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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 5, 14. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] noch klärlicher das an statt in der Rede
vom Sterben CHristi ausdrucket. Man
sehe Matth. 20, 28. da es heißt: Des Men-
schen Sohn ist nicht kommen, daß er
ihm dienen lasse, sondern daß er diene,
und gebe sein Leben zur Erlösung
anti
pollon, für viele, oder an statt ihrer vie-
le.
Und da das Wort lutron, Löse-Geld,
ohne das an sich schon gehet auf eine Substitu-
tion,
oder das, was an eines andern statt ge-
schiehet, so ist zu diesem Worte, um diesen
Verstand mit desto mehrerm Nachdruck darein
zu legen, 1 Tim. 2, 5. 6. das Wörtlein
anti, an statt, gesetzet, und in der Compo-
sition
ein Wort daraus gemachet, da es heißt:
Es ist ein GOtt und ein Mittler zwischen
GOtt und den Menschen, nemlich der
Mensch CHristus JEsus, der sich selbst
gegeben hat für alle zur Erlösung,
anti-
lutron, zur Erlösung an ihrer statt.
e. Aus allen Schriftstellen, welche von
der Erkaufung und Erlösung CHristi
handeln,
derer gar viele sind aus den itzo
angeführten im alten und neuen Testament.
Siehe unter andern sonderlich Jes. 13, 24. 25.
c. 53. Rom. 3, 24. seqq. c. 4, 25. c. 5, 6. seqq.
2 Cor. 5, 18. seqq. Gal. 3, 13. 1 Pet. 1, 18. 19.
1 Joh. 1, 7. c. 2, 2. Act. 1, 3. Apoc. 1, 5.
Was kan aber eine Erlösung und Erkaufung
anderer sonst seyn, als daß sie an ihrer statt
geschehen? Hiezu kommen auch alle Oerter
von der Rechtfertigung, darinnen gehan-
delt wird von dem, daß uns die durch den
Versöhnungs-Tod erworbene Gerechtigkeit
CHristi zugerechnet wird, gleichwie ihm un-
sere Sünde, vermöge der von ihm willigst
übernommenen Bürgschaft, zu gerechnet wor-
den.
8. Nechst dem aber ist der Nachdruck des
Worts alle wohl zu erwägen, daß CHristus
für alle gestorben: nemlich daß es nicht allein
auf die Auserwehlten, sondern ohne eintzige
Ausnahme auf alle Menschen
gehe. Wel-
ches ich erweise:
a. Aus dem natürlichen Verstand des
Worts alle:
welches auch alhie durch
nichts auf einen engern Verstand restringiret,
sondern vielmehr durch alle folgende Momen-
ta
auf seine gehörige Weite und Breite exten-
di
ret wird, und also in derselben billig ange-
nommen werden muß.
b. Aus der Beschaffenheit aller Menschen.
Diese ist ansich gleich. Sie sind alle in Sün-
den empfangen und geboren, liegen alle von
Natur unter dem Fluche des Geseses, u. unter
dem Zorn GOttes. Und gleichwie dem einen
sowol, als dem andern die Sünde angeerbet ist;
so kan sich auch der eine so wenig helfen als der
andere. Und gleichwie sie daher alle ohne
Unterscheid der Erlösung höchst benöthigt
sind: so findet sich auf Seiten ihrer gar keine
Ursache, warum nicht alle insgesamt, sondern
ihrer nur der allerwenigsten wären erlöset
worden.
c. Aus der Beschaffenheit des Erlösers: als bey
welchem noch weniger einige Ursache der par-
ticulai
ren Erlösung zu finden ist. Denn es
[Spaltenumbruch] hat ihm nicht am Willen, noch am Ver-
mögen
gefehlet, alle zu erlösen. Nicht am
Willen.
Denn den kan man sich in der Lie-
be zu helfen nicht anders als höchst vollkom-
men vorstellen, woferne man sich nicht eine
auch der gesunden Vernunft zuwider laufen-
de Idce von dem Willen und der gantzen Natur
CHristi machen will. Er würde aber höchst
unvollkommen, und partheyisch seyn, wenn
man ihme eine solche Particularität, so nur auf
die Auserwehlten ginge, zuschreiben wolte.
Und wie kan doch der, der uns eine allgemei-
ne Liebe
ohne alle Ausnahme auf alle Men-
schen anbefohlen hat, selbst eine so enge ein-
geschrenckte Liebe haben? Solten wir es ih-
me denn in der Liebe zuvor thun? und solten
wir alle Menschen lieben, wie er die meisten
hasset? Und da kein gläubiger Christ ist, der
nicht, wenn er das Vermögen hätte, seine
allgemeine Liebe auch in der That allen Men-
schen zu ihrem geistlichen und ewigen Heil er-
wiese: Wie können wir uns denn den HErrn,
das vollkommenste Muster unsrer Lirbe, un-
vollkommner vorstellen, als wir selbst sind?
