Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 2-4.
[Spaltenumbruch]
Anmerckung.

Es ist ein gemeines Leiden der Knechte
GOttes, daß sie auch wegen eines rechtmäßig
gebrauchten Ernstes eines fleischlichen Sinnes
beschuldiget werden. Da denn solche ungütige
Censores nach dem bösen Grunde ihrer eignen
Affecten urtheilen, und den guten Grund we-
der können, noch wollen, erkennen.

V. 3.

Denn ob wir wol im Fleische wan-
deln,
(noch auf Erden in unserer Pilgrimschaft
begriffen, nach cap. 5, 1. seqq. auch daher noch
allerhand menschlichen Schwachheiten und Zu-
fällen unterworfen sind,) so streiten wir doch
nicht fleischlicher Weise,
(wie nicht mit
menschlichen Waffen, also weder aus einem sol-
chen Triebe, noch zu solchem Zwecke, noch auf
eine solche Art, als sich bey dem menschlichen
Streite zu befinden pfleget.)

Anmerckungen.
1. Ein anders ist noch im Fleische, ein
anders nach dem Fleische wandeln. Zwar
spricht Paulus Rom. 8, 8. oi en sarki ontes,
die im Fleische sind, (Luth. fleischlich sind,)
mögen GOTT nicht gefallen: Allein da
heißt im Fleische seyn so viel, als noch in dem
Stande der ungebrochenen und durch die Gna-
de ungeänderten Natur, als in seinem Elemen-
te liegen, und sich davon beherrschen lassen.
2. Knechte und Kinder GOttes sind frey-
lich Streiter, aber geistliche; da sie denn eine
gute Ritterschaft zu üben haben, 1 Tim. 1, 18.
und dazu mit Waffen von GOTT genugsam
versehen werden. Eph. 6, 10. Es muß demnach
die Christliche Religion mit menschlichen Waffen
weder ausgebreitet noch vertheidiget werden.
Hätten die ersten Christen das Principium einer
solchen weltlichen Vertheidigung gehabt, so
hätten sie sich nicht also Haufenweise durfen zur
Schlacht-Banck führen lassen, als geschehen ist;
auch schon bey dem Anfange des ersten Seculi
und in den folgenden Zeiten: sintemal im gan-
tzen, damals sehr weitläuftigen, Römischen
Reiche, und auch schon ausser demselben, ihre
Anzahl schon dergestalt angewachsen war, daß
sie gar leicht in allen Provintzien eine ansehn-
liche Armee hätten zusammen bringen kön-
nen.
3. Ob sich nun zwar die weltlichen Waf-
fen zur Christlichen Religion gar nicht schicken:
so ist doch von einigen also genanten Religions-
Kriegen dieses zu mercken, daß es den Feinden
der Christlichen oder dabey der wahren Evan-
gelischen Religion nicht allein um die Religion,
sondern auch um die Region zu thun gewesen;
dazu denn Christliche Potentaten, welche ihren
Unterthanen, mit deren Beyhülfe, den äusser-
lichen Schutz wider die Gewalt schuldig sind,
nicht also stille sitzen können, wie es wol sonst
die Religion an sich selbst erfodert hätte. Nicht
zu gedencken von dem, wo bestätigte Pacta zum
äusserlichen Frieden auch der Religion wegen
zum Grunde liegen, aber übertreten werden.
[Spaltenumbruch]
V. 4.

Denn die Waffen unsrer Ritterschaft
sind nicht fleischlich, sondern mächtig
vor GOTT, zu verstören die Bevestun-
gen.

Anmerckungen.
1. Diese Worte stehen in parenthesi: nach
welcher Construction der fünfte Vers mit dem
dritten gar wohl zusammen hanget: strateuo-
metha kathairou~ntes, wir streiten also, daß
wir verstören
etc.
