Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 1, v. 2-4. [Spaltenumbruch]
standen wird. Act. 20, 7. Corinthen aber dieHaupt-Stadt darinnen war, alwo der Römi- sche Proconsul residirte; so hieß es von den Co- rinthiern: was ich euch schreibe, das schreibe ich allen in Achaja. Wie denn leichtlich zu er- achten ist, daß der Brief theils im Original, theils durch Abschrift, allen übrigen Gläubi- gen, auch kleinen Gemeinen, in gantz Achaja wird communiciret, und von ihnen ehrerbietigst gelesen worden seyn. 5. Es muß aber, nach dem Zwecke Got- tes und Pauli, sich billig ein ieglicher Leser mit unter die zehlen, welchen dieser Brief geschrie- ben worden; und sich daher auch den darauf folgenden Apostolischen Segens-Wunsch gläu- big zueignen. 6. Doch kan dieses niemand in der Wahr- heit thun; es sey denn, daß er ein Heiliger oder Geheiligter GOttes sey, oder doch so fort durch die Gnade GOttes in die Ordnung trete, sich heiligen zu lassen. V. 2. Gnade sey mit euch und Friede von Anmerckungen. 1. Gnade, und Friede! Zwey Worte von grossem Nachdruck und Gewichte, darauf es, nach dem Evangelio, bey dem Christenthum ankömmt. Caussa & effectus. Die Quelle und der Bach der Heils-Güter, der daraus fliesset. 2. Laß dein Hertz, als einen gesegneten Acker, durch die Gnade, zur Aenderung dei- ner bösen Natur, wohl durchgearbeitet und ge- bauet werden: so gehen darinnen aus dem Sa- men der Evangelischen Gnade die Früchte des Friedens auf; des Friedens, welcher alle Heils- Güter in sich fasset. 3. Suchest du Frieden ohne Gnade, so betriegest du dich selbst, und siehest eine fleisch- liche Sicherheit für den wahren Frieden an. Da- vor hüte dich so viel mehr, so viel gemeiner und gefährlicher dieser Betrug ist. 4. Hast du aber Gnade ohne Friede, so must du entweder im Stande der geistlichen Dürre und Anfechtung stehen; oder du siehest in dir die Natur, oder was natürlich ist, für Gna- de und eine Gnaden-Wirckung an. Denn or- dentlicher Weise ist die Gnade so wenig ohne den Frieden, als der Friede ohne die Gnade. 5. Wilst du beydes haben, so gehe mit glau- bigem Zunahen zu GOTT dem Vater in Chri- sto JESU, dem Wege zum Vater, und sage: Abba! lieber Vater, schencke mir, oder ver- mehre bey mir in CHristo und um CHristi wil- len Gnade und Friede! und zwar deine Gna- de oder Liebe also, daß sie durch den Heiligen Geist in meiner Seele ausgegossen werde Rom. 5, 5. den Frieden also, daß er meine Seele und meine Sinne in CHristo JEsu bewahre. Phil. 4, 7. 6. Stehest du in Gnaden bey den Hohen dieser Welt, so verlasse dich darauf nicht; sie ist [Spaltenumbruch] unbeständig, und hilft deiner Seelen nichts, ja sie ist vielmehr oft der Strick zu mancher Ver- leitung, davor hüte dich! Fällst du bey Men- schen ohne deine Schuld in Ungnade: lasse es seyn, wenn dir nur die Gnade GOttes veste ste- het. Und dazu laß es dir dienen. 7. Hast du dem Leibe nach den äusserli- chen Friede, so mißbrauche ihn nicht, sondern heilige ihn durch den innern. Hast du ihn aber nicht, so ist dir der innere genug. Den bewahre, daß er dir nicht auch geraubet werde. V. 3. Gelobet sey GOTT und der Vater Anmerckungen. 