebet aufs neue fortgeſetzet, und damit ſo lange angehalten, bis ſie vermuthet, oder auch erfahren, daß er gluͤcklich entkommen ſey. Und da dieſes geſchehen, was wird es nicht fuͤr Danckſagung mit vieler Staͤrckung des Glaubens gegen GOtt, auf Seiten Pauli und der Glaͤubigen zu Damaſcus, nach ſich gezogen haben? 8. Man ſiehet hieraus eines Theils, wie man in einer Lebens-Gefahr auf eine wunderthaͤ- tige Errettung nicht warten ſolle, wenn man ei- nen andern, ob gleich auch gantz ſonderbaren Weg zur Flucht vor ſich ſiehet; als welches eine Verſuchung GOttes ſeyn wuͤrde: und daß man ſich gar wohl durch die Flucht in Sicherheit ſetzen koͤnne, ſo lange man erkennet, noch in dem Lau- fe ſeines Amts zu ſeyn, und GOtt einen noch fer- ner zu ſeinen Dienſten gebrauchen wolle: wie auch andern Theils, wie man ſich eines andern, der in ſolcher Gefahr iſt, nach der Liebe anzuneh- men, und deßfals im Glauben zur goͤttlichen gnaͤ- digen Direction etwas zu wagen habe. Jſt doch unſer Heyland ſelbſt, ehe die Zeit ſeines letzten Leidens vorhanden war, ſeinen Feinden mehr- mal aus ihren Haͤnden entgangen. Siehe Joh. 8, 59. c. 11, 54. So hatte er auch zu ſeinen Juͤn- gern geſaget: Wenn ſie euch in einer Stadt verfolgen, ſo fliehet in eine andere Matth. 10, 23. Man ſehe auch das Exempel der from- men Propheten 1 Reg. 18, 4. und inſonderheit des Eliaͤ c. 19, 4. Was die glaͤubige Rachab den Kundſchaftern des gelobten Landes fuͤr glei- che Dienſte gethan, ſiehet man Joſ. 2. 9. Jm uͤbrigen iſt zu mercken, daß, da Pau- lus dieſe Errettung in dem andern Briefe an die Corinthier kund gemacht, ſchon 18 bis 19 Jahr verfloſſen, und nicht mehr zu beſorgen geweſen, daß daher denen an der Maure zu Damaſcus wohnenden Glaͤubigen hat eine Ungelegenheit entſtehen koͤnnen. Da indeſſen die Sachen da- ſelbſt vorlaͤngſt ſchon in einen gantz andern Stand gerathen, ſie auch wol ſchon moͤgen verſtorben geweſen ſeyn. Das zwoͤlfte Capitel/ Darinnen der Apoſtel ſeiner ihm von GOtt wiederfahrnen Gnade der hohen Offenbarung und Entzuͤckung gedencket/ mit dem Bey- fuͤgen/ welcher Geſtalt GOtt dabey uͤber ihn eine ſehr ſchwere Anfechtung verhaͤnget habe: wie der Corinthier Verdacht ihn zu ſeiner Schutz-Rede genoͤthiget/ und wie er beſorge/ daß er bey ſeiner Ankunft etliche unter ihnen noch ohne gruͤndliche Beſſerung finden werde. V. 1. ES iſt mir ja (Gr. aber) das ruͤh- men nichts nuͤtze (ich fuͤr meine Perſon bleibe wol, wer ich bin; ſo bleibet auch mein Apoſtelamt wol wie es iſt, wenn ich auch ſchon der Schutz-Rede gegen die Neider und Feinde mich enthielte: was ich aber thue, das thue ich wie gezwungner Weiſe:) doch will ich kommen auf die Geſichte und Offenbarungen des HERRN. Anmerckungen. 1. Die erſten Worte ſind anzuſehen als ei- ne Entſchuldigung, daß, da der Apoſtel von ſei- nen Leidenſchaften auf beſondere hohe Begnadi- gung kommen wolte, ihm es nicht moͤchte zum eitlen Ruhm ausgeleget werden. Und alſo be- haͤlt dem ſenſu nach die particula γὰρ, denn, im Griechiſchen ihre gewoͤhnliche Bedeutung; nemlich als ſagte der Apoſtel: Haltet mir in meiner Schutz-Rede, welche wie ein ruͤhmen kan angeſehen werden, noch eines zu gute. Denn ich muß von denen Dingen, um welcher willen, ob ſie mir zwar eine Ehre ſind, ich mir bey fleiſch- lich geſinneten eher eine Verachtung, als Hoch- achtung zuziehen kan, auf ſolche Sachen kom- men, woraus man erkennen kan, wie ich von Amts wegen mit GOtt ſtehe. 2. Ge- M m m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/487
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/487>, abgerufen am 24.11.2024.