Noch hat es ihm am Vermögen gefehlet,
da niemand auch nur in seinen Gedancken dem
allmächtigen Sohn GOttes ein Unvermögen
alle Menschen zu erlösen ohne schwere Sünde
beylegen kan. Da es ihm nun weder am
Willen,
noch am Vermögen gefehlet hat,
wer wolte denn, wenn er auch schon die Bi-
blischen Sprüche, welche in mehrer Anzahl
auf die Universalität gehen, noch nicht wüste,
daran zweifeln, daß es geschehen sey, da er es
in diesem eintzigen Paulinischen Orte so deut-
lich lieset?
d. Aus dem Contexte. Denn nur allein bey
diesem Capitel stehen zu bleiben:
a. Erfodert das, was v. 10. vom Richter-
stuhl Christi gesaget wird,
diesen Ver-
stand der allgemeinen Erlösung. Denn
es wird niemand leugnen können und wol-
len, daß vor CHristi Richterstuhl alle
Menschen ohne alle Ausnahme werden ge-
stellet, und mit einem gerechten Urtheil ge-
richtet werden, also daß sie wegen ihrer
Verdammniß keine Entschuldigung ha-
ben und finden. Wie können sie aber oh-
ne Entschuldigung seyn, wenn sie ihres Un-
glaubens wegen sollen verdammet werden
Joh. 3, 16. seqq. Marc. 16, 16. aber doch
nicht erlöset sind, und also noch vielweni-
ger an einen Erlöser haben gläuben kön-
nen und sollen? Es kan demnach die Mei-
nung von der nur auf etliche Menschen ge-
henden Erlösung mit der Lehre von dem
allgemeinen Welt-Gericht und mit der
unpartheyischen Gerechtigkeit des Rich-
ters, dem es weder am Willen, noch
Vermögen gefehlet hat, alle ohne Aus-
nahme zu erlösen, unmöglich bestehen. Man
conferire hiebey den Ort Ap. Gesch. 17, 30.
31. da die Lehre vom jüngsten allgemeinen
Gericht mit der allen Menschen insgemein
vorgeschriebenen Ordnung der Busse und
des Glaubens verbunden wird.
[b]. Pau-
Cap. 5, 14. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] noch klaͤrlicher das an ſtatt in der Rede
vom Sterben CHriſti ausdrucket. Man
ſehe Matth. 20, 28. da es heißt: Des Men-
ſchen Sohn iſt nicht kommen, daß er
ihm dienen laſſe, ſondern daß er diene,
und gebe ſein Leben zur Erloͤſung
ἀντὶ
πολλῶν, fuͤr viele, oder an ſtatt ihrer vie-
le.
Und da das Wort λύτρον, Loͤſe-Geld,
ohne das an ſich ſchon gehet auf eine Subſtitu-
tion,
oder das, was an eines andern ſtatt ge-
ſchiehet, ſo iſt zu dieſem Worte, um dieſen
Verſtand mit deſto mehrerm Nachdruck darein
zu legen, 1 Tim. 2, 5. 6. das Woͤrtlein
ἀντὶ, an ſtatt, geſetzet, und in der Compo-
ſition
ein Wort daraus gemachet, da es heißt:
Es iſt ein GOtt und ein Mittler zwiſchen
GOtt und den Menſchen, nemlich der
Menſch CHriſtus JEſus, der ſich ſelbſt
gegeben hat fuͤr alle zur Erloͤſung,
ἀντί-
λυτρον, zur Erloͤſung an ihrer ſtatt.
e. Aus allen Schriftſtellen, welche von
der Erkaufung und Erloͤſung CHriſti
handeln,
derer gar viele ſind aus den itzo
angefuͤhrten im alten und neuen Teſtament.
Siehe unter andern ſonderlich Jeſ. 13, 24. 25.
c. 53. Rom. 3, 24. ſeqq. c. 4, 25. c. 5, 6. ſeqq.
