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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 9, v. 11-15.
[Spaltenumbruch] Centrum, der rechte Mittel-Punct, aus wel-
chem alle Linien des Segens gehen, und wo-
hin die Wohlthaten durch die Dancksagung wie-
der geleitet werden müssen. Siehe auch 2 Cor.
1, 11. 4, 15.

2. Der Connexion wegen ist zu mercken,
daß man entweder bey dem Worte ploutizome-
io[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] das Wörtlein este suppliren muß, daß es
heisse: seyd reich: oder, welches am füglichsten
ist, daß man diese Worte mit den Worten des
8ten Verses verbinde, und den 9ten und 10ten
Vers zur parenthesi rechne.
V. 12. 13.

Denn die Handreichung dieser Steuer
erfüllet nicht allein den Mangel der Hei-
ligen, sondern ist auch überschwenglich
darinnen, daß viele dancken für diesen un-
sern treuen Dienst.
(Gr. durch diesen unsern
bewährten Dienst.) V. 13. Und preisen
GOTT über eurem unterthänigen Bekänt-
niß des Evangelii CHristi,
(welche durch
die thätige Liebe gegen die nothleidende Mit-
Christen an den Tag geleget worden,) und
über eurer einfältigen
(so lautern und wohl-
gemeinten) Steuer an sie, und an alle, die
noch sonst ausser den Gemeinen in Judäa eurer
Hülfe bedürftig sind.)

[Spaltenumbruch]
V. 14.

Und über ihrem Gebet für euch, wel-
che verlanget nach euch,
(welche in einer
hertzlichen Liebes-Begierde und Zuneigung ge-
gen euch stehen,) um der überschwenglichen
Gnade GOttes willen in euch,
(die euch
überhaupt wiederfahren ist, und euch zu einem
so reichlichen Beytrag bewogen hat.)

Anmerckung.

Man siehet alhier die Pflicht derer, wel-
chen die Wohlthaten erzeiget werden, als da
ist, GOTT hertzlich dancken, der solchen ge-
neigten Willen in den Wohlthätern gewircket
hat; und denn für diese zu GOTT beten,
daß sie GOTT für ihre Liebe reichlich segne.

V. 15.

GOTT aber sey Danck für seine un-
aussprechliche Gabe:
(die er uns Menschen
um CHristi willen überhaupt erwiesen hat, und
noch erweiset; insonderheit für die, welche in
dieser die öffentliche Almose betreffenden Sache
sich auf so mancherley Art sonderlich geäussert
hat. Auf welche Art Paulus zu der Dancksa-
gung der Glaubigen in Judäa schon zum voraus
die seinige setzet, und gleichsam das Amen dazu
spricht.

Anmerckungen
über das achte und neunte Capitel.

1.

DJe Christlichen Gemeinden in Judäa,
sonderlich die zu Jerusalem, waren in
grosse leibliche Armuth gesetzet. Und
dieses aus unterschiedlichen Ursachen.
Denn ausser dem, daß eine grosse Theurung ent-
standen war, so erwiesen sich die hartnäckigen
Juden gegen die Christen, als von ihnen ab-
trünnige Leute, sehr feindselig, und mögen sie
wol noch dazu durch Raub und allerhand Unge-
rechtigkeit nach und nach um das ihrige ge-
bracht haben, da sie denn bey der Obrigkeit
auch wol wenig Schutz gefunden haben. Wie
denn daher Paulus an ihnen rühmet, daß sie
den Raub ihrer Güter mit Freuden erdul-
det haben.
Hebr. 10, 34. Und da Jerusalem
bald nach diesen Zeiten zerstöret, und die Chri-
sten von dannen bald durch einen besondern
Winck GOttes zum Abzuge gegen Morgen ab-
gerufen werden solten, schickte es GOTT al-
so, daß sonderlich um der so vielen ausländischen
Juden willen, die nach Jerusalem um der ho-
hen Feste willen gekommen, und daselbst guten
theils waren bekehret worden, und sich daselbst
zu ihrer Stärckung länger auf hielten, die Ge-
meinschaft der Güter eingeführet wurde. Wo-
durch die Dürftigkeit mit der Zeit so viel grösser
wurde, aber auch dazu dienete, daß sie das Jü-
[Spaltenumbruch] dische Land bey angegangenen grossen Römischen
Kriege so viel leichter verleugnen und verlassen
konten.

2. Und da die Armuth unter den Christen
so groß und ihren Feinden bekant war, sind sie
von ihnen spottsweise nur [fremdsprachliches Material - fehlt] Aebjonim, die
Bettler, genannt worden; daher denn der Na-
me der Aebioniten entstanden ist.

3. Die Apostel aber waren bey Zeiten dar-
auf bedacht, wie diesen Gemeinen durch den
Beytrag der andern gerathen werden möchte.
Wie denn darauf gehet, was Paulus an die
Galater c. 2, 10. angeführet hat, wie Jacobus,
Kephas, das ist, Petrus, und Johannes mit ihm
und Barnaba eins worden, daß jene unter die
Jüden, sie aber unter die Heiden das Evange-
lium predigen solten; Allein, setzet Paulus da-
zu, daß wir der Armen (nemlich derer zu
Jerusalem) gedächten: welches ich auch
fleißig bin gewesen zu thun.

4. Dieser Abrede nach hatte Paulus in
den Gemeinen Galatiens, Macedoniens und
Achajens, darinnen Corinthus die Haupt-
Stadt war, eine General-Collecte veranstaltet:
und kam es bey derselben auf einen solchen Bey-
trag an, dadurch nicht etlichen wenigen Perso-
nen, sondern einer sehr grossen Menge der Chri-

sten

Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 9, v. 11-15.
[Spaltenumbruch] Centrum, der rechte Mittel-Punct, aus wel-
chem alle Linien des Segens gehen, und wo-
hin die Wohlthaten durch die Danckſagung wie-
der geleitet werden muͤſſen. Siehe auch 2 Cor.
1, 11. 4, 15.

2. Der Connexion wegen iſt zu mercken,
daß man entweder bey dem Worte πλουτιζόμε-
ιο[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] das Woͤrtlein ἐϛὲ ſuppliren muß, daß es
heiſſe: ſeyd reich: oder, welches am fuͤglichſten
iſt, daß man dieſe Worte mit den Worten des
8ten Verſes verbinde, und den 9ten und 10ten
Vers zur parentheſi rechne.
V. 12. 13.

Denn die Handreichung dieſer Steuer
erfuͤllet nicht allein den Mangel der Hei-
ligen, ſondern iſt auch uͤberſchwenglich
darinnen, daß viele dancken fuͤr dieſen un-
ſern treuen Dienſt.
(Gr. durch dieſen unſern
bewaͤhrten Dienſt.) V. 13. Und preiſen
GOTT uͤber eurem unterthaͤnigen Bekaͤnt-
niß des Evangelii CHriſti,
(welche durch
die thaͤtige Liebe gegen die nothleidende Mit-
Chriſten an den Tag geleget worden,) und
uͤber eurer einfaͤltigen
(ſo lautern und wohl-
gemeinten) Steuer an ſie, und an alle, die
noch ſonſt auſſer den Gemeinen in Judaͤa eurer
Huͤlfe beduͤrftig ſind.)

[Spaltenumbruch]
V. 14.

Und uͤber ihrem Gebet fuͤr euch, wel-
che verlanget nach euch,
(welche in einer
hertzlichen Liebes-Begierde und Zuneigung ge-
gen euch ſtehen,) um der uͤberſchwenglichen
Gnade GOttes willen in euch,
(die euch
uͤberhaupt wiederfahren iſt, und euch zu einem
ſo reichlichen Beytrag bewogen hat.)

Anmerckung.

Man ſiehet alhier die Pflicht derer, wel-
chen die Wohlthaten erzeiget werden, als da
iſt, GOTT hertzlich dancken, der ſolchen ge-
neigten Willen in den Wohlthaͤtern gewircket
hat; und denn fuͤr dieſe zu GOTT beten,
daß ſie GOTT fuͤr ihre Liebe reichlich ſegne.

V. 15.

GOTT aber ſey Danck fuͤr ſeine un-
ausſprechliche Gabe:
(die er uns Menſchen
um CHriſti willen uͤberhaupt erwieſen hat, und
noch erweiſet; inſonderheit fuͤr die, welche in
dieſer die oͤffentliche Almoſe betreffenden Sache
ſich auf ſo mancherley Art ſonderlich geaͤuſſert
hat. Auf welche Art Paulus zu der Danckſa-
gung der Glaubigen in Judaͤa ſchon zum voraus
die ſeinige ſetzet, und gleichſam das Amen dazu
ſpricht.

Anmerckungen
uͤber das achte und neunte Capitel.

1.

