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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 10. 11.
[Spaltenumbruch] ne hieltet und euch selbst fragetet: Was ma-
che ich? Wo gedencke ich hin? Wie wird es
endlich mit mir auslaufen?
c. Was wird dir es helfen, o Mensch, der du dich
zwar äusserlich vor groben Sünden aus Ehr-
geitz, und aus Furcht der Strafe hütest, aber
doch heimlich und dabey vorsetzlich wider dein
Gewissen handelst, und demselben gleich-
sam eine Wunde nach der andern schlägest!
Weißt du nicht, daß GOTT auch das Ver-
borgene schon ietzo siehet, und es dermaleins
ans Licht bringen und ein Rächer seyn wird
über das alles? Würdest du es nicht für eine
grosse Schande halten, wenn z. E. deine heim-
liche Hurerey, dein heimlicher Ehebruch, deine
heimliche Betrügerey solte vor Menschen an
den Tag kommen? Wie wirst du denn vor
dem göttlichen Gerichte und vor den Augen
der auserwählten Engel und Menschen beste-
hen, wenn du solche Sünden nicht unterlässest,
und die du schon gethan, in der Ordnung
wahrer Bekehrung lässest abgethan wer-
den?
12. Zur Ermahnung und zum Troste
mercke man folgende Schlüsse:
a. Ausser dem evangelischen principio der ange-
nommenen und getreulich angelegten Gnade
GOttes, ist zum heiligen Wandel nichts dien-
licher, als die fleißige Betrachtung des bevor-
stehenden jüngsten Gerichts.
b. Diese Betrachtung aber ist alsdenn erst von
rechter Art, wenn der Mensch vor dem Unter-
Gerichte seines Gewissens eine fleißige und
aufrichtige Prüfung seiner selbst anstellt, und
mit demüthiger Erkäntniß und aufrichtiger
Besserung alles dessen, was er ungerade fin-
det, in gläubiger Zukehr zu GOTT, in Zeiten
abzuthun suchet.
c. Leidest du in dieser Welt unschuldig: sey ge-
trost! GOTT siehet es, der wird deine Un-
schuld ans Licht stellen: hast du doch ein gu-
tes Gewissen, und einen gnädigen GOTT,
dessen sey froh.
13. Wenn dem Leser beliebet, sich in der
Materie vom jüngsten Gericht noch aus andern
Oertern der Heil. Schrift zu erbauen, der findet
sie ausser vielen Stellen der Psalmen und der
Propheten, sonderlich des Daniels am 7. Cap.
vor andern in folgenden: Matth. 3, 10. 12. 12,
36. 37. c. 25. Ap. Gesch. 17, 31. Rom. 2, 5. sqq.
14, 10. 12. 1 Cor. 4, 5. Eph. 6, 8. 9. Col. 3, 24.
25. 1 Pet. 1, 17. und in vielen Stellen der Offen-
barung Johannis.
V. 11.

Dieweil wir denn wissen, daß der
HERR
(in Ansehung des künftigen gerechten
Gerichts) zu fürchten ist, fahren wir schön
mit den Leuten
(anthropous peithomen, suchen
wir die Leute von der Wahrheit der Christlichen
Religion zu überzeugen und zum Glauben an
CHristum, den Erlöser und allgemeinen Richter
der Welt zu bringen:) aber GOtt sind wir
offenbar
(daß wir solches in aller Lauterkeit und
in aller Treue thun:) Jch hoffe aber, daß
[Spaltenumbruch] wir auch in eurem Gewissen offenbar sind

(unser Amt also geführet zu haben.)

Anmerckungen.
1. Ein anders ist, die Lehre vom jüngsten
Gerichte bloß allein zum Grunde seiner Amts-
Treue legen, als welches nur eine knechtische
oder bloß gesetzliche Furcht wircken würde; ein
anders bey der Führung seines Amts, welches
aus einer Evangelischen Freudigkeit geschiehet,
sich sonderlich auch das jüngste Gericht vorstellen,
und sich dadurch zu so viel mehrerer Treue er-
wecken.
2. Ein Lehrer ist schuldig sich das jüngste
Gericht zur getreuen Amts-Verwaltung so viel
öfter vorzustellen, so viel mehr er mit seinem Ge-
wissen darauf gewiesen ist. Man sehe nur un-
ter andern folgende Oerter an: Ezech. 3, 17.
seqq. Du Menschen-Kind, ich habe dich
zum Wächter gesetzet über das Haus Jsra-
el: Du solt aus meinem Munde das Wort
hören, und sie von meinet wegen warnen. --
sein. Blut will ich von deiner Hand fo-
dern
etc. Und an die Hebräer c. 13, 17. spricht
Paulus: Gehorchet euren Lehrern und fol-
get ihnen, - - als die da Rechenschaft dafür
geben sollen
etc.
