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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 11, v. 3-7.
[Spaltenumbruch] (wider die erste göttliche Ehe-Verordnung:
Dein Wille soll deinem Manne unterwor-
fen seyn, und er soll dein Herr seyn
Gen.
c. 3, 16.) die erkennet nicht, daß sie sich damit
selbst die grösseste Unehre anthut: gleichwie der
Ehe-Mann sich nicht weniger versündiget, wenn
er sich seines Regiments, so doch nur auf eine
Subordination gehet, in Härte und Geringach-
tung gegen sein Ehe-Weib mißbrauchet.
V. 4.

Ein ieglicher Mann, (Mannes-Per-
son, er lebe in- oder ausser der Ehe,) der da
betet,
(welcher der öffentlichen Gemeine bey-
wohnet, auch darinn das Gebet andern vor-
spricht, oder nachbetet, und weissaget, entwe-
der die Schriften der Propheten vorlieset und
ausleget, oder auch eine besondere Gabe hat,
aus göttlicher Offenbarung zukünftige Dinge
vorher zu sehen und anzuzeigen,) und hat et-
was auf dem Haupte,
(womit er es bedecket,)
der schändet sein Haupt, (der beraubet sich
selbst der Ehre der Herrschaft über sein Weib,
welche durch ein unbedecktes Haupt angezeiget
wird: welche Unehre so denn auf CHristum
selbst fällt; als der ihme solche gegeben hatte,
und der auch selbst sein Haupt ist.)

Anmerckung.

Es war bey den Griechen die Entblös-
sung des Haupts,
oder mit entblößtem Hau-
pte gehen, ein Zeichen der Herrschaft und
Freyheit; hingegen aber die Bedeckung des
Haupts ein Merckmal der Unterthänigkeit, daß
man unter eines andern Decke, oder Schutz
und Herrschaft stünde. Und also schickte sich
die Bedeckung gar wohl für das weibliche Ge-
schlecht, das offene Haupt aber für das männ-
liche. Zu welchem Ende der Apostel vorher den
Unterscheid zwischen beyden in Ansehung der
Herrschaft gezeiget hat. Da nun in der öffent-
lichen Zusammenkunft der Christen einige wi-
der solche Gewohnheit handelten, also daß etli-
che Männer das Haupt bedeckten, etliche Wei-
ber aber mit entblössetem Haupte gingen, und
damit was sonderliches seyn wolten, oder doch
zum wenigsten damit bey andern viel Aufsehens
wider eine so gemeine und nicht üble Landes-
Gewohnheit machten, so richtet der Apostel da-
gegen seine Erinnerung: Da aber in den A-
bend-Ländern, zumal heute zu tage, auch schon
vörlängst, die Bedeckung für ein Zeichen der
Herrschaft, das blosse Haupt aber eine Anzeige
der Unterwerfung und schuldigen Ehrerbietung
ist, und auch hierinnen das Zeichen zu der be-
zeichneten Sache in gewissem Absehen sich schi-
cket: so siehet man so viel mehr, daß diese Er-
innerungen Pauli nicht zum beständigen und all-
gemeinen Sitten-Gesetze gehören, sondern nur
auf das gehen, was der äusserliche Wohlstand
mit sich bringet. Und daß auch ein Christe
darauf zu sehen habe, erkennet man hieraus.
Daß aber dieses keines weges auf eitle Gleich-
stellung der Welt in ihren sündlichen Gewohn-
heiten zu ziehen sey, gebrauchet kaum einer be-
sondern Erinnerung.

[Spaltenumbruch]
V. 5.

Ein Weib aber, das da betet, oder
weissaget mit unbedecktem Haupte, die
schändet ihr Haupt,
(begehet etwas, das
ihrem eignen Haupte, und zugleich ihrem Man-
ne, der in zuvor gedachtem Verstande ihr Haupt
ist, unanständig ist; sintemal es das Ansehen
hat, als wolte sie ihn nicht für ihr Haupt in
Unterthänigkeit erkennen,) denn es ist eben
so viel, als wäre sie beschoren,
(es ist ihr
jenes so unanständig, als dieses; da GOtt von
Natur dem weiblichen Geschlecht ein längeres
Haar zur Decke gegeben hat, und daher das
weibliche Geschlecht dieser milden Gabe der Na-
tur nicht ohne Verunehrung kan beraubet wer-
den.)

