Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 6, v. 16-18. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
thier c. 3, 16. gewiesen. Man mercke über dasalhier so viel, daß, wie allewege im Christen- thum die Wohlthaten mit den Pflichten ver- knüpfet sind, diese Verknüpfung sich auch in- sonderheit alhier befinde. Denn es kan keine Wohlthat höher seyn, als eine solche hohe Gnade, dadurch man zum Tempel des le- bendigen GOttes wird. Aber es kan auch keine Pflicht von höherer Verbindung und Schuldigkeit seyn, als die einem daher oblieget, daß man den Tempel, gleichsam als die Re- sidentz GOttes, heilig halte. 2. Es kan keiner ein Tempel des leben- digen GOttes seyn, es sey denn, daß er das geistliche Leben in sich habe. Denn gleich- wie GOTT an sich lebendig, ja das Leben selbst ist: also machet er auch lebendig, indem er das geistliche Leben mittheilet, also daß er das Reich des Satans, so er im Unglauben und geistlichen Tode hat, in uns zerstöret. 3. Das Wort wohnen, in ihnen woh- nen, gehet auf die gnädige Vereinigung und Ge- meinschaft mit den Gläubigen: Das Wort wandeln auf die besondere Providentz und Re- gierung GOttes, womit er über seine Kirche, und über eine iede Seele insonderheit waltet. 4. Die Worte: Jch will ihr GOTT seyn, und sie sollen mein Volck seyn, sind Worte des Gnaden-Bundes. Wer nun GOtt nennen will seinen GOtt, der muß auch getrost sagen können: ich dein Kind, und einer deines Volcks. 5. Es ist aber wohl zu mercken, wer al- hier bey dem Mose rede? Zwar der Dreyeinige GOTT; aber nach einer besondern Zueignung der Sohn GOttes, als der damals noch künf- tige Meßias. Denn wenn man den gantzen Contert des Mosaischen Orts ansiehet, so han- get er mit dem gantzen 25ten Capitel zusammen. Dieses Capitel nun hebet sich mit diesen Wor- ten an: Und der HERR redete mit Mo- se auf dem Berge Sinai und sprach. Es hat also GOTT auf dem Berge Sinai aus der Wolcken-Seule diese Verordnungen Mosi an das Volck gegeben. Da wir nun wissen, daß der Sohn GOTTes, als der Engel des HErrn, und also eine von dem HErrn, oder Vater, unterschiedene Person in der hochge- lobten Gottheit, dem Mosi in dem feurigen Busch erschienen, und ihm das gantze Werck der Ausführung seines Volckes aus Egypten anvertrauet, daß er auch selbst in der Wolcken- Seule vor ihnen hergezogen, sie durchs rothe Meer geführet, und, nach dem er sie an den Berg Sinai gebracht, sich auf demselben mit der Wolcken-Seule gesetzet, und, als der künf- tige Richter aller Welt und Executor seines Gesetzes, das Gesetz mit grosser Majestät gege- ben: So sehen wir klärlich, daß diese Worte Mo- sis und Pauli eigentlich Worte sind des Soh- nes GOttes unsers Heilandes. Exod. 3. 14. 15. 19. 20. Durch welche Betrachtung wir nicht wenig in der Evangelischen Grund-Wahrheit von der wahren Gottheit CHristi gestärcket werden. V. 17. 18. Darum gehet aus von ihnen, und Anmerckungen. 1. Der Apostel siehet nebst dem Orte Jes. 52, 11. noch auf unterschiedliche andere Oerter, als Jer. 31, 9. 10. 33. etc. und führet sie also an, daß er in einigen Worten mehr auf den sensum siehet, als auf den buchstäblichen Laut. Und da in deroselben Contexte auch sonderlich auf den Meßiam und dessen Reich gesehen wird, so stimmen sie daher mit den vorhergehenden desto besser überein. 2. Es gehen zwar diese letzten Oerter bey dem Propheten eigentlich auf den letztern und herrlichern Periodum der Zeiten des Reichs des Meßiä: wie sie denn auch in solchem Verstan- de zum theil in der Offenbarung Johannis cap. 18, 4. c. 21, 3. angezogen worden: allein was zu einer Zeit wahr ist, das ist auch zur andern Zeit wahr, und gilt zu allen Zeiten, ob es wol zu der einen mit grösserm Nachdruck erfüllet wird, als zu den andern. 