3. Ein rechtschafner Lehrer fähret eben da-
mit schön mit den Leuten, wenn er das Christen-
thum und dessen Pflichten nicht Zwangsweise
von ihnen fodert, und nur einen Mosaischen Ge-
setz-Treiber abgiebet, sondern wenn er ihnen
CHristum zwar in der Ordnung der wahren Be-
kehrung, doch dabey auf eine liebreiche und dem
Evangelio gemässe Art prediget, und sie mit in-
nerlicher Uberzeugung von der Wahrheit, unter
der kräftig sich ans Gewissen anlegenden Gna-
de GOttes zum Glauben zu bringen suchet; wel-
ches hier ist peithein.
4. Aber wie sehr ist davon nicht unterschie-
den das schönfahren der Mietlinge und Bauch-
Diener? Denn diese legen den Schlafenden
noch dazu Küssen unter die Arme, und wiegen
sie durch die Evangelischen Gnaden-Verheissun-
gen in einen noch immer tiefern Schlaf; zumal
wenn sie sich dazu der eulogias und khrestologias,
der falschen und geschminckten Beredsamkeit, un-
ter so vielem Mißbrauche des Namens GOttes,
nach Rom. 16, 18. bedienen.
5. Eines rechtschafnen Lehrers vornehmste
Sorge ist, daß er mit allen seinen Amts-Ver-
richtungen und mit derselben Zweck GOTT
dergestalt offenbar seyn möge, daß er davon in
Demuth nach der Wahrheit ein gutes, ru-
higes, ja freudiges Gewissen habe. Und dessen
ist er sonderlich alsdenn am meisten benöthiget,
wenn es einem also ergehet, wie Paulo, daß man
durch so viele wie gute, also auch böse Gerüchte
gehen muß.
6. Zu diesem Character eines rechten und
getreuen Hirten kommt denn auch der, wie an
Paulo zu sehen, daß man sein Amt und Leben al-
so führet, daß die Zuhörer einen tiefen Eindruck
in ihren Gewissen von seiner erwiesenen Tüch-
tigkeit, Treue und Aufrichtigkeit haben können.
Und
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 10. 11.
[Spaltenumbruch] ne hieltet und euch ſelbſt fragetet: Was ma-
che ich? Wo gedencke ich hin? Wie wird es
endlich mit mir auslaufen?
c. Was wird dir es helfen, o Menſch, der du dich
zwar aͤuſſerlich vor groben Suͤnden aus Ehr-
geitz, und aus Furcht der Strafe huͤteſt, aber
doch heimlich und dabey vorſetzlich wider dein
Gewiſſen handelſt, und demſelben gleich-
ſam eine Wunde nach der andern ſchlaͤgeſt!
Weißt du nicht, daß GOTT auch das Ver-
borgene ſchon ietzo ſiehet, und es dermaleins
ans Licht bringen und ein Raͤcher ſeyn wird
uͤber das alles? Wuͤrdeſt du es nicht fuͤr eine
groſſe Schande halten, wenn z. E. deine heim-
liche Hurerey, dein heimlicher Ehebruch, deine
heimliche Betruͤgerey ſolte vor Menſchen an
den Tag kommen? Wie wirſt du denn vor
dem goͤttlichen Gerichte und vor den Augen
der auserwaͤhlten Engel und Menſchen beſte-
hen, wenn du ſolche Suͤnden nicht unterlaͤſſeſt,
und die du ſchon gethan, in der Ordnung
wahrer Bekehrung laͤſſeſt abgethan wer-
den?
12. Zur Ermahnung und zum Troſte
mercke man folgende Schluͤſſe:
a. Auſſer dem evangeliſchen principio der ange-
nommenen und getreulich angelegten Gnade
GOttes, iſt zum heiligen Wandel nichts dien-
licher, als die fleißige Betrachtung des bevor-
ſtehenden juͤngſten Gerichts.
b. Dieſe Betrachtung aber iſt alsdenn erſt von
rechter Art, wenn der Menſch vor dem Unter-
Gerichte ſeines Gewiſſens eine fleißige und
aufrichtige Pruͤfung ſeiner ſelbſt anſtellt, und
mit demuͤthiger Erkaͤntniß und aufrichtiger
Beſſerung alles deſſen, was er ungerade fin-
det, in glaͤubiger Zukehr zu GOTT, in Zeiten
abzuthun ſuchet.
c. Leideſt du in dieſer Welt unſchuldig: ſey ge-
troſt! GOTT ſiehet es, der wird deine Un-
ſchuld ans Licht ſtellen: haſt du doch ein gu-
tes Gewiſſen, und einen gnaͤdigen GOTT,
deſſen ſey froh.