Anmerckungen.
1. Weil der Apostel hernach c. 14, 34. 35.
dem weiblichen Geschlecht den öffentlichen Vor-
trag in der Gemeine, auch wenn er in beson-
dern Gaben ausserordentlich war, untersaget;
so erkennet man daraus, daß alhier beten und
weissagen mehr nicht sey, als der öffentlichen
Versammlung, oder dem Gottes-Dienste, da
gebetet und geweissaget, das ist, GOTTES
Wort gehandelt wurde, mit beywohnen. Und
in solchem Verstande stehet es auch zwar vorher
von dem männlichen Geschlecht; sintemal die
Erinnerung Pauli auf alle, und also auch auf
solche gehet, die keinen öffentlichen Vortrag
gethan haben: weil doch aber diesem Geschlecht
ein mehrers zukam, so können die Worte von
ihnen auch in einem weiterm Verstande genom-
men werden.
2. Es lassen sich auch beyde Oerter also ver-
gleichen, daß man sage, Paulus rede c. 11, 5.
von einigen wircklichen Prophetinnen, welche
GOTT wie im Alten, also auch im Neuen Te-
stamente Anfangs gegeben, wie man an den
vier Töchtern Philippi siehet. Act. 21, 9. Aber
c. 14, 34. rede er vom ordentlichen Lehr-Amte,
und spreche solches dem weiblichen Geschlechte
ab.
V. 6.

Will sie sich aber nicht bedecken, so
schneide man ihr auch das Haar ab,
(ist sie
unbedeckt, so ist es so viel, als wäre sie auch
gar beschoren: mag sie jenes thun, so müste sie
auch dieses leiden, und auch als etwas anstän-
diges ansehen. Da sie aber dieses nicht zuge-
ben wird, so soll sie sich bedecken, und erken-
nen, daß ihr GOTT auch selbst schon in der
Natur durch das längere Haar eine Anzeige zu
einer solchen Bedeckung des Haupts gebe, die
mit einem Schleyer, Haube, oder Mütze ge-
schehen soll.) Nun es aber übel stehet, daß
ein Weib
(tief) verschnitten Haar habe,
oder beschoren
(und gantz kahl gemachet) sey,
so lasset sie das Haupt bedecken.

V. 7.

Der Mann aber soll das Haupt nicht
bedecken, sintemal er ist GOttes Bild und

Ehre,
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 11, v. 3-7.
[Spaltenumbruch] (wider die erſte goͤttliche Ehe-Verordnung:
Dein Wille ſoll deinem Manne unterwor-
fen ſeyn, und er ſoll dein Herr ſeyn
Gen.
c. 3, 16.) die erkennet nicht, daß ſie ſich damit
ſelbſt die groͤſſeſte Unehre anthut: gleichwie der
Ehe-Mann ſich nicht weniger verſuͤndiget, wenn
er ſich ſeines Regiments, ſo doch nur auf eine
Subordination gehet, in Haͤrte und Geringach-
tung gegen ſein Ehe-Weib mißbrauchet.
V. 4.

Ein ieglicher Mann, (Mannes-Per-
ſon, er lebe in- oder auſſer der Ehe,) der da
betet,
(welcher der oͤffentlichen Gemeine bey-
wohnet, auch darinn das Gebet andern vor-
ſpricht, oder nachbetet, und weiſſaget, entwe-
der die Schriften der Propheten vorlieſet und
ausleget, oder auch eine beſondere Gabe hat,
aus goͤttlicher Offenbarung zukuͤnftige Dinge
vorher zu ſehen und anzuzeigen,) und hat et-
was auf dem Haupte,
(womit er es bedecket,)
der ſchaͤndet ſein Haupt, (der beraubet ſich
ſelbſt der Ehre der Herrſchaft uͤber ſein Weib,
welche durch ein unbedecktes Haupt angezeiget
wird: welche Unehre ſo denn auf CHriſtum
ſelbſt faͤllt; als der ihme ſolche gegeben hatte,
und der auch ſelbſt ſein Haupt iſt.)

Anmerckung.

