Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 11, v. 15. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
also bezaubert, daß er es unter seiner Gewalt ge-fangen behält. V. 15. Darum ist es nicht ein grosses, ob sich Anmerckungen. 1. Ein anders ist ein Diener des Satans und ein Kind des Satans seyn. Zwar ist ein jeder Gottloser ein Kind des Satans: daher Jo- hannes der Täuffer und Christus selbst sie nennen Schlangen-Samen und Otterngezüchte, also, daß mit dem Namen der Ottern und Schlangen auf den Satan gesehen wird Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33. und unser Heiland spricht Joh. 8, 44. Jhr seyd von dem Vater, dem Teufel, und nach eures Vaters Lust wollet ihr thun; und Johannes 1 Joh. 3, 8. Wer Sünde thut, der ist vom Teufel: denn der Teufel sündiget von Anfang, und v. 10. Daran wirds offenbar, welche die Kinder GOttes und die Kinder des Teu- fels sind. Wer nicht recht thut, der ist nicht von GOtt, und wer nicht seinen Bruder lieb hat. Es ist auch an dem, daß der, wer solchergestalt ein Kind des Satans ist, auch sein Diener ist; gleichwie alle Kinder GOttes auch GOttes Diener sind. Allein alhier wird doch eine gantz besondere Ergebenheit und Bedienung des Satans verstanden im Gegen- satze derer, die GOtt nicht allein als Kinder, son- dern auch als Knechte und Werckzeuge am Ev- angelio ergeben sind. Und also sind des Sa- tans Diener alhier die falschen und untreuen Lehrer. 2. Nun ists freylich viel, daß einer, der GOttes Diener seyn solte, sich auch dafür aus- giebt, auch von vielen dafür gehalten wird, des Satans Diener ist. Aber es ist die Wahrheit. Paulus saget es: und wie es ihn die betrübte Er- fahrung gelehret hat, so bestätiget es dieselbe in allen Zeiten und noch ietzo. Es wird aber einer zum Satans-Diener in seinem Lehr-Amte, theils committendo, da er zur Verführung ei- nen würcklichen Einfluß giebet; theils omit- tendo, da er die gehörige Seelen-Sorge unter- läßt, und also die Seelen versäumet; wodurch denn der Satan so wol seinen Zweck erhält, als durch jenes; ob man wol durch jenes am eigent- lichsten ein Diener desselben wird. Es bestehet aber der wirckliche Einfluß sonderlich in solchen Lehren, welche dem Grunde und der Ordnung des Heils also entgegen stehen, daß eines Theils die wahre Bekehrung und Erneurung, und da- rinnen sonderlich die Anzündung, Unterhaltung und Vermehrung des Glaubens an Christum unsern Erlöser und dessen Thätigkeit in den Pflichten der Liebe verhindert; andern Theils aber zum Mißbrauche der Christlichen Freyheit und zu aller Eitelkeit und übrigem ungöttlichen Wesen gleichsam die Thüre und Thore geöffnet werden. Darüber denn die betrogenen Seelen [Spaltenumbruch] verlohren gehen; doch nicht ohne ihre eigene Schuld, sintemal sie sich vor solchen Verfüh- rungen hüten können und sollen: dahin denn auch Pauli Warnung ging; wie auch Christi, wenn er sagte: Sehet euch vor vor den fal- schen Propheten, die in Schafs-Kleidern zu euch kommen; inwendig aber sind sie reissende Wölffe: an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Matth. 7, 15. 3. Und gleichwie Christus solchen falschen Lehrern bey der schweren Sünde der Verfüh- rung das Laster der Verstellung beyleget, und es ein Schafs-Kleid nennet: so spricht Paulus auch metakhematizontas, sie verstellen sich, nehmen das Schema, die Gestalt der treuen Hirten an, und wollen nichts weniger, als Ver- führer, ja gar Satans Diener seyn. 4. Wenn der Apostel die rechtschafnen Lehrer Prediger der Gerechtigkeit nennet, so bezeichnet er damit die rechten und ächten Evangelischen Lehrer: und folglich nimmt er das Wort Gerechtigkeit in dem vornehmsten Verstande, den es nach dem Evangelio hat, al- so, daß damit auf das Werck der Erlösung und Rechtfertigung gesehen wird. Denn gleichwie