13. Wenn dem Leſer beliebet, ſich in der
Materie vom juͤngſten Gericht noch aus andern
Oertern der Heil. Schrift zu erbauen, der findet
ſie auſſer vielen Stellen der Pſalmen und der
Propheten, ſonderlich des Daniels am 7. Cap.
vor andern in folgenden: Matth. 3, 10. 12. 12,
36. 37. c. 25. Ap. Geſch. 17, 31. Rom. 2, 5. ſqq.
14, 10. 12. 1 Cor. 4, 5. Eph. 6, 8. 9. Col. 3, 24.
25. 1 Pet. 1, 17. und in vielen Stellen der Offen-
barung Johannis.
V. 11.

Dieweil wir denn wiſſen, daß der
HERR
(in Anſehung des kuͤnftigen gerechten
Gerichts) zu fuͤrchten iſt, fahren wir ſchoͤn
mit den Leuten
(ἀνϑρώπους πείϑομεν, ſuchen
wir die Leute von der Wahrheit der Chriſtlichen
Religion zu uͤberzeugen und zum Glauben an
CHriſtum, den Erloͤſer und allgemeinen Richter
der Welt zu bringen:) aber GOtt ſind wir
offenbar
(daß wir ſolches in aller Lauterkeit und
in aller Treue thun:) Jch hoffe aber, daß
[Spaltenumbruch] wir auch in eurem Gewiſſen offenbar ſind

(unſer Amt alſo gefuͤhret zu haben.)

Anmerckungen.
1. Ein anders iſt, die Lehre vom juͤngſten
Gerichte bloß allein zum Grunde ſeiner Amts-
Treue legen, als welches nur eine knechtiſche
oder bloß geſetzliche Furcht wircken wuͤrde; ein
anders bey der Fuͤhrung ſeines Amts, welches
aus einer Evangeliſchen Freudigkeit geſchiehet,
ſich ſonderlich auch das juͤngſte Gericht vorſtellen,
und ſich dadurch zu ſo viel mehrerer Treue er-
wecken.
2. Ein Lehrer iſt ſchuldig ſich das juͤngſte
Gericht zur getreuen Amts-Verwaltung ſo viel
oͤfter vorzuſtellen, ſo viel mehr er mit ſeinem Ge-
wiſſen darauf gewieſen iſt. Man ſehe nur un-
ter andern folgende Oerter an: Ezech. 3, 17.
ſeqq. Du Menſchen-Kind, ich habe dich
zum Waͤchter geſetzet uͤber das Haus Jſra-
el: Du ſolt aus meinem Munde das Wort
hoͤren, und ſie von meinet wegen warnen. ‒‒
ſein. Blut will ich von deiner Hand fo-
dern
ꝛc. Und an die Hebraͤer c. 13, 17. ſpricht
Paulus: Gehorchet euren Lehrern und fol-
get ihnen, ‒ ‒ als die da Rechenſchaft dafuͤr
geben ſollen
ꝛc.
3. Ein rechtſchafner Lehrer faͤhret eben da-
mit ſchoͤn mit den Leuten, wenn er das Chriſten-
thum und deſſen Pflichten nicht Zwangsweiſe
von ihnen fodert, und nur einen Moſaiſchen Ge-
ſetz-Treiber abgiebet, ſondern wenn er ihnen
CHriſtum zwar in der Ordnung der wahren Be-
kehrung, doch dabey auf eine liebreiche und dem
Evangelio gemaͤſſe Art prediget, und ſie mit in-
nerlicher Uberzeugung von der Wahrheit, unter
der kraͤftig ſich ans Gewiſſen anlegenden Gna-
de GOttes zum Glauben zu bringen ſuchet; wel-
ches hier iſt πείϑειν.
