Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 13-17. [Spaltenumbruch]
digen ein besonderer Beyfall mit einiger Erhe-bung gegeben wird. 4. Niemals aber ist die Eigen-Liebe wie den Eigen-Liebigen selbst verdeckter, also auch ihnen selbst schändlicher und andern schädlicher, als wenn sie die Masque geistlicher Dinge und Handlungen sich anleget. V. 13. Wir aber rühmen uns nicht über das Anmerckungen. 1. Sich über das Ziel, oder Maß rüh- men, ist alhier sich mehr zuschreiben, sonderlich an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem zukömmt. Da nun die Feinde Pauli seine Ar- beit mit neidischen Augen ansahen, und sehr ver- kleinerlich davon redeten, ihn auch beschuldigten, als schriebe er sich, oder man ihm, ein mehrers zu, als sich in der That befinde; so spricht er, er rühme sich nicht über das Ziel. 2. Das Wort Regel heißt alhier so viel als eine Maß-Schnur, dadurch etwas abge- messen und in gewisse Theile abgetheilet wird. Einem das Ziel abmessen ist einem die An- weisung geben, wie weit er gehen und kommen soll. 3. Nun hatte GOTT einem ieden Apostel, und also auch Paulo nicht allein ein gewisses Maß der Gnade und Gaben zugemessen, sondern es auch nach seiner heiligen Providentz gleichsam abgemessen, wie weit sie in dem Laufe des Apo- stolischen Amts kommen solten. Da nun auch Griechen-Land in diesem Ziele oder Lauf mit ein- geschlossen war, und dieses der Erfolg selbst bis- her gnugsam erwiesen hatte; so spricht er, er rühme, das ist, rede mit Freudigkeit, nur nach dem Ziel der Regel, welches GOTT also ab- gemessen hatte, daß er auch bis an Corinthen bisher gekommen war: da er doch aber hernach noch viel weiter gekommen ist, nemlich nach Rom, wo nicht gar nach Hispanien, wie er hof- fete. Rom. 15, 24. 4. GOTT hat, wie Paulo auf eine ausser- ordentliche, also auch einem ieden getreuen Leh- rer auf eine ordentliche Art, zugemessen, wie weit der Lauf seines Amts, und darinnen das Ziel seiner Arbeit gehen soll. Darum muß ein ieder dahin sehen, daß er seinen Lauf recht vollen- de, und nichts von dem Masse der ihm zugemes- senen Arbeit zurück lasse; zumal da man nicht weiß, wie bald man von seinem Posten möchte abgerufen werden. Es gehöret gewiß viel dazu, wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des Glaubens dermaleins sagen will: Jch habe ei- nen guten Kampf gekämpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal- ten etc. 2 Tim. 4, 7. V. 14. Denn wir fahren nicht zu weit, als V. 15. Und rühmen uns nicht übers Ziel in Anmerckung. Daß der Glaube das Haupt-Werck im V. 16. Und das Evangelium auch predigen V. 17. Wer sich aber rühmet, der rühme sich Anmerckungen. 1. Der HERR ist alhier der Sohn GOt- tes, der im N. Testament das Wort HERR mit grossem Nachdruck wol über 500 mal füh- ret, gleichwie er in den Büchern des alten Te- staments heißt IEHOVAH, zu einem so vielfa- chen Zeugniß seiner wahren und ewigen GOtt- heit. 2. Der Apostel siehet sonderlich auf den Ort Jer. 9, 23. 24. alwo Iehovah, der Messias spricht: Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit: ein Starcker rühme sich nicht seiner Stärcke; ein Reicher rühme sich nicht seines Reichthums: sondern wer sich rüh- men will, der rühme sich deß, daß er mich wisse und kenne, daß ich der HERR bin, der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech- tigkeit
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 13-17. [Spaltenumbruch]