durch die Erlösung Christi uns die Gerechtigkeit erworben ist: also wird sie uns durch die Recht- fertigung im Glauben zugerechnet und zu eigen geschencket; und damit, da solche Zurechnung in der Ordnung der Wiedergeburt geschiehet und in dem gantzen Lauffe der Erneurung recht ge- nossen wird, wird auch der beständige Grund und Einfluß zur Gerechtigkeit des neuen Lebens in der Heiligung geleget. Und daß der Apostel das Wort Gerchtigkeit alhier also nimmt, daran kan man so viel weniger zweifeln, wenn man hiebey erweget, was er von der Gerechtigkeit in diesem Verstande oben c. 5. v. 15. sqq. bezeuget hat: imgleichen, wenn man diesen Ort, da er von Dienern der Gerechtigkeit spricht, zusammen hält mit dem Ort c. 3, 9. da er das Amt eines Evangelischen Lehrers nennet ten diakonian tes dikaiosunes, den Dienst der Gerechtigkeit, oder, nach der gar nachdrücklichen Ubersetzung Lutheri, das Amt, das die Gerechtigkeit prediget. 5. Man findet demnach alhier einen der besten Characterum eines rechtschafnen Lehrers, nemlich, wenn er ist ein solcher Prediger der rechten Glaubens-Gerechtigkeit, der Christum, wie er ist, machet oder vorstellet, das ist recht groß und herrlich, wie er als wahrer GOtt und Mensch in einer Person, und mit dem Vater und Heiligem Geiste in einem Wesen, dem gan- tzen menschlichen Geschlechte zum wahrhaftigen Erlöser und Seligmacher gegeben sey: ferner wie wir in der bußfertigen Erkäntniß unsers so grossen Sünden-Elendes aus seiner Fülle Gna- de um Gnade empfangen sollen und können: und wie uns dieselbe diene zur Befreyung vom gerechten Gerichte GOttes, vom Fluche des Ge- setzes, wie auch von der Schuld, Strafe und Herrschaft der Sünden; nemlich in Mitthei- lung der nöthigen Kraft GOttes, ihm mit willi- gem Hertzen im neuen Wesen des Geistes anzu- hangen und zu dienen, und also bereits in diesem Leben
Cap. 11, v. 15. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
alſo bezaubert, daß er es unter ſeiner Gewalt ge-fangen behaͤlt. V. 15. Darum iſt es nicht ein groſſes, ob ſich Anmerckungen. 1. Ein anders iſt ein Diener des Satans und ein Kind des Satans ſeyn. Zwar iſt ein jeder Gottloſer ein Kind des Satans: daher Jo- hannes der Taͤuffer und Chriſtus ſelbſt ſie nennen Schlangen-Samen und Otterngezuͤchte, alſo, daß mit dem Namen der Ottern und Schlangen auf den Satan geſehen wird Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33. und unſer Heiland ſpricht Joh. 8, 44. Jhr ſeyd von dem Vater, dem Teufel, und nach eures Vaters Luſt wollet ihr thun; und Johannes 1 Joh. 3, 8. Wer Suͤnde thut, der iſt vom Teufel: denn der Teufel ſuͤndiget von Anfang, und v. 10. Daran wirds offenbar, welche die Kinder GOttes und die Kinder des Teu- fels ſind. Wer nicht recht thut, der iſt nicht von GOtt, und wer nicht ſeinen Bruder lieb hat. Es iſt auch an dem, daß der, wer ſolchergeſtalt ein Kind des Satans iſt, auch ſein Diener iſt; gleichwie alle Kinder GOttes auch GOttes Diener ſind. Allein alhier wird doch eine gantz beſondere Ergebenheit und Bedienung des Satans verſtanden im Gegen- ſatze derer, die GOtt nicht allein als Kinder, ſon- dern auch als Knechte und Werckzeuge am Ev- angelio ergeben ſind. Und alſo ſind des Sa- tans Diener alhier die falſchen und untreuen Lehrer. 