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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Cap. 15, v. 34-36. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] sehen lassen müsse, das siehet man gleichfalls
aus Pauli Exempel.

V. 34.

Wachet recht auf (eknepsate dikaios;
werdet recht und mit Ernst nüchtern am Gemü-
the; von welcher geistlichen Nüchternheit die
Wachsamkeit entstehet:) und sündiget nicht
(wie denn solche mit der Nüchternheit verknüpfte
Wachsamkeit über sich selbst der Sünde weh-
ret: da hingegen ein Gemüth, das mit Welt-
und Eigen-Liebe erfüllet, und davon gleichsam
truncken ist, und daher seiner nicht wahrnehmen
kan, schon in der Sünde lieget, und zu noch im-
mer mehrern Sünden dahin gerissen wird:) denn
etliche wissen nichts von GOTT
(insonder-
heit diejenigen, welche unter euch die Auferste-
hung leugnen: so sind auch einige, deren Er-
käntniß von GOTT nur bloß buchstäblich, ihr
Beyfall nur natürlich, und ihr Vertrauen nur
eine fleischliche Sicherheit, und also ihr Glaube
nur ein eingebildetes Wesen ist, damit sie sich
selbst betriegen:) das sage ich euch zur Schan-
de
(schreibe es zu eurer Beschämung, daß, da ihr
solche ungesunde Glieder unter euch habet, ihr
euch in euren geistlichen Gaben nicht erhebet,
sondern euch vor GOTT demüthiget, und sol-
chem Ubel suchet abzuhelfen, oder es von euch
zu thun und euch davon zu reinigen. Siehe auch
1 Cor. 6, 5. und 2 Tim. 2, 25. 26. da es heißt:
Strafe die Widerspenstigen, ob ihnen GOtt
dermaleins Busse gebe die Wahrheit zu
erkennen, und wieder nüchtern zu werden
aus des Teufels Strick; von dem sie ge-
fangen sind zu seinem Willen.)

Anmerckung.

Es sind freylich die apostolischen Gemeinen
dem grossesten Haufen nach in einem weit bessern
Zustande gewesen, als man sie schon von langen
Zeiten her noch heute zu Tage findet. Diejenige
Ideen aber, die sich einige von der apostolischen
Kirche machen, als habe sie aller Orten aus lau-
ter heiligen und GOtt ergebnen Gliedern bestan-
den, die haben keinen Grund: wie wir unter an-
dern an der Corinthischen Kirche sehen. Wel-
ches einem denn dazu dienet, daß man noch ietzo
die grossen Mängel, unter der Bemühung nach
einer einem ieden möglichen Besserung, zu ertra-
gen suche.

V. 35.

Möchte aber iemand (der noch von dem
heidnischen Jrrthum der verläugneten Auferste-
hung eingenommen ist, oder doch sonst von seiner
Unbegreiflichkeit argumentiret) sagen (u. einwer-
fen:) wie werden die Todten auferstehen?
(wie wird das zugehen und möglich seyn, da ihre
Leiber verweset, nicht mehr vorhanden, ja wol
gar schon vorlängst von den wilden Thieren, oder
vom Feuer, verzehret sind:) und (da der vorige
Leib nicht mehr da ist,) mit welcherley Leib
werden sie kommen?
(Darauf nun die Ant-
wort folget v. 36.

[Spaltenumbruch]
V. 36.

Du Narr, (welches hier nicht, als ein
Matth. 5, 22. verbotenes Schelt-Wort, sondern
als eine Bestrafung des Unverstandes und Un-
glaubens stehet: gleichwie es Gal. 3, 1. heißt: O
ihr unverständigen Galater etc.) das du
säest,
(da das Korn auch sein Leben zum wachsen
hat,) wird nicht lebendig, (kömmt zu seiner
wachsenden Kraft nicht, wächset auch würcklich
nicht hervor) es sterbe denn (werde der Luft
entnommen und unter der Erde verscharret, und
gehe ein in eine solche Fäulung und Verände-
rung, darinnen es aufgelöset werde, und sich
zum keimen und wachsen hervor thue. Siehe
Joh. 12, 42. von dem Weitzen-Korn, womit sich
unser Heiland vergleichet.)