2. Die Christen werden zu geistlichen
Rittern gemachet durch die Salbung des Heili-
gen Geistes. Was man heute zu Tage von ge-
wissen also genannten geistlichen Ritter-Orden
hat, rühret her aus den eigenwilligen und aber-
gläubischen Ubernehmungen so vieler tausend
Christen, welche im 12ten und 13ten Seculo mit
grossen Armeen aus Europa nach dem gelobten
Lande zogen, und daselbst den Saracenen oder
Muhammedanern den Ort des Grabes CHri-
sti und Jerusalem nebst dem Lande wieder hin-
weg nahmen. Welches denn viel Menschen-
Blut gekostet, und als ein GOTT höchst miß-
fälliges Werck ein sehr schlecht Ende genommen
hat. Von dem Mißbrauche des Namens und
Wortes GOttes, so bey manchen Handlungen
des so genannten Ritter-Schlagens vorgehen
mag, nicht zu sagen. Wohl dem, der ein
geistlicher Streiter und Ritter CHristi ist! nach
1 Tim. 1, 18.
3. Zu den fleischlichen Waffen oder Mit-
teln gehöret auch die affectirte Kunst der Wohl-
redenheit; wie wir aus dem ersten Briefe c. 11,
1. seqq. und Rom. 16, 18. sehen.
4. Wenn der Apostel zu dem Worte
mächtig setzet to Theo, GOtte, so zeiget er
damit den an, von welchem die geistlichen Waf-
fen kommen, und von welchem sie durch Pau-
lum gebrauchet werden, und dem sie zur Grün-
dung und Erweiterung seines Reiches die-
nen.
5. Es äusserte sich aber diese Macht theils
innerlich in der Seele zur Uberzeugung von der
Evangelischen Wahrheit und zur gründlichen
Aenderung der Hertzen; wie denn Paulus da-
her das Evangelium nennet eine Kraft
GOttes selig zu machen.
Rom. 1, 16. wo-
mit dem Satan sein Reich in den Menschen zer-
störet wurde: theils äusserlich in so vielen
Wunder-Kräften.
6. Und was meinet man wohl, was für
eine Kraft GOttes es gewesen seyn muß, da so
viel tausend Menschen ohne das Mittel der
Wohlredenheit, und ohne die Verheissung leib-
licher Vortheile, ja unter der Bedingung von
der Verleugnung derselben, und unter der Uber-
nehmung so vieles Creutzes, in der Ordnung
wahrer Bekehrung die Christliche Religion an-
genommen haben? Gewiß thut sich darinnen
ein recht göttlicher Character hervor von der gött-
lichen Wahrheit derselben
7. Und da der Apostel den Gegensatz in
den Waffen also machet, daß er den fleisch-
lichen
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 2-4.
[Spaltenumbruch]
Anmerckung.

Es iſt ein gemeines Leiden der Knechte
GOttes, daß ſie auch wegen eines rechtmaͤßig
gebrauchten Ernſtes eines fleiſchlichen Sinnes
beſchuldiget werden. Da denn ſolche unguͤtige
Cenſores nach dem boͤſen Grunde ihrer eignen
Affecten urtheilen, und den guten Grund we-
der koͤnnen, noch wollen, erkennen.

V. 3.

Denn ob wir wol im Fleiſche wan-
deln,
(noch auf Erden in unſerer Pilgrimſchaft
begriffen, nach cap. 5, 1. ſeqq. auch daher noch
allerhand menſchlichen Schwachheiten und Zu-
faͤllen unterworfen ſind,) ſo ſtreiten wir doch
nicht fleiſchlicher Weiſe,
(wie nicht mit
menſchlichen Waffen, alſo weder aus einem ſol-
chen Triebe, noch zu ſolchem Zwecke, noch auf
eine ſolche Art, als ſich bey dem menſchlichen
Streite zu befinden pfleget.)

Anmerckungen.
1. Ein anders iſt noch im Fleiſche, ein
anders nach dem Fleiſche wandeln. Zwar
ſpricht Paulus Rom. 8, 8. ὁι ἐν σαρκὶ ὄντες,
die im Fleiſche ſind, (Luth. fleiſchlich ſind,)
moͤgen GOTT nicht gefallen: Allein da
heißt im Fleiſche ſeyn ſo viel, als noch in dem
Stande der ungebrochenen und durch die Gna-
de ungeaͤnderten Natur, als in ſeinem Elemen-
te liegen, und ſich davon beherrſchen laſſen.