2. Nun iſts freylich viel, daß einer, der GOttes Diener ſeyn ſolte, ſich auch dafuͤr aus- giebt, auch von vielen dafuͤr gehalten wird, des Satans Diener iſt. Aber es iſt die Wahrheit. Paulus ſaget es: und wie es ihn die betruͤbte Er- fahrung gelehret hat, ſo beſtaͤtiget es dieſelbe in allen Zeiten und noch ietzo. Es wird aber einer zum Satans-Diener in ſeinem Lehr-Amte, theils committendo, da er zur Verfuͤhrung ei- nen wuͤrcklichen Einfluß giebet; theils omit- tendo, da er die gehoͤrige Seelen-Sorge unter- laͤßt, und alſo die Seelen verſaͤumet; wodurch denn der Satan ſo wol ſeinen Zweck erhaͤlt, als durch jenes; ob man wol durch jenes am eigent- lichſten ein Diener deſſelben wird. Es beſtehet aber der wirckliche Einfluß ſonderlich in ſolchen Lehren, welche dem Grunde und der Ordnung des Heils alſo entgegen ſtehen, daß eines Theils die wahre Bekehrung und Erneurung, und da- rinnen ſonderlich die Anzuͤndung, Unterhaltung und Vermehrung des Glaubens an Chriſtum unſern Erloͤſer und deſſen Thaͤtigkeit in den Pflichten der Liebe verhindert; andern Theils aber zum Mißbrauche der Chriſtlichen Freyheit und zu aller Eitelkeit und uͤbrigem ungoͤttlichen Weſen gleichſam die Thuͤre und Thore geoͤffnet werden. Daruͤber denn die betrogenen Seelen [Spaltenumbruch] verlohren gehen; doch nicht ohne ihre eigene Schuld, ſintemal ſie ſich vor ſolchen Verfuͤh- rungen huͤten koͤnnen und ſollen: dahin denn auch Pauli Warnung ging; wie auch Chriſti, wenn er ſagte: Sehet euch vor vor den fal- ſchen Propheten, die in Schafs-Kleidern zu euch kommen; inwendig aber ſind ſie reiſſende Woͤlffe: an ihren Fruͤchten ſollt ihr ſie erkennen. Matth. 7, 15. 3. Und gleichwie Chriſtus ſolchen falſchen Lehrern bey der ſchweren Suͤnde der Verfuͤh- rung das Laſter der Verſtellung beyleget, und es ein Schafs-Kleid nennet: ſo ſpricht Paulus auch μεταχηματίζοντας, ſie verſtellen ſich, nehmen das Schema, die Geſtalt der treuen Hirten an, und wollen nichts weniger, als Ver- fuͤhrer, ja gar Satans Diener ſeyn. 4. Wenn der Apoſtel die rechtſchafnen Lehrer Prediger der Gerechtigkeit nennet, ſo bezeichnet er damit die rechten und aͤchten Evangeliſchen Lehrer: und folglich nimmt er das Wort Gerechtigkeit in dem vornehmſten Verſtande, den es nach dem Evangelio hat, al- ſo, daß damit auf das Werck der Erloͤſung und Rechtfertigung geſehen wird. Denn gleichwie durch die Erloͤſung Chriſti uns die Gerechtigkeit erworben iſt: alſo wird ſie uns durch die Recht- fertigung im Glauben zugerechnet und zu eigen geſchencket; und damit, da ſolche Zurechnung in der Ordnung der Wiedergeburt geſchiehet und in dem gantzen Lauffe der Erneurung recht ge- noſſen wird, wird auch der beſtaͤndige Grund und Einfluß zur Gerechtigkeit des neuen Lebens in der Heiligung geleget. Und daß der Apoſtel das Wort Gerchtigkeit alhier alſo nimmt, daran kan man ſo viel weniger zweifeln, wenn man hiebey erweget, was er von der Gerechtigkeit in dieſem Verſtande oben c. 5. v. 15. ſqq. bezeuget hat: imgleichen, wenn man dieſen Ort, da er von Dienern der Gerechtigkeit ſpricht, zuſammen haͤlt mit dem Ort c. 3, 9. da er das Amt eines Evangeliſchen Lehrers nennet τὴν διακονίαν τῆς δικαιοσύνης, den Dienſt der Gerechtigkeit, oder, nach der gar nachdruͤcklichen Uberſetzung Lutheri, das Amt, das die Gerechtigkeit prediget. 5. Man findet demnach alhier einen der beſten Characterum eines rechtſchafnen Lehrers, nemlich, wenn er iſt ein ſolcher Prediger der rechten Glaubens-Gerechtigkeit, der Chriſtum, wie er iſt, machet oder vorſtellet, das iſt recht groß und herrlich, wie er als wahrer GOtt und Menſch in einer Perſon, und mit dem Vater und Heiligem Geiſte in einem Weſen, dem gan- tzen menſchlichen Geſchlechte zum wahrhaftigen Erloͤſer und Seligmacher gegeben ſey: ferner wie wir in der bußfertigen Erkaͤntniß unſers ſo groſſen Suͤnden-Elendes aus ſeiner Fuͤlle Gna- de um Gnade empfangen ſollen und koͤnnen: und wie uns dieſelbe diene zur Befreyung vom gerechten Gerichte GOttes, vom Fluche des Ge- ſetzes, wie auch von der Schuld, Strafe und Herrſchaft der Suͤnden; nemlich in Mitthei- lung der noͤthigen Kraft GOttes, ihm mit willi- gem Hertzen im neuen Weſen des Geiſtes anzu- hangen und zu dienen, und alſo bereits in dieſem Leben
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Cap. 11, v. 15. an die Corinthier.
