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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 15, 57. 58.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Die unschätzbare Gabe des Sieges über
Sünde, Tod und Verdammniß gehet zugleich
auf die Erwerbung und auf die Application.
2. Der Erwerbung nach hat uns GOtt
den Sieg damit gegeben, daß er, nach an-
genommener Sponsion oder Bürgschaft des
Sohnes, denselben uns zur Erlösung gesandt,
und das Löse-Geld als vollgültig angenommen,
solche geschehene Annehmung auch durch die
Auferweckung des Sohns bezeuget hat: gleich-
wie der Sohn desselben Kraft durch die mit der
Auferweckung des Vaters verknüpfte, und der
Gottheit nach aus eigner Kraft geschehene, Auf-
erstehung erwiesen hat.
3. Die Application machet diesen erworbe-
nen Sieg zu einer solchen Gabe, welche einem
ieden eigen wird: und bestehet sie in der ange-
nommenen Gnade der Berufung, Bekeh-
rung, Rechtfertigung,
auch wie angefan-
genen, also fortzusetzenden Heiligung: dadurch
denn der Sünden Herrschaft, Schuld und
Strafe hinweg genommen wird; und darauf
hernach in der Auferstehung des Leibes auch die
völlige Erlösung oder Befreyung von allem noch
übrigen Ubel erfolget.
4. Was kan einem wahren Christen, der
seine Sterblichkeit weiß, und auf keinen Täg
zum Leben sich gewisse Rechnung machen darf,
wol tröstlicher seyn, als daß unter andern auch
über den leiblichen Tod ihm durch CHristum ein
solcher Sieg gegeben sey, wodurch derselbe aus
einer Strafe der Sünden ihm zur Wohlthat
und zum gesegneten Ausgange aus allem Elende
und zum frölichen Eingange in die Herrlichkeit,
und also zum Triumph wird.
5. Es kan sich aber niemand dieses Sieges
getrösten, als der mit Johanne Epist. 1. c. 5, 5.
sagen kan: Auch mein Glaube überwindet
die Welt in und ausser mir,
gleichwie es da-
selbst heißt: Alles, was aus GOtt geboren
ist, überwindet die Welt, und unser Glau-
be ist der Sieg, der die Welt überwunden
hat.
Denn diese sinds, die sich mit recht zu-
eignen können, was CHristus saget Joh. 16,
33. Seyd getrost, ich habe die Welt über-
wunden.
Wer aber ein Sclave der Sünden
bleibet, der bleibet auch unter der Macht und
Strafe des zeitlichen, geistlichen und ewigen
Todes.
V. 58.

Darum, meine lieben Brüder, (weil
wir, die wir aus GOtt geboren und gerecht ge-
machet sind, den Sieg mit aller noch fernern
nöthigen Sieges-Kraft schon in Händen, oder
in glaubiger und würcklicher Besitzung haben)
seyd veste, (wohlgegründet und tief gewurtzelt)
unbeweglich (daß ihr nicht mehr wie unmün-
dige Kinder seyd, euch nicht immer wiegen und
wägen lässet von allerley Wind der Lehre, Eph.
4, 14. noch euch durch andere Versuchungen
und Aergernisse wanckend machen und gar um-
reissen lasset) nehmet zu in dem Wercke des
HErrn
(lasset euren Glauben immer stärcker
[Spaltenumbruch] werden und immer mehr überfliessen, oder im-
mer geschäftiger sich erweisen im Wercke des
HErrn, welches der HErr JEsus unter euch
und in euch angerichtet hat: unter euch, da er
seine Kirche gepflantzet, und sein Gnaden-Reich
aufgerichtet hat, und noch immer mehr bevesti-
gen und ausbreiten will: in euch, da er eure
Hertzen zur Wohnung eingenommen hat, und
sein Ebenbild in euch immer mehr zu Stande
bringet, c. 3, 16. c. 6, 19. und dagegen das
Reich des Satans unter euch und in euch zerstö-
ret hat und noch immer mehr verstören will) sin-
temal ihr wisset
(dergestalt, daß ihr desselben
im Glauben aus den göttlichen Verheissungen,
theils auch bereits aus eigner Erfahrung versi-
chert seyd) daß eure Arbeit (die ihr in dem
Wercke des HErrn also beweiset, daß eure
Treue in Anlegung der schon geschenckten und
noch immer reichlicher zufliessenden Kräfte sich
mit der Treue GOttes, nach welcher er unter,
an und in euch sein Werck hat, zusammen setzet)
nicht vergeblich ist in dem HErrn (sondern
nach der Verheissung der gewissen Auferstehung
und des ewigen Lebens eine grosse Gnaden-Ver-
geltung haben wird: da hingegen alle Arbeit,
die nicht im HErrn geschiehet, vergeblich oder
doch also beschaffen ist, daß die Frucht davon
nicht in die Ewigkeit gehet; es sey denn auf die-
se unselige Art, daß, da sie nicht allein ohne
GOtt, sondern auch wider GOtt geschehen, sie
eine gerechte Strafe nach sich ziehet.