2. Knechte und Kinder GOttes ſind frey-
lich Streiter, aber geiſtliche; da ſie denn eine
gute Ritterſchaft zu uͤben haben, 1 Tim. 1, 18.
und dazu mit Waffen von GOTT genugſam
verſehen werden. Eph. 6, 10. Es muß demnach
die Chriſtliche Religion mit menſchlichen Waffen
weder ausgebreitet noch vertheidiget werden.
Haͤtten die erſten Chriſten das Principium einer
ſolchen weltlichen Vertheidigung gehabt, ſo
haͤtten ſie ſich nicht alſo Haufenweiſe durfen zur
Schlacht-Banck fuͤhren laſſen, als geſchehen iſt;
auch ſchon bey dem Anfange des erſten Seculi
und in den folgenden Zeiten: ſintemal im gan-
tzen, damals ſehr weitlaͤuftigen, Roͤmiſchen
Reiche, und auch ſchon auſſer demſelben, ihre
Anzahl ſchon dergeſtalt angewachſen war, daß
ſie gar leicht in allen Provintzien eine anſehn-
liche Armee haͤtten zuſammen bringen koͤn-
nen.
3. Ob ſich nun zwar die weltlichen Waf-
fen zur Chriſtlichen Religion gar nicht ſchicken:
ſo iſt doch von einigen alſo genanten Religions-
Kriegen dieſes zu mercken, daß es den Feinden
der Chriſtlichen oder dabey der wahren Evan-
geliſchen Religion nicht allein um die Religion,
ſondern auch um die Region zu thun geweſen;
dazu denn Chriſtliche Potentaten, welche ihren
Unterthanen, mit deren Beyhuͤlfe, den aͤuſſer-
lichen Schutz wider die Gewalt ſchuldig ſind,
nicht alſo ſtille ſitzen koͤnnen, wie es wol ſonſt
die Religion an ſich ſelbſt erfodert haͤtte. Nicht
zu gedencken von dem, wo beſtaͤtigte Pacta zum
aͤuſſerlichen Frieden auch der Religion wegen
zum Grunde liegen, aber uͤbertreten werden.
[Spaltenumbruch]
V. 4.

Denn die Waffen unſrer Ritterſchaft
ſind nicht fleiſchlich, ſondern maͤchtig
vor GOTT, zu verſtoͤren die Beveſtun-
gen.

Anmerckungen.
1. Dieſe Worte ſtehen in parentheſi: nach
welcher Conſtruction der fuͤnfte Vers mit dem
dritten gar wohl zuſammen hanget: ϛρατευό-
μεϑα καϑαιρου῀ντες, wir ſtreiten alſo, daß
wir verſtoͤren
ꝛc.
2. Die Chriſten werden zu geiſtlichen
Rittern gemachet durch die Salbung des Heili-
gen Geiſtes. Was man heute zu Tage von ge-
wiſſen alſo genannten geiſtlichen Ritter-Orden
hat, ruͤhret her aus den eigenwilligen und aber-
glaͤubiſchen Ubernehmungen ſo vieler tauſend
Chriſten, welche im 12ten und 13ten Seculo mit
groſſen Armeen aus Europa nach dem gelobten
Lande zogen, und daſelbſt den Saracenen oder
Muhammedanern den Ort des Grabes CHri-
ſti und Jeruſalem nebſt dem Lande wieder hin-
weg nahmen. Welches denn viel Menſchen-
Blut gekoſtet, und als ein GOTT hoͤchſt miß-
faͤlliges Werck ein ſehr ſchlecht Ende genommen
hat. Von dem Mißbrauche des Namens und
Wortes GOttes, ſo bey manchen Handlungen
des ſo genannten Ritter-Schlagens vorgehen
mag, nicht zu ſagen. Wohl dem, der ein
geiſtlicher Streiter und Ritter CHriſti iſt! nach
1 Tim. 1, 18.
3. Zu den fleiſchlichen Waffen oder Mit-
teln gehoͤret auch die affectirte Kunſt der Wohl-
redenheit; wie wir aus dem erſten Briefe c. 11,
1. ſeqq. und Rom. 16, 18. ſehen.
4. Wenn der Apoſtel zu dem Worte
maͤchtig ſetzet τῷ Θεῷ, GOtte, ſo zeiget er
damit den an, von welchem die geiſtlichen Waf-
fen kommen, und von welchem ſie durch Pau-
lum gebrauchet werden, und dem ſie zur Gruͤn-
dung und Erweiterung ſeines Reiches die-
nen.
