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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 5, v. 19. 20. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] CHristi zum Grunde setzet, oder in sich hält,
und beydes zur Rechtfertigung eines bußfer-
tigen Sünders vor GOTT gehöret, wie aus
Rom. 3, 22. seqq. c. 4, 3. seqq. Psalm. 32, 1. 2.
etc. bekannt ist. Allein daß von dieser Zurech-
nung alhier die Rede nicht sey, ist daraus of-
fenbar, daß Paulus alhier im gantzen Context
von der Erwerbung des Heils redet. So
leidet auch das Wort Welt diesen Verstand
nicht. Denn da durch dieses Wort, wie zuvor
erwiesen, das gantze menschliche Geschlecht ver-
standen wird: so kan man ja von demselben in
Ansehung der Rechtfertigung nicht sagen, daß
GOTT alle und iede, und darunter auch alle
unbußfertige Menschen, (als daraus die Welt,
oder darinn das menschliche Geschlecht, son-
derlich bestehet,) in Nichtzurechnung ihrer Sünde
zu Gnaden angenommen habe. Und also ist ei-
ne gedoppelte Zurechnung der Gerechtig-
keit und eine Nichtzurechnung der Sün-
den.
Die erste gehöret zu der Erwerbung
unsers Heils: Die andere zu der Zueignung.
Die erste bestehet darinn, daß GOTT das
Versöhn-Opfer CHristi für vollgültig für aller
Welt Sünde angenommen, mit der gnädigsten
Bereitwilligkeit, daß, da es der Sohn GOt-
tes nicht für sich selbst, sondern für das mensch-
liche Geschlecht gebracht, es für dasselbe gelten
und allen denen, welche sich dasselbe in der von
GOTT gemachten Ordnung durch seine Gna-
de appliciren würden, auch wircklich solle zu ih-
rer Seligkeit zu statten kommen. Da nun
dieser ersten Zurechnung eine gewisse Ordnung
der Application angehenget ist; als ohne wel-
che GOTT den meisten Menschen, oder allen
Unglaubigen und Gottlosen, die Seligkeit auf-
dringen müste; welches ungereimt ist, auch nur
zu gedencken: so gehöret die andere und spe-
cial
e, oder persönliche Zurechnung zu der glau-
bigen Zueignung, wovon alhier eigentlich die
Rede nicht ist; auf welche doch eben der Apo-
stel weiset, und dazu die allgemeine Zurechnung
appliciret wissen will, wenn er v. 20. saget:
So sind wir nun Botschafter an CHristi
statt. Denn GOTT vermahnet durch
uns. So bitten wir nun an CHristus
statt: Lasset euch versöhnen mit GOtt.
6. Und daß diese generale Zurechnung die
speciale zum Zwecke habe, zeiget der Apostel aus-
ser den ietzo angeführten Worten auch damit
deutlich genug an, daß er in obigem Verse hin-
zu setzet: Und hat unter uns aufgerichtet
das Wort von der Versöhnung.
Denn
was ist diß anders, als sagte er: Damit aber
die allgemeine Zurechnung, oder das für das
gantze menschliche Geschlecht als vollgültig an-
genommene Löse-Geld CHristi, auch, der Ap-
plication
nach, in der Ordnung des anzuzün-
denden Glaubens und der wahren Bekehrung
zur specialen oder persönlichen Zurechnung kom-
me; so hat er das Lehr-Amt eingesetzet, welches
diese hohe Wohlthat aller Welt in Verkündi-
gung des Evangelii anpreisen, aber auch dazu
die Ordnung der v. 17. zuvor gedachten neuen
Creatur erfordern und dieselbe durch die Kraft
seines Geistes befordern soll.
[Spaltenumbruch]
7. Da nun diese Paulinischen Texte von
so grosser Wichtigkeit sind, und das rechte
Marck des Evangelii und des ächten Evangeli-
schen Christenthums in sich halten; so hat man
sie fleißig zu erwegen. Nicht besser aber wer-
den sie erwogen, als wenn man sich mit seinem
gantzen Hertzen gleichsam in dem Evangelio la-
gert, und zwar also, daß man dabey immer
mehr und mehr zur neuen Creatur wird.
V. 20.

So sind wir nun Botschafter an Chri-
stus statt: Denn GOtt vermahnet durch
uns. So bitten wir nun an Christus statt:
Lasset euch versohnen mit GOtt.

Anmerckungen.
1. So declariret nun der Apostel mit meh-
rern, was er zuvor gesaget hatte von dem un-
ter uns aufgerichteten Worte der Versöhnung.
Denn da der gantze Rath GOttes von unserer
Seligkeit höchst weise ist, also daß darinnen al-
les aufs beste an einander hanget, und mit ein-
ander übereinstimmet; so muste denn auch das
Prophetische Amt CHristi dem Hohenpriester-
lichen zu statten kommen, und es zur rechten
Application bringen.
2. Gleichwie Christus selbst in angenom-
mener menschlichen Natur der Abgesandte und
Botschafter seines himmlischen Vaters gewe-
sen, und sein Prophetisches Amt erstlich selbst
unmittelbar und in eigener Person verwaltet
hat; so hat er hernach dazu seine Apostel ver-
ordnet, auch durch sie das ordentliche Lehr-Amt
eingesetzet. Denn so spricht er Joh. 17, 18.
Gleichwie du mich gesandt hast in die
Welt, so sende ich sie auch in die Welt.

Welches er auch wiederholet cap. 20, 21. Da
nun Paulus und durch Paulum Timotheus
auch zu dem Amte, das die Versöhnung predi-
get, berufen war, so spricht er mit Recht:
Wir sind nun Botschafter an CHristi
statt.
3. Jsts eine grosse Sache, eines grossen
Herrn in der Welt Botschafter zu seyn; was
muß es denn nicht auf sich haben, von dem
HErrn Himmels und der Erden zur Botschaft
des Friedes gesandt zu seyn?
4. Da aber CHristus kein weltliches Kö-
nigreich aufgerichtet hat, und noch viel weni-
ger fortgepflantzet wissen will; so ist die Wür-
de des Lehr-Amts nicht weltlich, muß auch in
keinen weltlichen Statt eingeführet werden, son-
dern geistlich und innerlich, und hat es mit
dem Gewissen vor GOTT zu thun: dabey a-
ber an sich selbst wohl wehrt, daß es auch aus-
serlich in gebührenden Ehren gehalten und kei-
nes weges verachtet werde: welches aber auch
die Lehrer nicht selbst durch ihren fleischlichen
Sinn verächtlich machen müssen; wie leider gar
häufig geschiehet.
5. Es kan niemand mit Paulo ein rechter
Botschafter an CHristi statt seyn, es sey denn
daß er sich auch mit Paulo zu CHristo recht-
schaffen bekehret habe. Denn wie kan sich
doch ein noch Unbekehrter immermehr dessen
rüh-
Cap. 5, v. 19. 20. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] CHriſti zum Grunde ſetzet, oder in ſich haͤlt,
und beydes zur Rechtfertigung eines bußfer-
tigen Suͤnders vor GOTT gehoͤret, wie aus
Rom. 3, 22. ſeqq. c. 4, 3. ſeqq. Pſalm. 32, 1. 2.
ꝛc. bekannt iſt. Allein daß von dieſer Zurech-
nung alhier die Rede nicht ſey, iſt daraus of-
fenbar, daß Paulus alhier im gantzen Context
von der Erwerbung des Heils redet. So
leidet auch das Wort Welt dieſen Verſtand
nicht. Denn da durch dieſes Wort, wie zuvor
erwieſen, das gantze menſchliche Geſchlecht ver-
ſtanden wird: ſo kan man ja von demſelben in
Anſehung der Rechtfertigung nicht ſagen, daß
GOTT alle und iede, und darunter auch alle
unbußfertige Menſchen, (als daraus die Welt,
oder darinn das menſchliche Geſchlecht, ſon-
derlich beſtehet,) in Nichtzurechnung ihrer Suͤnde
zu Gnaden angenommen habe. Und alſo iſt ei-
ne gedoppelte Zurechnung der Gerechtig-
keit und eine Nichtzurechnung der Suͤn-
den.
Die erſte gehoͤret zu der Erwerbung
unſers Heils: Die andere zu der Zueignung.
Die erſte beſtehet darinn, daß GOTT das
Verſoͤhn-Opfer CHriſti fuͤr vollguͤltig fuͤr aller
Welt Suͤnde angenommen, mit der gnaͤdigſten
Bereitwilligkeit, daß, da es der Sohn GOt-
tes nicht fuͤr ſich ſelbſt, ſondern fuͤr das menſch-
liche Geſchlecht gebracht, es fuͤr daſſelbe gelten
und allen denen, welche ſich daſſelbe in der von
GOTT gemachten Ordnung durch ſeine Gna-
de appliciren wuͤrden, auch wircklich ſolle zu ih-
rer Seligkeit zu ſtatten kommen. Da nun
dieſer erſten Zurechnung eine gewiſſe Ordnung
der Application angehenget iſt; als ohne wel-
che GOTT den meiſten Menſchen, oder allen
Unglaubigen und Gottloſen, die Seligkeit auf-
dringen muͤſte; welches ungereimt iſt, auch nur
zu gedencken: ſo gehoͤret die andere und ſpe-
cial
e, oder perſoͤnliche Zurechnung zu der glau-
bigen Zueignung, wovon alhier eigentlich die
Rede nicht iſt; auf welche doch eben der Apo-
ſtel weiſet, und dazu die allgemeine Zurechnung
appliciret wiſſen will, wenn er v. 20. ſaget:
So ſind wir nun Botſchafter an CHriſti
ſtatt. Denn GOTT vermahnet durch
uns. So bitten wir nun an CHriſtus
ſtatt: Laſſet euch verſoͤhnen mit GOtt.
6. Und daß dieſe generale Zurechnung die
ſpeciale zum Zwecke habe, zeiget der Apoſtel auſ-
ſer den ietzo angefuͤhrten Worten auch damit
deutlich genug an, daß er in obigem Verſe hin-
zu ſetzet: Und hat unter uns aufgerichtet
das Wort von der Verſoͤhnung.
Denn
was iſt diß anders, als ſagte er: Damit aber
die allgemeine Zurechnung, oder das fuͤr das
gantze menſchliche Geſchlecht als vollguͤltig an-
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plication
nach, in der Ordnung des anzuzuͤn-
denden Glaubens und der wahren Bekehrung
zur ſpecialen oder perſoͤnlichen Zurechnung kom-
me; ſo hat er das Lehr-Amt eingeſetzet, welches
dieſe hohe Wohlthat aller Welt in Verkuͤndi-
gung des Evangelii anpreiſen, aber auch dazu
die Ordnung der v. 17. zuvor gedachten neuen
Creatur erfordern und dieſelbe durch die Kraft
ſeines Geiſtes befordern ſoll.
[Spaltenumbruch]
7. Da nun dieſe Pauliniſchen Texte von
ſo groſſer Wichtigkeit ſind, und das rechte
Marck des Evangelii und des aͤchten Evangeli-
ſchen Chriſtenthums in ſich halten; ſo hat man
ſie fleißig zu erwegen. Nicht beſſer aber wer-
den ſie erwogen, als wenn man ſich mit ſeinem
gantzen Hertzen gleichſam in dem Evangelio la-
gert, und zwar alſo, daß man dabey immer
mehr und mehr zur neuen Creatur wird.
V. 20.

So ſind wir nun Botſchafter an Chri-
ſtus ſtatt: Denn GOtt vermahnet durch
uns. So bitten wir nun an Chriſtus ſtatt:
Laſſet euch verſohnen mit GOtt.

Anmerckungen.
1. So declariret nun der Apoſtel mit meh-
rern, was er zuvor geſaget hatte von dem un-
ter uns aufgerichteten Worte der Verſoͤhnung.
Denn da der gantze Rath GOttes von unſerer
Seligkeit hoͤchſt weiſe iſt, alſo daß darinnen al-
les aufs beſte an einander hanget, und mit ein-
ander uͤbereinſtimmet; ſo muſte denn auch das
Prophetiſche Amt CHriſti dem Hohenprieſter-
lichen zu ſtatten kommen, und es zur rechten
Application bringen.
2. Gleichwie Chriſtus ſelbſt in angenom-
mener menſchlichen Natur der Abgeſandte und
Botſchafter ſeines himmliſchen Vaters gewe-
ſen, und ſein Prophetiſches Amt erſtlich ſelbſt
unmittelbar und in eigener Perſon verwaltet
hat; ſo hat er hernach dazu ſeine Apoſtel ver-
ordnet, auch durch ſie das ordentliche Lehr-Amt
eingeſetzet. Denn ſo ſpricht er Joh. 17, 18.
Gleichwie du mich geſandt haſt in die
Welt, ſo ſende ich ſie auch in die Welt.

Welches er auch wiederholet cap. 20, 21. Da
nun Paulus und durch Paulum Timotheus
auch zu dem Amte, das die Verſoͤhnung predi-
get, berufen war, ſo ſpricht er mit Recht:
Wir ſind nun Botſchafter an CHriſti
ſtatt.
3. Jſts eine groſſe Sache, eines groſſen
Herrn in der Welt Botſchafter zu ſeyn; was
muß es denn nicht auf ſich haben, von dem
HErrn Himmels und der Erden zur Botſchaft
des Friedes geſandt zu ſeyn?
4. Da aber CHriſtus kein weltliches Koͤ-
nigreich aufgerichtet hat, und noch viel weni-
ger fortgepflantzet wiſſen will; ſo iſt die Wuͤr-
de des Lehr-Amts nicht weltlich, muß auch in
keinen weltlichen Statt eingefuͤhret werden, ſon-
dern geiſtlich und innerlich, und hat es mit
dem Gewiſſen vor GOTT zu thun: dabey a-
ber an ſich ſelbſt wohl wehrt, daß es auch auſ-
ſerlich in gebuͤhrenden Ehren gehalten und kei-
nes weges verachtet werde: welches aber auch
die Lehrer nicht ſelbſt durch ihren fleiſchlichen
Sinn veraͤchtlich machen muͤſſen; wie leider gar
haͤufig geſchiehet.
5. Es kan niemand mit Paulo ein rechter
Botſchafter an CHriſti ſtatt ſeyn, es ſey denn
daß er ſich auch mit Paulo zu CHriſto recht-
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doch ein noch Unbekehrter immermehr deſſen
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[399/0427] Cap. 5, v. 19. 20. an die Corinthier. CHriſti zum Grunde ſetzet, oder in ſich haͤlt, und beydes zur Rechtfertigung eines bußfer- tigen Suͤnders vor GOTT gehoͤret, wie aus Rom. 3, 22. ſeqq. c. 4, 3. ſeqq. Pſalm. 32, 1. 2. ꝛc. bekannt iſt. Allein daß von dieſer Zurech- nung alhier die Rede nicht ſey, iſt daraus of- fenbar, daß Paulus alhier im gantzen Context von der Erwerbung des Heils redet. So leidet auch das Wort Welt dieſen Verſtand nicht. Denn da durch dieſes Wort, wie zuvor erwieſen, das gantze menſchliche Geſchlecht ver- ſtanden wird: ſo kan man ja von demſelben in Anſehung der Rechtfertigung nicht ſagen, daß GOTT alle und iede, und darunter auch alle unbußfertige Menſchen, (als daraus die Welt, oder darinn das menſchliche Geſchlecht, ſon- derlich beſtehet,) in Nichtzurechnung ihrer Suͤnde zu Gnaden angenommen habe. Und alſo iſt ei- ne gedoppelte Zurechnung der Gerechtig- keit und eine Nichtzurechnung der Suͤn- den. Die erſte gehoͤret zu der Erwerbung unſers Heils: Die andere zu der Zueignung. Die erſte beſtehet darinn, daß GOTT das Verſoͤhn-Opfer CHriſti fuͤr vollguͤltig fuͤr aller Welt Suͤnde angenommen, mit der gnaͤdigſten Bereitwilligkeit, daß, da es der Sohn GOt- tes nicht fuͤr ſich ſelbſt, ſondern fuͤr das menſch- liche Geſchlecht gebracht, es fuͤr daſſelbe gelten und allen denen, welche ſich daſſelbe in der von GOTT gemachten Ordnung durch ſeine Gna- de appliciren wuͤrden, auch wircklich ſolle zu ih- rer Seligkeit zu ſtatten kommen. Da nun dieſer erſten Zurechnung eine gewiſſe Ordnung der Application angehenget iſt; als ohne wel- che GOTT den meiſten Menſchen, oder allen Unglaubigen und Gottloſen, die Seligkeit auf- dringen muͤſte; welches ungereimt iſt, auch nur zu gedencken: ſo gehoͤret die andere und ſpe- ciale, oder perſoͤnliche Zurechnung zu der glau- bigen Zueignung, wovon alhier eigentlich die Rede nicht iſt; auf welche doch eben der Apo- ſtel weiſet, und dazu die allgemeine Zurechnung appliciret wiſſen will, wenn er v. 20. ſaget: So ſind wir nun Botſchafter an CHriſti ſtatt. Denn GOTT vermahnet durch uns. So bitten wir nun an CHriſtus ſtatt: Laſſet euch verſoͤhnen mit GOtt. 6. Und daß dieſe generale Zurechnung die ſpeciale zum Zwecke habe, zeiget der Apoſtel auſ- ſer den ietzo angefuͤhrten Worten auch damit deutlich genug an, daß er in obigem Verſe hin- zu ſetzet: Und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Verſoͤhnung. Denn was iſt diß anders, als ſagte er: Damit aber die allgemeine Zurechnung, oder das fuͤr das gantze menſchliche Geſchlecht als vollguͤltig an- genommene Loͤſe-Geld CHriſti, auch, der Ap- plication nach, in der Ordnung des anzuzuͤn- denden Glaubens und der wahren Bekehrung zur ſpecialen oder perſoͤnlichen Zurechnung kom- me; ſo hat er das Lehr-Amt eingeſetzet, welches dieſe hohe Wohlthat aller Welt in Verkuͤndi- gung des Evangelii anpreiſen, aber auch dazu die Ordnung der v. 17. zuvor gedachten neuen Creatur erfordern und dieſelbe durch die Kraft ſeines Geiſtes befordern ſoll. 7. Da nun dieſe Pauliniſchen Texte von ſo groſſer Wichtigkeit ſind, und das rechte Marck des Evangelii und des aͤchten Evangeli- ſchen Chriſtenthums in ſich halten; ſo hat man ſie fleißig zu erwegen. Nicht beſſer aber wer- den ſie erwogen, als wenn man ſich mit ſeinem gantzen Hertzen gleichſam in dem Evangelio la- gert, und zwar alſo, daß man dabey immer mehr und mehr zur neuen Creatur wird. V. 20. So ſind wir nun Botſchafter an Chri- ſtus ſtatt: Denn GOtt vermahnet durch uns. So bitten wir nun an Chriſtus ſtatt: Laſſet euch verſohnen mit GOtt. Anmerckungen. 1. So declariret nun der Apoſtel mit meh- rern, was er zuvor geſaget hatte von dem un- ter uns aufgerichteten Worte der Verſoͤhnung. Denn da der gantze Rath GOttes von unſerer Seligkeit hoͤchſt weiſe iſt, alſo daß darinnen al- les aufs beſte an einander hanget, und mit ein- ander uͤbereinſtimmet; ſo muſte denn auch das Prophetiſche Amt CHriſti dem Hohenprieſter- lichen zu ſtatten kommen, und es zur rechten Application bringen. 2. Gleichwie Chriſtus ſelbſt in angenom- mener menſchlichen Natur der Abgeſandte und Botſchafter ſeines himmliſchen Vaters gewe- ſen, und ſein Prophetiſches Amt erſtlich ſelbſt unmittelbar und in eigener Perſon verwaltet hat; ſo hat er hernach dazu ſeine Apoſtel ver- ordnet, auch durch ſie das ordentliche Lehr-Amt eingeſetzet. Denn ſo ſpricht er Joh. 17, 18. Gleichwie du mich geſandt haſt in die Welt, ſo ſende ich ſie auch in die Welt. Welches er auch wiederholet cap. 20, 21. Da nun Paulus und durch Paulum Timotheus auch zu dem Amte, das die Verſoͤhnung predi- get, berufen war, ſo ſpricht er mit Recht: Wir ſind nun Botſchafter an CHriſti ſtatt. 3. Jſts eine groſſe Sache, eines groſſen Herrn in der Welt Botſchafter zu ſeyn; was muß es denn nicht auf ſich haben, von dem HErrn Himmels und der Erden zur Botſchaft des Friedes geſandt zu ſeyn? 4. Da aber CHriſtus kein weltliches Koͤ- nigreich aufgerichtet hat, und noch viel weni- ger fortgepflantzet wiſſen will; ſo iſt die Wuͤr- de des Lehr-Amts nicht weltlich, muß auch in keinen weltlichen Statt eingefuͤhret werden, ſon- dern geiſtlich und innerlich, und hat es mit dem Gewiſſen vor GOTT zu thun: dabey a- ber an ſich ſelbſt wohl wehrt, daß es auch auſ- ſerlich in gebuͤhrenden Ehren gehalten und kei- nes weges verachtet werde: welches aber auch die Lehrer nicht ſelbſt durch ihren fleiſchlichen Sinn veraͤchtlich machen muͤſſen; wie leider gar haͤufig geſchiehet. 5. Es kan niemand mit Paulo ein rechter Botſchafter an CHriſti ſtatt ſeyn, es ſey denn daß er ſich auch mit Paulo zu CHriſto recht- ſchaffen bekehret habe. Denn wie kan ſich doch ein noch Unbekehrter immermehr deſſen ruͤh-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/427>, abgerufen am 24.11.2024.