Es war bey den Griechen die Entbloͤſ-
ſung des Haupts,
oder mit entbloͤßtem Hau-
pte gehen, ein Zeichen der Herrſchaft und
Freyheit; hingegen aber die Bedeckung des
Haupts ein Merckmal der Unterthaͤnigkeit, daß
man unter eines andern Decke, oder Schutz
und Herrſchaft ſtuͤnde. Und alſo ſchickte ſich
die Bedeckung gar wohl fuͤr das weibliche Ge-
ſchlecht, das offene Haupt aber fuͤr das maͤnn-
liche. Zu welchem Ende der Apoſtel vorher den
Unterſcheid zwiſchen beyden in Anſehung der
Herrſchaft gezeiget hat. Da nun in der oͤffent-
lichen Zuſammenkunft der Chriſten einige wi-
der ſolche Gewohnheit handelten, alſo daß etli-
che Maͤnner das Haupt bedeckten, etliche Wei-
ber aber mit entbloͤſſetem Haupte gingen, und
damit was ſonderliches ſeyn wolten, oder doch
zum wenigſten damit bey andern viel Aufſehens
wider eine ſo gemeine und nicht uͤble Landes-
Gewohnheit machten, ſo richtet der Apoſtel da-
gegen ſeine Erinnerung: Da aber in den A-
bend-Laͤndern, zumal heute zu tage, auch ſchon
voͤrlaͤngſt, die Bedeckung fuͤr ein Zeichen der
Herrſchaft, das bloſſe Haupt aber eine Anzeige
der Unterwerfung und ſchuldigen Ehrerbietung
iſt, und auch hierinnen das Zeichen zu der be-
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cket: ſo ſiehet man ſo viel mehr, daß dieſe Er-
innerungen Pauli nicht zum beſtaͤndigen und all-
gemeinen Sitten-Geſetze gehoͤren, ſondern nur
auf das gehen, was der aͤuſſerliche Wohlſtand
mit ſich bringet. Und daß auch ein Chriſte
darauf zu ſehen habe, erkennet man hieraus.
Daß aber dieſes keines weges auf eitle Gleich-
ſtellung der Welt in ihren ſuͤndlichen Gewohn-
heiten zu ziehen ſey, gebrauchet kaum einer be-
ſondern Erinnerung.

[Spaltenumbruch]
V. 5.

Ein Weib aber, das da betet, oder
weiſſaget mit unbedecktem Haupte, die
ſchaͤndet ihr Haupt,
(begehet etwas, das
ihrem eignen Haupte, und zugleich ihrem Man-
ne, der in zuvor gedachtem Verſtande ihr Haupt
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hat, als wolte ſie ihn nicht fuͤr ihr Haupt in
Unterthaͤnigkeit erkennen,) denn es iſt eben
ſo viel, als waͤre ſie beſchoren,
(es iſt ihr
jenes ſo unanſtaͤndig, als dieſes; da GOtt von
Natur dem weiblichen Geſchlecht ein laͤngeres
Haar zur Decke gegeben hat, und daher das
weibliche Geſchlecht dieſer milden Gabe der Na-
tur nicht ohne Verunehrung kan beraubet wer-
den.)

Anmerckungen.
1. Weil der Apoſtel hernach c. 14, 34. 35.
dem weiblichen Geſchlecht den oͤffentlichen Vor-
trag in der Gemeine, auch wenn er in beſon-
dern Gaben auſſerordentlich war, unterſaget;
ſo erkennet man daraus, daß alhier beten und
weiſſagen mehr nicht ſey, als der oͤffentlichen
Verſammlung, oder dem Gottes-Dienſte, da
gebetet und geweiſſaget, das iſt, GOTTES
Wort gehandelt wurde, mit beywohnen. Und
in ſolchem Verſtande ſtehet es auch zwar vorher
von dem maͤnnlichen Geſchlecht; ſintemal die
Erinnerung Pauli auf alle, und alſo auch auf
ſolche gehet, die keinen oͤffentlichen Vortrag
gethan haben: weil doch aber dieſem Geſchlecht
ein mehrers zukam, ſo koͤnnen die Worte von
ihnen auch in einem weiterm Verſtande genom-
men werden.
2. Es laſſen ſich auch beyde Oerter alſo ver-
gleichen, daß man ſage, Paulus rede c. 11, 5.
von einigen wircklichen Prophetinnen, welche
GOTT wie im Alten, alſo auch im Neuen Te-
ſtamente Anfangs gegeben, wie man an den
vier Toͤchtern Philippi ſiehet. Act. 21, 9. Aber
c. 14, 34. rede er vom ordentlichen Lehr-Amte,
und ſpreche ſolches dem weiblichen Geſchlechte
ab.
V. 6.