digen ein beſonderer Beyfall mit einiger Erhe-bung gegeben wird. 4. Niemals aber iſt die Eigen-Liebe wie den Eigen-Liebigen ſelbſt verdeckter, alſo auch ihnen ſelbſt ſchaͤndlicher und andern ſchaͤdlicher, als wenn ſie die Masque geiſtlicher Dinge und Handlungen ſich anleget. V. 13. Wir aber ruͤhmen uns nicht uͤber das Anmerckungen. 1. Sich uͤber das Ziel, oder Maß ruͤh- men, iſt alhier ſich mehr zuſchreiben, ſonderlich an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem zukoͤmmt. Da nun die Feinde Pauli ſeine Ar- beit mit neidiſchen Augen anſahen, und ſehr ver- kleinerlich davon redeten, ihn auch beſchuldigten, als ſchriebe er ſich, oder man ihm, ein mehrers zu, als ſich in der That befinde; ſo ſpricht er, er ruͤhme ſich nicht uͤber das Ziel. 2. Das Wort Regel heißt alhier ſo viel als eine Maß-Schnur, dadurch etwas abge- meſſen und in gewiſſe Theile abgetheilet wird. Einem das Ziel abmeſſen iſt einem die An- weiſung geben, wie weit er gehen und kommen ſoll. 3. Nun hatte GOTT einem ieden Apoſtel, und alſo auch Paulo nicht allein ein gewiſſes Maß der Gnade und Gaben zugemeſſen, ſondern es auch nach ſeiner heiligen Providentz gleichſam abgemeſſen, wie weit ſie in dem Laufe des Apo- ſtoliſchen Amts kommen ſolten. Da nun auch Griechen-Land in dieſem Ziele oder Lauf mit ein- geſchloſſen war, und dieſes der Erfolg ſelbſt bis- her gnugſam erwieſen hatte; ſo ſpricht er, er ruͤhme, das iſt, rede mit Freudigkeit, nur nach dem Ziel der Regel, welches GOTT alſo ab- gemeſſen hatte, daß er auch bis an Corinthen bisher gekommen war: da er doch aber hernach noch viel weiter gekommen iſt, nemlich nach Rom, wo nicht gar nach Hiſpanien, wie er hof- fete. Rom. 15, 24. 4. GOTT hat, wie Paulo auf eine auſſer- ordentliche, alſo auch einem ieden getreuen Leh- rer auf eine ordentliche Art, zugemeſſen, wie weit der Lauf ſeines Amts, und darinnen das Ziel ſeiner Arbeit gehen ſoll. Darum muß ein ieder dahin ſehen, daß er ſeinen Lauf recht vollen- de, und nichts von dem Maſſe der ihm zugemeſ- ſenen Arbeit zuruͤck laſſe; zumal da man nicht weiß, wie bald man von ſeinem Poſten moͤchte abgerufen werden. Es gehoͤret gewiß viel dazu, wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des Glaubens dermaleins ſagen will: Jch habe ei- nen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal- ten ꝛc. 2 Tim. 4, 7. V. 14. Denn wir fahren nicht zu weit, als V. 15. Und ruͤhmen uns nicht uͤbers Ziel in Anmerckung. Daß der Glaube das Haupt-Werck im V. 16. Und das Evangelium auch predigen V. 17. Wer ſich aber ruͤhmet, der ruͤhme ſich Anmerckungen. 1. Der HERR iſt alhier der Sohn GOt- tes, der im N. Teſtament das Wort HERR mit groſſem Nachdruck wol uͤber 500 mal fuͤh- ret, gleichwie er in den Buͤchern des alten Te- ſtaments heißt IEHOVAH, zu einem ſo vielfa- chen Zeugniß ſeiner wahren und ewigen GOtt- heit. 2. Der Apoſtel ſiehet ſonderlich auf den Ort Jer. 9, 23. 24. alwo Iehovah, der Meſſias ſpricht: Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner Weisheit: ein Starcker ruͤhme ſich nicht ſeiner Staͤrcke; ein Reicher ruͤhme ſich nicht ſeines Reichthums: ſondern wer ſich ruͤh- men will, der ruͤhme ſich deß, daß er mich wiſſe und kenne, daß ich der HERR bin, der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech- tigkeit