4. Aber wie ſehr iſt davon nicht unterſchie-
den das ſchoͤnfahren der Mietlinge und Bauch-
Diener? Denn dieſe legen den Schlafenden
noch dazu Kuͤſſen unter die Arme, und wiegen
ſie durch die Evangeliſchen Gnaden-Verheiſſun-
gen in einen noch immer tiefern Schlaf; zumal
wenn ſie ſich dazu der ἐυλογίας und χρηϛολογίας,
der falſchen und geſchminckten Beredſamkeit, un-
ter ſo vielem Mißbrauche des Namens GOttes,
nach Rom. 16, 18. bedienen.
5. Eines rechtſchafnen Lehrers vornehmſte
Sorge iſt, daß er mit allen ſeinen Amts-Ver-
richtungen und mit derſelben Zweck GOTT
dergeſtalt offenbar ſeyn moͤge, daß er davon in
Demuth nach der Wahrheit ein gutes, ru-
higes, ja freudiges Gewiſſen habe. Und deſſen
iſt er ſonderlich alsdenn am meiſten benoͤthiget,
wenn es einem alſo ergehet, wie Paulo, daß man
durch ſo viele wie gute, alſo auch boͤſe Geruͤchte
gehen muß.
6. Zu dieſem Character eines rechten und
getreuen Hirten kommt denn auch der, wie an
Paulo zu ſehen, daß man ſein Amt und Leben al-
ſo fuͤhret, daß die Zuhoͤrer einen tiefen Eindruck
in ihren Gewiſſen von ſeiner erwieſenen Tuͤch-
tigkeit, Treue und Aufrichtigkeit haben koͤnnen.
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[388/0416] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 5, v. 10. 11. ne hieltet und euch ſelbſt fragetet: Was ma- che ich? Wo gedencke ich hin? Wie wird es endlich mit mir auslaufen? c. Was wird dir es helfen, o Menſch, der du dich zwar aͤuſſerlich vor groben Suͤnden aus Ehr- geitz, und aus Furcht der Strafe huͤteſt, aber doch heimlich und dabey vorſetzlich wider dein Gewiſſen handelſt, und demſelben gleich- ſam eine Wunde nach der andern ſchlaͤgeſt! Weißt du nicht, daß GOTT auch das Ver- borgene ſchon ietzo ſiehet, und es dermaleins ans Licht bringen und ein Raͤcher ſeyn wird uͤber das alles? Wuͤrdeſt du es nicht fuͤr eine groſſe Schande halten, wenn z. E. deine heim- liche Hurerey, dein heimlicher Ehebruch, deine heimliche Betruͤgerey ſolte vor Menſchen an den Tag kommen? Wie wirſt du denn vor dem goͤttlichen Gerichte und vor den Augen der auserwaͤhlten Engel und Menſchen beſte- hen, wenn du ſolche Suͤnden nicht unterlaͤſſeſt, und die du ſchon gethan, in der Ordnung wahrer Bekehrung laͤſſeſt abgethan wer- den? 12. Zur Ermahnung und zum Troſte mercke man folgende Schluͤſſe: a. Auſſer dem evangeliſchen principio der ange- nommenen und getreulich angelegten Gnade GOttes, iſt zum heiligen Wandel nichts dien- licher, als die fleißige Betrachtung des bevor- ſtehenden juͤngſten Gerichts. b. Dieſe Betrachtung aber iſt alsdenn erſt von rechter Art, wenn der Menſch vor dem Unter- Gerichte ſeines Gewiſſens eine fleißige und aufrichtige Pruͤfung ſeiner ſelbſt anſtellt, und mit demuͤthiger Erkaͤntniß und aufrichtiger Beſſerung alles deſſen, was er ungerade fin- det, in glaͤubiger Zukehr zu GOTT, in Zeiten abzuthun ſuchet. c. Leideſt du in dieſer Welt unſchuldig: ſey ge- troſt! GOTT ſiehet es, der wird deine Un- ſchuld ans Licht ſtellen: haſt du doch ein gu- tes Gewiſſen, und einen gnaͤdigen GOTT, deſſen ſey froh. 13. Wenn dem Leſer beliebet, ſich in der Materie vom juͤngſten Gericht noch aus andern Oertern der Heil. Schrift zu erbauen, der findet ſie auſſer vielen Stellen der Pſalmen und der Propheten, ſonderlich des Daniels am 7. Cap. vor andern in folgenden: Matth. 3, 10. 12. 12, 36. 37. c. 25. Ap. Geſch. 17, 31. Rom. 2, 5. ſqq. 14, 10. 12. 