Anmerckungen.
1. Die Darstellung und Auferweckung
der todten Cörper ist ein Werck der unendli-
chen Allmacht, Allwissenheit
und Weisheit
GOttes. Der weisen Allwissenheit Werck
ist es, daß er weiß, wie viele Cörper in so viel
tausend Jahren auf dem gantzen Erdboden, auch
in so vielen Meeren und übrigen Wassern um-
gekommen, auch sonst verzehret worden sind.
Und da dasjenige, was also zu Asche, oder auf eine
andere Art consumiret wird, daher doch nicht gar
annihiliret, oder vernichtet wird, sondern in ei-
ner andern Gestalt, oder gar veränderten Art
übrig bleibet, nachdem es in seine Principia re-
solvir
et worden; so weiß GOtt, wo der Same
von diesem und jenem Leibe, von diesem und je-
nem Gliede zu finden, und wie das, was mit dem
Samen anderer Cörper und Materien vermen-
get worden, davon wieder zu separiren sey: ja
er weiß, wie alles nicht allein zu einer förmlichen,
sondern auch eben derjenigen, obgleich mit an-
dern Qualitäten versehenen und wiederum aufs
allerweiseste eingerichteten Substantz, oder völli-
gen Cörper zu bringen und einzurichten sey, al-
so, daß der neue Leib die Form und die besondere
Characteres des ehemaligen Cörpers, zum Unter-
scheide von allen übrigen, wieder in und an sich
habe. Dieses ist ein solches Werck, wie zuvörderst
der Allwissenheit und Weisheit, also auch
der Allmacht GOttes, darüber man billig mit
Erstaunen in eine heilige Verwunderung gesetzet
wird. Es ist eine solche Tiefe, Weite und Brei-
te der Wercke GOttes, darinnen unser schwa-
cher Begrif sich verlieret, wie ein Tröpflein Was-
ser von der grossen offenbaren See verschlungen
wird.
2. So unbegreiflich es aber ist, so glaublich
ist es doch nach dem Grunde der Allwissenheit
und unendlichen Allmacht GOttes, sonderlich
wie GOtt diese in der ersten Schöpfung erwiesen
hat. Denn wer eine Schöpfung glaubet, (die
wir auch, vernünftiger Weise, wie anderwärtig
erwiesen, zugeben müssen) in welcher GOtt aus
nichts, oder da nichts war, alles hervor gebracht
hat, dem kan es nicht mehr unglaublich seyn,
daß GOTT die verweseten Cörper aus ihren
ihme nach seiner Allwissenheit allein bekanten
und in der Natur noch übrigen Samen wieder
dar-
T t

Cap. 15, v. 34-36. an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] ſehen laſſen muͤſſe, das ſiehet man gleichfalls
aus Pauli Exempel.

V. 34.

Wachet recht auf (ἐκνήψατε δικαίως;
werdet recht und mit Ernſt nuͤchtern am Gemuͤ-
the; von welcher geiſtlichen Nuͤchternheit die
Wachſamkeit entſtehet:) und ſuͤndiget nicht
(wie denn ſolche mit der Nuͤchternheit verknuͤpfte
Wachſamkeit uͤber ſich ſelbſt der Suͤnde weh-
ret: da hingegen ein Gemuͤth, das mit Welt-
und Eigen-Liebe erfuͤllet, und davon gleichſam
truncken iſt, und daher ſeiner nicht wahrnehmen
kan, ſchon in der Suͤnde lieget, und zu noch im-
mer mehrern Suͤnden dahin geriſſen wird:) denn
etliche wiſſen nichts von GOTT
(inſonder-
heit diejenigen, welche unter euch die Auferſte-
hung leugnen: ſo ſind auch einige, deren Er-
kaͤntniß von GOTT nur bloß buchſtaͤblich, ihr
Beyfall nur natuͤrlich, und ihr Vertrauen nur
eine fleiſchliche Sicherheit, und alſo ihr Glaube
nur ein eingebildetes Weſen iſt, damit ſie ſich
ſelbſt betriegen:) das ſage ich euch zur Schan-
de
(ſchreibe es zu eurer Beſchaͤmung, daß, da ihr
ſolche ungeſunde Glieder unter euch habet, ihr
euch in euren geiſtlichen Gaben nicht erhebet,
ſondern euch vor GOTT demuͤthiget, und ſol-
chem Ubel ſuchet abzuhelfen, oder es von euch
zu thun und euch davon zu reinigen. Siehe auch
1 Cor. 6, 5. und 2 Tim. 2, 25. 26. da es heißt:
Strafe die Widerſpenſtigen, ob ihnen GOtt
dermaleins Buſſe gebe die Wahrheit zu
erkennen, und wieder nuͤchtern zu werden
aus des Teufels Strick; von dem ſie ge-
fangen ſind zu ſeinem Willen.)

Anmerckung.

Es ſind freylich die apoſtoliſchen Gemeinen
dem groſſeſten Haufen nach in einem weit beſſern
Zuſtande geweſen, als man ſie ſchon von langen
Zeiten her noch heute zu Tage findet. Diejenige
Ideen aber, die ſich einige von der apoſtoliſchen
Kirche machen, als habe ſie aller Orten aus lau-
ter heiligen und GOtt ergebnen Gliedern beſtan-
den, die haben keinen Grund: wie wir unter an-
dern an der Corinthiſchen Kirche ſehen. Wel-
ches einem denn dazu dienet, daß man noch ietzo
die groſſen Maͤngel, unter der Bemuͤhung nach
einer einem ieden moͤglichen Beſſerung, zu ertra-
gen ſuche.

V. 35.

Moͤchte aber iemand (der noch von dem
heidniſchen Jrrthum der verlaͤugneten Auferſte-
hung eingenommen iſt, oder doch ſonſt von ſeiner
Unbegreiflichkeit argumentiret) ſagen (u. einwer-
fen:) wie werden die Todten auferſtehen?
(wie wird das zugehen und moͤglich ſeyn, da ihre
Leiber verweſet, nicht mehr vorhanden, ja wol
gar ſchon vorlaͤngſt von den wilden Thieren, oder
vom Feuer, verzehret ſind:) und (da der vorige
Leib nicht mehr da iſt,) mit welcherley Leib
werden ſie kommen?
(Darauf nun die Ant-
wort folget v. 36.

[Spaltenumbruch]
V. 36.

Du Narr, (welches hier nicht, als ein
Matth. 5, 22. verbotenes Schelt-Wort, ſondern
als eine Beſtrafung des Unverſtandes und Un-
glaubens ſtehet: gleichwie es Gal. 3, 1. heißt: O
ihr unverſtaͤndigen Galater ꝛc.) das du
ſaͤeſt,
(da das Korn auch ſein Leben zum wachſen
hat,) wird nicht lebendig, (koͤmmt zu ſeiner
wachſenden Kraft nicht, waͤchſet auch wuͤrcklich
nicht hervor) es ſterbe denn (werde der Luft
entnommen und unter der Erde verſcharret, und
gehe ein in eine ſolche Faͤulung und Veraͤnde-
rung, darinnen es aufgeloͤſet werde, und ſich
zum keimen und wachſen hervor thue. Siehe
Joh. 12, 42. von dem Weitzen-Korn, womit ſich
unſer Heiland vergleichet.)

Anmerckungen.
1. Die Darſtellung und Auferweckung
der todten Coͤrper iſt ein Werck der unendli-
chen Allmacht, Allwiſſenheit
und Weisheit
GOttes. Der weiſen Allwiſſenheit Werck
iſt es, daß er weiß, wie viele Coͤrper in ſo viel
tauſend Jahren auf dem gantzen Erdboden, auch
in ſo vielen Meeren und uͤbrigen Waſſern um-
gekommen, auch ſonſt verzehret worden ſind.
Und da dasjenige, was alſo zu Aſche, oder auf eine
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annihiliret, oder vernichtet wird, ſondern in ei-
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ſolvir
et worden; ſo weiß GOtt, wo der Same
von dieſem und jenem Leibe, von dieſem und je-
nem Gliede zu finden, und wie das, was mit dem
Samen anderer Coͤrper und Materien vermen-
get worden, davon wieder zu ſepariren ſey: ja
er weiß, wie alles nicht allein zu einer foͤrmlichen,
ſondern auch eben derjenigen, obgleich mit an-
dern Qualitaͤten verſehenen und wiederum aufs
allerweiſeſte eingerichteten Subſtantz, oder voͤlli-
gen Coͤrper zu bringen und einzurichten ſey, al-
ſo, daß der neue Leib die Form und die beſondere
Characteres des ehemaligen Coͤrpers, zum Unter-
ſcheide von allen uͤbrigen, wieder in und an ſich
habe. Dieſes iſt ein ſolches Werck, wie zuvoͤrderſt
der Allwiſſenheit und Weisheit, alſo auch
der Allmacht GOttes, daruͤber man billig mit
Erſtaunen in eine heilige Verwunderung geſetzet
wird. Es iſt eine ſolche Tiefe, Weite und Brei-
te der Wercke GOttes, darinnen unſer ſchwa-
cher Begrif ſich verlieret, wie ein Troͤpflein Waſ-
ſer von der groſſen offenbaren See verſchlungen
wird.
2. So unbegreiflich es aber iſt, ſo glaublich
iſt es doch nach dem Grunde der Allwiſſenheit
und unendlichen Allmacht GOttes, ſonderlich
wie GOtt dieſe in der erſten Schoͤpfung erwieſen
hat. Denn wer eine Schoͤpfung glaubet, (die
wir auch, vernuͤnftiger Weiſe, wie anderwaͤrtig
erwieſen, zugeben muͤſſen) in welcher GOtt aus
nichts, oder da nichts war, alles hervor gebracht
hat, dem kan es nicht mehr unglaublich ſeyn,
daß GOTT die verweſeten Coͤrper aus ihren
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dar-
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[329/0357] Cap. 15, v. 34-36. an die Corinthier. ſehen laſſen muͤſſe, das ſiehet man gleichfalls aus Pauli Exempel. V. 34. Wachet recht auf (ἐκνήψατε δικαίως; werdet recht und mit Ernſt nuͤchtern am Gemuͤ- the; von welcher geiſtlichen Nuͤchternheit die Wachſamkeit entſtehet:) und ſuͤndiget nicht (wie denn ſolche mit der Nuͤchternheit verknuͤpfte Wachſamkeit uͤber ſich ſelbſt der Suͤnde weh- ret: da hingegen ein Gemuͤth, das mit Welt- und Eigen-Liebe erfuͤllet, und davon gleichſam truncken iſt, und daher ſeiner nicht wahrnehmen kan, ſchon in der Suͤnde lieget, und zu noch im- mer mehrern Suͤnden dahin geriſſen wird:) denn etliche wiſſen nichts von GOTT (inſonder- heit diejenigen, welche unter euch die Auferſte- hung leugnen: ſo ſind auch einige, deren Er- kaͤntniß von GOTT nur bloß buchſtaͤblich, ihr Beyfall nur natuͤrlich, und ihr Vertrauen nur eine fleiſchliche Sicherheit, und alſo ihr Glaube nur ein eingebildetes Weſen iſt, damit ſie ſich ſelbſt betriegen:) das ſage ich euch zur Schan- de (ſchreibe es zu eurer Beſchaͤmung, daß, da ihr ſolche ungeſunde Glieder unter euch habet, ihr euch in euren geiſtlichen Gaben nicht erhebet, ſondern euch vor GOTT demuͤthiget, und ſol- chem Ubel ſuchet abzuhelfen, oder es von euch zu thun und euch davon zu reinigen. Siehe auch 1 Cor. 6, 5. und 2 Tim. 2, 25. 26. da es heißt: Strafe die Widerſpenſtigen, ob ihnen GOtt dermaleins Buſſe gebe die Wahrheit zu erkennen, und wieder nuͤchtern zu werden aus des Teufels Strick; von dem ſie ge- fangen ſind zu ſeinem Willen.) Anmerckung. Es ſind freylich die apoſtoliſchen Gemeinen dem groſſeſten Haufen nach in einem weit beſſern Zuſtande geweſen, als man ſie ſchon von langen Zeiten her noch heute zu Tage findet. Diejenige Ideen aber, die ſich einige von der apoſtoliſchen Kirche machen, als habe ſie aller Orten aus lau- ter heiligen und GOtt ergebnen Gliedern beſtan- den, die haben keinen Grund: wie wir unter an- dern an der Corinthiſchen Kirche ſehen. Wel- ches einem denn dazu dienet, daß man noch ietzo die groſſen Maͤngel, unter der Bemuͤhung nach einer einem ieden moͤglichen Beſſerung, zu ertra- gen ſuche. V. 35. Moͤchte aber iemand (der noch von dem heidniſchen Jrrthum der verlaͤugneten Auferſte- hung eingenommen iſt, oder doch ſonſt von ſeiner Unbegreiflichkeit argumentiret) ſagen (u. einwer- fen:) wie werden die Todten auferſtehen? (wie wird das zugehen und moͤglich ſeyn, da ihre Leiber verweſet, nicht mehr vorhanden, ja wol gar ſchon vorlaͤngſt von den wilden Thieren, oder vom Feuer, verzehret ſind:) und (da der vorige Leib nicht mehr da iſt,) mit welcherley Leib werden ſie kommen? (Darauf nun die Ant- wort folget v. 36. V. 36. Du Narr, (welches hier nicht, als ein Matth. 5, 22. verbotenes Schelt-Wort, ſondern als eine Beſtrafung des Unverſtandes und Un- glaubens ſtehet: gleichwie es Gal. 3, 1. heißt: O ihr unverſtaͤndigen Galater ꝛc.) das du ſaͤeſt, (da das Korn auch ſein Leben zum wachſen hat,) wird nicht lebendig, (koͤmmt zu ſeiner wachſenden Kraft nicht, waͤchſet auch wuͤrcklich nicht hervor) es ſterbe denn (werde der Luft entnommen und unter der Erde verſcharret, und gehe ein in eine ſolche Faͤulung und Veraͤnde- rung, darinnen es aufgeloͤſet werde, und ſich zum keimen und wachſen hervor thue. Siehe Joh. 12, 42. von dem Weitzen-Korn, womit ſich unſer Heiland vergleichet.) Anmerckungen. 1. Die Darſtellung und Auferweckung der todten Coͤrper iſt ein Werck der unendli- chen Allmacht, Allwiſſenheit und Weisheit GOttes. Der weiſen Allwiſſenheit Werck iſt es, daß er weiß, wie viele Coͤrper in ſo viel tauſend Jahren auf dem gantzen Erdboden, auch in ſo vielen Meeren und uͤbrigen Waſſern um- gekommen, auch ſonſt verzehret worden ſind. Und da dasjenige, was alſo zu Aſche, oder auf eine andere Art conſumiret wird, daher doch nicht gar annihiliret, oder vernichtet wird, ſondern in ei- ner andern Geſtalt, oder gar veraͤnderten Art uͤbrig bleibet, nachdem es in ſeine Principia re- ſolviret worden; ſo weiß GOtt, wo der Same von dieſem und jenem Leibe, von dieſem und je- nem Gliede zu finden, und wie das, was mit dem Samen anderer Coͤrper und Materien vermen- get worden, davon wieder zu ſepariren ſey: ja er weiß, wie alles nicht allein zu einer foͤrmlichen, ſondern auch eben derjenigen, obgleich mit an- dern Qualitaͤten verſehenen und wiederum aufs allerweiſeſte eingerichteten Subſtantz, oder voͤlli- gen Coͤrper zu bringen und einzurichten ſey, al- ſo, daß der neue Leib die Form und die beſondere Characteres des ehemaligen Coͤrpers, zum Unter- ſcheide von allen uͤbrigen, wieder in und an ſich habe. Dieſes iſt ein ſolches Werck, wie zuvoͤrderſt der Allwiſſenheit und Weisheit, alſo auch der Allmacht GOttes, daruͤber man billig mit Erſtaunen in eine heilige Verwunderung geſetzet wird. Es iſt eine ſolche Tiefe, Weite und Brei- te der Wercke GOttes, darinnen unſer ſchwa- cher Begrif ſich verlieret, wie ein Troͤpflein Waſ- ſer von der groſſen offenbaren See verſchlungen wird. 2. So unbegreiflich es aber iſt, ſo glaublich iſt es doch nach dem Grunde der Allwiſſenheit und unendlichen Allmacht GOttes, ſonderlich wie GOtt dieſe in der erſten Schoͤpfung erwieſen hat. Denn wer eine Schoͤpfung glaubet, (die wir auch, vernuͤnftiger Weiſe, wie anderwaͤrtig erwieſen, zugeben muͤſſen) in welcher GOtt aus nichts, oder da nichts war, alles hervor gebracht hat, dem kan es nicht mehr unglaublich ſeyn, daß GOTT die verweſeten Coͤrper aus ihren ihme nach ſeiner Allwiſſenheit allein bekanten und in der Natur noch uͤbrigen Samen wieder dar- T t

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/357>, abgerufen am 15.08.2024.