1. GOTT loben ist ein englischer Got- tes-Dienst, darinnen wir am allermeisten schon auf dieser Erden den Engeln können gleich wer- den. Wohl dem, dessen Hertz und Mund, und dessen gantzes Leben, voll Lobes GOttes ist. 2. Wer von Hertzen GOTT lobet, der giebt damit zu erkennen, daß GOTT, der ein Vater JEsu CHristi, seines Sohnes, nach der ewigen Geburt ist, auch in CHristo, nach der Ordnung der Wiedergeburt, sein versöhnter und gnädiger Vater sey. 3. Die v. 2. angewünschte Gnade ist vol- ler Erbarmung und Barmhertzigkeit; sintemal GOTT die Menschen nicht nach ihren Verdien- sten, sondern nach ihrem Elende ansiehet, und sie aus demselben heraus ziehet. 4. Barmhertzigkeit, oder Gnade und Trost bey und von GOTT, stehet in der gläu- bigen Zueignung des Sünders wohl zusammen. Denn es haftet kein wahrer Trost, er werde denn aus der Gnaden-Quelle hergeleitet. 5. Da der Leiden viele sind, so hat der GOTT alles Trostes auch einen Trost für alle Leiden; und kömmt es nur darauf an, daß der Mensch, zur rechten Application alles und aller- ley Trostes, den Reichthum der Gnade und Barmhertzigkeit recht einsehe, und sich mit gläu- biger Zuversicht darinnen gleichsam lagere, als in seinem rechten element und aliment. Jm übrigen siehe hiebey Eph. 1, 3. 1 Pet. 1, 3. Ps. 103, 13. V. 4. Der uns tröstet in allem unserm Trüb- Anmerckungen. 1. Unschuld und Trübsal, Gutes thun, und das Böse leiden, sind die beyden Stücke, die zum Geheimnisse des Creutzes gehören, und darein sich die Vernunft, ihr selbst gelassen, nicht finden kan. Läßt sie sich aber erleuchten, so siehet sie gar leicht und wohl ein, daß es nicht anders seyn könne, und, was an dem Haupte CHristo, und seinen Aposteln geschehen, auch den Gliedern unver-
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 1, v. 2-4. [Spaltenumbruch]
ſtanden wird. Act. 20, 7. Corinthen aber dieHaupt-Stadt darinnen war, alwo der Roͤmi- ſche Proconſul reſidirte; ſo hieß es von den Co- rinthiern: was ich euch ſchreibe, das ſchreibe ich allen in Achaja. Wie denn leichtlich zu er- achten iſt, daß der Brief theils im Original, theils durch Abſchrift, allen uͤbrigen Glaͤubi- gen, auch kleinen Gemeinen, in gantz Achaja wird communiciret, und von ihnen ehrerbietigſt geleſen worden ſeyn. 5. Es muß aber, nach dem Zwecke Got- tes und Pauli, ſich billig ein ieglicher Leſer mit unter die zehlen, welchen dieſer Brief geſchrie- ben worden; und ſich daher auch den darauf folgenden Apoſtoliſchen Segens-Wunſch glaͤu- big zueignen. 6. Doch kan dieſes niemand in der Wahr- heit thun; es ſey denn, daß er ein Heiliger oder Geheiligter GOttes ſey, oder doch ſo fort durch die Gnade GOttes in die Ordnung trete, ſich heiligen zu laſſen. V. 2. Gnade ſey mit euch und Friede von Anmerckungen. 1. Gnade, und Friede! Zwey Worte von groſſem Nachdruck und Gewichte, darauf es, nach dem Evangelio, bey dem Chriſtenthum ankoͤmmt. Cauſſa & effectus. Die Quelle und der Bach der Heils-Guͤter, der daraus flieſſet. 2. Laß dein Hertz, als einen geſegneten Acker, durch die Gnade, zur Aenderung dei- ner boͤſen Natur, wohl durchgearbeitet und ge- bauet werden: ſo gehen darinnen aus dem Sa- men der Evangeliſchen Gnade die Fruͤchte des Friedens auf; des Friedens, welcher alle Heils- Guͤter in ſich faſſet. 