Anmerckungen.
1. Man siehet, daß der Apostel hiemit in
der Gemeine zu Corinthen auf diejenige siehet,
welche rechtschaffen waren; und allem Ansehen
nach unter ihnen noch den meisten Theil ausge-
machet haben.
2. Ein ieder Leser sehe dahin, daß er auch
unter den rechtschaffenen seyn möge, also, daß er
würdig sey, Pauli Bruder zu heissen.
3. So lange man nicht suchet im Christen-
thum zur rechten Vestigkeit zu kommen, diesel-
be auch würcklich erlanget, so lange ist die darin
angewendete Arbeit grösten Theils vergeblich:
ja es ist nicht sowol eine recht ernstliche Arbeit,
als eine Trägheit und ein schläfriges Wesen.
4. Unsere Arbeit ist oder bleibet doch nicht
eigentlich oder lauterlich des HErrn, ou`~ kuriou,
es sey denn, daß sie auch geführet werde, en to
kurio, in dem HErrn, das ist, in der seligen
Vereinigung und Gemeinschaft mit ihm, und
also daher auch aus seiner Kraft.
5. Ob gleich ein Christ durch vorsetzliche
Sünden aus dem Stande der Gnade verfallen,
und damit alle seine vorige Arbeit des Christen-
thums vergeblich machen kan, wenn er nicht auf
seiner Hut stehet: so kan und soll er doch auch
darinnen bestehen: wie denn nicht zu zweifeln ist,
es werden die rechtschaffnen Corinthier ohne
Rückfall darinnen beständig blieben seyn bis ans
Ende. Da hingegen die Meinung, als wenn
kein Wiedergebohrner im Stande der Gna-
de also verharre, daß er sich vor muthwilligen
Sünden hüte, gantz unvernünftig und unchrist-
lich ist.
6. Es
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 15, 57. 58.
[Spaltenumbruch]
Anmerckungen.
1. Die unſchaͤtzbare Gabe des Sieges uͤber
Suͤnde, Tod und Verdammniß gehet zugleich
auf die Erwerbung und auf die Application.
2. Der Erwerbung nach hat uns GOtt
den Sieg damit gegeben, daß er, nach an-
genommener Sponſion oder Buͤrgſchaft des
Sohnes, denſelben uns zur Erloͤſung geſandt,
und das Loͤſe-Geld als vollguͤltig angenommen,
ſolche geſchehene Annehmung auch durch die
Auferweckung des Sohns bezeuget hat: gleich-
wie der Sohn deſſelben Kraft durch die mit der
Auferweckung des Vaters verknuͤpfte, und der
Gottheit nach aus eigner Kraft geſchehene, Auf-
erſtehung erwieſen hat.
3. Die Application machet dieſen erworbe-
nen Sieg zu einer ſolchen Gabe, welche einem
ieden eigen wird: und beſtehet ſie in der ange-
nommenen Gnade der Berufung, Bekeh-
rung, Rechtfertigung,
auch wie angefan-
genen, alſo fortzuſetzenden Heiligung: dadurch
denn der Suͤnden Herrſchaft, Schuld und
Strafe hinweg genommen wird; und darauf
hernach in der Auferſtehung des Leibes auch die
voͤllige Erloͤſung oder Befreyung von allem noch
uͤbrigen Ubel erfolget.
4. Was kan einem wahren Chriſten, der
ſeine Sterblichkeit weiß, und auf keinen Taͤg
zum Leben ſich gewiſſe Rechnung machen darf,
wol troͤſtlicher ſeyn, als daß unter andern auch
uͤber den leiblichen Tod ihm durch CHriſtum ein
ſolcher Sieg gegeben ſey, wodurch derſelbe aus
einer Strafe der Suͤnden ihm zur Wohlthat
und zum geſegneten Ausgange aus allem Elende
und zum froͤlichen Eingange in die Herrlichkeit,
und alſo zum Triumph wird.