3. Es ist ein Mißbrauch dieser Worte, wenn sie auf eine äusserliche Absonderung von einer solchen Kirche, darinnen doch GOttes Wort der öffentlichen Bekäntniß nach rein ge- lehret wird, oder doch, wo es von vielen gleich nicht geschiehet, soll und darf rein gelehret wer- den, appliciret, und sich daher von der äusser- lichen Gemeinschaft derselben trennet; und das aus der Ursache thut, weil darinnen ein grosser Verfall zu finden ist. Paulus appliciret diese Sprüche auf die gäntzliche Verlassung des Hei- denthums und Verleugnung alles ungöttlichen Wesens. Ein anders aber ist ein grobes ab- göttisches Heidenthum, ein anderes ein ver- fallenes Christenthum. Jn welchem letztern genug ist, sich vom ungöttlichen Wesen zu schei- den: welches gar wohl geschehen kan, wenn man in der äusserlichen Gemeinschaft der Kirche stehen bleibet: ja alsdenn so viel gesegneter ist, so vielmehr man damit bey andern bauen kan. Wären Aergernisse zur äusserlichen Absonde- rung eine genugsame Ursache; so hätte gewiß sich mancher auch von der Corinthischen Gemeine sondern müssen. Darauf doch aber der Apo- stel keines weges gehet, sondern der Sachen besser gerathen wissen will. 4. Was kan aber angenehmer seyn, als GOTT zum Vater haben, und in CHristo sein lieber Sohn, oder seine liebe Tochter seyn. Ein ieder Leser, der es noch nicht hat, und nicht ist, der wünsche solches, und suche es in rechter Ordnung. Wer es aber hat und ist, der freue sich darüber, und suche vor dem all- mächtigen GOTT, als ein Sohn, oder Toch- ter, zu wandeln, wie Abraham, und in der Gemein-
Cap. 6, v. 16-18. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
thier c. 3, 16. gewieſen. Man mercke uͤber dasalhier ſo viel, daß, wie allewege im Chriſten- thum die Wohlthaten mit den Pflichten ver- knuͤpfet ſind, dieſe Verknuͤpfung ſich auch in- ſonderheit alhier befinde. Denn es kan keine Wohlthat hoͤher ſeyn, als eine ſolche hohe Gnade, dadurch man zum Tempel des le- bendigen GOttes wird. Aber es kan auch keine Pflicht von hoͤherer Verbindung und Schuldigkeit ſeyn, als die einem daher oblieget, daß man den Tempel, gleichſam als die Re- ſidentz GOttes, heilig halte. 2. Es kan keiner ein Tempel des leben- digen GOttes ſeyn, es ſey denn, daß er das geiſtliche Leben in ſich habe. Denn gleich- wie GOTT an ſich lebendig, ja das Leben ſelbſt iſt: alſo machet er auch lebendig, indem er das geiſtliche Leben mittheilet, alſo daß er das Reich des Satans, ſo er im Unglauben und geiſtlichen Tode hat, in uns zerſtoͤret. 3. Das Wort wohnen, in ihnen woh- nen, gehet auf die gnaͤdige Vereinigung und Ge- meinſchaft mit den Glaͤubigen: Das Wort wandeln auf die beſondere Providentz und Re- gierung GOttes, womit er uͤber ſeine Kirche, und uͤber eine iede Seele inſonderheit waltet. 4. Die Worte: Jch will ihr GOTT ſeyn, und ſie ſollen mein Volck ſeyn, ſind Worte des Gnaden-Bundes. Wer nun GOtt nennen will ſeinen GOtt, der muß auch getroſt ſagen koͤnnen: ich dein Kind, und einer deines Volcks. 