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0466" n="438"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des andern Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 10, v. 13-17.</hi></hi></fw><lb/><cb/> digen ein beſonderer Beyfall mit einiger Erhe-<lb/> bung gegeben wird.</item><lb/> <item>4. Niemals aber iſt die Eigen-Liebe wie<lb/> den Eigen-Liebigen ſelbſt verdeckter, alſo auch<lb/> ihnen ſelbſt ſchaͤndlicher und andern ſchaͤdlicher,<lb/> als wenn ſie die <hi rendition="#aq">Masque</hi> geiſtlicher Dinge und<lb/> Handlungen ſich anleget.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 13.</hi> </head><lb/> <p> <hi rendition="#fr">Wir aber ruͤhmen uns nicht uͤber das<lb/> Ziel, ſondern nur nach dem Ziel der Re-<lb/> gel, damit uns GOTT abgemeſſen hat<lb/> das Ziel, zu gelangen auch bis an euch.</hi> </p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Sich uͤber <hi rendition="#fr">das Ziel,</hi> oder <hi rendition="#fr">Maß ruͤh-<lb/> men,</hi> iſt alhier ſich mehr zuſchreiben, ſonderlich<lb/> an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem<lb/> zukoͤmmt. Da nun die Feinde Pauli ſeine Ar-<lb/> beit mit neidiſchen Augen anſahen, und ſehr ver-<lb/> kleinerlich davon redeten, ihn auch beſchuldigten,<lb/> als ſchriebe er ſich, oder man ihm, ein mehrers<lb/> zu, als ſich in der That befinde; ſo ſpricht er,<lb/><hi rendition="#fr">er ruͤhme ſich nicht uͤber das Ziel.</hi></item><lb/> <item>2. Das Wort <hi rendition="#fr">Regel</hi> heißt alhier ſo viel<lb/> als eine <hi rendition="#fr">Maß-Schnur,</hi> dadurch etwas abge-<lb/> meſſen und in gewiſſe Theile abgetheilet wird.<lb/> Einem das <hi rendition="#fr">Ziel abmeſſen</hi> iſt einem die An-<lb/> weiſung geben, wie weit er gehen und kommen<lb/> ſoll.</item><lb/> <item>3. Nun hatte GOTT einem ieden Apoſtel,<lb/> und alſo auch Paulo nicht allein ein gewiſſes<lb/> Maß der Gnade und Gaben zugemeſſen, ſondern<lb/> es auch nach ſeiner heiligen <hi rendition="#aq">Providen</hi>tz gleichſam<lb/> abgemeſſen, wie weit ſie in dem Laufe des Apo-<lb/> ſtoliſchen Amts kommen ſolten. Da nun auch<lb/> Griechen-Land in dieſem Ziele oder Lauf mit ein-<lb/> geſchloſſen war, und dieſes der Erfolg ſelbſt bis-<lb/> her gnugſam erwieſen hatte; ſo ſpricht er, er<lb/> ruͤhme, das iſt, rede mit Freudigkeit, nur nach<lb/> dem Ziel der Regel, welches GOTT alſo ab-<lb/> gemeſſen hatte, daß er auch bis an Corinthen<lb/> bisher gekommen war: da er doch aber hernach<lb/> noch viel weiter gekommen iſt, nemlich nach<lb/> Rom, wo nicht gar nach Hiſpanien, wie er hof-<lb/> fete. Rom. 15, 24.</item><lb/> <item>4. GOTT hat, wie Paulo auf eine auſſer-<lb/> ordentliche, alſo auch einem ieden getreuen Leh-<lb/> rer auf eine ordentliche Art, zugemeſſen, wie<lb/> weit der Lauf ſeines Amts, und darinnen das<lb/> Ziel ſeiner Arbeit gehen ſoll. Darum muß ein<lb/> ieder dahin ſehen, daß er ſeinen Lauf recht vollen-<lb/> de, und nichts von dem Maſſe der ihm zugemeſ-<lb/> ſenen Arbeit zuruͤck laſſe; zumal da man nicht<lb/> weiß, wie bald man von ſeinem Poſten moͤchte<lb/> abgerufen werden. Es gehoͤret gewiß viel dazu,<lb/> wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des<lb/> Glaubens dermaleins ſagen will: <hi rendition="#fr">Jch habe ei-<lb/> nen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den<lb/> Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal-<lb/> ten</hi> ꝛc. 2 Tim. 4, 7.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 14.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Denn wir fahren nicht zu weit, als<lb/> haͤtten wir nicht gelanget, bis an euch:</hi><lb/> (<hi rendition="#aq">Gr.