Will ſie ſich aber nicht bedecken, ſo
ſchneide man ihr auch das Haar ab,
(iſt ſie
unbedeckt, ſo iſt es ſo viel, als waͤre ſie auch
gar beſchoren: mag ſie jenes thun, ſo muͤſte ſie
auch dieſes leiden, und auch als etwas anſtaͤn-
diges anſehen. Da ſie aber dieſes nicht zuge-
ben wird, ſo ſoll ſie ſich bedecken, und erken-
nen, daß ihr GOTT auch ſelbſt ſchon in der
Natur durch das laͤngere Haar eine Anzeige zu
einer ſolchen Bedeckung des Haupts gebe, die
mit einem Schleyer, Haube, oder Muͤtze ge-
ſchehen ſoll.) Nun es aber uͤbel ſtehet, daß
ein Weib
(tief) verſchnitten Haar habe,
oder beſchoren
(und gantz kahl gemachet) ſey,
ſo laſſet ſie das Haupt bedecken.

V. 7.

Der Mann aber ſoll das Haupt nicht
bedecken, ſintemal er iſt GOttes Bild und

Ehre,
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[290/0318] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 11, v. 3-7. (wider die erſte goͤttliche Ehe-Verordnung: Dein Wille ſoll deinem Manne unterwor- fen ſeyn, und er ſoll dein Herr ſeyn Gen. c. 3, 16.) die erkennet nicht, daß ſie ſich damit ſelbſt die groͤſſeſte Unehre anthut: gleichwie der Ehe-Mann ſich nicht weniger verſuͤndiget, wenn er ſich ſeines Regiments, ſo doch nur auf eine Subordination gehet, in Haͤrte und Geringach- tung gegen ſein Ehe-Weib mißbrauchet. V. 4. Ein ieglicher Mann, (Mannes-Per- ſon, er lebe in- oder auſſer der Ehe,) der da betet, (welcher der oͤffentlichen Gemeine bey- wohnet, auch darinn das Gebet andern vor- ſpricht, oder nachbetet, und weiſſaget, entwe- der die Schriften der Propheten vorlieſet und ausleget, oder auch eine beſondere Gabe hat, aus goͤttlicher Offenbarung zukuͤnftige Dinge vorher zu ſehen und anzuzeigen,) und hat et- was auf dem Haupte, (womit er es bedecket,) der ſchaͤndet ſein Haupt, (der beraubet ſich ſelbſt der Ehre der Herrſchaft uͤber ſein Weib, welche durch ein unbedecktes Haupt angezeiget wird: welche Unehre ſo denn auf CHriſtum ſelbſt faͤllt; als der ihme ſolche gegeben hatte, und der auch ſelbſt ſein Haupt iſt.) Anmerckung. Es war bey den Griechen die Entbloͤſ- ſung des Haupts, oder mit entbloͤßtem Hau- pte gehen, ein Zeichen der Herrſchaft und Freyheit; hingegen aber die Bedeckung des Haupts ein Merckmal der Unterthaͤnigkeit, daß man unter eines andern Decke, oder Schutz und Herrſchaft ſtuͤnde. Und alſo ſchickte ſich die Bedeckung gar wohl fuͤr das weibliche Ge- ſchlecht, das offene Haupt aber fuͤr das maͤnn- liche. Zu welchem Ende der Apoſtel vorher den Unterſcheid zwiſchen beyden in Anſehung der Herrſchaft gezeiget hat. Da nun in der oͤffent- lichen Zuſammenkunft der Chriſten einige wi- der ſolche Gewohnheit handelten, alſo daß etli- che Maͤnner das Haupt bedeckten, etliche Wei- ber aber mit entbloͤſſetem Haupte gingen, und damit was ſonderliches ſeyn wolten, oder doch zum wenigſten damit bey andern viel Aufſehens wider eine ſo gemeine und nicht uͤble Landes- Gewohnheit machten, ſo richtet der Apoſtel da- gegen ſeine Erinnerung: Da aber in den A- bend-Laͤndern, zumal heute zu tage, auch ſchon voͤrlaͤngſt, die Bedeckung fuͤr ein Zeichen der Herrſchaft, das bloſſe Haupt aber eine Anzeige der Unterwerfung und ſchuldigen