5. Es aͤuſſerte ſich aber dieſe Macht theils
innerlich in der Seele zur Uberzeugung von der
Evangeliſchen Wahrheit und zur gruͤndlichen
Aenderung der Hertzen; wie denn Paulus da-
her das Evangelium nennet eine Kraft
GOttes ſelig zu machen.
Rom. 1, 16. wo-
mit dem Satan ſein Reich in den Menſchen zer-
ſtoͤret wurde: theils aͤuſſerlich in ſo vielen
Wunder-Kraͤften.
6. Und was meinet man wohl, was fuͤr
eine Kraft GOttes es geweſen ſeyn muß, da ſo
viel tauſend Menſchen ohne das Mittel der
Wohlredenheit, und ohne die Verheiſſung leib-
licher Vortheile, ja unter der Bedingung von
der Verleugnung derſelben, und unter der Uber-
nehmung ſo vieles Creutzes, in der Ordnung
wahrer Bekehrung die Chriſtliche Religion an-
genommen haben? Gewiß thut ſich darinnen
ein recht goͤttlicher Character hervor von der goͤtt-
lichen Wahrheit derſelben
7. Und da der Apoſtel den Gegenſatz in
den Waffen alſo machet, daß er den fleiſch-
lichen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0462" n="434"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des andern Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 10, v. 2-4.</hi></hi> </fw><lb/>
            <cb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>Es i&#x017F;t ein gemeines Leiden der Knechte<lb/>
GOttes, daß &#x017F;ie auch wegen eines rechtma&#x0364;ßig<lb/>
gebrauchten Ern&#x017F;tes eines flei&#x017F;chlichen Sinnes<lb/>
be&#x017F;chuldiget werden. Da denn &#x017F;olche ungu&#x0364;tige<lb/><hi rendition="#aq">Cen&#x017F;ores</hi> nach dem bo&#x0364;&#x017F;en Grunde ihrer eignen<lb/><hi rendition="#aq">Affect</hi>en urtheilen, und den guten Grund we-<lb/>
der ko&#x0364;nnen, noch wollen, erkennen.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 3.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Denn ob wir wol im Flei&#x017F;che wan-<lb/>
deln,</hi> (noch auf Erden in un&#x017F;erer Pilgrim&#x017F;chaft<lb/>
begriffen, nach cap. 5, 1. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi> auch daher noch<lb/>
allerhand men&#x017F;chlichen Schwachheiten und Zu-<lb/>
fa&#x0364;llen unterworfen &#x017F;ind,) <hi rendition="#fr">&#x017F;o &#x017F;treiten wir doch<lb/>
nicht flei&#x017F;chlicher Wei&#x017F;e,</hi> (wie nicht mit<lb/>
men&#x017F;chlichen Waffen, al&#x017F;o weder aus einem &#x017F;ol-<lb/>
chen Triebe, noch zu &#x017F;olchem Zwecke, noch auf<lb/>
eine &#x017F;olche Art, als &#x017F;ich bey dem men&#x017F;chlichen<lb/>
Streite zu befinden pfleget.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Ein anders i&#x017F;t noch <hi rendition="#fr">im Flei&#x017F;che,</hi> ein<lb/>
anders <hi rendition="#fr">nach dem Flei&#x017F;che</hi> wandeln. Zwar<lb/>
&#x017F;pricht Paulus Rom. 8, 8. &#x1F41;&#x03B9; &#x1F10;&#x03BD; &#x03C3;&#x03B1;&#x03C1;&#x03BA;&#x1F76; &#x1F44;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2;,<lb/><hi rendition="#fr">die im Flei&#x017F;che &#x017F;ind,</hi> (<hi rendition="#aq">Luth.</hi> flei&#x017F;chlich &#x017F;ind,)<lb/><hi rendition="#fr">mo&#x0364;gen GOTT nicht gefallen:</hi> Allein da<lb/>
heißt <hi rendition="#fr">im Flei&#x017F;che &#x017F;eyn</hi> &#x017F;o viel, als noch in dem<lb/>
Stande der ungebrochenen und durch die Gna-<lb/>