</hi> ſtrecken uns nicht zu weit aus, nemlich daß<lb/><cb/> wir uns zuſchrieben, bis an euch gekommen zu<lb/> ſeyn mit dem Evangelio, und waͤren doch nicht<lb/> ſo weit gelanget; wie man mit Verunglimpfung<lb/> vorgiebt:) <hi rendition="#fr">denn wir ſind ja bis auch zu euch<lb/> kommen mit dem Evangelio CHriſti,</hi> (alſo,<lb/> daß ihr durch unſern Dienſt zu CHriſto gebracht<lb/> ſeyd. Siehe auch Rom. 15, 19. 20.)</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 15.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Und ruͤhmen uns nicht uͤbers Ziel in<lb/> fremder</hi> (von andern Apoſteln in Pflantzung der<lb/> Kirchen verrichteten) <hi rendition="#fr">Arbeit: und haben Hoff-<lb/> nung, wenn nun euer Glaube</hi> (mit allem<lb/> uͤbrigen rechtſchafnen Weſen) <hi rendition="#fr">gewachſen, daß<lb/> wir unſerer Regel nach</hi> (nach der Schnur,<lb/> darnach uns GOTT noch mehrere Laͤnder und<lb/> Oerter wird zugemeſſen haben,) <hi rendition="#fr">wollen weiter<lb/> kommen.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/> <p>Daß der Glaube das Haupt-Werck im<lb/> Chriſtenthum ſey, ſiehet man auch hieraus, da<lb/> Paulus den gantzen Fortgang deſſelben mit der<lb/> Beharrung im Wachsthum des Glaubens ſetzet.<lb/> Denn der Glaube iſt das rechte geiſtliche Band<lb/> unſerer Seelen mit GOTT: er iſt das Mittel,<lb/> wodurch wir, als die Reben, am Wein-Stocke,<lb/> CHriſto, bleiben, in ihm und aus ihm allen geiſt-<lb/> lichen Nahrungs-Saft und Kraft ziehen, und<lb/> daher im Guten beharren und noch immer zu-<lb/> nehmen koͤnnen. Dannenhero ein ieder billig<lb/> am allermeiſten auf die Staͤrckung ſeines Glau-<lb/> bens ſehen und gehen ſolle, da hingegen mit der<lb/> Schwaͤchung des Glaubens auch alle uͤbrige<lb/> Chriſtenthums-Pflichten geſchwaͤchet werden.</p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 16.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Und das Evangelium auch predigen<lb/> denen, die jenſeit euch wohnen, und uns<lb/> nicht ruͤhmen in dem, das mit fremder Re-<lb/> gel bereitet iſt.</hi> (Wir wollen uns die Arbeit an-<lb/> derer nicht zueignen, wie wir faͤlſchlich beſchuldi-<lb/> get werden.)</p> </div><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 17.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Wer ſich aber ruͤhmet, der ruͤhme ſich<lb/> des HERRN</hi> (ἐνΚυρίῳ, in dem HERRN.</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Der HERR iſt alhier der Sohn GOt-<lb/> tes, der im N. Teſtament das Wort HERR<lb/> mit groſſem Nachdruck wol uͤber 500 mal fuͤh-<lb/> ret, gleichwie er in den Buͤchern des alten Te-<lb/> ſtaments heißt <hi rendition="#aq">IEHOVAH,</hi> zu einem ſo vielfa-<lb/> chen Zeugniß ſeiner wahren und ewigen GOtt-<lb/> heit.</item><lb/> <item>2. Der Apoſtel ſiehet ſonderlich auf den<lb/> Ort Jer. 9, 23. 24. alwo <hi rendition="#aq">Iehovah,</hi> der <hi rendition="#aq">Meſſias</hi><lb/> ſpricht: <hi rendition="#fr">Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner<lb/> Weisheit: ein Starcker ruͤhme ſich nicht<lb/> ſeiner Staͤrcke; ein Reicher ruͤhme ſich nicht<lb/> ſeines Reichthums: ſondern wer ſich ruͤh-<lb/> men will, der ruͤhme ſich deß, daß er mich<lb/> wiſſe und kenne, daß ich der HERR bin,<lb/> der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech-</hi><lb/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">tigkeit</hi></fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [438/0466]
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 13-17.