Ehrerbietung iſt, und auch hierinnen das Zeichen zu der be- zeichneten Sache in gewiſſem Abſehen ſich ſchi- cket: ſo ſiehet man ſo viel mehr, daß dieſe Er- innerungen Pauli nicht zum beſtaͤndigen und all- gemeinen Sitten-Geſetze gehoͤren, ſondern nur auf das gehen, was der aͤuſſerliche Wohlſtand mit ſich bringet. Und daß auch ein Chriſte darauf zu ſehen habe, erkennet man hieraus. Daß aber dieſes keines weges auf eitle Gleich- ſtellung der Welt in ihren ſuͤndlichen Gewohn- heiten zu ziehen ſey, gebrauchet kaum einer be- ſondern Erinnerung. V. 5. Ein Weib aber, das da betet, oder weiſſaget mit unbedecktem Haupte, die ſchaͤndet ihr Haupt, (begehet etwas, das ihrem eignen Haupte, und zugleich ihrem Man- ne, der in zuvor gedachtem Verſtande ihr Haupt iſt, unanſtaͤndig iſt; ſintemal es das Anſehen hat, als wolte ſie ihn nicht fuͤr ihr Haupt in Unterthaͤnigkeit erkennen,) denn es iſt eben ſo viel, als waͤre ſie beſchoren, (es iſt ihr jenes ſo unanſtaͤndig, als dieſes; da GOtt von Natur dem weiblichen Geſchlecht ein laͤngeres Haar zur Decke gegeben hat, und daher das weibliche Geſchlecht dieſer milden Gabe der Na- tur nicht ohne Verunehrung kan beraubet wer- den.) Anmerckungen. 1. Weil der Apoſtel hernach c. 14, 34. 35. dem weiblichen Geſchlecht den oͤffentlichen Vor- trag in der Gemeine, auch wenn er in beſon- dern Gaben auſſerordentlich war, unterſaget; ſo erkennet man daraus, daß alhier beten und weiſſagen mehr nicht ſey, als der oͤffentlichen Verſammlung, oder dem Gottes-Dienſte, da gebetet und geweiſſaget, das iſt, GOTTES Wort gehandelt wurde, mit beywohnen. Und in ſolchem Verſtande ſtehet es auch zwar vorher von dem maͤnnlichen Geſchlecht; ſintemal die Erinnerung Pauli auf alle, und alſo auch auf ſolche gehet, die keinen oͤffentlichen Vortrag gethan haben: weil doch aber dieſem Geſchlecht ein mehrers zukam, ſo koͤnnen die Worte von ihnen auch in einem weiterm Verſtande genom- men werden. 2. Es laſſen ſich auch beyde Oerter alſo ver- gleichen, daß man ſage, Paulus rede c. 11, 5. von einigen wircklichen Prophetinnen, welche GOTT wie im Alten, alſo auch im Neuen Te- ſtamente Anfangs gegeben, wie man an den vier Toͤchtern Philippi ſiehet. Act. 21, 9. Aber c. 14, 34. rede er vom ordentlichen Lehr-Amte, und ſpreche ſolches dem weiblichen Geſchlechte ab. V. 6. Will ſie ſich aber nicht bedecken, ſo ſchneide man ihr auch das Haar ab, (iſt ſie unbedeckt, ſo iſt es ſo viel, als waͤre ſie auch gar beſchoren: mag ſie jenes thun, ſo muͤſte ſie auch dieſes leiden, und auch als etwas anſtaͤn- diges anſehen. Da ſie aber dieſes nicht zuge- ben wird, ſo ſoll ſie ſich bedecken, und erken- nen, daß ihr GOTT auch ſelbſt ſchon in der Natur durch das laͤngere Haar eine Anzeige zu einer ſolchen Bedeckung des Haupts gebe, die mit einem Schleyer, Haube, oder Muͤtze ge- ſchehen ſoll.) Nun es aber uͤbel ſtehet, daß ein Weib (tief) verſchnitten Haar habe, oder beſchoren (und gantz kahl gemachet) ſey, ſo laſſet ſie das Haupt bedecken. V. 7. Der Mann aber ſoll das Haupt nicht bedecken, ſintemal er iſt GOttes Bild und Ehre,

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/318>, abgerufen am 17.09.2024.