de ungea&#x0364;nderten Natur, als in &#x017F;einem Elemen-<lb/>
te liegen, und &#x017F;ich davon beherr&#x017F;chen la&#x017F;&#x017F;en.</item><lb/>
                <item>2. Knechte und Kinder GOttes &#x017F;ind frey-<lb/>
lich Streiter, aber gei&#x017F;tliche; da &#x017F;ie denn eine<lb/>
gute Ritter&#x017F;chaft zu u&#x0364;ben haben, 1 Tim. 1, 18.<lb/>
und dazu mit Waffen von GOTT genug&#x017F;am<lb/>
ver&#x017F;ehen werden. Eph. 6, 10. Es muß demnach<lb/>
die Chri&#x017F;tliche Religion mit men&#x017F;chlichen Waffen<lb/>
weder ausgebreitet noch vertheidiget werden.<lb/>
Ha&#x0364;tten die er&#x017F;ten Chri&#x017F;ten das <hi rendition="#aq">Principium</hi> einer<lb/>
&#x017F;olchen weltlichen Vertheidigung gehabt, &#x017F;o<lb/>
ha&#x0364;tten &#x017F;ie &#x017F;ich nicht al&#x017F;o Haufenwei&#x017F;e durfen zur<lb/>
Schlacht-Banck fu&#x0364;hren la&#x017F;&#x017F;en, als ge&#x017F;chehen i&#x017F;t;<lb/>
auch &#x017F;chon bey dem Anfange des er&#x017F;ten <hi rendition="#aq">Seculi</hi><lb/>
und in den folgenden Zeiten: &#x017F;intemal im gan-<lb/>
tzen, damals &#x017F;ehr weitla&#x0364;uftigen, Ro&#x0364;mi&#x017F;chen<lb/>
Reiche, und auch &#x017F;chon au&#x017F;&#x017F;er dem&#x017F;elben, ihre<lb/>
Anzahl &#x017F;chon derge&#x017F;talt angewach&#x017F;en war, daß<lb/>
&#x017F;ie gar leicht in allen Provintzien eine an&#x017F;ehn-<lb/>
liche Armee ha&#x0364;tten zu&#x017F;ammen bringen ko&#x0364;n-<lb/>
nen.</item><lb/>
                <item>3. Ob &#x017F;ich nun zwar die weltlichen Waf-<lb/>
fen zur Chri&#x017F;tlichen Religion gar nicht &#x017F;chicken:<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t doch von einigen al&#x017F;o genanten Religions-<lb/>
Kriegen die&#x017F;es zu mercken, daß es den Feinden<lb/>
der Chri&#x017F;tlichen oder dabey der wahren Evan-<lb/>
geli&#x017F;chen Religion nicht allein um die Religion,<lb/>
&#x017F;ondern auch um die Region zu thun gewe&#x017F;en;<lb/>
dazu denn Chri&#x017F;tliche Potentaten, welche ihren<lb/>
Unterthanen, mit deren Beyhu&#x0364;lfe, den a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
lichen Schutz wider die Gewalt &#x017F;chuldig &#x017F;ind,<lb/>
nicht al&#x017F;o &#x017F;tille &#x017F;itzen ko&#x0364;nnen, wie es wol &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
die Religion an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t erfodert ha&#x0364;tte. Nicht<lb/>
zu gedencken von dem, wo be&#x017F;ta&#x0364;tigte <hi rendition="#aq">Pacta</hi> zum<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen Frieden auch der Religion wegen<lb/>
zum Grunde liegen, aber u&#x0364;bertreten werden.</item>
              </list><lb/>
              <cb/>
            </div>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 4.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Denn die Waffen un&#x017F;rer Ritter&#x017F;chaft<lb/>
&#x017F;ind nicht flei&#x017F;chlich, &#x017F;ondern ma&#x0364;chtig<lb/>
vor GOTT, zu ver&#x017F;to&#x0364;ren die Beve&#x017F;tun-<lb/>
gen.</hi> </p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Die&#x017F;e Worte &#x017F;tehen in <hi rendition="#aq">parenthe&#x017F;i:</hi> nach<lb/>
welcher <hi rendition="#aq">Con&#x017F;truction</hi> der fu&#x0364;nfte Vers mit dem<lb/>