alſo bezaubert, daß er es unter ſeiner Gewalt ge-
fangen behaͤlt.
V. 15.
Darum iſt es nicht ein groſſes, ob ſich
auch ſeine Diener verſtellen als Prediger
der Gerechtigkeit, welcher Ende ſeyn
wird nach ihren Wercken. Siehe Phil. 3, 19.
2 Pet. 2, 1. 3.
Anmerckungen.
1. Ein anders iſt ein Diener des Satans
und ein Kind des Satans ſeyn. Zwar iſt ein
jeder Gottloſer ein Kind des Satans: daher Jo-
hannes der Taͤuffer und Chriſtus ſelbſt ſie nennen
Schlangen-Samen und Otterngezuͤchte,
alſo, daß mit dem Namen der Ottern und
Schlangen auf den Satan geſehen wird
Matth. 3, 7. 12, 34. 23, 33. und unſer Heiland
ſpricht Joh. 8, 44. Jhr ſeyd von dem Vater,
dem Teufel, und nach eures Vaters Luſt
wollet ihr thun; und Johannes 1 Joh. 3, 8.
Wer Suͤnde thut, der iſt vom Teufel:
denn der Teufel ſuͤndiget von Anfang, und
v. 10. Daran wirds offenbar, welche die
Kinder GOttes und die Kinder des Teu-
fels ſind. Wer nicht recht thut, der iſt
nicht von GOtt, und wer nicht ſeinen
Bruder lieb hat. Es iſt auch an dem, daß der,
wer ſolchergeſtalt ein Kind des Satans iſt, auch
ſein Diener iſt; gleichwie alle Kinder GOttes
auch GOttes Diener ſind. Allein alhier wird
doch eine gantz beſondere Ergebenheit und
Bedienung des Satans verſtanden im Gegen-
ſatze derer, die GOtt nicht allein als Kinder, ſon-
dern auch als Knechte und Werckzeuge am Ev-
angelio ergeben ſind. Und alſo ſind des Sa-
tans Diener alhier die falſchen und untreuen
Lehrer.
2. Nun iſts freylich viel, daß einer, der
GOttes Diener ſeyn ſolte, ſich auch dafuͤr aus-
giebt, auch von vielen dafuͤr gehalten wird, des
Satans Diener iſt. Aber es iſt die Wahrheit.
Paulus ſaget es: und wie es ihn die betruͤbte Er-
fahrung gelehret hat, ſo beſtaͤtiget es dieſelbe in
allen Zeiten und noch ietzo. Es wird aber einer
zum Satans-Diener in ſeinem Lehr-Amte,
theils committendo, da er zur Verfuͤhrung ei-
nen wuͤrcklichen Einfluß giebet; theils omit-
tendo, da er die gehoͤrige Seelen-Sorge unter-
laͤßt, und alſo die Seelen verſaͤumet; wodurch
denn der Satan ſo wol ſeinen Zweck erhaͤlt, als
durch jenes; ob man wol durch jenes am eigent-
lichſten ein Diener deſſelben wird. Es beſtehet
aber der wirckliche Einfluß ſonderlich in ſolchen
Lehren, welche dem Grunde und der Ordnung
des Heils alſo entgegen ſtehen, daß eines Theils
die wahre Bekehrung und Erneurung, und da-
rinnen ſonderlich die Anzuͤndung, Unterhaltung
und Vermehrung des Glaubens an Chriſtum
unſern Erloͤſer und deſſen Thaͤtigkeit in den
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aber zum Mißbrauche der Chriſtlichen Freyheit
und zu aller Eitelkeit und uͤbrigem ungoͤttlichen
Weſen gleichſam die Thuͤre und Thore geoͤffnet
werden. Daruͤber denn die betrogenen Seelen
verlohren gehen; doch nicht ohne ihre eigene
Schuld, ſintemal ſie ſich vor ſolchen Verfuͤh-
rungen huͤten koͤnnen und ſollen: dahin denn
auch Pauli Warnung ging; wie auch Chriſti,
wenn er ſagte: Sehet euch vor vor den fal-
ſchen Propheten, die in Schafs-Kleidern
zu euch kommen; inwendig aber ſind ſie
reiſſende Woͤlffe: an ihren Fruͤchten ſollt
ihr ſie erkennen. Matth. 7, 15.