2 Cor. 5, 18. ſeqq. Gal. 3, 13. 1 Pet. 1, 18. 19.
1 Joh. 1, 7. c. 2, 2. Act. 1, 3. Apoc. 1, 5.
Was kan aber eine Erloͤſung und Erkaufung
anderer ſonſt ſeyn, als daß ſie an ihrer ſtatt
geſchehen? Hiezu kommen auch alle Oerter
von der Rechtfertigung, darinnen gehan-
delt wird von dem, daß uns die durch den
Verſoͤhnungs-Tod erworbene Gerechtigkeit
CHriſti zugerechnet wird, gleichwie ihm un-
ſere Suͤnde, vermoͤge der von ihm willigſt
uͤbernommenen Buͤrgſchaft, zu gerechnet wor-
den.
8. Nechſt dem aber iſt der Nachdruck des
Worts alle wohl zu erwaͤgen, daß CHriſtus
fuͤr alle geſtorben: nemlich daß es nicht allein
auf die Auserwehlten, ſondern ohne eintzige
Ausnahme auf alle Menſchen
gehe. Wel-
ches ich erweiſe:
a. Aus dem natuͤrlichen Verſtand des
Worts alle:
welches auch alhie durch
nichts auf einen engern Verſtand reſtringiret,
ſondern vielmehr durch alle folgende Momen-
ta
auf ſeine gehoͤrige Weite und Breite exten-
di
ret wird, und alſo in derſelben billig ange-
nommen werden muß.
b. Aus der Beſchaffenheit aller Menſchen.
Dieſe iſt anſich gleich. Sie ſind alle in Suͤn-
den empfangen und geboren, liegen alle von
Natur unter dem Fluche des Geſeſes, u. unter
dem Zorn GOttes. Und gleichwie dem einen
ſowol, als dem andern die Suͤnde angeerbet iſt;
ſo kan ſich auch der eine ſo wenig helfen als der
andere. Und gleichwie ſie daher alle ohne
Unterſcheid der Erloͤſung hoͤchſt benoͤthigt
ſind: ſo findet ſich auf Seiten ihrer gar keine
Urſache, warum nicht alle insgeſamt, ſondern
ihrer nur der allerwenigſten waͤren erloͤſet
worden.
c. Aus der Beſchaffenheit des Erloͤſers: als bey
welchem noch weniger einige Urſache der par-
ticulai
ren Erloͤſung zu finden iſt. Denn es
[Spaltenumbruch] hat ihm nicht am Willen, noch am Ver-
moͤgen
gefehlet, alle zu erloͤſen. Nicht am
Willen.
Denn den kan man ſich in der Lie-
be zu helfen nicht anders als hoͤchſt vollkom-
men vorſtellen, woferne man ſich nicht eine
auch der geſunden Vernunft zuwider laufen-
de Idce von dem Willen und der gantzen Natur
CHriſti machen will. Er wuͤrde aber hoͤchſt
unvollkommen, und partheyiſch ſeyn, wenn
man ihme eine ſolche Particularitaͤt, ſo nur auf
die Auserwehlten ginge, zuſchreiben wolte.
Und wie kan doch der, der uns eine allgemei-
ne Liebe
ohne alle Ausnahme auf alle Men-
ſchen anbefohlen hat, ſelbſt eine ſo enge ein-
geſchrenckte Liebe haben? Solten wir es ih-
me denn in der Liebe zuvor thun? und ſolten
wir alle Menſchen lieben, wie er die meiſten
haſſet? Und da kein glaͤubiger Chriſt iſt, der
nicht, wenn er das Vermoͤgen haͤtte, ſeine
allgemeine Liebe auch in der That allen Men-
ſchen zu ihrem geiſtlichen und ewigen Heil er-
wieſe: Wie koͤnnen wir uns denn den HErrn,
das vollkommenſte Muſter unſrer Lirbe, un-
vollkommner vorſtellen, als wir ſelbſt ſind?
Noch hat es ihm am Vermoͤgen gefehlet,
da niemand auch nur in ſeinen Gedancken dem
allmaͤchtigen Sohn GOttes ein Unvermoͤgen
alle Menſchen zu erloͤſen ohne ſchwere Suͤnde
beylegen kan. Da es ihm nun weder am
Willen,
noch am Vermoͤgen gefehlet hat,
wer wolte denn, wenn er auch ſchon die Bi-
bliſchen Spruͤche, welche in mehrer Anzahl
auf die Univerſalitaͤt gehen, noch nicht wuͤſte,
daran zweifeln, daß es geſchehen ſey, da er es
in dieſem eintzigen Pauliniſchen Orte ſo deut-
lich lieſet?