dritten gar wohl zu&#x017F;ammen hanget: &#x03DB;&#x03C1;&#x03B1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C5;&#x03CC;-<lb/>
&#x03BC;&#x03B5;&#x03D1;&#x03B1; &#x03BA;&#x03B1;&#x03D1;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C5;&#x1FC0;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2;, <hi rendition="#fr">wir &#x017F;treiten al&#x017F;o, daß<lb/>
wir ver&#x017F;to&#x0364;ren</hi> &#xA75B;c.</item><lb/>
                <item>2. Die Chri&#x017F;ten werden zu gei&#x017F;tlichen<lb/>
Rittern gemachet durch die Salbung des Heili-<lb/>
gen Gei&#x017F;tes. Was man heute zu Tage von ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;o genannten gei&#x017F;tlichen Ritter-Orden<lb/>
hat, ru&#x0364;hret her aus den eigenwilligen und aber-<lb/>
gla&#x0364;ubi&#x017F;chen Ubernehmungen &#x017F;o vieler tau&#x017F;end<lb/>
Chri&#x017F;ten, welche im 12ten und 13ten <hi rendition="#aq">Seculo</hi> mit<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;en Armeen aus Europa nach dem gelobten<lb/>
Lande zogen, und da&#x017F;elb&#x017F;t den Saracenen oder<lb/>
Muhammedanern den Ort des Grabes CHri-<lb/>
&#x017F;ti und Jeru&#x017F;alem neb&#x017F;t dem Lande wieder hin-<lb/>
weg nahmen. Welches denn viel Men&#x017F;chen-<lb/>
Blut geko&#x017F;tet, und als ein GOTT ho&#x0364;ch&#x017F;t miß-<lb/>
fa&#x0364;lliges Werck ein &#x017F;ehr &#x017F;chlecht Ende genommen<lb/>
hat. Von dem Mißbrauche des Namens und<lb/>
Wortes GOttes, &#x017F;o bey manchen Handlungen<lb/>
des &#x017F;o genannten Ritter-Schlagens vorgehen<lb/>
mag, nicht zu &#x017F;agen. Wohl dem, der ein<lb/>
gei&#x017F;tlicher Streiter und Ritter CHri&#x017F;ti i&#x017F;t! nach<lb/>
1 Tim. 1, 18.</item><lb/>
                <item>3. Zu den flei&#x017F;chlichen Waffen oder Mit-<lb/>
teln geho&#x0364;ret auch die <hi rendition="#aq">affectir</hi>te Kun&#x017F;t der Wohl-<lb/>
redenheit; wie wir aus dem er&#x017F;ten Briefe c. 11,<lb/>
1. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi> und Rom. 16, 18. &#x017F;ehen.</item><lb/>
                <item>4. Wenn der Apo&#x017F;tel zu dem Worte<lb/><hi rendition="#fr">ma&#x0364;chtig</hi> &#x017F;etzet &#x03C4;&#x1FF7; &#x0398;&#x03B5;&#x1FF7;, <hi rendition="#fr">GOtte,</hi> &#x017F;o zeiget er<lb/>
damit den an, von welchem die gei&#x017F;tlichen Waf-<lb/>
fen kommen, und von welchem &#x017F;ie durch Pau-<lb/>
lum gebrauchet werden, und dem &#x017F;ie zur Gru&#x0364;n-<lb/>
dung und Erweiterung &#x017F;eines Reiches die-<lb/>
nen.</item><lb/>
                <item>5. Es a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erte &#x017F;ich aber die&#x017F;e Macht theils<lb/><hi rendition="#fr">innerlich</hi> in der Seele zur Uberzeugung von der<lb/>
Evangeli&#x017F;chen Wahrheit und zur gru&#x0364;ndlichen<lb/>
Aenderung der Hertzen; wie denn Paulus da-<lb/>
her das <hi rendition="#fr">Evangelium</hi> nennet <hi rendition="#fr">eine Kraft<lb/>
GOttes &#x017F;elig zu machen.</hi> Rom. 1, 16. wo-<lb/>
mit dem Satan &#x017F;ein Reich in den Men&#x017F;chen zer-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;ret wurde: theils <hi rendition="#fr">a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich</hi> in &#x017F;o vielen<lb/><hi rendition="#fr">Wunder-Kra&#x0364;ften.</hi></item><lb/>