digen ein beſonderer Beyfall mit einiger Erhe-
bung gegeben wird.
4. Niemals aber iſt die Eigen-Liebe wie
den Eigen-Liebigen ſelbſt verdeckter, alſo auch
ihnen ſelbſt ſchaͤndlicher und andern ſchaͤdlicher,
als wenn ſie die Masque geiſtlicher Dinge und
Handlungen ſich anleget.
V. 13.
Wir aber ruͤhmen uns nicht uͤber das
Ziel, ſondern nur nach dem Ziel der Re-
gel, damit uns GOTT abgemeſſen hat
das Ziel, zu gelangen auch bis an euch.
Anmerckungen.
1. Sich uͤber das Ziel, oder Maß ruͤh-
men, iſt alhier ſich mehr zuſchreiben, ſonderlich
an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem
zukoͤmmt. Da nun die Feinde Pauli ſeine Ar-
beit mit neidiſchen Augen anſahen, und ſehr ver-
kleinerlich davon redeten, ihn auch beſchuldigten,
als ſchriebe er ſich, oder man ihm, ein mehrers
zu, als ſich in der That befinde; ſo ſpricht er,
er ruͤhme ſich nicht uͤber das Ziel.
2. Das Wort Regel heißt alhier ſo viel
als eine Maß-Schnur, dadurch etwas abge-
meſſen und in gewiſſe Theile abgetheilet wird.
Einem das Ziel abmeſſen iſt einem die An-
weiſung geben, wie weit er gehen und kommen
ſoll.
3. Nun hatte GOTT einem ieden Apoſtel,
und alſo auch Paulo nicht allein ein gewiſſes
Maß der Gnade und Gaben zugemeſſen, ſondern
es auch nach ſeiner heiligen Providentz gleichſam
abgemeſſen, wie weit ſie in dem Laufe des Apo-
ſtoliſchen Amts kommen ſolten. Da nun auch
Griechen-Land in dieſem Ziele oder Lauf mit ein-
geſchloſſen war, und dieſes der Erfolg ſelbſt bis-
her gnugſam erwieſen hatte; ſo ſpricht er, er
ruͤhme, das iſt, rede mit Freudigkeit, nur nach
dem Ziel der Regel, welches GOTT alſo ab-
gemeſſen hatte, daß er auch bis an Corinthen
bisher gekommen war: da er doch aber hernach
noch viel weiter gekommen iſt, nemlich nach
Rom, wo nicht gar nach Hiſpanien, wie er hof-
fete. Rom. 15, 24.