DJe Chriſtlichen Gemeinden in Judaͤa,
ſonderlich die zu Jeruſalem, waren in
groſſe leibliche Armuth geſetzet. Und
dieſes aus unterſchiedlichen Urſachen.
Denn auſſer dem, daß eine groſſe Theurung ent-
ſtanden war, ſo erwieſen ſich die hartnaͤckigen
Juden gegen die Chriſten, als von ihnen ab-
truͤnnige Leute, ſehr feindſelig, und moͤgen ſie
wol noch dazu durch Raub und allerhand Unge-
rechtigkeit nach und nach um das ihrige ge-
bracht haben, da ſie denn bey der Obrigkeit
auch wol wenig Schutz gefunden haben. Wie
denn daher Paulus an ihnen ruͤhmet, daß ſie
den Raub ihrer Guͤter mit Freuden erdul-
det haben.
Hebr. 10, 34. Und da Jeruſalem
bald nach dieſen Zeiten zerſtoͤret, und die Chri-
ſten von dannen bald durch einen beſondern
Winck GOttes zum Abzuge gegen Morgen ab-
gerufen werden ſolten, ſchickte es GOTT al-
ſo, daß ſonderlich um der ſo vielen auslaͤndiſchen
Juden willen, die nach Jeruſalem um der ho-
hen Feſte willen gekommen, und daſelbſt guten
theils waren bekehret worden, und ſich daſelbſt
zu ihrer Staͤrckung laͤnger auf hielten, die Ge-
meinſchaft der Guͤter eingefuͤhret wurde. Wo-
durch die Duͤrftigkeit mit der Zeit ſo viel groͤſſer
wurde, aber auch dazu dienete, daß ſie das Juͤ-
[Spaltenumbruch] diſche Land bey angegangenen groſſen Roͤmiſchen
Kriege ſo viel leichter verleugnen und verlaſſen
konten.

2. Und da die Armuth unter den Chriſten
ſo groß und ihren Feinden bekant war, ſind ſie
von ihnen ſpottsweiſe nur [fremdsprachliches Material – fehlt] Aebjonim, die
Bettler, genannt worden; daher denn der Na-
me der Aebioniten entſtanden iſt.

3. Die Apoſtel aber waren bey Zeiten dar-
auf bedacht, wie dieſen Gemeinen durch den
Beytrag der andern gerathen werden moͤchte.
Wie denn darauf gehet, was Paulus an die
Galater c. 2, 10. angefuͤhret hat, wie Jacobus,
Kephas, das iſt, Petrus, und Johannes mit ihm
und Barnaba eins worden, daß jene unter die
Juͤden, ſie aber unter die Heiden das Evange-
lium predigen ſolten; Allein, ſetzet Paulus da-
zu, daß wir der Armen (nemlich derer zu
Jeruſalem) gedaͤchten: welches ich auch
fleißig bin geweſen zu thun.

4. Dieſer Abrede nach hatte Paulus in
den Gemeinen Galatiens, Macedoniens und
Achajens, darinnen Corinthus die Haupt-
Stadt war, eine General-Collecte veranſtaltet:
und kam es bey derſelben auf einen ſolchen Bey-
trag an, dadurch nicht etlichen wenigen Perſo-
nen, ſondern einer ſehr groſſen Menge der Chri-

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[432/0460] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 9, v. 11-15. Centrum, der rechte Mittel-Punct, aus wel- chem alle Linien des Segens gehen, und wo- hin die Wohlthaten durch die Danckſagung wie- der geleitet werden muͤſſen. Siehe auch 2 Cor. 1, 11. 4, 15. 2. Der Connexion wegen iſt zu mercken, daß man entweder bey dem Worte πλουτιζόμε- ιο_ das Woͤrtlein ἐϛὲ ſuppliren muß, daß es heiſſe: ſeyd reich: oder, welches am fuͤglichſten iſt, daß man dieſe Worte mit den Worten des 8ten Verſes verbinde, und den 9ten und 10ten Vers zur parentheſi rechne. V. 12. 13. Denn die Handreichung dieſer Steuer erfuͤllet nicht allein den Mangel der Hei- ligen, ſondern iſt auch uͤberſchwenglich darinnen, daß viele dancken fuͤr dieſen un- ſern treuen Dienſt. (Gr. durch dieſen unſern bewaͤhrten Dienſt.) V. 13. Und preiſen GOTT uͤber eurem unterthaͤnigen Bekaͤnt- niß des Evangelii CHriſti, (welche durch die thaͤtige Liebe gegen die nothleidende Mit- Chriſten an den Tag geleget worden,) und uͤber eurer einfaͤltigen (ſo lautern und wohl- gemeinten) Steuer an ſie, und an alle, die noch ſonſt auſſer den Gemeinen in Judaͤa eurer Huͤlfe beduͤrftig ſind.) V. 14. Und uͤber ihrem Gebet fuͤr euch, wel- che verlanget nach euch, (welche in einer hertzlichen Liebes-Begierde und Zuneigung ge- gen euch ſtehen,) um der uͤberſchwenglichen Gnade GOttes willen in euch, (die euch uͤberhaupt wiederfahren iſt, und euch zu einem ſo reichlichen Beytrag bewogen hat.) Anmerckung. Man ſiehet alhier die Pflicht derer, wel- chen die Wohlthaten erzeiget werden, als da iſt, GOTT hertzlich dancken, der ſolchen ge- neigten Willen in den Wohlthaͤtern gewircket hat; und denn fuͤr dieſe zu GOTT beten, daß ſie GOTT fuͤr ihre Liebe reichlich ſegne. V. 15. GOTT aber ſey Danck fuͤr ſeine un- ausſprechliche Gabe: (die er uns Menſchen um CHriſti willen uͤberhaupt erwieſen hat, und noch erweiſet; inſonderheit fuͤr die, welche in dieſer die oͤffentliche Almoſe betreffenden Sache ſich auf ſo mancherley Art ſonderlich geaͤuſſert hat. Auf welche Art Paulus zu der Danckſa- gung der Glaubigen in Judaͤa ſchon zum voraus die ſeinige ſetzet, und gleichſam das Amen dazu ſpricht. Anmerckungen uͤber das achte und neunte Capitel. 1. DJe Chriſtlichen Gemeinden in Judaͤa, ſonderlich die zu Jeruſalem, waren in groſſe leibliche Armuth geſetzet. Und dieſes aus unterſchiedlichen Urſachen. Denn auſſer dem, daß eine groſſe Theurung ent- ſtanden war, ſo erwieſen ſich die hartnaͤckigen Juden gegen die Chriſten, als von ihnen ab- truͤnnige Leute, ſehr feindſelig, und moͤgen ſie wol noch dazu durch Raub und allerhand Unge- rechtigkeit nach und nach um das ihrige ge- bracht haben, da ſie denn bey der Obrigkeit auch wol wenig Schutz gefunden haben. Wie denn daher Paulus an ihnen ruͤhmet, daß ſie den Raub ihrer Guͤter mit Freuden erdul- det haben. Hebr. 10, 34. Und da Jeruſalem bald nach dieſen Zeiten zerſtoͤret, und die Chri- ſten von dannen bald durch einen beſondern Winck GOttes zum Abzuge gegen Morgen ab- gerufen werden ſolten, ſchickte es GOTT al- ſo, daß ſonderlich um der ſo vielen auslaͤndiſchen Juden willen, die nach Jeruſalem um der ho- hen Feſte willen gekommen, und daſelbſt guten theils waren bekehret worden, und ſich daſelbſt zu ihrer Staͤrckung laͤnger auf hielten, die Ge- meinſchaft der Guͤter eingefuͤhret wurde. Wo- durch die Duͤrftigkeit mit der Zeit ſo viel groͤſſer wurde, aber auch dazu dienete, daß ſie das Juͤ- diſche Land bey angegangenen groſſen Roͤmiſchen Kriege ſo viel leichter verleugnen und verlaſſen konten. 2. Und da die Armuth unter den Chriſten ſo groß und ihren Feinden bekant war, ſind ſie von ihnen ſpottsweiſe nur _ Aebjonim, die Bettler, genannt worden; daher denn der Na- me der Aebioniten entſtanden iſt. 3. Die Apoſtel aber waren bey Zeiten dar- auf bedacht, wie dieſen Gemeinen durch den Beytrag der andern gerathen werden moͤchte. Wie denn darauf gehet, was Paulus an die Galater c. 2, 10. angefuͤhret hat, wie Jacobus, Kephas, das iſt, Petrus, und Johannes mit ihm und Barnaba eins worden, daß jene unter die Juͤden, ſie aber unter die Heiden das Evange- lium predigen ſolten; Allein, ſetzet Paulus da- zu, daß wir der Armen (nemlich derer zu Jeruſalem) gedaͤchten: welches ich auch fleißig bin geweſen zu thun. 4. Dieſer Abrede nach hatte Paulus in den Gemeinen Galatiens, Macedoniens und Achajens, darinnen Corinthus die Haupt- Stadt war, eine General-Collecte veranſtaltet: und kam es bey derſelben auf einen ſolchen Bey- trag an, dadurch nicht etlichen wenigen Perſo- nen, ſondern einer ſehr groſſen Menge der Chri- ſten

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/460>, abgerufen am 27.11.2024.