                <item>6. Und was meinet man wohl, was fu&#x0364;r<lb/>
eine Kraft GOttes es gewe&#x017F;en &#x017F;eyn muß, da &#x017F;o<lb/>
viel tau&#x017F;end Men&#x017F;chen ohne das Mittel der<lb/>
Wohlredenheit, und ohne die Verhei&#x017F;&#x017F;ung leib-<lb/>
licher Vortheile, ja unter der Bedingung von<lb/>
der Verleugnung der&#x017F;elben, und unter der Uber-<lb/>
nehmung &#x017F;o vieles Creutzes, in der Ordnung<lb/>
wahrer Bekehrung die Chri&#x017F;tliche Religion an-<lb/>
genommen haben? Gewiß thut &#x017F;ich darinnen<lb/>
ein recht go&#x0364;ttlicher <hi rendition="#aq">Character</hi> hervor von der go&#x0364;tt-<lb/>
lichen Wahrheit der&#x017F;elben</item><lb/>
                <item>7. Und da der Apo&#x017F;tel den Gegen&#x017F;atz in<lb/>
den Waffen al&#x017F;o machet, daß er den <hi rendition="#fr">flei&#x017F;ch-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">lichen</hi></fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0462] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 2-4. Anmerckung. Es iſt ein gemeines Leiden der Knechte GOttes, daß ſie auch wegen eines rechtmaͤßig gebrauchten Ernſtes eines fleiſchlichen Sinnes beſchuldiget werden. Da denn ſolche unguͤtige Cenſores nach dem boͤſen Grunde ihrer eignen Affecten urtheilen, und den guten Grund we- der koͤnnen, noch wollen, erkennen. V. 3. Denn ob wir wol im Fleiſche wan- deln, (noch auf Erden in unſerer Pilgrimſchaft begriffen, nach cap. 5, 1. ſeqq. auch daher noch allerhand menſchlichen Schwachheiten und Zu- faͤllen unterworfen ſind,) ſo ſtreiten wir doch nicht fleiſchlicher Weiſe, (wie nicht mit menſchlichen Waffen, alſo weder aus einem ſol- chen Triebe, noch zu ſolchem Zwecke, noch auf eine ſolche Art, als ſich bey dem menſchlichen Streite zu befinden pfleget.) Anmerckungen. 1. Ein anders iſt noch im Fleiſche, ein anders nach dem Fleiſche wandeln. Zwar ſpricht Paulus Rom. 8, 8. ὁι ἐν σαρκὶ ὄντες, die im Fleiſche ſind, (Luth. fleiſchlich ſind,) moͤgen GOTT nicht gefallen: Allein da heißt im Fleiſche ſeyn ſo viel, als noch in dem Stande der ungebrochenen und durch die Gna- de ungeaͤnderten Natur, als in ſeinem Elemen- te liegen, und ſich davon beherrſchen laſſen. 2. Knechte und Kinder GOttes ſind frey- lich Streiter, aber geiſtliche; da ſie denn eine gute Ritterſchaft zu uͤben haben, 1 Tim. 1, 18. und dazu mit Waffen von GOTT genugſam verſehen werden. Eph. 6, 10. Es muß demnach die Chriſtliche Religion mit menſchlichen Waffen weder ausgebreitet noch vertheidiget werden. Haͤtten die erſten Chriſten das Principium einer ſolchen weltlichen Vertheidigung gehabt, ſo haͤtten ſie ſich nicht alſo Haufenweiſe durfen zur Schlacht-Banck fuͤhren laſſen, als geſchehen iſt; auch ſchon bey dem Anfange des erſten Seculi und in den folgenden Zeiten: ſintemal im gan- tzen, damals ſehr weitlaͤuftigen, Roͤmiſchen Reiche, und auch ſchon auſſer demſelben, ihre Anzahl ſchon dergeſtalt angewachſen war, daß ſie gar leicht in allen Provintzien eine anſehn- liche Armee haͤtten zuſammen bringen koͤn- nen. 3. Ob ſich nun zwar die weltlichen Waf- fen zur Chriſtlichen Religion gar nicht ſchicken: ſo iſt doch von einigen alſo genanten Religions- Kriegen dieſes zu