1 Cor. 4, 5. Eph. 6, 8. 9. Col. 3, 24. 25. 1 Pet. 1, 17. und in vielen Stellen der Offen- barung Johannis. V. 11. Dieweil wir denn wiſſen, daß der HERR (in Anſehung des kuͤnftigen gerechten Gerichts) zu fuͤrchten iſt, fahren wir ſchoͤn mit den Leuten (ἀνϑρώπους πείϑομεν, ſuchen wir die Leute von der Wahrheit der Chriſtlichen Religion zu uͤberzeugen und zum Glauben an CHriſtum, den Erloͤſer und allgemeinen Richter der Welt zu bringen:) aber GOtt ſind wir offenbar (daß wir ſolches in aller Lauterkeit und in aller Treue thun:) Jch hoffe aber, daß wir auch in eurem Gewiſſen offenbar ſind (unſer Amt alſo gefuͤhret zu haben.) Anmerckungen. 1. Ein anders iſt, die Lehre vom juͤngſten Gerichte bloß allein zum Grunde ſeiner Amts- Treue legen, als welches nur eine knechtiſche oder bloß geſetzliche Furcht wircken wuͤrde; ein anders bey der Fuͤhrung ſeines Amts, welches aus einer Evangeliſchen Freudigkeit geſchiehet, ſich ſonderlich auch das juͤngſte Gericht vorſtellen, und ſich dadurch zu ſo viel mehrerer Treue er- wecken. 2. Ein Lehrer iſt ſchuldig ſich das juͤngſte Gericht zur getreuen Amts-Verwaltung ſo viel oͤfter vorzuſtellen, ſo viel mehr er mit ſeinem Ge- wiſſen darauf gewieſen iſt. Man ſehe nur un- ter andern folgende Oerter an: Ezech. 3, 17. ſeqq. Du Menſchen-Kind, ich habe dich zum Waͤchter geſetzet uͤber das Haus Jſra- el: Du ſolt aus meinem Munde das Wort hoͤren, und ſie von meinet wegen warnen. ‒‒ ſein. Blut will ich von deiner Hand fo- dern ꝛc. Und an die Hebraͤer c. 13, 17. ſpricht Paulus: Gehorchet euren Lehrern und fol- get ihnen, ‒ ‒ als die da Rechenſchaft dafuͤr geben ſollen ꝛc. 3. Ein rechtſchafner Lehrer faͤhret eben da- mit ſchoͤn mit den Leuten, wenn er das Chriſten- thum und deſſen Pflichten nicht Zwangsweiſe von ihnen fodert, und nur einen Moſaiſchen Ge- ſetz-Treiber abgiebet, ſondern wenn er ihnen CHriſtum zwar in der Ordnung der wahren Be- kehrung, doch dabey auf eine liebreiche und dem Evangelio gemaͤſſe Art prediget, und ſie mit in- nerlicher Uberzeugung von der Wahrheit, unter der kraͤftig ſich ans Gewiſſen anlegenden Gna- de GOttes zum Glauben zu bringen ſuchet; wel- ches hier iſt πείϑειν. 4. Aber wie ſehr iſt davon nicht unterſchie- den das ſchoͤnfahren der Mietlinge und Bauch- Diener? Denn dieſe legen den Schlafenden noch dazu Kuͤſſen unter die Arme, und wiegen ſie durch die Evangeliſchen Gnaden-Verheiſſun- gen in einen noch immer tiefern Schlaf; zumal wenn ſie ſich dazu der ἐυλογίας und χρηϛολογίας, der falſchen und geſchminckten Beredſamkeit, un- ter ſo vielem Mißbrauche des Namens GOttes, nach Rom. 16, 18. bedienen. 5. Eines rechtſchafnen Lehrers vornehmſte Sorge iſt, daß er mit allen ſeinen Amts-Ver- richtungen und mit derſelben Zweck GOTT dergeſtalt offenbar ſeyn moͤge, daß er davon in Demuth nach der Wahrheit ein gutes, ru- higes, ja freudiges Gewiſſen habe. Und deſſen iſt er ſonderlich alsdenn am meiſten benoͤthiget, wenn es einem alſo ergehet, wie Paulo, daß man durch ſo viele wie gute, alſo auch boͤſe Geruͤchte gehen muß. 6. Zu dieſem Character eines rechten und getreuen Hirten kommt denn auch der, wie an Paulo zu ſehen, daß man ſein Amt und Leben al- ſo fuͤhret, daß die Zuhoͤrer einen tiefen Eindruck in ihren Gewiſſen von ſeiner erwieſenen Tuͤch- tigkeit, Treue und Aufrichtigkeit haben koͤnnen. Und

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/416>, abgerufen am 24.11.2024.