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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 5, v. 12-14. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] Und darauf kan er sich auch so viel dreister beru-
fen, so viel mehr er des Zeugnisses eines guten
Gewissens selbst vor GOTT versichert ist. Da
hingegen ein Mietling, weil er dieses nicht hat,
sich auch von jenem nicht versichert halten kan,
sondern vielmehr den Gegenspruch von GOTT
und Menschen wider sich hat. Denn er thut
nichts weniger, als was Paulus von sich und
Timotheo saget c. 4, 2. Wir gehen um mit
Offenbarung der Wahrheit, und beweisen
uns wohl gegen aller Menschen Gewissen
vor GOTT.
V. 12.

Daß wir uns nicht abermal selbst lo-
ben.
Gr. Denn wir loben uns nicht abermal
selbst
(wenn wir von der Treue unsers Amts
und von der Lauterkeit unsers Zwecks reden, und
also zu reden gegen so manche nicht so wol uns,
als euch, nachtheilige Verkleinerungen genöthi-
get werden) sondern euch eine Ursache (Ge-
legenheit) geben zu rühmen von uns (in Be-
zeugung der Wahrheit) auf daß ihr habet zu
rühmen
(euch nicht irre machen zu lassen, und
meine Unschuld zu retten) wider die, so sich
nach dem Ansehen
(mit dem, was äusserlich
ins Auge und ins Ohr fällt) rühmen, und
nicht nach dem Hertzen
(mit gutem und freu-
digem Gewissen: als welches ihnen widerspricht,
und sie von ihrer Heucheley und falschen Absicht
bestrafet. Siehe auch c. 1, 14. 3, 1. 10, 8.
Phil. 3, 4.)

Anmerckungen.

1. Gleichwie es eines getreuen Lehrers Pflicht
ist, seine Zuhörer allewege von seinem rechtschaf-
nen Wesen zu überzeugen: so sind auch hingegen
gute Zuhörer schuldig, ihres Lehrers Unschuld ge-
gen allerhand Verunglimpfungen zu vertreten,
und damit gegen ihn ihre Liebe und Ergebenheit
zu beweisen.

2. Gleichwie die rechtschafnen Apostel kei-
ne ärgere Feinde gehabt haben, als die falschen
Apostel; also gehet es noch ietzo, daß getreue
Knechte GOttes die meisten Nachreden von
fleischlich gesinneten Lehrern haben: welche denn
auch gern andere mit dazu aufbringen.

V. 13.

Denn thun wir zuviel, (sonderlich mit
der Schärfe der Bestrafung, die im ersten Brie-
fe gezeiget ist, also, daß unsere Feinde sagen, wir
wären nicht recht bey Sinnen,) so thun wirs
GOTT,
(wir suchen ja uns so gar nicht selbst
darunter, daß wir uns vielmehr damit nur Haß
auf den Hals laden, und dannenhero es nicht um
unsert willen gethan haben können, sondern um
GOttes willen, wie es vor GOTT unser Ge-
wissen erfodert hat, gethan haben müssen;) sind
wir aber mäßig,
(daß wir bey der Schärfe
auch Liebe, Glimpf und Sanftmuth gebrauchen)
so sind wir euch mäßig (thun es euch zu Dienst
und zu eurem Besten.)

Anmerckungen.
1. Wie bey einem ieden Christen, aso son-
[Spaltenumbruch] derlich bey einem Lehrer, muß Ernst und Liebe
seyn in einem rechten Temperament. Und da ie-
derman gern Liebe haben will, auch die, bey wel-
chen der Ernst nöthig ist, aber von ihnen für un-
nöthig gehalten wird; so zeiget Paulus an, daß
er um GOttes und des Gewissens willen habe
Ernst gebrauchen müssen: welches ihm denn von
Ubelgesinneten so übel ausgeleget worden, als
wenn er sich in demselben als nicht wohl bey Sin-
nen erwiesen hätte. Daraus man siehet, wie
gar leicht ein Lehrer ohne seine Schuld in üble
Urtheile verfallen könne. Welches er aber so
viel weniger zu achten hat, so viel ruhiger sein
Gewissen dabey bleibet, und so viel mehr er an
Pauli Exempel siehet, daß auch dieser es nicht al-
len habe recht machen können.
2. Wenn aber iemand nach der Wahr-
heit sagen will, daß er, wenn er im Eifer und
Ernst zu viel thut, oder als einer, der darinnen
zu weit gegangen, angesehen wird, es GOtt
thue,
so muß es zuvorderst seine Richtigkeit ha-
ben, daß er in der Gemeinschaft mit GOtt und
also im Stande der Gnaden stehe, und seine
Schärfe aus der Quelle der Gnaden kome: sin-
temal sonst ein ieder fleischlicher Eifer eines ro-
hen und ungebrochenen Gemüths, unter dem
Vorwand, als eiferte man um GOtt und seine
Ehre, entschuldiget werden könte.
3. Gleichwie die Schärfe Pauli nicht al-
lein GOtte oder aus dem Triebe des Gewissens
vor GOtte geschahe, sondern auch zu der Corin-
thier Besten gerichtet war: so war auch hinge-
gen seine Gelindigkeit nicht allein auf der Corin-
thier Erbauung gerichtet, sondern sie geschahe
auch um GOttes willen, wie sich das Gewissen
vor ihm dazu gleichfals angetrieben funde. Es
redet demnach Paulus ohne Ausschliessung,
wenn er spricht: Thun wir zu viel, so thun
wirs GOtt: sind wir mäßig, so sind wir
euch maßig.
Denn er war auch um GOttes
willen mäßig, und um der Corinthier willen
scharf und ernstlich. Den Ernst aber will er
nicht sowol von den Corinthiern, als von GOtt
beurtheilet wissen, als der da am besten wisse,
wie er sich dazu angetrieben gefunden hatte.
V. 14.

Denn die Liebe Christi dringet uns
also
(bald Ernst, bald Liebe zu gebrauchen) sin-
temal wir dasür halten, daß, so einer für
alle gestorben ist, so sind sie alle gestorben

(da des einen Tod allen zur Versöhnung zuge-
rechnet wird, welche sich ihn im Glauben recht zu-
eignen.)

Anmerckungen.
1. Zuvorderst fraget sich, was alhie für
eine Liebe CHristi zu verstehen sey? Die, wel-
che er zu uns träget und gegen uns bewiesen hat;
oder die, womit wir ihm zugethan sind? Es ist
alhie eigentlich die Liebe CHristi gegen uns
gemeinet. Denn dieselbe iederman in der Ord-
nung wahrer Bekehrung anzupreisen, war der
Hauptzweck des Apostelamts. Und diese ists,
welche auch alle wahre Gegen-Liebe gebieret.
Denn daß der Apostel eine wahre Liebe zu CHri-
sto
C c c 3
Cap. 5, v. 12-14. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] Und darauf kan er ſich auch ſo viel dreiſter beru-
fen, ſo viel mehr er des Zeugniſſes eines guten
Gewiſſens ſelbſt vor GOTT verſichert iſt. Da
hingegen ein Mietling, weil er dieſes nicht hat,
ſich auch von jenem nicht verſichert halten kan,
ſondern vielmehr den Gegenſpruch von GOTT
und Menſchen wider ſich hat. Denn er thut
nichts weniger, als was Paulus von ſich und
Timotheo ſaget c. 4, 2. Wir gehen um mit
Offenbarung der Wahrheit, und beweiſen
uns wohl gegen aller Menſchen Gewiſſen
vor GOTT.
V. 12.

Daß wir uns nicht abermal ſelbſt lo-
ben.
Gr. Denn wir loben uns nicht abermal
ſelbſt
(wenn wir von der Treue unſers Amts
und von der Lauterkeit unſers Zwecks reden, und
alſo zu reden gegen ſo manche nicht ſo wol uns,
als euch, nachtheilige Verkleinerungen genoͤthi-
get werden) ſondern euch eine Urſache (Ge-
legenheit) geben zu ruͤhmen von uns (in Be-
zeugung der Wahrheit) auf daß ihr habet zu
ruͤhmen
(euch nicht irre machen zu laſſen, und
meine Unſchuld zu retten) wider die, ſo ſich
nach dem Anſehen
(mit dem, was aͤuſſerlich
ins Auge und ins Ohr faͤllt) ruͤhmen, und
nicht nach dem Hertzen
(mit gutem und freu-
digem Gewiſſen: als welches ihnen widerſpricht,
und ſie von ihrer Heucheley und falſchen Abſicht
beſtrafet. Siehe auch c. 1, 14. 3, 1. 10, 8.
Phil. 3, 4.)

Anmerckungen.

1. Gleichwie es eines getreuen Lehrers Pflicht
iſt, ſeine Zuhoͤrer allewege von ſeinem rechtſchaf-
nen Weſen zu uͤberzeugen: ſo ſind auch hingegen
gute Zuhoͤrer ſchuldig, ihres Lehrers Unſchuld ge-
gen allerhand Verunglimpfungen zu vertreten,
und damit gegen ihn ihre Liebe und Ergebenheit
zu beweiſen.

2. Gleichwie die rechtſchafnen Apoſtel kei-
ne aͤrgere Feinde gehabt haben, als die falſchen
Apoſtel; alſo gehet es noch ietzo, daß getreue
Knechte GOttes die meiſten Nachreden von
fleiſchlich geſinneten Lehrern haben: welche denn
auch gern andere mit dazu aufbringen.

V. 13.

Denn thun wir zuviel, (ſonderlich mit
der Schaͤrfe der Beſtrafung, die im erſten Brie-
fe gezeiget iſt, alſo, daß unſere Feinde ſagen, wir
waͤren nicht recht bey Sinnen,) ſo thun wirs
GOTT,
(wir ſuchen ja uns ſo gar nicht ſelbſt
darunter, daß wir uns vielmehr damit nur Haß
auf den Hals laden, und dannenhero es nicht um
unſert willen gethan haben koͤnnen, ſondern um
GOttes willen, wie es vor GOTT unſer Ge-
wiſſen erfodert hat, gethan haben muͤſſen;) ſind
wir aber maͤßig,
(daß wir bey der Schaͤrfe
auch Liebe, Glimpf und Sanftmuth gebrauchen)
ſo ſind wir euch maͤßig (thun es euch zu Dienſt
und zu eurem Beſten.)

Anmerckungen.
1. Wie bey einem ieden Chriſten, aſo ſon-
[Spaltenumbruch] derlich bey einem Lehrer, muß Ernſt und Liebe
ſeyn in einem rechten Temperament. Und da ie-
derman gern Liebe haben will, auch die, bey wel-
chen der Ernſt noͤthig iſt, aber von ihnen fuͤr un-
noͤthig gehalten wird; ſo zeiget Paulus an, daß
er um GOttes und des Gewiſſens willen habe
Ernſt gebrauchen muͤſſen: welches ihm denn von
Ubelgeſinneten ſo uͤbel ausgeleget worden, als
wenn er ſich in demſelben als nicht wohl bey Sin-
nen erwieſen haͤtte. Daraus man ſiehet, wie
gar leicht ein Lehrer ohne ſeine Schuld in uͤble
Urtheile verfallen koͤnne. Welches er aber ſo
viel weniger zu achten hat, ſo viel ruhiger ſein
Gewiſſen dabey bleibet, und ſo viel mehr er an
Pauli Exempel ſiehet, daß auch dieſer es nicht al-
len habe recht machen koͤnnen.
2. Wenn aber iemand nach der Wahr-
heit ſagen will, daß er, wenn er im Eifer und
Ernſt zu viel thut, oder als einer, der darinnen
zu weit gegangen, angeſehen wird, es GOtt
thue,
ſo muß es zuvorderſt ſeine Richtigkeit ha-
ben, daß er in der Gemeinſchaft mit GOtt und
alſo im Stande der Gnaden ſtehe, und ſeine
Schaͤrfe aus der Quelle der Gnaden kome: ſin-
temal ſonſt ein ieder fleiſchlicher Eifer eines ro-
hen und ungebrochenen Gemuͤths, unter dem
Vorwand, als eiferte man um GOtt und ſeine
Ehre, entſchuldiget werden koͤnte.
3. Gleichwie die Schaͤrfe Pauli nicht al-
lein GOtte oder aus dem Triebe des Gewiſſens
vor GOtte geſchahe, ſondern auch zu der Corin-
thier Beſten gerichtet war: ſo war auch hinge-
gen ſeine Gelindigkeit nicht allein auf der Corin-
thier Erbauung gerichtet, ſondern ſie geſchahe
auch um GOttes willen, wie ſich das Gewiſſen
vor ihm dazu gleichfals angetrieben funde. Es
redet demnach Paulus ohne Ausſchlieſſung,
wenn er ſpricht: Thun wir zu viel, ſo thun
wirs GOtt: ſind wir maͤßig, ſo ſind wir
euch maßig.
Denn er war auch um GOttes
willen maͤßig, und um der Corinthier willen
ſcharf und ernſtlich. Den Ernſt aber will er
nicht ſowol von den Corinthiern, als von GOtt
beurtheilet wiſſen, als der da am beſten wiſſe,
wie er ſich dazu angetrieben gefunden hatte.
V. 14.

Denn die Liebe Chriſti dringet uns
alſo
(bald Ernſt, bald Liebe zu gebrauchen) ſin-
temal wir daſuͤr halten, daß, ſo einer fuͤr
alle geſtorben iſt, ſo ſind ſie alle geſtorben

(da des einen Tod allen zur Verſoͤhnung zuge-
rechnet wird, welche ſich ihn im Glauben recht zu-
eignen.)

Anmerckungen.
1. Zuvorderſt fraget ſich, was alhie fuͤr
eine Liebe CHriſti zu verſtehen ſey? Die, wel-
che er zu uns traͤget und gegen uns bewieſen hat;
oder die, womit wir ihm zugethan ſind? Es iſt
alhie eigentlich die Liebe CHriſti gegen uns
gemeinet. Denn dieſelbe iederman in der Ord-
nung wahrer Bekehrung anzupreiſen, war der
Hauptzweck des Apoſtelamts. Und dieſe iſts,
welche auch alle wahre Gegen-Liebe gebieret.
Denn daß der Apoſtel eine wahre Liebe zu CHri-
ſto
C c c 3
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[389/0417] Cap. 5, v. 12-14. an die Corinthier. Und darauf kan er ſich auch ſo viel dreiſter beru- fen, ſo viel mehr er des Zeugniſſes eines guten Gewiſſens ſelbſt vor GOTT verſichert iſt. Da hingegen ein Mietling, weil er dieſes nicht hat, ſich auch von jenem nicht verſichert halten kan, ſondern vielmehr den Gegenſpruch von GOTT und Menſchen wider ſich hat. Denn er thut nichts weniger, als was Paulus von ſich und Timotheo ſaget c. 4, 2. Wir gehen um mit Offenbarung der Wahrheit, und beweiſen uns wohl gegen aller Menſchen Gewiſſen vor GOTT. V. 12. Daß wir uns nicht abermal ſelbſt lo- ben. Gr. Denn wir loben uns nicht abermal ſelbſt (wenn wir von der Treue unſers Amts und von der Lauterkeit unſers Zwecks reden, und alſo zu reden gegen ſo manche nicht ſo wol uns, als euch, nachtheilige Verkleinerungen genoͤthi- get werden) ſondern euch eine Urſache (Ge- legenheit) geben zu ruͤhmen von uns (in Be- zeugung der Wahrheit) auf daß ihr habet zu ruͤhmen (euch nicht irre machen zu laſſen, und meine Unſchuld zu retten) wider die, ſo ſich nach dem Anſehen (mit dem, was aͤuſſerlich ins Auge und ins Ohr faͤllt) ruͤhmen, und nicht nach dem Hertzen (mit gutem und freu- digem Gewiſſen: als welches ihnen widerſpricht, und ſie von ihrer Heucheley und falſchen Abſicht beſtrafet. Siehe auch c. 1, 14. 3, 1. 10, 8. Phil. 3, 4.) Anmerckungen. 1. Gleichwie es eines getreuen Lehrers Pflicht iſt, ſeine Zuhoͤrer allewege von ſeinem rechtſchaf- nen Weſen zu uͤberzeugen: ſo ſind auch hingegen gute Zuhoͤrer ſchuldig, ihres Lehrers Unſchuld ge- gen allerhand Verunglimpfungen zu vertreten, und damit gegen ihn ihre Liebe und Ergebenheit zu beweiſen. 2. Gleichwie die rechtſchafnen Apoſtel kei- ne aͤrgere Feinde gehabt haben, als die falſchen Apoſtel; alſo gehet es noch ietzo, daß getreue Knechte GOttes die meiſten Nachreden von fleiſchlich geſinneten Lehrern haben: welche denn auch gern andere mit dazu aufbringen. V. 13. Denn thun wir zuviel, (ſonderlich mit der Schaͤrfe der Beſtrafung, die im erſten Brie- fe gezeiget iſt, alſo, daß unſere Feinde ſagen, wir waͤren nicht recht bey Sinnen,) ſo thun wirs GOTT, (wir ſuchen ja uns ſo gar nicht ſelbſt darunter, daß wir uns vielmehr damit nur Haß auf den Hals laden, und dannenhero es nicht um unſert willen gethan haben koͤnnen, ſondern um GOttes willen, wie es vor GOTT unſer Ge- wiſſen erfodert hat, gethan haben muͤſſen;) ſind wir aber maͤßig, (daß wir bey der Schaͤrfe auch Liebe, Glimpf und Sanftmuth gebrauchen) ſo ſind wir euch maͤßig (thun es euch zu Dienſt und zu eurem Beſten.) Anmerckungen. 1. Wie bey einem ieden Chriſten, aſo ſon- derlich bey einem Lehrer, muß Ernſt und Liebe ſeyn in einem rechten Temperament. Und da ie- derman gern Liebe haben will, auch die, bey wel- chen der Ernſt noͤthig iſt, aber von ihnen fuͤr un- noͤthig gehalten wird; ſo zeiget Paulus an, daß er um GOttes und des Gewiſſens willen habe Ernſt gebrauchen muͤſſen: welches ihm denn von Ubelgeſinneten ſo uͤbel ausgeleget worden, als wenn er ſich in demſelben als nicht wohl bey Sin- nen erwieſen haͤtte. Daraus man ſiehet, wie gar leicht ein Lehrer ohne ſeine Schuld in uͤble Urtheile verfallen koͤnne. Welches er aber ſo viel weniger zu achten hat, ſo viel ruhiger ſein Gewiſſen dabey bleibet, und ſo viel mehr er an Pauli Exempel ſiehet, daß auch dieſer es nicht al- len habe recht machen koͤnnen. 2. Wenn aber iemand nach der Wahr- heit ſagen will, daß er, wenn er im Eifer und Ernſt zu viel thut, oder als einer, der darinnen zu weit gegangen, angeſehen wird, es GOtt thue, ſo muß es zuvorderſt ſeine Richtigkeit ha- ben, daß er in der Gemeinſchaft mit GOtt und alſo im Stande der Gnaden ſtehe, und ſeine Schaͤrfe aus der Quelle der Gnaden kome: ſin- temal ſonſt ein ieder fleiſchlicher Eifer eines ro- hen und ungebrochenen Gemuͤths, unter dem Vorwand, als eiferte man um GOtt und ſeine Ehre, entſchuldiget werden koͤnte. 3. Gleichwie die Schaͤrfe Pauli nicht al- lein GOtte oder aus dem Triebe des Gewiſſens vor GOtte geſchahe, ſondern auch zu der Corin- thier Beſten gerichtet war: ſo war auch hinge- gen ſeine Gelindigkeit nicht allein auf der Corin- thier Erbauung gerichtet, ſondern ſie geſchahe auch um GOttes willen, wie ſich das Gewiſſen vor ihm dazu gleichfals angetrieben funde. Es redet demnach Paulus ohne Ausſchlieſſung, wenn er ſpricht: Thun wir zu viel, ſo thun wirs GOtt: ſind wir maͤßig, ſo ſind wir euch maßig. Denn er war auch um GOttes willen maͤßig, und um der Corinthier willen ſcharf und ernſtlich. Den Ernſt aber will er nicht ſowol von den Corinthiern, als von GOtt beurtheilet wiſſen, als der da am beſten wiſſe, wie er ſich dazu angetrieben gefunden hatte. V. 14. Denn die Liebe Chriſti dringet uns alſo (bald Ernſt, bald Liebe zu gebrauchen) ſin- temal wir daſuͤr halten, daß, ſo einer fuͤr alle geſtorben iſt, ſo ſind ſie alle geſtorben (da des einen Tod allen zur Verſoͤhnung zuge- rechnet wird, welche ſich ihn im Glauben recht zu- eignen.) Anmerckungen. 1. Zuvorderſt fraget ſich, was alhie fuͤr eine Liebe CHriſti zu verſtehen ſey? Die, wel- che er zu uns traͤget und gegen uns bewieſen hat; oder die, womit wir ihm zugethan ſind? Es iſt alhie eigentlich die Liebe CHriſti gegen uns gemeinet. Denn dieſelbe iederman in der Ord- nung wahrer Bekehrung anzupreiſen, war der Hauptzweck des Apoſtelamts. Und dieſe iſts, welche auch alle wahre Gegen-Liebe gebieret. Denn daß der Apoſtel eine wahre Liebe zu CHri- ſto C c c 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/417>, abgerufen am 16.07.2024.