mercken, daß es den Feinden der Chriſtlichen oder dabey der wahren Evan- geliſchen Religion nicht allein um die Religion, ſondern auch um die Region zu thun geweſen; dazu denn Chriſtliche Potentaten, welche ihren Unterthanen, mit deren Beyhuͤlfe, den aͤuſſer- lichen Schutz wider die Gewalt ſchuldig ſind, nicht alſo ſtille ſitzen koͤnnen, wie es wol ſonſt die Religion an ſich ſelbſt erfodert haͤtte. Nicht zu gedencken von dem, wo beſtaͤtigte Pacta zum aͤuſſerlichen Frieden auch der Religion wegen zum Grunde liegen, aber uͤbertreten werden. V. 4. Denn die Waffen unſrer Ritterſchaft ſind nicht fleiſchlich, ſondern maͤchtig vor GOTT, zu verſtoͤren die Beveſtun- gen. Anmerckungen. 1. Dieſe Worte ſtehen in parentheſi: nach welcher Conſtruction der fuͤnfte Vers mit dem dritten gar wohl zuſammen hanget: ϛρατευό- μεϑα καϑαιρου῀ντες, wir ſtreiten alſo, daß wir verſtoͤren ꝛc. 2. Die Chriſten werden zu geiſtlichen Rittern gemachet durch die Salbung des Heili- gen Geiſtes. Was man heute zu Tage von ge- wiſſen alſo genannten geiſtlichen Ritter-Orden hat, ruͤhret her aus den eigenwilligen und aber- glaͤubiſchen Ubernehmungen ſo vieler tauſend Chriſten, welche im 12ten und 13ten Seculo mit groſſen Armeen aus Europa nach dem gelobten Lande zogen, und daſelbſt den Saracenen oder Muhammedanern den Ort des Grabes CHri- ſti und Jeruſalem nebſt dem Lande wieder hin- weg nahmen. Welches denn viel Menſchen- Blut gekoſtet, und als ein GOTT hoͤchſt miß- faͤlliges Werck ein ſehr ſchlecht Ende genommen hat. Von dem Mißbrauche des Namens und Wortes GOttes, ſo bey manchen Handlungen des ſo genannten Ritter-Schlagens vorgehen mag, nicht zu ſagen. Wohl dem, der ein geiſtlicher Streiter und Ritter CHriſti iſt! nach 1 Tim. 1, 18. 3. Zu den fleiſchlichen Waffen oder Mit- teln gehoͤret auch die affectirte Kunſt der Wohl- redenheit; wie wir aus dem erſten Briefe c. 11, 1. ſeqq. und Rom. 16, 18. ſehen. 4. Wenn der Apoſtel zu dem Worte maͤchtig ſetzet τῷ Θεῷ, GOtte, ſo zeiget er damit den an, von welchem die geiſtlichen Waf- fen kommen, und von welchem ſie durch Pau- lum gebrauchet werden, und dem ſie zur Gruͤn- dung und Erweiterung ſeines Reiches die- nen. 5. Es aͤuſſerte ſich aber dieſe Macht theils innerlich in der Seele zur Uberzeugung von der Evangeliſchen Wahrheit und zur gruͤndlichen Aenderung der Hertzen; wie denn Paulus da- her das Evangelium nennet eine Kraft GOttes ſelig zu machen. Rom. 1, 16. wo- mit dem Satan ſein Reich in den Menſchen zer- ſtoͤret wurde: theils aͤuſſerlich in ſo vielen Wunder-Kraͤften. 6. Und was meinet man wohl, was fuͤr eine Kraft GOttes es geweſen ſeyn muß, da ſo viel tauſend Menſchen ohne das Mittel der Wohlredenheit, und ohne die Verheiſſung leib- licher Vortheile, ja unter der Bedingung von der Verleugnung derſelben, und unter der Uber- nehmung ſo vieles Creutzes, in der Ordnung wahrer Bekehrung die Chriſtliche Religion an- genommen haben? Gewiß thut ſich darinnen ein recht goͤttlicher Character hervor von der goͤtt- lichen Wahrheit derſelben 7. Und da der Apoſtel den Gegenſatz in den Waffen alſo machet, daß er den fleiſch- lichen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/462
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/462>, abgerufen am 16.07.2024.