3. Sucheſt du Frieden ohne Gnade, ſo betriegeſt du dich ſelbſt, und ſieheſt eine fleiſch- liche Sicherheit fuͤr den wahren Frieden an. Da- vor huͤte dich ſo viel mehr, ſo viel gemeiner und gefaͤhrlicher dieſer Betrug iſt. 4. Haſt du aber Gnade ohne Friede, ſo muſt du entweder im Stande der geiſtlichen Duͤrre und Anfechtung ſtehen; oder du ſieheſt in dir die Natur, oder was natuͤrlich iſt, fuͤr Gna- de und eine Gnaden-Wirckung an. Denn or- dentlicher Weiſe iſt die Gnade ſo wenig ohne den Frieden, als der Friede ohne die Gnade. 5. Wilſt du beydes haben, ſo gehe mit glau- bigem Zunahen zu GOTT dem Vater in Chri- ſto JESU, dem Wege zum Vater, und ſage: Abba! lieber Vater, ſchencke mir, oder ver- mehre bey mir in CHriſto und um CHriſti wil- len Gnade und Friede! und zwar deine Gna- de oder Liebe alſo, daß ſie durch den Heiligen Geiſt in meiner Seele ausgegoſſen werde Rom. 5, 5. den Frieden alſo, daß er meine Seele und meine Sinne in CHriſto JEſu bewahre. Phil. 4, 7. 6. Steheſt du in Gnaden bey den Hohen dieſer Welt, ſo verlaſſe dich darauf nicht; ſie iſt [Spaltenumbruch] unbeſtaͤndig, und hilft deiner Seelen nichts, ja ſie iſt vielmehr oft der Strick zu mancher Ver- leitung, davor huͤte dich! Faͤllſt du bey Men- ſchen ohne deine Schuld in Ungnade: laſſe es ſeyn, wenn dir nur die Gnade GOttes veſte ſte- het. Und dazu laß es dir dienen. 7. Haſt du dem Leibe nach den aͤuſſerli- chen Friede, ſo mißbrauche ihn nicht, ſondern heilige ihn durch den innern. Haſt du ihn aber nicht, ſo iſt dir der innere genug. Den bewahre, daß er dir nicht auch geraubet werde. V. 3. Gelobet ſey GOTT und der Vater Anmerckungen. 1. GOTT loben iſt ein engliſcher Got- tes-Dienſt, darinnen wir am allermeiſten ſchon auf dieſer Erden den Engeln koͤnnen gleich wer- den. Wohl dem, deſſen Hertz und Mund, und deſſen gantzes Leben, voll Lobes GOttes iſt. 2. Wer von Hertzen GOTT lobet, der giebt damit zu erkennen, daß GOTT, der ein Vater JEſu CHriſti, ſeines Sohnes, nach der ewigen Geburt iſt, auch in CHriſto, nach der Ordnung der Wiedergeburt, ſein verſoͤhnter und gnaͤdiger Vater ſey. 3. Die v. 2. angewuͤnſchte Gnade iſt vol- ler Erbarmung und Barmhertzigkeit; ſintemal GOTT die Menſchen nicht nach ihren Verdien- ſten, ſondern nach ihrem Elende anſiehet, und ſie aus demſelben heraus ziehet. 4. Barmhertzigkeit, oder Gnade und Troſt bey und von GOTT, ſtehet in der glaͤu- bigen Zueignung des Suͤnders wohl zuſammen. Denn es haftet kein wahrer Troſt, er werde denn aus der Gnaden-Quelle hergeleitet. 5. Da der Leiden viele ſind, ſo hat der GOTT alles Troſtes auch einen Troſt fuͤr alle Leiden; und koͤmmt es nur darauf an, daß der Menſch, zur rechten Application alles und aller- ley Troſtes, den Reichthum der Gnade und Barmhertzigkeit recht einſehe, und ſich mit glaͤu- biger Zuverſicht darinnen gleichſam lagere, als in ſeinem rechten element und aliment. Jm uͤbrigen ſiehe hiebey Eph. 1, 3. 1 Pet. 1, 3. Pſ. 103, 13. V. 4. Der uns troͤſtet in allem unſerm Truͤb- Anmerckungen. 1. Unſchuld und Truͤbſal, Gutes thun, und das Boͤſe leiden, ſind die beyden Stuͤcke, die zum Geheimniſſe des Creutzes gehoͤren, und darein ſich die Vernunft, ihr ſelbſt gelaſſen, nicht finden kan. Laͤßt ſie ſich aber erleuchten, ſo ſiehet ſie gar leicht und wohl ein, daß es nicht anders ſeyn koͤnne, und, was an dem Haupte CHriſto, und ſeinen Apoſteln geſchehen, auch den Gliedern unver-
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Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 1, v. 2-4.
ſtanden wird. Act. 20, 7. Corinthen aber die
Haupt-Stadt darinnen war, alwo der Roͤmi-
ſche Proconſul reſidirte; ſo hieß es von den Co-
rinthiern: was ich euch ſchreibe, das ſchreibe
ich allen in Achaja. Wie denn leichtlich zu er-
achten iſt, daß der Brief theils im Original,
theils durch Abſchrift, allen uͤbrigen Glaͤubi-
gen, auch kleinen Gemeinen, in gantz Achaja
wird communiciret, und von ihnen ehrerbietigſt
geleſen worden ſeyn.
5. Es muß aber, nach dem Zwecke Got-
tes und Pauli, ſich billig ein ieglicher Leſer mit
unter die zehlen, welchen dieſer Brief geſchrie-
ben worden; und ſich daher auch den darauf
folgenden Apoſtoliſchen Segens-Wunſch glaͤu-
big zueignen.
6. Doch kan dieſes niemand in der Wahr-
heit thun; es ſey denn, daß er ein Heiliger
oder Geheiligter GOttes ſey, oder doch ſo fort
durch die Gnade GOttes in die Ordnung trete,
ſich heiligen zu laſſen.
V. 2.
Gnade ſey mit euch und Friede von
GOTT unſerm Vater, und dem HErrn
JEſu Chriſto.
Anmerckungen.
1. Gnade, und Friede! Zwey Worte
von groſſem Nachdruck und Gewichte, darauf
es, nach dem Evangelio, bey dem Chriſtenthum
ankoͤmmt. Cauſſa & effectus. Die Quelle
und der Bach der Heils-Guͤter, der daraus
flieſſet.
2. Laß dein Hertz, als einen geſegneten
Acker, durch die Gnade, zur Aenderung dei-
ner boͤſen Natur, wohl durchgearbeitet und ge-
bauet werden: ſo gehen darinnen aus dem Sa-
men der Evangeliſchen Gnade die Fruͤchte des
Friedens auf; des Friedens, welcher alle Heils-
Guͤter in ſich faſſet.
3. Sucheſt du Frieden ohne Gnade, ſo
betriegeſt du dich ſelbſt, und ſieheſt eine fleiſch-
liche Sicherheit fuͤr den wahren Frieden an. Da-
vor huͤte dich ſo viel mehr, ſo viel gemeiner und
gefaͤhrlicher dieſer Betrug iſt.
4. Haſt du aber Gnade ohne Friede, ſo
muſt du entweder im Stande der geiſtlichen
Duͤrre und Anfechtung ſtehen; oder du ſieheſt in
dir die Natur, oder was natuͤrlich iſt, fuͤr Gna-
de und eine Gnaden-Wirckung an. Denn or-
dentlicher Weiſe iſt die Gnade ſo wenig ohne den
Frieden, als der Friede ohne die Gnade.
5. Wilſt du beydes haben, ſo gehe mit glau-
bigem Zunahen zu GOTT dem Vater in Chri-
ſto JESU, dem Wege zum Vater, und ſage:
Abba! lieber Vater, ſchencke mir, oder ver-
mehre bey mir in CHriſto und um CHriſti wil-
len Gnade und Friede! und zwar deine Gna-
de oder Liebe alſo, daß ſie durch den Heiligen
Geiſt in meiner Seele ausgegoſſen werde Rom.
5, 5. den Frieden alſo, daß er meine Seele und
meine Sinne in CHriſto JEſu bewahre. Phil.
4, 7.
6. Steheſt du in Gnaden bey den Hohen
dieſer Welt, ſo verlaſſe dich darauf nicht; ſie iſt
unbeſtaͤndig, und hilft deiner Seelen nichts, ja
ſie iſt vielmehr oft der Strick zu mancher Ver-
leitung, davor huͤte dich! Faͤllſt du bey Men-
ſchen ohne deine Schuld in Ungnade: laſſe es
ſeyn, wenn dir nur die Gnade GOttes veſte ſte-
het. Und dazu laß es dir dienen.
7. Haſt du dem Leibe nach den aͤuſſerli-
chen Friede, ſo mißbrauche ihn nicht, ſondern
heilige ihn durch den innern. Haſt du ihn aber
nicht, ſo iſt dir der innere genug. Den bewahre,
daß er dir nicht auch geraubet werde.
V. 3.
Gelobet ſey GOTT und der Vater
unſers HErrn JESU CHriſti, der Vater
der Barmhertzigkeit, und GOTT alles
Troſtes.
Anmerckungen.
1. GOTT loben iſt ein engliſcher Got-
tes-Dienſt, darinnen wir am allermeiſten ſchon
auf dieſer Erden den Engeln koͤnnen gleich wer-
den. Wohl dem, deſſen Hertz und Mund, und
deſſen gantzes Leben, voll Lobes GOttes iſt.
2. Wer von Hertzen GOTT lobet, der
giebt damit zu erkennen, daß GOTT, der ein
Vater JEſu CHriſti, ſeines Sohnes, nach der
ewigen Geburt iſt, auch in CHriſto, nach der
Ordnung der Wiedergeburt, ſein verſoͤhnter
und gnaͤdiger Vater ſey.
3. Die v. 2. angewuͤnſchte Gnade iſt vol-
ler Erbarmung und Barmhertzigkeit; ſintemal
GOTT die Menſchen nicht nach ihren Verdien-
ſten, ſondern nach ihrem Elende anſiehet, und
ſie aus demſelben heraus ziehet.
4. Barmhertzigkeit, oder Gnade und
Troſt bey und von GOTT, ſtehet in der glaͤu-
bigen Zueignung des Suͤnders wohl zuſammen.
Denn es haftet kein wahrer Troſt, er werde
denn aus der Gnaden-Quelle hergeleitet.
5. Da der Leiden viele ſind, ſo hat der
GOTT alles Troſtes auch einen Troſt fuͤr alle
Leiden; und koͤmmt es nur darauf an, daß der
Menſch, zur rechten Application alles und aller-
ley Troſtes, den Reichthum der Gnade und
Barmhertzigkeit recht einſehe, und ſich mit glaͤu-
biger Zuverſicht darinnen gleichſam lagere, als
in ſeinem rechten element und aliment. Jm
uͤbrigen ſiehe hiebey Eph. 1, 3. 1 Pet. 1, 3. Pſ.
103, 13.
V. 4.
Der uns troͤſtet in allem unſerm Truͤb-
ſal, daß wir auch troͤſten koͤnnen, die da
ſind in allerley Truͤbſal, mit dem Troſt, da-
mit wir getroͤſtet werden von GOtt.
Anmerckungen.
1. Unſchuld und Truͤbſal, Gutes thun,
und das Boͤſe leiden, ſind die beyden Stuͤcke,
die zum Geheimniſſe des Creutzes gehoͤren, und
darein ſich die Vernunft, ihr ſelbſt gelaſſen, nicht
finden kan. Laͤßt ſie ſich aber erleuchten, ſo ſiehet
ſie gar leicht und wohl ein, daß es nicht anders
ſeyn koͤnne, und, was an dem Haupte CHriſto,
und ſeinen Apoſteln geſchehen, auch den Gliedern
unver-
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