5. Es kan ſich aber niemand dieſes Sieges
getroͤſten, als der mit Johanne Epiſt. 1. c. 5, 5.
ſagen kan: Auch mein Glaube uͤberwindet
die Welt in und auſſer mir,
gleichwie es da-
ſelbſt heißt: Alles, was aus GOtt geboren
iſt, uͤberwindet die Welt, und unſer Glau-
be iſt der Sieg, der die Welt uͤberwunden
hat.
Denn dieſe ſinds, die ſich mit recht zu-
eignen koͤnnen, was CHriſtus ſaget Joh. 16,
33. Seyd getroſt, ich habe die Welt uͤber-
wunden.
Wer aber ein Sclave der Suͤnden
bleibet, der bleibet auch unter der Macht und
Strafe des zeitlichen, geiſtlichen und ewigen
Todes.
V. 58.

Darum, meine lieben Bruͤder, (weil
wir, die wir aus GOtt geboren und gerecht ge-
machet ſind, den Sieg mit aller noch fernern
noͤthigen Sieges-Kraft ſchon in Haͤnden, oder
in glaubiger und wuͤrcklicher Beſitzung haben)
ſeyd veſte, (wohlgegruͤndet und tief gewurtzelt)
unbeweglich (daß ihr nicht mehr wie unmuͤn-
dige Kinder ſeyd, euch nicht immer wiegen und
waͤgen laͤſſet von allerley Wind der Lehre, Eph.
4, 14. noch euch durch andere Verſuchungen
und Aergerniſſe wanckend machen und gar um-
reiſſen laſſet) nehmet zu in dem Wercke des
HErrn
(laſſet euren Glauben immer ſtaͤrcker
[Spaltenumbruch] werden und immer mehr uͤberflieſſen, oder im-
mer geſchaͤftiger ſich erweiſen im Wercke des
HErrn, welches der HErr JEſus unter euch
und in euch angerichtet hat: unter euch, da er
ſeine Kirche gepflantzet, und ſein Gnaden-Reich
aufgerichtet hat, und noch immer mehr beveſti-
gen und ausbreiten will: in euch, da er eure
Hertzen zur Wohnung eingenommen hat, und
ſein Ebenbild in euch immer mehr zu Stande
bringet, c. 3, 16. c. 6, 19. und dagegen das
Reich des Satans unter euch und in euch zerſtoͤ-
ret hat und noch immer mehr verſtoͤren will) ſin-
temal ihr wiſſet
(dergeſtalt, daß ihr deſſelben
im Glauben aus den goͤttlichen Verheiſſungen,
theils auch bereits aus eigner Erfahrung verſi-
chert ſeyd) daß eure Arbeit (die ihr in dem
Wercke des HErrn alſo beweiſet, daß eure
Treue in Anlegung der ſchon geſchenckten und
noch immer reichlicher zuflieſſenden Kraͤfte ſich
mit der Treue GOttes, nach welcher er unter,
an und in euch ſein Werck hat, zuſammen ſetzet)
nicht vergeblich iſt in dem HErrn (ſondern
nach der Verheiſſung der gewiſſen Auferſtehung
und des ewigen Lebens eine groſſe Gnaden-Ver-
geltung haben wird: da hingegen alle Arbeit,
die nicht im HErrn geſchiehet, vergeblich oder
doch alſo beſchaffen iſt, daß die Frucht davon
nicht in die Ewigkeit gehet; es ſey denn auf die-
ſe unſelige Art, daß, da ſie nicht allein ohne
GOtt, ſondern auch wider GOtt geſchehen, ſie
eine gerechte Strafe nach ſich ziehet.

Anmerckungen.
1. Man ſiehet, daß der Apoſtel hiemit in
der Gemeine zu Corinthen auf diejenige ſiehet,
welche rechtſchaffen waren; und allem Anſehen
nach unter ihnen noch den meiſten Theil ausge-
machet haben.
2. Ein ieder Leſer ſehe dahin, daß er auch
unter den rechtſchaffenen ſeyn moͤge, alſo, daß er
wuͤrdig ſey, Pauli Bruder zu heiſſen.
3. So lange man nicht ſuchet im Chriſten-
thum zur rechten Veſtigkeit zu kommen, dieſel-
be auch wuͤrcklich erlanget, ſo lange iſt die darin
angewendete Arbeit groͤſten Theils vergeblich:
ja es iſt nicht ſowol eine recht ernſtliche Arbeit,
als eine Traͤgheit und ein ſchlaͤfriges Weſen.