3. Und gleichwie Chriſtus ſolchen falſchen
Lehrern bey der ſchweren Suͤnde der Verfuͤh-
rung das Laſter der Verſtellung beyleget, und
es ein Schafs-Kleid nennet: ſo ſpricht Paulus
auch μεταχηματίζοντας, ſie verſtellen ſich,
nehmen das Schema, die Geſtalt der treuen
Hirten an, und wollen nichts weniger, als Ver-
fuͤhrer, ja gar Satans Diener ſeyn.
4. Wenn der Apoſtel die rechtſchafnen
Lehrer Prediger der Gerechtigkeit nennet,
ſo bezeichnet er damit die rechten und aͤchten
Evangeliſchen Lehrer: und folglich nimmt er das
Wort Gerechtigkeit in dem vornehmſten
Verſtande, den es nach dem Evangelio hat, al-
ſo, daß damit auf das Werck der Erloͤſung und
Rechtfertigung geſehen wird. Denn gleichwie
durch die Erloͤſung Chriſti uns die Gerechtigkeit
erworben iſt: alſo wird ſie uns durch die Recht-
fertigung im Glauben zugerechnet und zu eigen
geſchencket; und damit, da ſolche Zurechnung in
der Ordnung der Wiedergeburt geſchiehet und
in dem gantzen Lauffe der Erneurung recht ge-
noſſen wird, wird auch der beſtaͤndige Grund und
Einfluß zur Gerechtigkeit des neuen Lebens in der
Heiligung geleget. Und daß der Apoſtel das
Wort Gerchtigkeit alhier alſo nimmt, daran
kan man ſo viel weniger zweifeln, wenn man
hiebey erweget, was er von der Gerechtigkeit in
dieſem Verſtande oben c. 5. v. 15. ſqq. bezeuget
hat: imgleichen, wenn man dieſen Ort, da er
von Dienern der Gerechtigkeit ſpricht, zuſammen
haͤlt mit dem Ort c. 3, 9. da er das Amt eines
Evangeliſchen Lehrers nennet τὴν διακονίαν τῆς
δικαιοσύνης, den Dienſt der Gerechtigkeit,
oder, nach der gar nachdruͤcklichen Uberſetzung
Lutheri, das Amt, das die Gerechtigkeit
prediget.
5. Man findet demnach alhier einen der
beſten Characterum eines rechtſchafnen Lehrers,
nemlich, wenn er iſt ein ſolcher Prediger der
rechten Glaubens-Gerechtigkeit, der Chriſtum,
wie er iſt, machet oder vorſtellet, das iſt recht
groß und herrlich, wie er als wahrer GOtt und
Menſch in einer Perſon, und mit dem Vater
und Heiligem Geiſte in einem Weſen, dem gan-
tzen menſchlichen Geſchlechte zum wahrhaftigen
Erloͤſer und Seligmacher gegeben ſey: ferner
wie wir in der bußfertigen Erkaͤntniß unſers ſo
groſſen Suͤnden-Elendes aus ſeiner Fuͤlle Gna-
de um Gnade empfangen ſollen und koͤnnen:
und wie uns dieſelbe diene zur Befreyung vom
gerechten Gerichte GOttes, vom Fluche des Ge-
ſetzes, wie auch von der Schuld, Strafe und
Herrſchaft der Suͤnden; nemlich in Mitthei-
lung der noͤthigen Kraft GOttes, ihm mit willi-
gem Hertzen im neuen Weſen des Geiſtes anzu-
hangen und zu dienen, und alſo bereits in dieſem
Leben
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