d. Aus dem Contexte. Denn nur allein bey
dieſem Capitel ſtehen zu bleiben:
α. Erfodert das, was v. 10. vom Richter-
ſtuhl Chriſti geſaget wird,
dieſen Ver-
ſtand der allgemeinen Erloͤſung. Denn
es wird niemand leugnen koͤnnen und wol-
len, daß vor CHriſti Richterſtuhl alle
Menſchen ohne alle Ausnahme werden ge-
ſtellet, und mit einem gerechten Urtheil ge-
richtet werden, alſo daß ſie wegen ihrer
Verdammniß keine Entſchuldigung ha-
ben und finden. Wie koͤnnen ſie aber oh-
ne Entſchuldigung ſeyn, wenn ſie ihres Un-
glaubens wegen ſollen verdammet werden
Joh. 3, 16. ſeqq. Marc. 16, 16. aber doch
nicht erloͤſet ſind, und alſo noch vielweni-
ger an einen Erloͤſer haben glaͤuben koͤn-
nen und ſollen? Es kan demnach die Mei-
nung von der nur auf etliche Menſchen ge-
henden Erloͤſung mit der Lehre von dem
allgemeinen Welt-Gericht und mit der
unpartheyiſchen Gerechtigkeit des Rich-
ters, dem es weder am Willen, noch
Vermoͤgen gefehlet hat, alle ohne Aus-
nahme zu erloͤſen, unmoͤglich beſtehen. Man
conferire hiebey den Ort Ap. Geſch. 17, 30.
31. da die Lehre vom juͤngſten allgemeinen
Gericht mit der allen Menſchen insgemein
vorgeſchriebenen Ordnung der Buſſe und
des Glaubens verbunden wird.
[β]. Pau-
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[391/0419] Cap. 5, 14. an die Corinthier. noch klaͤrlicher das an ſtatt in der Rede vom Sterben CHriſti ausdrucket. Man ſehe Matth. 20, 28. da es heißt: Des Men- ſchen Sohn iſt nicht kommen, daß er ihm dienen laſſe, ſondern daß er diene, und gebe ſein Leben zur Erloͤſung ἀντὶ πολλῶν, fuͤr viele, oder an ſtatt ihrer vie- le. Und da das Wort λύτρον, Loͤſe-Geld, ohne das an ſich ſchon gehet auf eine Subſtitu- tion, oder das, was an eines andern ſtatt ge- ſchiehet, ſo iſt zu dieſem Worte, um dieſen Verſtand mit deſto mehrerm Nachdruck darein zu legen, 1 Tim. 2, 5. 6. das Woͤrtlein ἀντὶ, an ſtatt, geſetzet, und in der Compo- ſition ein Wort daraus gemachet, da es heißt: Es iſt ein GOtt und ein Mittler zwiſchen GOtt und den Menſchen, nemlich der Menſch CHriſtus JEſus, der ſich ſelbſt gegeben hat fuͤr alle zur Erloͤſung, ἀντί- λυτρον, zur Erloͤſung an ihrer ſtatt. e. Aus allen Schriftſtellen, welche von der Erkaufung und Erloͤſung CHriſti handeln, derer gar viele ſind aus den itzo angefuͤhrten im alten und neuen Teſtament. Siehe unter andern ſonderlich Jeſ. 13, 24. 25. c. 53. Rom. 3, 24. ſeqq. c. 4, 25. c. 5, 6. ſeqq. 2 Cor. 5, 18. ſeqq. Gal. 3, 13. 1 Pet. 1, 18. 19. 1 Joh. 1, 7. c. 2, 2. Act. 1, 3. Apoc. 1, 5. Was kan aber eine Erloͤſung und Erkaufung anderer ſonſt ſeyn, als daß ſie an ihrer ſtatt geſchehen? Hiezu kommen auch alle Oerter von der Rechtfertigung, darinnen gehan- delt wird von dem, daß uns die durch den Verſoͤhnungs-Tod erworbene Gerechtigkeit CHriſti zugerechnet wird, gleichwie ihm un- ſere Suͤnde, vermoͤge der von ihm willigſt uͤbernommenen Buͤrgſchaft, zu gerechnet wor- den. 8. Nechſt dem aber iſt der Nachdruck des Worts alle wohl zu erwaͤgen, daß CHriſtus fuͤr alle geſtorben: nemlich daß es nicht allein auf die Auserwehlten, ſondern ohne eintzige Ausnahme auf alle Menſchen gehe. Wel- ches ich erweiſe: a. Aus dem natuͤrlichen Verſtand des Worts alle: welches auch alhie durch nichts auf einen engern Verſtand reſtringiret, ſondern vielmehr durch alle folgende Momen- ta auf ſeine gehoͤrige Weite und Breite exten- diret wird, und alſo in derſelben billig ange- nommen werden muß. b. Aus der Beſchaffenheit aller Menſchen. Dieſe iſt anſich gleich. Sie ſind alle in Suͤn- den empfangen und geboren, liegen alle von Natur unter dem Fluche des Geſeſes, u. unter dem Zorn GOttes. Und gleichwie dem einen ſowol, als dem andern die Suͤnde angeerbet iſt; ſo kan ſich auch der eine ſo wenig helfen als der andere. Und gleichwie ſie daher alle ohne Unterſcheid der Erloͤſung hoͤchſt benoͤthigt ſind: ſo findet ſich auf Seiten ihrer gar keine Urſache, warum nicht alle insgeſamt, ſondern ihrer nur der allerwenigſten waͤren erloͤſet worden. c. Aus der Beſchaffenheit des Erloͤſers: als bey welchem noch weniger einige Urſache der par- ticulairen Erloͤſung zu finden iſt. Denn es hat ihm nicht am Willen, noch am Ver- moͤgen gefehlet, alle zu erloͤſen. Nicht am Willen. Denn den kan man ſich in der Lie- be zu helfen nicht anders als hoͤchſt vollkom- men vorſtellen, woferne man ſich nicht eine auch der geſunden Vernunft zuwider laufen- de Idce von dem Willen und der gantzen Natur CHriſti machen will. Er wuͤrde aber hoͤchſt unvollkommen, und partheyiſch ſeyn, wenn man ihme eine ſolche Particularitaͤt, ſo nur auf die Auserwehlten ginge, zuſchreiben wolte. Und wie kan doch der, der uns eine allgemei- ne Liebe ohne alle Ausnahme auf alle Men- ſchen anbefohlen hat, ſelbſt eine ſo enge ein- geſchrenckte Liebe haben? Solten wir es ih- me denn in der Liebe zuvor thun? und ſolten wir alle Menſchen lieben, wie er die meiſten haſſet? Und da kein glaͤubiger Chriſt iſt, der nicht, wenn er das Vermoͤgen haͤtte, ſeine allgemeine Liebe auch in der That allen Men- ſchen zu ihrem geiſtlichen und ewigen Heil er- wieſe: Wie koͤnnen wir uns denn den HErrn, das vollkommenſte Muſter unſrer Lirbe, un- vollkommner vorſtellen, als wir ſelbſt ſind? Noch hat es ihm am Vermoͤgen gefehlet, da niemand auch nur in ſeinen Gedancken dem allmaͤchtigen Sohn GOttes ein Unvermoͤgen alle Menſchen zu erloͤſen ohne ſchwere Suͤnde beylegen kan. Da es ihm nun weder am Willen, noch am Vermoͤgen gefehlet hat, wer wolte denn, wenn er auch ſchon die Bi- bliſchen Spruͤche, welche in mehrer Anzahl auf die Univerſalitaͤt gehen, noch nicht wuͤſte, daran zweifeln, daß es geſchehen ſey, da er es in dieſem eintzigen Pauliniſchen Orte ſo deut- lich lieſet? d. Aus dem Contexte. Denn nur allein bey dieſem Capitel ſtehen zu bleiben: α. Erfodert das, was v. 10. vom Richter- ſtuhl Chriſti geſaget wird, dieſen Ver- ſtand der allgemeinen Erloͤſung. Denn es wird niemand leugnen koͤnnen und wol- len, daß vor CHriſti Richterſtuhl alle Menſchen ohne alle Ausnahme werden ge- ſtellet, und mit einem gerechten Urtheil ge- richtet werden, alſo daß ſie wegen ihrer Verdammniß keine Entſchuldigung ha- ben und finden. Wie koͤnnen ſie aber oh- ne Entſchuldigung ſeyn, wenn ſie ihres Un- glaubens wegen ſollen verdammet werden Joh. 3, 16. ſeqq. Marc. 16, 16. aber doch nicht erloͤſet ſind, und alſo noch vielweni- ger an einen Erloͤſer haben glaͤuben koͤn- nen und ſollen? Es kan demnach die Mei- nung von der nur auf etliche Menſchen ge- henden Erloͤſung mit der Lehre von dem allgemeinen Welt-Gericht und mit der unpartheyiſchen Gerechtigkeit des Rich- ters, dem es weder am Willen, noch Vermoͤgen gefehlet hat, alle ohne Aus- nahme zu erloͤſen, unmoͤglich beſtehen. Man conferire hiebey den Ort Ap. Geſch. 17, 30. 31. da die Lehre vom juͤngſten allgemeinen Gericht mit der allen Menſchen insgemein vorgeſchriebenen Ordnung der Buſſe und des Glaubens verbunden wird. β. Pau-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/419>, abgerufen am 24.11.2024.