5. Es iſt aber wohl zu mercken, wer al- hier bey dem Moſe rede? Zwar der Dreyeinige GOTT; aber nach einer beſondern Zueignung der Sohn GOttes, als der damals noch kuͤnf- tige Meßias. Denn wenn man den gantzen Contert des Moſaiſchen Orts anſiehet, ſo han- get er mit dem gantzen 25ten Capitel zuſammen. Dieſes Capitel nun hebet ſich mit dieſen Wor- ten an: Und der HERR redete mit Mo- ſe auf dem Berge Sinai und ſprach. Es hat alſo GOTT auf dem Berge Sinai aus der Wolcken-Seule dieſe Verordnungen Moſi an das Volck gegeben. Da wir nun wiſſen, daß der Sohn GOTTes, als der Engel des HErrn, und alſo eine von dem HErrn, oder Vater, unterſchiedene Perſon in der hochge- lobten Gottheit, dem Moſi in dem feurigen Buſch erſchienen, und ihm das gantze Werck der Ausfuͤhrung ſeines Volckes aus Egypten anvertrauet, daß er auch ſelbſt in der Wolcken- Seule vor ihnen hergezogen, ſie durchs rothe Meer gefuͤhret, und, nach dem er ſie an den Berg Sinai gebracht, ſich auf demſelben mit der Wolcken-Seule geſetzet, und, als der kuͤnf- tige Richter aller Welt und Executor ſeines Geſetzes, das Geſetz mit groſſer Majeſtaͤt gege- ben: So ſehen wir klaͤrlich, daß dieſe Worte Mo- ſis und Pauli eigentlich Worte ſind des Soh- nes GOttes unſers Heilandes. Exod. 3. 14. 15. 19. 20. Durch welche Betrachtung wir nicht wenig in der Evangeliſchen Grund-Wahrheit von der wahren Gottheit CHriſti geſtaͤrcket werden. V. 17. 18. Darum gehet aus von ihnen, und Anmerckungen. 1. Der Apoſtel ſiehet nebſt dem Orte Jeſ. 52, 11. noch auf unterſchiedliche andere Oerter, als Jer. 31, 9. 10. 33. ꝛc. und fuͤhret ſie alſo an, daß er in einigen Worten mehr auf den ſenſum ſiehet, als auf den buchſtaͤblichen Laut. Und da in deroſelben Contexte auch ſonderlich auf den Meßiam und deſſen Reich geſehen wird, ſo ſtimmen ſie daher mit den vorhergehenden deſto beſſer uͤberein. 2. Es gehen zwar dieſe letzten Oerter bey dem Propheten eigentlich auf den letztern und herrlichern Periodum der Zeiten des Reichs des Meßiaͤ: wie ſie denn auch in ſolchem Verſtan- de zum theil in der Offenbarung Johannis cap. 18, 4. c. 21, 3. angezogen worden: allein was zu einer Zeit wahr iſt, das iſt auch zur andern Zeit wahr, und gilt zu allen Zeiten, ob es wol zu der einen mit groͤſſerm Nachdruck erfuͤllet wird, als zu den andern. 3. Es iſt ein Mißbrauch dieſer Worte, wenn ſie auf eine aͤuſſerliche Abſonderung von einer ſolchen Kirche, darinnen doch GOttes Wort der oͤffentlichen Bekaͤntniß nach rein ge- lehret wird, oder doch, wo es von vielen gleich nicht geſchiehet, ſoll und darf rein gelehret wer- den, appliciret, und ſich daher von der aͤuſſer- lichen Gemeinſchaft derſelben trennet; und das aus der Urſache thut, weil darinnen ein groſſer Verfall zu finden iſt. Paulus appliciret dieſe Spruͤche auf die gaͤntzliche Verlaſſung des Hei- denthums und Verleugnung alles ungoͤttlichen Weſens. Ein anders aber iſt ein grobes ab- goͤttiſches Heidenthum, ein anderes ein ver- fallenes Chriſtenthum. Jn welchem letztern genug iſt, ſich vom ungoͤttlichen Weſen zu ſchei- den: welches gar wohl geſchehen kan, wenn man in der aͤuſſerlichen Gemeinſchaft der Kirche ſtehen bleibet: ja alsdenn ſo viel geſegneter iſt, ſo vielmehr man damit bey andern bauen kan. Waͤren Aergerniſſe zur aͤuſſerlichen Abſonde- rung eine genugſame Urſache; ſo haͤtte gewiß ſich mancher auch von der Corinthiſchen Gemeine ſondern muͤſſen. Darauf doch aber der Apo- ſtel keines weges gehet, ſondern der Sachen beſſer gerathen wiſſen will. 4. Was kan aber angenehmer ſeyn, als GOTT zum Vater haben, und in CHriſto ſein lieber Sohn, oder ſeine liebe Tochter ſeyn. Ein ieder Leſer, der es noch nicht hat, und nicht iſt, der wuͤnſche ſolches, und ſuche es in rechter Ordnung. Wer es aber hat und iſt, der freue ſich daruͤber, und ſuche vor dem all- maͤchtigen GOTT, als ein Sohn, oder Toch- ter, zu wandeln, wie Abraham, und in der Gemein-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0443" n="415"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Cap. 6, v. 16-18. an die Corinthier.</hi></fw><lb/><cb/> thier c. 3, 16. gewieſen. Man mercke uͤber das<lb/> alhier ſo viel, daß, wie allewege im Chriſten-<lb/> thum die <hi rendition="#fr">Wohlthaten</hi> mit den <hi rendition="#fr">Pflichten</hi> ver-<lb/> knuͤpfet ſind, dieſe Verknuͤpfung ſich auch in-<lb/> ſonderheit alhier befinde. Denn es kan keine<lb/><hi rendition="#fr">Wohlthat</hi> hoͤher ſeyn, als eine ſolche hohe<lb/> Gnade, dadurch man <hi rendition="#fr">zum Tempel des le-<lb/> bendigen GOttes</hi> wird. Aber es kan auch<lb/> keine <hi rendition="#fr">Pflicht</hi> von hoͤherer Verbindung und<lb/> Schuldigkeit ſeyn, als die einem daher oblieget,<lb/> daß man <hi rendition="#fr">den Tempel,</hi> gleichſam als die Re-<lb/> ſidentz GOttes, <hi rendition="#fr">heilig halte.</hi></item><lb/> <item>2. Es kan keiner ein Tempel des leben-<lb/> digen GOttes ſeyn, es ſey denn, daß er das<lb/><hi rendition="#fr">geiſtliche Leben</hi> in ſich habe. Denn gleich-<lb/> wie GOTT an ſich lebendig, ja das Leben<lb/> ſelbſt iſt: alſo machet er auch lebendig, indem<lb/> er das geiſtliche Leben mittheilet, alſo daß er<lb/> das Reich des Satans, ſo er im Unglauben<lb/> und geiſtlichen Tode hat, in uns zerſtoͤret.</item><lb/> <item>3. Das Wort <hi rendition="#fr">wohnen,</hi> in ihnen woh-<lb/> nen, gehet auf die gnaͤdige Vereinigung und Ge-<lb/> meinſchaft mit den Glaͤubigen: Das Wort<lb/><hi rendition="#fr">wandeln</hi> auf die beſondere Providentz und Re-<lb/> gierung GOttes, womit er uͤber ſeine Kirche,<lb/> und uͤber eine iede Seele inſonderheit waltet.</item><lb/> <item>4. Die Worte: <hi rendition="#fr">Jch will ihr GOTT<lb/> ſeyn, und ſie ſollen mein Volck ſeyn,</hi> ſind<lb/> Worte des Gnaden-Bundes. Wer nun<lb/> GOtt nennen will <hi rendition="#fr">ſeinen GOtt,</hi> der muß auch<lb/> getroſt ſagen koͤnnen: ich <hi rendition="#fr">dein Kind,</hi> und einer<lb/> deines Volcks.</item><lb/> <item>5. Es iſt aber wohl zu mercken, wer al-<lb/> hier bey dem Moſe rede? Zwar der Dreyeinige<lb/> GOTT; aber nach einer beſondern Zueignung<lb/> der Sohn GOttes, als der damals noch kuͤnf-<lb/> tige Meßias. Denn wenn man den gantzen<lb/> Contert des Moſaiſchen Orts anſiehet, ſo han-<lb/> get er mit dem gantzen 25ten Capitel zuſammen.<lb/> Dieſes Capitel nun hebet ſich mit dieſen Wor-<lb/> ten an: <hi rendition="#fr">Und der HERR redete mit Mo-<lb/> ſe auf dem Berge Sinai und ſprach.</hi> Es<lb/> hat alſo GOTT auf dem Berge Sinai aus<lb/> der Wolcken-Seule dieſe Verordnungen Moſi<lb/> an das Volck gegeben. Da wir nun wiſſen,<lb/> daß der Sohn GOTTes, als der Engel des<lb/> HErrn, und alſo eine von dem HErrn, oder<lb/> Vater, unterſchiedene Perſon in der hochge-<lb/> lobten Gottheit, dem Moſi in dem feurigen<lb/> Buſch erſchienen, und ihm das gantze Werck<lb/> der Ausfuͤhrung ſeines Volckes aus Egypten<lb/> anvertrauet, daß er auch ſelbſt in der Wolcken-<lb/> Seule vor ihnen hergezogen, ſie durchs rothe<lb/> Meer gefuͤhret, und, nach dem er ſie an den<lb/> Berg Sinai gebracht, ſich auf demſelben mit<lb/> der Wolcken-Seule geſetzet, und, als der kuͤnf-<lb/> tige Richter aller Welt und <hi rendition="#aq">Executor</hi> ſeines<lb/> Geſetzes, das Geſetz mit groſſer Majeſtaͤt gege-<lb/> ben: So ſehen wir klaͤrlich, daß dieſe Worte Mo-<lb/> ſis und Pauli eigentlich Worte ſind des Soh-<lb/> nes GOttes unſers Heilandes. Exod. 3. 14. 15.<lb/> 19. 20. Durch welche Betrachtung wir nicht<lb/> wenig in der Evangeliſchen Grund-Wahrheit<lb/> von der wahren Gottheit CHriſti geſtaͤrcket<lb/> werden.</item> </list><lb/> <cb/> </div> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">V. 17. 18.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Darum gehet aus von ihnen, und<lb/> ſondert euch abe, ſpricht der HErr</hi> (bey<lb/> dem Jeſaia 52, 11.) <hi rendition="#fr">und ruͤhret kein Unrei-<lb/> nes an; ſo will ich euch annehmen, und<lb/> euer Vater ſeyn, und ihr ſollt meine Soͤh-<lb/> ne und Toͤchter ſeyn, ſpricht der allmaͤch-<lb/> tige HErr.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Der Apoſtel ſiehet nebſt dem Orte Jeſ.<lb/> 52, 11. noch auf unterſchiedliche andere Oerter,<lb/> als Jer. 31, 9. 10. 33. ꝛc. und fuͤhret ſie alſo an,<lb/> daß er in einigen Worten mehr auf den <hi rendition="#aq">ſenſum</hi><lb/> ſiehet, als auf den buchſtaͤblichen Laut. Und<lb/> da in deroſelben Contexte auch ſonderlich auf den<lb/> Meßiam und deſſen Reich geſehen wird, ſo<lb/> ſtimmen ſie daher mit den vorhergehenden deſto<lb/> beſſer uͤberein.</item><lb/> <item>2. Es gehen zwar dieſe letzten Oerter bey<lb/> dem Propheten eigentlich auf den letztern und<lb/> herrlichern <hi rendition="#aq">Periodum</hi> der Zeiten des Reichs des<lb/> Meßiaͤ: wie ſie denn auch in ſolchem Verſtan-<lb/> de zum theil in der Offenbarung Johannis cap.<lb/> 18, 4. c. 21, 3. angezogen worden: allein was<lb/> zu einer Zeit wahr iſt, das iſt auch zur andern<lb/> Zeit wahr, und gilt zu allen Zeiten, ob es wol<lb/> zu der einen mit groͤſſerm Nachdruck erfuͤllet wird,<lb/> als zu den andern.</item><lb/> <item>3. Es iſt ein Mißbrauch dieſer Worte,<lb/> wenn ſie auf eine aͤuſſerliche Abſonderung von<lb/> einer ſolchen Kirche, darinnen doch GOttes<lb/> Wort der oͤffentlichen Bekaͤntniß nach rein ge-<lb/> lehret wird, oder doch, wo es von vielen gleich<lb/> nicht geſchiehet, ſoll und darf rein gelehret wer-<lb/> den, <hi rendition="#aq">applicir</hi>et, und ſich daher von der aͤuſſer-<lb/> lichen Gemeinſchaft derſelben trennet; und das<lb/> aus der Urſache thut, weil darinnen ein groſſer<lb/> Verfall zu finden iſt. Paulus <hi rendition="#aq">applicir</hi>et dieſe<lb/> Spruͤche auf die gaͤntzliche Verlaſſung des Hei-<lb/> denthums und Verleugnung alles ungoͤttlichen<lb/> Weſens. Ein anders aber iſt ein grobes ab-<lb/> goͤttiſches Heidenthum, ein anderes ein ver-<lb/> fallenes Chriſtenthum. Jn welchem letztern<lb/> genug iſt, ſich vom ungoͤttlichen Weſen zu ſchei-<lb/> den: welches gar wohl geſchehen kan, wenn<lb/> man in der aͤuſſerlichen Gemeinſchaft der Kirche<lb/> ſtehen bleibet: ja alsdenn ſo viel geſegneter iſt,<lb/> ſo vielmehr man damit bey andern bauen kan.<lb/> Waͤren Aergerniſſe zur aͤuſſerlichen Abſonde-<lb/> rung eine genugſame Urſache; ſo haͤtte gewiß ſich<lb/> mancher auch von der Corinthiſchen Gemeine<lb/> ſondern muͤſſen. Darauf doch aber der Apo-<lb/> ſtel keines weges gehet, ſondern der Sachen<lb/> beſſer gerathen wiſſen will.</item><lb/> <item>4. Was kan aber angenehmer ſeyn, als<lb/><hi rendition="#fr">GOTT zum Vater haben,</hi> und in CHriſto<lb/> ſein <hi rendition="#fr">lieber Sohn,</hi> oder ſeine <hi rendition="#fr">liebe Tochter</hi><lb/> ſeyn. Ein ieder Leſer, der es noch nicht hat,<lb/> und nicht iſt, der wuͤnſche ſolches, und ſuche es<lb/> in rechter Ordnung. Wer es aber hat und iſt,<lb/> der freue ſich daruͤber, und ſuche vor dem all-<lb/> maͤchtigen GOTT, als ein Sohn, oder Toch-<lb/> ter, zu wandeln, wie Abraham, und in der<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Gemein-</fw><lb/></item> </list> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [415/0443]
Cap. 6, v. 16-18. an die Corinthier.
thier c. 3, 16. gewieſen. Man mercke uͤber das
alhier ſo viel, daß, wie allewege im Chriſten-
thum die Wohlthaten mit den Pflichten ver-
knuͤpfet ſind, dieſe Verknuͤpfung ſich auch in-
ſonderheit alhier befinde. Denn es kan keine
Wohlthat hoͤher ſeyn, als eine ſolche hohe
Gnade, dadurch man zum Tempel des le-
bendigen GOttes wird. Aber es kan auch
keine Pflicht von hoͤherer Verbindung und
Schuldigkeit ſeyn, als die einem daher oblieget,
daß man den Tempel, gleichſam als die Re-
ſidentz GOttes, heilig halte.
2. Es kan keiner ein Tempel des leben-
digen GOttes ſeyn, es ſey denn, daß er das
geiſtliche Leben in ſich habe. Denn gleich-
wie GOTT an ſich lebendig, ja das Leben
ſelbſt iſt: alſo machet er auch lebendig, indem
er das geiſtliche Leben mittheilet, alſo daß er
das Reich des Satans, ſo er im Unglauben
und geiſtlichen Tode hat, in uns zerſtoͤret.
3. Das Wort wohnen, in ihnen woh-
nen, gehet auf die gnaͤdige Vereinigung und Ge-
meinſchaft mit den Glaͤubigen: Das Wort
wandeln auf die beſondere Providentz und Re-
gierung GOttes, womit er uͤber ſeine Kirche,
und uͤber eine iede Seele inſonderheit waltet.
4. Die Worte: Jch will ihr GOTT
ſeyn, und ſie ſollen mein Volck ſeyn, ſind
Worte des Gnaden-Bundes. Wer nun
GOtt nennen will ſeinen GOtt, der muß auch
getroſt ſagen koͤnnen: ich dein Kind, und einer
deines Volcks.
5. Es iſt aber wohl zu mercken, wer al-
hier bey dem Moſe rede? Zwar der Dreyeinige
GOTT; aber nach einer beſondern Zueignung
der Sohn GOttes, als der damals noch kuͤnf-
tige Meßias. Denn wenn man den gantzen
Contert des Moſaiſchen Orts anſiehet, ſo han-
get er mit dem gantzen 25ten Capitel zuſammen.
Dieſes Capitel nun hebet ſich mit dieſen Wor-
ten an: Und der HERR redete mit Mo-
ſe auf dem Berge Sinai und ſprach. Es
hat alſo GOTT auf dem Berge Sinai aus
der Wolcken-Seule dieſe Verordnungen Moſi
an das Volck gegeben. Da wir nun wiſſen,
daß der Sohn GOTTes, als der Engel des
HErrn, und alſo eine von dem HErrn, oder
Vater, unterſchiedene Perſon in der hochge-
lobten Gottheit, dem Moſi in dem feurigen
Buſch erſchienen, und ihm das gantze Werck
der Ausfuͤhrung ſeines Volckes aus Egypten
anvertrauet, daß er auch ſelbſt in der Wolcken-
Seule vor ihnen hergezogen, ſie durchs rothe
Meer gefuͤhret, und, nach dem er ſie an den
Berg Sinai gebracht, ſich auf demſelben mit
der Wolcken-Seule geſetzet, und, als der kuͤnf-
tige Richter aller Welt und Executor ſeines
Geſetzes, das Geſetz mit groſſer Majeſtaͤt gege-
ben: So ſehen wir klaͤrlich, daß dieſe Worte Mo-
ſis und Pauli eigentlich Worte ſind des Soh-
nes GOttes unſers Heilandes. Exod. 3. 14. 15.
19. 20. Durch welche Betrachtung wir nicht
wenig in der Evangeliſchen Grund-Wahrheit
von der wahren Gottheit CHriſti geſtaͤrcket
werden.
V. 17. 18.
Darum gehet aus von ihnen, und
ſondert euch abe, ſpricht der HErr (bey
dem Jeſaia 52, 11.) und ruͤhret kein Unrei-
nes an; ſo will ich euch annehmen, und
euer Vater ſeyn, und ihr ſollt meine Soͤh-
ne und Toͤchter ſeyn, ſpricht der allmaͤch-
tige HErr.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel ſiehet nebſt dem Orte Jeſ.
52, 11. noch auf unterſchiedliche andere Oerter,
als Jer. 31, 9. 10. 33. ꝛc. und fuͤhret ſie alſo an,
daß er in einigen Worten mehr auf den ſenſum
ſiehet, als auf den buchſtaͤblichen Laut. Und
da in deroſelben Contexte auch ſonderlich auf den
Meßiam und deſſen Reich geſehen wird, ſo
ſtimmen ſie daher mit den vorhergehenden deſto
beſſer uͤberein.
2. Es gehen zwar dieſe letzten Oerter bey
dem Propheten eigentlich auf den letztern und
herrlichern Periodum der Zeiten des Reichs des
Meßiaͤ: wie ſie denn auch in ſolchem Verſtan-
de zum theil in der Offenbarung Johannis cap.
18, 4. c. 21, 3. angezogen worden: allein was
zu einer Zeit wahr iſt, das iſt auch zur andern
Zeit wahr, und gilt zu allen Zeiten, ob es wol
zu der einen mit groͤſſerm Nachdruck erfuͤllet wird,
als zu den andern.
3. Es iſt ein Mißbrauch dieſer Worte,
wenn ſie auf eine aͤuſſerliche Abſonderung von
einer ſolchen Kirche, darinnen doch GOttes
Wort der oͤffentlichen Bekaͤntniß nach rein ge-
lehret wird, oder doch, wo es von vielen gleich
nicht geſchiehet, ſoll und darf rein gelehret wer-
den, appliciret, und ſich daher von der aͤuſſer-
lichen Gemeinſchaft derſelben trennet; und das
aus der Urſache thut, weil darinnen ein groſſer
Verfall zu finden iſt. Paulus appliciret dieſe
Spruͤche auf die gaͤntzliche Verlaſſung des Hei-
denthums und Verleugnung alles ungoͤttlichen
Weſens. Ein anders aber iſt ein grobes ab-
goͤttiſches Heidenthum, ein anderes ein ver-
fallenes Chriſtenthum. Jn welchem letztern
genug iſt, ſich vom ungoͤttlichen Weſen zu ſchei-
den: welches gar wohl geſchehen kan, wenn
man in der aͤuſſerlichen Gemeinſchaft der Kirche
ſtehen bleibet: ja alsdenn ſo viel geſegneter iſt,
ſo vielmehr man damit bey andern bauen kan.
Waͤren Aergerniſſe zur aͤuſſerlichen Abſonde-
rung eine genugſame Urſache; ſo haͤtte gewiß ſich
mancher auch von der Corinthiſchen Gemeine
ſondern muͤſſen. Darauf doch aber der Apo-
ſtel keines weges gehet, ſondern der Sachen
beſſer gerathen wiſſen will.
4. Was kan aber angenehmer ſeyn, als
GOTT zum Vater haben, und in CHriſto
ſein lieber Sohn, oder ſeine liebe Tochter
ſeyn. Ein ieder Leſer, der es noch nicht hat,
und nicht iſt, der wuͤnſche ſolches, und ſuche es
in rechter Ordnung. Wer es aber hat und iſt,
der freue ſich daruͤber, und ſuche vor dem all-
maͤchtigen GOTT, als ein Sohn, oder Toch-
ter, zu wandeln, wie Abraham, und in der
Gemein-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |