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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 5, v. 20. 21. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch]
12. Wenn es bey dem Evangelio heissen
soll: Wir bitten an CHristus statt: Las-
set euch versöhnen mit GOTT;
wo bleibt
denn der Gewissens-Zwang? Gewiß aller
Zwang
in der Religion, da es auf das Ge-
wissen und auf den Glauben ankömmt, ist anti-
christisch.
Denn ist Christus selbst davon fer-
ne gewesen; wie solte sich denn ein Mensch des-
selben anmassen können. CHristus allein ist
HERR über das Gewissen; und doch aber
zwinget er dasselbe nicht, sondern regieret es
durch kräftige und liebreiche Uberzeugung. Fin-
det diese aus Mißbrauch des freyen Willens
nicht statt, so brauchet er keinen Zwang; als
der keine gezwungene und widrige Bedienung
haben will, sondern er bestrafet endlich, als ein
gerechter Richter, den muthwilligen Mißbrauch
der gelassenen Freyheit. Und da er sich dieses
richterliche Amt über die Gewissens-Freyheit al-
lein vorbehalten hat; so ist es ein offenbarer
Eingriff in seine höchste Rechte. Ja es ist der
Gewissens-Zwang die allergrösseste und schwe-
reste Sünde unter allen; wie denn auch die
wirckliche Sünde wider den Heiligen Geist ge-
meiniglich damit verknüpfet ist.
V. 21.

Denn er hat den, der von keiner Sün-
de wußte, für uns zur Sünde gemacht,
auf daß wir würden in ihm die Gerech-
tigkeit, die vor GOtt gilt.
Jes. 53.

Anmerckungen.
1. Von keiner Sünde wissen, heißt al-
hier schlechter dinges ohne Sünde und vollkom-
men rein und heilig seyn. Welches CHristo
zukömmt nicht allein nach der göttlichen Natur,
sondern auch nach der menschlichen, als die mit
der Fülle der göttlichen ohne Masse gesalbet.
Darum denn auch zum Vorbild dieser aller-
höchsten Unschuld Christi die Opfer ohne Fehl
seyn mußten. Man sehe von dieser absoluten
Heiligkeit CHristi Jes 53, 6. 9. 12. Joh. 8, 46.
Rom. 5, 19. Hebr. 4, 15. c. 7, 26. 1 Pet. 1, 19.
c. 2, 22. Joh. 3, 9. Und ein solcher Hoherprie-
ster war uns auch nöthig, der nicht erst durfte
ein Opfer bringen für seine eigene Sünde, son-
dern der wegen seiner allerhöchsten Vollkom-
menheit die Schuld unserer unterlassenen, ja
unmöglichen, und doch obliegenden Pflichten
vollkommen abtragen konte.
2. Wie nun GOTT den, der von keiner
Sünde wußte, seinen Sohn, in angenomme-
ner menschlichen Natur zur Sünde gemacht, ist
aus dem vorhergehenden gantzen Context nun
deutlich genug zu erkennen. Es gehören dazu
folgende Stücke:
a. Des Sohnes Sponsion, oder Bürgschaft,
da er sich im Rathe der heiligen Drey-Ei-
nigkeit in der Wiederbringung des verlohr-
nen menschlichen Geschlechts zum Bürgen
und Mittler selbst dargestellet hat, mit dem
willigsten Entschlusse, menschliche Natur an
sich zu nehmen, darinnen alle Schuld und
Strafe der Menschen über sich zu nehmen,
und also das gantze menschliche Geschlecht zu
[Spaltenumbruch] versühnen. 1 Tim. 2, 5. 6. Hebr. 7, 22. 8, 6.
9, 15. 12, 24. Da nun vermöge der Spon-
sion
und der daher geschehenen so vielen Ver-
heissungen und Vorbildungen, die Sendung
und Menschwerdung des Sohnes GOttes
in der Fülle der Zeit geschahe, so geschahe
auch
b. Die Zurechnung aller unserer Sünde.
Da GOtt alle unsere Sünde auf ihn warf.
Jes. 53, 4. 5. 6. Rom 8, 3. Gal. 3, 13. nach
Anweisung der Vorbilder an den Opfer-
Thieren, welchen, unter dem Zeichen der
Auflegung der Hände, die Sünden des Vol-
ckes aufgeleget wurden. Lev. 1, 3. 4. etc. 16,
21. Dazu auch gehöret, daß die Levitischen
Priester, als Vorbilder CHristi, in ihrem
typischen Amte der Versöhnung angesehen
wurden, als solche, die des Volckes Sünde
trugen. Exod. 28, 38. 43. Siehe auch Lev.
10, 17. 19, 8. 20, 17. 19. 20. 22, 19. 24,
15. 16. etc.
c. Die wirckliche Bestrafung der Sünde
durch allerley Leiden, und durch den Creu-
tzes-Tod, womit die Strafe des ewigen
Todes verknüpfet war, wie ausser den vielen
Vorbildern in den Opfern, nach den viel-
fältigen Weissagungen Psalm 22. Jesa 53,
24. 25. die gantze Geschicht des Leidens und
des Sterbens CHristi anweiset.
d. Die Annehmung dieses, mit dem übri-
gen zur Erfüllung des Gesetzes gerichteten
vollkommenen Gehorsam verknüpften Löse-
Geldes,
zur Versöhnung für das menschli-
che Geschlecht.
3. Das heißt: GOtt hat seinen Sohn
für uns zur Sünde gemacht.
Denn ob
gleich mit solchen Worten die num. b. benann-
te Zurechnung unserer Sünde eigentlich bezeich-
net wird, so gehören doch die übrigen Stücke
mit dazu. Denn ohne die Sponsion, nach wel-
cher der Sohn GOTTes sich in der Menschen
Stelle gesetzet hat, hätte keine Zurechnung statt
gefunden: und ohne die Bestrafung der zuge-
rechneten Sünde, und ohne Annehmung sol-
cher Strafe zur Satisfaction und zum Löse-
Geld, würde die Zurechnung nichts auf sich
gehabt haben, noch uns zu statten kommen kön-
nen.
4. Die Redens-Art zur Sünde gema-
chet,
ist hergenommen aus dem Levitischen
Gottes-Dienste. Denn da wurden unter den
Opfern, als Vorbildern auf Christum, inson-
derheit die Sünd-Opfer genannt [fremdsprachliches Material - fehlt], amar-
tia, Sünde, also daß sie wie die Sünde selbst
angesehen und genennet wurden. Lev. 5, 9. 12. 6,
25. 30. Da nun das Opfer-Vieh, welches
zum Sünd-Opfer gebracht wurde, also benen-
net worden, CHristus aber davon das Gegen-
bild war, so führet er auch alhier den Namen
des Sünd-Opfers. Es lieget aber noch über
das der Nachdruck darinnen, daß CHristus,
da er sich als ein Sünd-Opfer dargestellet,
gleichsam als die Sünde selbst angesehen wor-
den, weil er damit so sehr beladen erschienen
ist:
E e e
Cap. 5, v. 20. 21. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch]
12. Wenn es bey dem Evangelio heiſſen
ſoll: Wir bitten an CHriſtus ſtatt: Laſ-
ſet euch verſoͤhnen mit GOTT;
wo bleibt
denn der Gewiſſens-Zwang? Gewiß aller
Zwang
in der Religion, da es auf das Ge-
wiſſen und auf den Glauben ankoͤmmt, iſt anti-
chriſtiſch.
Denn iſt Chriſtus ſelbſt davon fer-
ne geweſen; wie ſolte ſich denn ein Menſch deſ-
ſelben anmaſſen koͤnnen. CHriſtus allein iſt
HERR uͤber das Gewiſſen; und doch aber
zwinget er daſſelbe nicht, ſondern regieret es
durch kraͤftige und liebreiche Uberzeugung. Fin-
det dieſe aus Mißbrauch des freyen Willens
nicht ſtatt, ſo brauchet er keinen Zwang; als
der keine gezwungene und widrige Bedienung
haben will, ſondern er beſtrafet endlich, als ein
gerechter Richter, den muthwilligen Mißbrauch
der gelaſſenen Freyheit. Und da er ſich dieſes
richterliche Amt uͤber die Gewiſſens-Freyheit al-
lein vorbehalten hat; ſo iſt es ein offenbarer
Eingriff in ſeine hoͤchſte Rechte. Ja es iſt der
Gewiſſens-Zwang die allergroͤſſeſte und ſchwe-
reſte Suͤnde unter allen; wie denn auch die
wirckliche Suͤnde wider den Heiligen Geiſt ge-
meiniglich damit verknuͤpfet iſt.
V. 21.

Denn er hat den, der von keiner Suͤn-
de wußte, fuͤr uns zur Suͤnde gemacht,
auf daß wir wuͤrden in ihm die Gerech-
tigkeit, die vor GOtt gilt.
Jeſ. 53.

Anmerckungen.
1. Von keiner Suͤnde wiſſen, heißt al-
hier ſchlechter dinges ohne Suͤnde und vollkom-
men rein und heilig ſeyn. Welches CHriſto
zukoͤmmt nicht allein nach der goͤttlichen Natur,
ſondern auch nach der menſchlichen, als die mit
der Fuͤlle der goͤttlichen ohne Maſſe geſalbet.
Darum denn auch zum Vorbild dieſer aller-
hoͤchſten Unſchuld Chriſti die Opfer ohne Fehl
ſeyn mußten. Man ſehe von dieſer abſoluten
Heiligkeit CHriſti Jeſ 53, 6. 9. 12. Joh. 8, 46.
Rom. 5, 19. Hebr. 4, 15. c. 7, 26. 1 Pet. 1, 19.
c. 2, 22. Joh. 3, 9. Und ein ſolcher Hoherprie-
ſter war uns auch noͤthig, der nicht erſt durfte
ein Opfer bringen fuͤr ſeine eigene Suͤnde, ſon-
dern der wegen ſeiner allerhoͤchſten Vollkom-
menheit die Schuld unſerer unterlaſſenen, ja
unmoͤglichen, und doch obliegenden Pflichten
vollkommen abtragen konte.
2. Wie nun GOTT den, der von keiner
Suͤnde wußte, ſeinen Sohn, in angenomme-
ner menſchlichen Natur zur Suͤnde gemacht, iſt
aus dem vorhergehenden gantzen Context nun
deutlich genug zu erkennen. Es gehoͤren dazu
folgende Stuͤcke:
a. Des Sohnes Sponſion, oder Buͤrgſchaft,
da er ſich im Rathe der heiligen Drey-Ei-
nigkeit in der Wiederbringung des verlohr-
nen menſchlichen Geſchlechts zum Buͤrgen
und Mittler ſelbſt dargeſtellet hat, mit dem
willigſten Entſchluſſe, menſchliche Natur an
ſich zu nehmen, darinnen alle Schuld und
Strafe der Menſchen uͤber ſich zu nehmen,
und alſo das gantze menſchliche Geſchlecht zu
[Spaltenumbruch] verſuͤhnen. 1 Tim. 2, 5. 6. Hebr. 7, 22. 8, 6.
9, 15. 12, 24. Da nun vermoͤge der Spon-
ſion
und der daher geſchehenen ſo vielen Ver-
heiſſungen und Vorbildungen, die Sendung
und Menſchwerdung des Sohnes GOttes
in der Fuͤlle der Zeit geſchahe, ſo geſchahe
auch
b. Die Zurechnung aller unſerer Suͤnde.
Da GOtt alle unſere Suͤnde auf ihn warf.
Jeſ. 53, 4. 5. 6. Rom 8, 3. Gal. 3, 13. nach
Anweiſung der Vorbilder an den Opfer-
Thieren, welchen, unter dem Zeichen der
Auflegung der Haͤnde, die Suͤnden des Vol-
ckes aufgeleget wurden. Lev. 1, 3. 4. ꝛc. 16,
21. Dazu auch gehoͤret, daß die Levitiſchen
Prieſter, als Vorbilder CHriſti, in ihrem
typiſchen Amte der Verſoͤhnung angeſehen
wurden, als ſolche, die des Volckes Suͤnde
trugen. Exod. 28, 38. 43. Siehe auch Lev.
10, 17. 19, 8. 20, 17. 19. 20. 22, 19. 24,
15. 16. ꝛc.
c. Die wirckliche Beſtrafung der Suͤnde
durch allerley Leiden, und durch den Creu-
tzes-Tod, womit die Strafe des ewigen
Todes verknuͤpfet war, wie auſſer den vielen
Vorbildern in den Opfern, nach den viel-
faͤltigen Weiſſagungen Pſalm 22. Jeſa 53,
24. 25. die gantze Geſchicht des Leidens und
des Sterbens CHriſti anweiſet.
d. Die Annehmung dieſes, mit dem uͤbri-
gen zur Erfuͤllung des Geſetzes gerichteten
vollkommenen Gehorſam verknuͤpften Loͤſe-
Geldes,
zur Verſoͤhnung fuͤr das menſchli-
che Geſchlecht.
3. Das heißt: GOtt hat ſeinen Sohn
fuͤr uns zur Suͤnde gemacht.
Denn ob
gleich mit ſolchen Worten die num. b. benann-
te Zurechnung unſerer Suͤnde eigentlich bezeich-
net wird, ſo gehoͤren doch die uͤbrigen Stuͤcke
mit dazu. Denn ohne die Sponſion, nach wel-
cher der Sohn GOTTes ſich in der Menſchen
Stelle geſetzet hat, haͤtte keine Zurechnung ſtatt
gefunden: und ohne die Beſtrafung der zuge-
rechneten Suͤnde, und ohne Annehmung ſol-
cher Strafe zur Satisfaction und zum Loͤſe-
Geld, wuͤrde die Zurechnung nichts auf ſich
gehabt haben, noch uns zu ſtatten kommen koͤn-
nen.
4. Die Redens-Art zur Suͤnde gema-
chet,
iſt hergenommen aus dem Levitiſchen
Gottes-Dienſte. Denn da wurden unter den
Opfern, als Vorbildern auf Chriſtum, inſon-
derheit die Suͤnd-Opfer genannt [fremdsprachliches Material – fehlt], ἁμαρ-
τία, Suͤnde, alſo daß ſie wie die Suͤnde ſelbſt
angeſehen und genennet wurden. Lev. 5, 9. 12. 6,
25. 30. Da nun das Opfer-Vieh, welches
zum Suͤnd-Opfer gebracht wurde, alſo benen-
net worden, CHriſtus aber davon das Gegen-
bild war, ſo fuͤhret er auch alhier den Namen
des Suͤnd-Opfers. Es lieget aber noch uͤber
das der Nachdruck darinnen, daß CHriſtus,
da er ſich als ein Suͤnd-Opfer dargeſtellet,
gleichſam als die Suͤnde ſelbſt angeſehen wor-
den, weil er damit ſo ſehr beladen erſchienen
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[401/0429] Cap. 5, v. 20. 21. an die Corinthier. 12. Wenn es bey dem Evangelio heiſſen ſoll: Wir bitten an CHriſtus ſtatt: Laſ- ſet euch verſoͤhnen mit GOTT; wo bleibt denn der Gewiſſens-Zwang? Gewiß aller Zwang in der Religion, da es auf das Ge- wiſſen und auf den Glauben ankoͤmmt, iſt anti- chriſtiſch. Denn iſt Chriſtus ſelbſt davon fer- ne geweſen; wie ſolte ſich denn ein Menſch deſ- ſelben anmaſſen koͤnnen. CHriſtus allein iſt HERR uͤber das Gewiſſen; und doch aber zwinget er daſſelbe nicht, ſondern regieret es durch kraͤftige und liebreiche Uberzeugung. Fin- det dieſe aus Mißbrauch des freyen Willens nicht ſtatt, ſo brauchet er keinen Zwang; als der keine gezwungene und widrige Bedienung haben will, ſondern er beſtrafet endlich, als ein gerechter Richter, den muthwilligen Mißbrauch der gelaſſenen Freyheit. Und da er ſich dieſes richterliche Amt uͤber die Gewiſſens-Freyheit al- lein vorbehalten hat; ſo iſt es ein offenbarer Eingriff in ſeine hoͤchſte Rechte. Ja es iſt der Gewiſſens-Zwang die allergroͤſſeſte und ſchwe- reſte Suͤnde unter allen; wie denn auch die wirckliche Suͤnde wider den Heiligen Geiſt ge- meiniglich damit verknuͤpfet iſt. V. 21. Denn er hat den, der von keiner Suͤn- de wußte, fuͤr uns zur Suͤnde gemacht, auf daß wir wuͤrden in ihm die Gerech- tigkeit, die vor GOtt gilt. Jeſ. 53. Anmerckungen. 1. Von keiner Suͤnde wiſſen, heißt al- hier ſchlechter dinges ohne Suͤnde und vollkom- men rein und heilig ſeyn. Welches CHriſto zukoͤmmt nicht allein nach der goͤttlichen Natur, ſondern auch nach der menſchlichen, als die mit der Fuͤlle der goͤttlichen ohne Maſſe geſalbet. Darum denn auch zum Vorbild dieſer aller- hoͤchſten Unſchuld Chriſti die Opfer ohne Fehl ſeyn mußten. Man ſehe von dieſer abſoluten Heiligkeit CHriſti Jeſ 53, 6. 9. 12. Joh. 8, 46. Rom. 5, 19. Hebr. 4, 15. c. 7, 26. 1 Pet. 1, 19. c. 2, 22. Joh. 3, 9. Und ein ſolcher Hoherprie- ſter war uns auch noͤthig, der nicht erſt durfte ein Opfer bringen fuͤr ſeine eigene Suͤnde, ſon- dern der wegen ſeiner allerhoͤchſten Vollkom- menheit die Schuld unſerer unterlaſſenen, ja unmoͤglichen, und doch obliegenden Pflichten vollkommen abtragen konte. 2. Wie nun GOTT den, der von keiner Suͤnde wußte, ſeinen Sohn, in angenomme- ner menſchlichen Natur zur Suͤnde gemacht, iſt aus dem vorhergehenden gantzen Context nun deutlich genug zu erkennen. Es gehoͤren dazu folgende Stuͤcke: a. Des Sohnes Sponſion, oder Buͤrgſchaft, da er ſich im Rathe der heiligen Drey-Ei- nigkeit in der Wiederbringung des verlohr- nen menſchlichen Geſchlechts zum Buͤrgen und Mittler ſelbſt dargeſtellet hat, mit dem willigſten Entſchluſſe, menſchliche Natur an ſich zu nehmen, darinnen alle Schuld und Strafe der Menſchen uͤber ſich zu nehmen, und alſo das gantze menſchliche Geſchlecht zu verſuͤhnen. 1 Tim. 2, 5. 6. Hebr. 7, 22. 8, 6. 9, 15. 12, 24. Da nun vermoͤge der Spon- ſion und der daher geſchehenen ſo vielen Ver- heiſſungen und Vorbildungen, die Sendung und Menſchwerdung des Sohnes GOttes in der Fuͤlle der Zeit geſchahe, ſo geſchahe auch b. Die Zurechnung aller unſerer Suͤnde. Da GOtt alle unſere Suͤnde auf ihn warf. Jeſ. 53, 4. 5. 6. Rom 8, 3. Gal. 3, 13. nach Anweiſung der Vorbilder an den Opfer- Thieren, welchen, unter dem Zeichen der Auflegung der Haͤnde, die Suͤnden des Vol- ckes aufgeleget wurden. Lev. 1, 3. 4. ꝛc. 16, 21. Dazu auch gehoͤret, daß die Levitiſchen Prieſter, als Vorbilder CHriſti, in ihrem typiſchen Amte der Verſoͤhnung angeſehen wurden, als ſolche, die des Volckes Suͤnde trugen. Exod. 28, 38. 43. Siehe auch Lev. 10, 17. 19, 8. 20, 17. 19. 20. 22, 19. 24, 15. 16. ꝛc. c. Die wirckliche Beſtrafung der Suͤnde durch allerley Leiden, und durch den Creu- tzes-Tod, womit die Strafe des ewigen Todes verknuͤpfet war, wie auſſer den vielen Vorbildern in den Opfern, nach den viel- faͤltigen Weiſſagungen Pſalm 22. Jeſa 53, 24. 25. die gantze Geſchicht des Leidens und des Sterbens CHriſti anweiſet. d. Die Annehmung dieſes, mit dem uͤbri- gen zur Erfuͤllung des Geſetzes gerichteten vollkommenen Gehorſam verknuͤpften Loͤſe- Geldes, zur Verſoͤhnung fuͤr das menſchli- che Geſchlecht. 3. Das heißt: GOtt hat ſeinen Sohn fuͤr uns zur Suͤnde gemacht. Denn ob gleich mit ſolchen Worten die num. b. benann- te Zurechnung unſerer Suͤnde eigentlich bezeich- net wird, ſo gehoͤren doch die uͤbrigen Stuͤcke mit dazu. Denn ohne die Sponſion, nach wel- cher der Sohn GOTTes ſich in der Menſchen Stelle geſetzet hat, haͤtte keine Zurechnung ſtatt gefunden: und ohne die Beſtrafung der zuge- rechneten Suͤnde, und ohne Annehmung ſol- cher Strafe zur Satisfaction und zum Loͤſe- Geld, wuͤrde die Zurechnung nichts auf ſich gehabt haben, noch uns zu ſtatten kommen koͤn- nen. 4. Die Redens-Art zur Suͤnde gema- chet, iſt hergenommen aus dem Levitiſchen Gottes-Dienſte. Denn da wurden unter den Opfern, als Vorbildern auf Chriſtum, inſon- derheit die Suͤnd-Opfer genannt _ , ἁμαρ- τία, Suͤnde, alſo daß ſie wie die Suͤnde ſelbſt angeſehen und genennet wurden. Lev. 5, 9. 12. 6, 25. 30. Da nun das Opfer-Vieh, welches zum Suͤnd-Opfer gebracht wurde, alſo benen- net worden, CHriſtus aber davon das Gegen- bild war, ſo fuͤhret er auch alhier den Namen des Suͤnd-Opfers. Es lieget aber noch uͤber das der Nachdruck darinnen, daß CHriſtus, da er ſich als ein Suͤnd-Opfer dargeſtellet, gleichſam als die Suͤnde ſelbſt angeſehen wor- den, weil er damit ſo ſehr beladen erſchienen iſt: E e e

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/429>, abgerufen am 24.11.2024.