4. Unſere Arbeit iſt oder bleibet doch nicht
eigentlich oder lauterlich des HErrn, ου῟ κυρίου,
es ſey denn, daß ſie auch gefuͤhret werde, ἐν τῷ
κυρίῳ, in dem HErrn, das iſt, in der ſeligen
Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm, und
alſo daher auch aus ſeiner Kraft.
5. Ob gleich ein Chriſt durch vorſetzliche
Suͤnden aus dem Stande der Gnade verfallen,
und damit alle ſeine vorige Arbeit des Chriſten-
thums vergeblich machen kan, wenn er nicht auf
ſeiner Hut ſtehet: ſo kan und ſoll er doch auch
darinnen beſtehen: wie denn nicht zu zweifeln iſt,
es werden die rechtſchaffnen Corinthier ohne
Ruͤckfall darinnen beſtaͤndig blieben ſeyn bis ans
Ende. Da hingegen die Meinung, als wenn
kein Wiedergebohrner im Stande der Gna-
de alſo verharre, daß er ſich vor muthwilligen
Suͤnden huͤte, gantz unvernuͤnftig und unchriſt-
lich iſt.
6. Es
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[336/0364] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 15, 57. 58. Anmerckungen. 1. Die unſchaͤtzbare Gabe des Sieges uͤber Suͤnde, Tod und Verdammniß gehet zugleich auf die Erwerbung und auf die Application. 2. Der Erwerbung nach hat uns GOtt den Sieg damit gegeben, daß er, nach an- genommener Sponſion oder Buͤrgſchaft des Sohnes, denſelben uns zur Erloͤſung geſandt, und das Loͤſe-Geld als vollguͤltig angenommen, ſolche geſchehene Annehmung auch durch die Auferweckung des Sohns bezeuget hat: gleich- wie der Sohn deſſelben Kraft durch die mit der Auferweckung des Vaters verknuͤpfte, und der Gottheit nach aus eigner Kraft geſchehene, Auf- erſtehung erwieſen hat. 3. Die Application machet dieſen erworbe- nen Sieg zu einer ſolchen Gabe, welche einem ieden eigen wird: und beſtehet ſie in der ange- nommenen Gnade der Berufung, Bekeh- rung, Rechtfertigung, auch wie angefan- genen, alſo fortzuſetzenden Heiligung: dadurch denn der Suͤnden Herrſchaft, Schuld und Strafe hinweg genommen wird; und darauf hernach in der Auferſtehung des Leibes auch die voͤllige Erloͤſung oder Befreyung von allem noch uͤbrigen Ubel erfolget. 4. Was kan einem wahren Chriſten, der ſeine Sterblichkeit weiß, und auf keinen Taͤg zum Leben ſich gewiſſe Rechnung machen darf, wol troͤſtlicher ſeyn, als daß unter andern auch uͤber den leiblichen Tod ihm durch CHriſtum ein ſolcher Sieg gegeben ſey, wodurch derſelbe aus einer Strafe der Suͤnden ihm zur Wohlthat und zum geſegneten Ausgange aus allem Elende und zum froͤlichen Eingange in die Herrlichkeit, und alſo zum Triumph wird. 5. Es kan ſich aber niemand dieſes Sieges getroͤſten, als der mit Johanne Epiſt. 1. c. 5, 5. ſagen kan: Auch mein Glaube uͤberwindet die Welt in und auſſer mir, gleichwie es da- ſelbſt heißt: Alles, was aus GOtt geboren iſt, uͤberwindet die Welt, und unſer Glau- be iſt der Sieg, der die Welt uͤberwunden hat. Denn dieſe ſinds, die ſich mit recht zu- eignen koͤnnen, was CHriſtus ſaget Joh. 16, 33. Seyd getroſt, ich habe die Welt uͤber- wunden. Wer aber ein Sclave der Suͤnden bleibet, der bleibet auch unter der Macht und Strafe des zeitlichen, geiſtlichen und ewigen Todes. V. 58. Darum, meine lieben Bruͤder, (weil wir, die wir aus GOtt geboren und gerecht ge- machet ſind, den Sieg mit aller noch fernern noͤthigen Sieges-Kraft ſchon in Haͤnden, oder in glaubiger und wuͤrcklicher Beſitzung haben) ſeyd veſte, (wohlgegruͤndet und tief gewurtzelt) unbeweglich (daß ihr nicht mehr wie unmuͤn- dige Kinder ſeyd, euch nicht immer wiegen und waͤgen laͤſſet von allerley Wind der Lehre, Eph. 4, 14. noch euch durch andere Verſuchungen und Aergerniſſe wanckend machen und gar um- reiſſen laſſet) nehmet zu in dem Wercke des HErrn (laſſet euren Glauben immer ſtaͤrcker werden und immer mehr uͤberflieſſen, oder im- mer geſchaͤftiger ſich erweiſen im Wercke des HErrn, welches der HErr JEſus unter euch und in euch angerichtet hat: unter euch, da er ſeine Kirche gepflantzet, und ſein Gnaden-Reich aufgerichtet hat, und noch immer mehr beveſti- gen und ausbreiten will: in euch, da er eure Hertzen zur Wohnung eingenommen hat, und ſein Ebenbild in euch immer mehr zu Stande bringet, c. 3, 16. c. 6, 19. und dagegen das Reich des Satans unter euch und in euch zerſtoͤ- ret hat und noch immer mehr verſtoͤren will) ſin- temal ihr wiſſet (dergeſtalt, daß ihr deſſelben im Glauben aus den goͤttlichen Verheiſſungen, theils auch bereits aus eigner Erfahrung verſi- chert ſeyd) daß eure Arbeit (die ihr in dem Wercke des HErrn alſo beweiſet, daß eure Treue in Anlegung der ſchon geſchenckten und noch immer reichlicher zuflieſſenden Kraͤfte ſich mit der Treue GOttes, nach welcher er unter, an und in euch ſein Werck hat, zuſammen ſetzet) nicht vergeblich iſt in dem HErrn (ſondern nach der Verheiſſung der gewiſſen Auferſtehung und des ewigen Lebens eine groſſe Gnaden-Ver- geltung haben wird: da hingegen alle Arbeit, die nicht im HErrn geſchiehet, vergeblich oder doch alſo beſchaffen iſt, daß die Frucht davon nicht in die Ewigkeit gehet; es ſey denn auf die- ſe unſelige Art, daß, da ſie nicht allein ohne GOtt, ſondern auch wider GOtt geſchehen, ſie eine gerechte Strafe nach ſich ziehet. Anmerckungen. 1. Man ſiehet, daß der Apoſtel hiemit in der Gemeine zu Corinthen auf diejenige ſiehet, welche rechtſchaffen waren; und allem Anſehen nach unter ihnen noch den meiſten Theil ausge- machet haben. 2. Ein ieder Leſer ſehe dahin, daß er auch unter den rechtſchaffenen ſeyn moͤge, alſo, daß er wuͤrdig ſey, Pauli Bruder zu heiſſen. 3. So lange man nicht ſuchet im Chriſten- thum zur rechten Veſtigkeit zu kommen, dieſel- be auch wuͤrcklich erlanget, ſo lange iſt die darin angewendete Arbeit groͤſten Theils vergeblich: ja es iſt nicht ſowol eine recht ernſtliche Arbeit, als eine Traͤgheit und ein ſchlaͤfriges Weſen. 4. Unſere Arbeit iſt oder bleibet doch nicht eigentlich oder lauterlich des HErrn, ου῟ κυρίου, es ſey denn, daß ſie auch gefuͤhret werde, ἐν τῷ κυρίῳ, in dem HErrn, das iſt, in der ſeligen Vereinigung und Gemeinſchaft mit ihm, und alſo daher auch aus ſeiner Kraft. 5. Ob gleich ein Chriſt durch vorſetzliche Suͤnden aus dem Stande der Gnade verfallen, und damit alle ſeine vorige Arbeit des Chriſten- thums vergeblich machen kan, wenn er nicht auf ſeiner Hut ſtehet: ſo kan und ſoll er doch auch darinnen beſtehen: wie denn nicht zu zweifeln iſt, es werden die rechtſchaffnen Corinthier ohne Ruͤckfall darinnen beſtaͤndig blieben ſeyn bis ans Ende. Da hingegen die Meinung, als wenn kein Wiedergebohrner im Stande der Gna- de alſo verharre, daß er ſich vor muthwilligen Suͤnden huͤte, gantz unvernuͤnftig und unchriſt- lich iſt. 6. Es

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/364>, abgerufen am 24.11.2024.