4. GOTT hat, wie Paulo auf eine auſſer-
ordentliche, alſo auch einem ieden getreuen Leh-
rer auf eine ordentliche Art, zugemeſſen, wie
weit der Lauf ſeines Amts, und darinnen das
Ziel ſeiner Arbeit gehen ſoll. Darum muß ein
ieder dahin ſehen, daß er ſeinen Lauf recht vollen-
de, und nichts von dem Maſſe der ihm zugemeſ-
ſenen Arbeit zuruͤck laſſe; zumal da man nicht
weiß, wie bald man von ſeinem Poſten moͤchte
abgerufen werden. Es gehoͤret gewiß viel dazu,
wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des
Glaubens dermaleins ſagen will: Jch habe ei-
nen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den
Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal-
ten ꝛc. 2 Tim. 4, 7.
V. 14.
Denn wir fahren nicht zu weit, als
haͤtten wir nicht gelanget, bis an euch:
(Gr. ſtrecken uns nicht zu weit aus, nemlich daß
wir uns zuſchrieben, bis an euch gekommen zu
ſeyn mit dem Evangelio, und waͤren doch nicht
ſo weit gelanget; wie man mit Verunglimpfung
vorgiebt:) denn wir ſind ja bis auch zu euch
kommen mit dem Evangelio CHriſti, (alſo,
daß ihr durch unſern Dienſt zu CHriſto gebracht
ſeyd. Siehe auch Rom. 15, 19. 20.)
V. 15.
Und ruͤhmen uns nicht uͤbers Ziel in
fremder (von andern Apoſteln in Pflantzung der
Kirchen verrichteten) Arbeit: und haben Hoff-
nung, wenn nun euer Glaube (mit allem
uͤbrigen rechtſchafnen Weſen) gewachſen, daß
wir unſerer Regel nach (nach der Schnur,
darnach uns GOTT noch mehrere Laͤnder und
Oerter wird zugemeſſen haben,) wollen weiter
kommen.
Anmerckung.
Daß der Glaube das Haupt-Werck im
Chriſtenthum ſey, ſiehet man auch hieraus, da
Paulus den gantzen Fortgang deſſelben mit der
Beharrung im Wachsthum des Glaubens ſetzet.
Denn der Glaube iſt das rechte geiſtliche Band
unſerer Seelen mit GOTT: er iſt das Mittel,
wodurch wir, als die Reben, am Wein-Stocke,
CHriſto, bleiben, in ihm und aus ihm allen geiſt-
lichen Nahrungs-Saft und Kraft ziehen, und
daher im Guten beharren und noch immer zu-
nehmen koͤnnen. Dannenhero ein ieder billig
am allermeiſten auf die Staͤrckung ſeines Glau-
bens ſehen und gehen ſolle, da hingegen mit der
Schwaͤchung des Glaubens auch alle uͤbrige
Chriſtenthums-Pflichten geſchwaͤchet werden.
V. 16.
Und das Evangelium auch predigen
denen, die jenſeit euch wohnen, und uns
nicht ruͤhmen in dem, das mit fremder Re-
gel bereitet iſt. (Wir wollen uns die Arbeit an-
derer nicht zueignen, wie wir faͤlſchlich beſchuldi-
get werden.)
V. 17.
Wer ſich aber ruͤhmet, der ruͤhme ſich
des HERRN (ἐνΚυρίῳ, in dem HERRN.
Anmerckungen.
1. Der HERR iſt alhier der Sohn GOt-
tes, der im N. Teſtament das Wort HERR
mit groſſem Nachdruck wol uͤber 500 mal fuͤh-
ret, gleichwie er in den Buͤchern des alten Te-
ſtaments heißt IEHOVAH, zu einem ſo vielfa-
chen Zeugniß ſeiner wahren und ewigen GOtt-
heit.
2. Der Apoſtel ſiehet ſonderlich auf den
Ort Jer. 9, 23. 24. alwo Iehovah, der Meſſias
ſpricht: Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner
Weisheit: ein Starcker ruͤhme ſich nicht
ſeiner Staͤrcke; ein Reicher ruͤhme ſich nicht
ſeines Reichthums: ſondern wer ſich ruͤh-
men will, der ruͤhme ſich deß, daß er mich
wiſſe und kenne, daß ich der HERR bin,
der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech-
tigkeit
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |