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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 5, 14. 15. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] rechtem Zweck betrachtet, eine solche mit der
Vollkommenheit GOttes streitende Idee von
GOtt geben, denen so sehr vielen, klaren und
leichten, welche auf eine allgemeine Gnade
führen, und uns den rechten Concept von der
Liebe GOttes und von der Erlösung CHristi
geben, entgegen, und will diese nach jenen,
nicht aber jene (die doch auch ihre Richtigkeit
haben, wie wir oben bey dem schwersten Orte
des neunten Capitels der Epistel an die Rö-
mer gesehen) nach diesen verstehen. Wel-
ches doch weder die gesunde Vernunft, noch
die hermeneutica zuläßt. Die Erfahrung
aber betreffend, so können wir diese so vielwe-
niger so vielen Oertern der heiligen Schrift,
auch den vorher angeführten Gründen, entge-
gen setzen, so viel mangelhafter sie bey uns ist,
und so viel weniger iemand wissen kan, was
GOtt mit so vielen Nationen bishero äusserlich
und innerlich vorgenommen hat, und noch vor-
nimmt, und so vielweniger iemanden die Auf-
sicht darüber anbefohlen ist, von ihnen Rede
und Antwort vor GOtt und Menschen zu ge-
ben; und so vielweniger es sich schicken will,
eine der wichtigsten Glaubens Lehren aus der
Historie zu beurtheilen, und nach ihrem ei-
gentlichen Sinne zu entscheiden.
8. Es ist nun noch zu erwegen, wie daher,
daß Christus für alle gestorben, gesaget
werden könne, sie wären alle gestorben:

nemlich eben damit wird angezeiget, daß der
Tod CHristi sey gewesen ein Versöhnungs-Tod,
und daß er an aller Menschen statt dergestalt ge-
schehen, daß damit ein solches Löse-Geld für alle
Menschen gebracht worden, welches, so viel die
Erwerbung betrifft, für alle Menschen gültig
sey; und zwar dergestalt, als hätte ein ieder, der
sich dieses Löse-Geld in rechter Ordnung applici-
ret, für sich selbst, oder für seine eigene Sünde,
die Strafe des Todes und der Verdammniß über
sich genommen, und damit für seine Sünde ge-
nug gethan. Wie denn, wo einer für viele in
weltlichen Gerichten eine Ranzion thut, diese
hernach allen zugerechnet wird, so gut, als wenn
ein ieder für sich selbst dem Gerichte hätte ein Ge-
nüge thun können. Darum saget Petrus, wenn
er uns von der leiblichen Ranzion auf die geistliche
führet: Wisset, daß ihr nicht mit vergäng-
lichen Silber oder Gold erlöset seyd - -
sondern mit dem theuren Blute CHristi,
als eines unschuldigen, und unbefleckten
Lammes
1 Pet. 1, 18. 19. Und 2 Pet. 2, 1.
Sie verleugnen den HErrn, der sie erkau-
fet hat:
Auch Paulus Gal. 3, 13. CHristus
hat uns erlöset
(exegorasen, hat uns erkau-
fet, ranzioniret) von dem Fluche des Gese-
tzes
etc.
9. Ein ieder ersiehet in diesem Werck der
durch den Versöhnungs-Tod vollbrachten Erlö-
sung CHristi ein Bild des Gesetzes und des
Evangelii. Des Gesetzes
zum heiligen
Schrecken, was für ein grosses Ubel die Sün-
den seyn müsse, weil selbst der Sohn GOttes, um
derselben Schuld und Strafe abzuthun, es für
nothwendig gefunden, die menschliche Natur an
sich zu nehmen; und vermöge derselben sich in
[Spaltenumbruch] den Tod für uns Sünder dahin gegeben. Des
Evangelii
aber zum kräftigsten Trost, daß
CHristi Tod für uns und an unserer statt gesche-
hen, und wir Kraft des damit dargelegten Löse-
Geldes von der Schuld und Strafe aller Sünde
losgesprochen seyn sollen: wo wir uns anders in
der Ordnung der gehörigen Application befin-
den.
10. Du aber, o Seele, die du über der
Erkäntniß deiner Sünde und deines grossen Ver-
derbens erschrocken und gebeuget bist, verzage
nicht! Jst CHristus für alle ohne Ausnahme ge-
storben, so ist er auch für dich zu deiner Erlösung
und Seligmachung gestorben, so gewiß als
wenn du mit Namen dabey insonderheit genen-
net wärest. Das ist der Grund, darauf hast du
deinen Glauben zu bauen. Da nun der Grund
vest genug ist, warum woltest du nicht auf ihn
bauen? Jst die Sünde in dir, wie vor dem der
würcklichen Beherrschung und Ausübung nach,
also auch itzo nach dem bußfertigen Gesühle,
mächtig worden; so ist die Gnade der Erlösung
noch viel grösser und mächtiger. Röm. 5, 20.
Das glaube! Dazu sage Amen! Und sprich
demnach mit dem bußfertigen Zöllner Luc. 18,
13. GOtt sey mir Sünder gnädig! Und mit
Paulo: Der Sohn GOttes hat auch mich
geliebet, und sich selbst auch für mich dar-
gegeben! Jch werfe nicht weg die Gnade
GOttes:
Noch ferner mit Paulo in gläubiger
Zueignung auf dich selbst: Es ist ie gewißlich
wahr, und ein theuer werthes Wort,
(lo-
gos pistos, ein sichers, gewisses, treues Wort,
kai pases apodokhes axios, und aller willigen
Aufnahme werth) daß JEsus CHristus kom-
men ist in die Welt, die Sünder selig zu
machen, unter welchen ich der fürnehm-
ste bin.
So kömmt man von der allgemeinen
Regel zum Exempel auf sich selbst. Und so er-
kennet sich billig ein ieder für den fürnehmsten
Sünder, weil ein ieder sein eignes Elend tiefer
einsiehet, als eines andern. Und wer so fein
tief gräbet, der bewurtzelt wohl; und zwar in
einem evangelischen seligen Grunde, daraus
denn die Früchte des Geistes mit Lust in der
Kraft hervor wachsen.
V. 15.

Und er ist darum für sie alle gestorben,
auf daß die da leben, hinfort nicht ihnen
selbst leben, sondern dem, der für sie ge-
storben und auferstanden ist.

Anmerckungen.
1. Der Apostel verbindet die Kraft des
Todes CHristi zur Erlösung aufs genaueste mit
deroselben Frucht in rechter Anwendung zu dem
Werck der Heiligung. Welche beyde Stü-
cke das rechte Hertz des gantzen Christenthums
ausmachen, und von einander gantz unzertrenn-
lich sind.
2. Trennet man von der Erlösung, wor-
aus wir uns die Gerechtigkeit CHristi zur Ver-
gebung der Sünde und zum rechten Seelen-
Frieden appliciren, die Frucht der Heili-
gung;
so gehet man ein in eine fleischliche Si-
cher-
D d d
Cap. 5, 14. 15. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] rechtem Zweck betrachtet, eine ſolche mit der
Vollkommenheit GOttes ſtreitende Idee von
GOtt geben, denen ſo ſehr vielen, klaren und
leichten, welche auf eine allgemeine Gnade
fuͤhren, und uns den rechten Concept von der
Liebe GOttes und von der Erloͤſung CHriſti
geben, entgegen, und will dieſe nach jenen,
nicht aber jene (die doch auch ihre Richtigkeit
haben, wie wir oben bey dem ſchwerſten Orte
des neunten Capitels der Epiſtel an die Roͤ-
mer geſehen) nach dieſen verſtehen. Wel-
ches doch weder die geſunde Vernunft, noch
die hermeneutica zulaͤßt. Die Erfahrung
aber betreffend, ſo koͤnnen wir dieſe ſo vielwe-
niger ſo vielen Oertern der heiligen Schrift,
auch den vorher angefuͤhrten Gruͤnden, entge-
gen ſetzen, ſo viel mangelhafter ſie bey uns iſt,
und ſo viel weniger iemand wiſſen kan, was
GOtt mit ſo vielen Nationen bishero aͤuſſerlich
und innerlich vorgenommen hat, und noch vor-
nimmt, und ſo vielweniger iemanden die Auf-
ſicht daruͤber anbefohlen iſt, von ihnen Rede
und Antwort vor GOtt und Menſchen zu ge-
ben; und ſo vielweniger es ſich ſchicken will,
eine der wichtigſten Glaubens Lehren aus der
Hiſtorie zu beurtheilen, und nach ihrem ei-
gentlichen Sinne zu entſcheiden.
8. Es iſt nun noch zu erwegen, wie daher,
daß Chriſtus fuͤr alle geſtorben, geſaget
werden koͤnne, ſie waͤren alle geſtorben:

nemlich eben damit wird angezeiget, daß der
Tod CHriſti ſey geweſen ein Verſoͤhnungs-Tod,
und daß er an aller Menſchen ſtatt dergeſtalt ge-
ſchehen, daß damit ein ſolches Loͤſe-Geld fuͤr alle
Menſchen gebracht worden, welches, ſo viel die
Erwerbung betrifft, fuͤr alle Menſchen guͤltig
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ret, fuͤr ſich ſelbſt, oder fuͤr ſeine eigene Suͤnde,
die Strafe des Todes und der Verdammniß uͤber
ſich genommen, und damit fuͤr ſeine Suͤnde ge-
nug gethan. Wie denn, wo einer fuͤr viele in
weltlichen Gerichten eine Ranzion thut, dieſe
hernach allen zugerechnet wird, ſo gut, als wenn
ein ieder fuͤr ſich ſelbſt dem Gerichte haͤtte ein Ge-
nuͤge thun koͤnnen. Darum ſaget Petrus, wenn
er uns von der leiblichen Ranzion auf die geiſtliche
fuͤhret: Wiſſet, daß ihr nicht mit vergaͤng-
lichen Silber oder Gold erloͤſet ſeyd ‒ ‒
ſondern mit dem theuren Blute CHriſti,
als eines unſchuldigen, und unbefleckten
Lammes
1 Pet. 1, 18. 19. Und 2 Pet. 2, 1.
Sie verleugnen den HErrn, der ſie erkau-
fet hat:
Auch Paulus Gal. 3, 13. CHriſtus
hat uns erloͤſet
(ἐξηγόρασεν, hat uns erkau-
fet, ranzioniret) von dem Fluche des Geſe-
tzes
ꝛc.
9. Ein ieder erſiehet in dieſem Werck der
durch den Verſoͤhnungs-Tod vollbrachten Erloͤ-
ſung CHriſti ein Bild des Geſetzes und des
Evangelii. Des Geſetzes
zum heiligen
Schrecken, was fuͤr ein groſſes Ubel die Suͤn-
den ſeyn muͤſſe, weil ſelbſt der Sohn GOttes, um
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nothwendig gefunden, die menſchliche Natur an
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[Spaltenumbruch] den Tod fuͤr uns Suͤnder dahin gegeben. Des
Evangelii
aber zum kraͤftigſten Troſt, daß
CHriſti Tod fuͤr uns und an unſerer ſtatt geſche-
hen, und wir Kraft des damit dargelegten Loͤſe-
Geldes von der Schuld und Strafe aller Suͤnde
losgeſprochen ſeyn ſollen: wo wir uns anders in
der Ordnung der gehoͤrigen Application befin-
den.
10. Du aber, o Seele, die du uͤber der
Erkaͤntniß deiner Suͤnde und deines groſſen Ver-
derbens erſchrocken und gebeuget biſt, verzage
nicht! Jſt CHriſtus fuͤr alle ohne Ausnahme ge-
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und Seligmachung geſtorben, ſo gewiß als
wenn du mit Namen dabey inſonderheit genen-
net waͤreſt. Das iſt der Grund, darauf haſt du
deinen Glauben zu bauen. Da nun der Grund
veſt genug iſt, warum wolteſt du nicht auf ihn
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wuͤrcklichen Beherrſchung und Ausuͤbung nach,
alſo auch itzo nach dem bußfertigen Geſuͤhle,
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noch viel groͤſſer und maͤchtiger. Roͤm. 5, 20.
Das glaube! Dazu ſage Amen! Und ſprich
demnach mit dem bußfertigen Zoͤllner Luc. 18,
13. GOtt ſey mir Suͤnder gnaͤdig! Und mit
Paulo: Der Sohn GOttes hat auch mich
geliebet, und ſich ſelbſt auch fuͤr mich dar-
gegeben! Jch werfe nicht weg die Gnade
GOttes:
Noch ferner mit Paulo in glaͤubiger
Zueignung auf dich ſelbſt: Es iſt ie gewißlich
wahr, und ein theuer werthes Wort,
(λό-
γος πιϛὸς, ein ſichers, gewiſſes, treues Wort,
καὶ πάσης άποδοχῆς ἄξιος, und aller willigen
Aufnahme werth) daß JEſus CHriſtus kom-
men iſt in die Welt, die Suͤnder ſelig zu
machen, unter welchen ich der fuͤrnehm-
ſte bin.
So koͤmmt man von der allgemeinen
Regel zum Exempel auf ſich ſelbſt. Und ſo er-
kennet ſich billig ein ieder fuͤr den fuͤrnehmſten
Suͤnder, weil ein ieder ſein eignes Elend tiefer
einſiehet, als eines andern. Und wer ſo fein
tief graͤbet, der bewurtzelt wohl; und zwar in
einem evangeliſchen ſeligen Grunde, daraus
denn die Fruͤchte des Geiſtes mit Luſt in der
Kraft hervor wachſen.
V. 15.

Und er iſt darum fuͤr ſie alle geſtorben,
auf daß die da leben, hinfort nicht ihnen
ſelbſt leben, ſondern dem, der fuͤr ſie ge-
ſtorben und auferſtanden iſt.

Anmerckungen.
1. Der Apoſtel verbindet die Kraft des
Todes CHriſti zur Erloͤſung aufs genaueſte mit
deroſelben Frucht in rechter Anwendung zu dem
Werck der Heiligung. Welche beyde Stuͤ-
cke das rechte Hertz des gantzen Chriſtenthums
ausmachen, und von einander gantz unzertrenn-
lich ſind.
2. Trennet man von der Erloͤſung, wor-
aus wir uns die Gerechtigkeit CHriſti zur Ver-
gebung der Suͤnde und zum rechten Seelen-
Frieden appliciren, die Frucht der Heili-
gung;
ſo gehet man ein in eine fleiſchliche Si-
cher-
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[393/0421] Cap. 5, 14. 15. an die Corinthier. rechtem Zweck betrachtet, eine ſolche mit der Vollkommenheit GOttes ſtreitende Idee von GOtt geben, denen ſo ſehr vielen, klaren und leichten, welche auf eine allgemeine Gnade fuͤhren, und uns den rechten Concept von der Liebe GOttes und von der Erloͤſung CHriſti geben, entgegen, und will dieſe nach jenen, nicht aber jene (die doch auch ihre Richtigkeit haben, wie wir oben bey dem ſchwerſten Orte des neunten Capitels der Epiſtel an die Roͤ- mer geſehen) nach dieſen verſtehen. Wel- ches doch weder die geſunde Vernunft, noch die hermeneutica zulaͤßt. Die Erfahrung aber betreffend, ſo koͤnnen wir dieſe ſo vielwe- niger ſo vielen Oertern der heiligen Schrift, auch den vorher angefuͤhrten Gruͤnden, entge- gen ſetzen, ſo viel mangelhafter ſie bey uns iſt, und ſo viel weniger iemand wiſſen kan, was GOtt mit ſo vielen Nationen bishero aͤuſſerlich und innerlich vorgenommen hat, und noch vor- nimmt, und ſo vielweniger iemanden die Auf- ſicht daruͤber anbefohlen iſt, von ihnen Rede und Antwort vor GOtt und Menſchen zu ge- ben; und ſo vielweniger es ſich ſchicken will, eine der wichtigſten Glaubens Lehren aus der Hiſtorie zu beurtheilen, und nach ihrem ei- gentlichen Sinne zu entſcheiden. 8. Es iſt nun noch zu erwegen, wie daher, daß Chriſtus fuͤr alle geſtorben, geſaget werden koͤnne, ſie waͤren alle geſtorben: nemlich eben damit wird angezeiget, daß der Tod CHriſti ſey geweſen ein Verſoͤhnungs-Tod, und daß er an aller Menſchen ſtatt dergeſtalt ge- ſchehen, daß damit ein ſolches Loͤſe-Geld fuͤr alle Menſchen gebracht worden, welches, ſo viel die Erwerbung betrifft, fuͤr alle Menſchen guͤltig ſey; und zwar dergeſtalt, als haͤtte ein ieder, der ſich dieſes Loͤſe-Geld in rechter Ordnung applici- ret, fuͤr ſich ſelbſt, oder fuͤr ſeine eigene Suͤnde, die Strafe des Todes und der Verdammniß uͤber ſich genommen, und damit fuͤr ſeine Suͤnde ge- nug gethan. Wie denn, wo einer fuͤr viele in weltlichen Gerichten eine Ranzion thut, dieſe hernach allen zugerechnet wird, ſo gut, als wenn ein ieder fuͤr ſich ſelbſt dem Gerichte haͤtte ein Ge- nuͤge thun koͤnnen. Darum ſaget Petrus, wenn er uns von der leiblichen Ranzion auf die geiſtliche fuͤhret: Wiſſet, daß ihr nicht mit vergaͤng- lichen Silber oder Gold erloͤſet ſeyd ‒ ‒ ſondern mit dem theuren Blute CHriſti, als eines unſchuldigen, und unbefleckten Lammes 1 Pet. 1, 18. 19. Und 2 Pet. 2, 1. Sie verleugnen den HErrn, der ſie erkau- fet hat: Auch Paulus Gal. 3, 13. CHriſtus hat uns erloͤſet (ἐξηγόρασεν, hat uns erkau- fet, ranzioniret) von dem Fluche des Geſe- tzes ꝛc. 9. Ein ieder erſiehet in dieſem Werck der durch den Verſoͤhnungs-Tod vollbrachten Erloͤ- ſung CHriſti ein Bild des Geſetzes und des Evangelii. Des Geſetzes zum heiligen Schrecken, was fuͤr ein groſſes Ubel die Suͤn- den ſeyn muͤſſe, weil ſelbſt der Sohn GOttes, um derſelben Schuld und Strafe abzuthun, es fuͤr nothwendig gefunden, die menſchliche Natur an ſich zu nehmen; und vermoͤge derſelben ſich in den Tod fuͤr uns Suͤnder dahin gegeben. Des Evangelii aber zum kraͤftigſten Troſt, daß CHriſti Tod fuͤr uns und an unſerer ſtatt geſche- hen, und wir Kraft des damit dargelegten Loͤſe- Geldes von der Schuld und Strafe aller Suͤnde losgeſprochen ſeyn ſollen: wo wir uns anders in der Ordnung der gehoͤrigen Application befin- den. 10. Du aber, o Seele, die du uͤber der Erkaͤntniß deiner Suͤnde und deines groſſen Ver- derbens erſchrocken und gebeuget biſt, verzage nicht! Jſt CHriſtus fuͤr alle ohne Ausnahme ge- ſtorben, ſo iſt er auch fuͤr dich zu deiner Erloͤſung und Seligmachung geſtorben, ſo gewiß als wenn du mit Namen dabey inſonderheit genen- net waͤreſt. Das iſt der Grund, darauf haſt du deinen Glauben zu bauen. Da nun der Grund veſt genug iſt, warum wolteſt du nicht auf ihn bauen? Jſt die Suͤnde in dir, wie vor dem der wuͤrcklichen Beherrſchung und Ausuͤbung nach, alſo auch itzo nach dem bußfertigen Geſuͤhle, maͤchtig worden; ſo iſt die Gnade der Erloͤſung noch viel groͤſſer und maͤchtiger. Roͤm. 5, 20. Das glaube! Dazu ſage Amen! Und ſprich demnach mit dem bußfertigen Zoͤllner Luc. 18, 13. GOtt ſey mir Suͤnder gnaͤdig! Und mit Paulo: Der Sohn GOttes hat auch mich geliebet, und ſich ſelbſt auch fuͤr mich dar- gegeben! Jch werfe nicht weg die Gnade GOttes: Noch ferner mit Paulo in glaͤubiger Zueignung auf dich ſelbſt: Es iſt ie gewißlich wahr, und ein theuer werthes Wort, (λό- γος πιϛὸς, ein ſichers, gewiſſes, treues Wort, καὶ πάσης άποδοχῆς ἄξιος, und aller willigen Aufnahme werth) daß JEſus CHriſtus kom- men iſt in die Welt, die Suͤnder ſelig zu machen, unter welchen ich der fuͤrnehm- ſte bin. So koͤmmt man von der allgemeinen Regel zum Exempel auf ſich ſelbſt. Und ſo er- kennet ſich billig ein ieder fuͤr den fuͤrnehmſten Suͤnder, weil ein ieder ſein eignes Elend tiefer einſiehet, als eines andern. Und wer ſo fein tief graͤbet, der bewurtzelt wohl; und zwar in einem evangeliſchen ſeligen Grunde, daraus denn die Fruͤchte des Geiſtes mit Luſt in der Kraft hervor wachſen. V. 15. Und er iſt darum fuͤr ſie alle geſtorben, auf daß die da leben, hinfort nicht ihnen ſelbſt leben, ſondern dem, der fuͤr ſie ge- ſtorben und auferſtanden iſt. Anmerckungen. 1. Der Apoſtel verbindet die Kraft des Todes CHriſti zur Erloͤſung aufs genaueſte mit deroſelben Frucht in rechter Anwendung zu dem Werck der Heiligung. Welche beyde Stuͤ- cke das rechte Hertz des gantzen Chriſtenthums ausmachen, und von einander gantz unzertrenn- lich ſind. 2. Trennet man von der Erloͤſung, wor- aus wir uns die Gerechtigkeit CHriſti zur Ver- gebung der Suͤnde und zum rechten Seelen- Frieden appliciren, die Frucht der Heili- gung; ſo gehet man ein in eine fleiſchliche Si- cher- D d d

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/421>, abgerufen am 27.11.2024.