Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 10, v. 16. 17. [Spaltenumbruch]
dem Kelche aber das Wort danckete mit demdarunter verstandenen Worte segnete setzen. 7. Mit dem Worte brechen wird gesehen auf die Form des Brodts im Morgenlande, wel- che so beschaffen war, daß das Brodt füglich in Stücklein konte gebrochen und also vertheilet werden: wiewol auch das Brodt-Brechen bey den Morgenländern so viel war, als es andern mittheilen, nach dem hermeneutischen Idiomate, da das antecedens das consequens oft mit in sich fasset. Also heißt es Jes. 58, 7. Brich den Hungrigen dein Brodt. Es war aber das Brechen keine Haupt-Sache, welche zur Inte- grität des Sacraments an sich schlechterdinge nöthig wäre; daß man also heute zu Tage sich über die kleinere Form des Brodts, welche sich sonder- lich mit für die Schwache und Krancke wohl schi- cket, kein Gewissen zu machen hat, da es doch ein wahrhaftiges Brodt ist: wiewol man zur Zeit der Reformation würde besser gethan haben, wenn eine andere Einrichtung gemachet wäre; woferne man so füglich hätte dazu kommen kön- nen; wie doch so vieler Umstände wegen nicht wol geschehen konte. 8. Jm übrigen ist bey diesem Orte wohl zu mercken, daß die Worte von der Gemein- schaft des gesegneten Kelchs, oder Weins im Kelche, mit dem Blute Christi, und von der Gemeinschaft des gesegneten Brodts mit dem Leibe Christi, nach der Symbolischen Bekäntniß unserer Evangelischen Kirchen, den beyden Sätzen von der Verwande- lung und blossen Bedeutung entgegen stehen. Denn ist und bleibet die irrdische Materie oder das gesegnete Brodt und der gesegnete Wein die Gemeinschaft des Leibes und des Blutes Christi, also, daß eines vom andern unterschie- den, beydes doch aber zur Gemeinschaft gegen- wärtig ist, so findet weder eine Verwandelung des Jrdischen in das Himmlische, noch eine blos- se Bedeutung oder Repraesentation des Himm- lischen durch das Jrdische statt. Welches die zwischen beyden Sätzen in der Mitte stehende Bekäntniß unserer Kirche ist. V. 17. Denn Ein Brodt ist es, so sind wir viele Anmerckungen. 1. Durch das Wort Leib verstehet der Apostel alhier nicht den Leib Christi, seiner eig- nen Person nach, sondern, wie aus den beygesetz- ten Worten zu ersehen ist, desselben geistlichen Leib, die Gemeine der Gläubigen, davon er das Haupt ist. Röm. 12, 5. 1 Cor. 12, 13. 27. Eph. 1, 23. 4, 15. 5, 23. Col. 1, 24. 2, 19. 2. Wenn der Apostel aus der Einigkeit oder Einheit des gesegneten Brodts einen Schluß machet auf die Einheit eines von vielen gläubi- gen Gliedern constituirten geistlichen Leibes; so siehet er im Brodte theils darauf, daß es aus dem gebacknen Mehle vieler Körner bestunde, theils darauf, daß es einerley ja ein Brodt war, und doch viele Theile, in welche es zerbrochen [Spaltenumbruch] ward, in sich hatte. Und solcher gestalt führet er, der Aehnlichkeit nach, auf die geistliche Ge- meinschaft und Einigkeit der glaubigen Glieder an dem geistlichen Leibe des Hauptes, JEsu Christi: und dieses zwar, seinem Zwecke nach, um so viel mehr, so vielmehr es bey vielen Corin- thiern, ihrer oben bestraften Spaltungen und anderer wider die gemeinschaftliche Liebe strei- tenden Anstösse wegen, daran fehlete. 3. Was der Apostel alhier von dem Brod- te saget, das spricht er c. 12, 13. auch von dem gesegneten Wein: Wir sind alle zu einem Geist geträncket. Da er denn auch darauf siehet, daß aus vielen Beerlein und Trauben des edlen Weinstocks ein gemeiner Tranck gepres- set, und dieser von allen gemeinschaftlich im H. Abendmahl genossen wurde. 4. Die Connexion des 17 Verses mit dem vorhergehenden ist diese. Nachdem der Apostel von der Sacramentlichen Gemeinschaft der sichtbaren Materie, des Brodtes und des Weins, geredet hatte, so kömmt er zur Application, oder zur geistlichen Gemeinschaft aller Glieder unter einander. Und da darf die particula oti nicht übersetzet werden durch denn, als wenn eine Ursache angeführet würde von gedachter ersten, oder sacramentlichen Gemeinschaft; wie denn auch oti nicht eigentlich denn, sondern dieweil heißt. Und mit diesem Worte und Verse fän- get sich eine neue Sententz an, dieses Verstandes: Dieweil ein Brodt, nemlich ist, welches, wie vorhergehet, gebrochen wird; und zwar unter vielen; so sind wir viele ein Leib, nemlich der geistliche Leib Christi, und folglich sollen wir un- ter einander nach der Liebe friedlich mit einander leben. Und also ist in den Worten ein Satz, und des Satzes Beweis. Der Satz ist: wir mit einander, unser viele sind ein geistlicher Leib. Der Beweis: weil ein Brodt ist, nemlich daran wir alle gleichen Theil haben, und zwar ein solches Brodt, so da ist die Gemeinschaft des Leibes Christi. Oder also: antecedens: weil ein Brodt ist, so wir nemlich zur geistlichen Ge- meinschaft geniessen. Consequens: so sind wir viele ein Leib, nemlich ein geistlicher Leib, ver- möge solcher Gemeinschaft. Und eben diesen Verstand bekräftigen die letztern Worte dieses Verses, da es heißt: dieweil alle eines Brodts theilhaftig sind. 5. Die Connexion des 18ten Verses mit den Vorhergehenden ist diese: Von der Ge- meinschaft der Gläubigen mit Christo im heiligen Abendmahl, und mit sich selbst unter einander, darauf der Apostel aus Gelegenheit der zuflie- henden Gemeinschaft mit dem Götzendienste kommen war, und es zum Beweis-Grunde an- geführet hatte, fähret er in derselben Warnung fort, und bedienet sich alhier nun des Arguments von der Gemeinschaft derer Jsraeliten, welche das verordnete Opfer-Fleisch assen, mit dem Altar und wahren GOtt; damit er denn anzei- get, daß man durch den Genuß des Götzen- Opfers nicht weniger in die Gemeinschaft mit den Götzen trete, als man solche mit dem wah- ren GOtt zu haben durch das Levitische Opfer- Essen bekenne. V. 18.
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 10, v. 16. 17. [Spaltenumbruch]
dem Kelche aber das Wort danckete mit demdarunter verſtandenen Worte ſegnete ſetzen. 7. Mit dem Worte brechen wird geſehen auf die Form des Brodts im Morgenlande, wel- che ſo beſchaffen war, daß das Brodt fuͤglich in Stuͤcklein konte gebrochen und alſo vertheilet werden: wiewol auch das Brodt-Brechen bey den Morgenlaͤndern ſo viel war, als es andern mittheilen, nach dem hermeneutiſchen Idiomate, da das antecedens das conſequens oft mit in ſich faſſet. Alſo heißt es Jeſ. 58, 7. Brich den Hungrigen dein Brodt. Es war aber das Brechen keine Haupt-Sache, welche zur Inte- gritaͤt des Sacraments an ſich ſchlechterdinge noͤthig waͤre; daß man alſo heute zu Tage ſich uͤber die kleinere Form des Brodts, welche ſich ſonder- lich mit fuͤr die Schwache und Krancke wohl ſchi- cket, kein Gewiſſen zu machen hat, da es doch ein wahrhaftiges Brodt iſt: wiewol man zur Zeit der Reformation wuͤrde beſſer gethan haben, wenn eine andere Einrichtung gemachet waͤre; woferne man ſo fuͤglich haͤtte dazu kommen koͤn- nen; wie doch ſo vieler Umſtaͤnde wegen nicht wol geſchehen konte. 8. Jm uͤbrigen iſt bey dieſem Orte wohl zu mercken, daß die Worte von der Gemein- ſchaft des geſegneten Kelchs, oder Weins im Kelche, mit dem Blute Chriſti, und von der Gemeinſchaft des geſegneten Brodts mit dem Leibe Chriſti, nach der Symboliſchen Bekaͤntniß unſerer Evangeliſchen Kirchen, den beyden Saͤtzen von der Verwande- lung und bloſſen Bedeutung entgegen ſtehen. Denn iſt und bleibet die irrdiſche Materie oder das geſegnete Brodt und der geſegnete Wein die Gemeinſchaft des Leibes und des Blutes Chriſti, alſo, daß eines vom andern unterſchie- den, beydes doch aber zur Gemeinſchaft gegen- waͤrtig iſt, ſo findet weder eine Verwandelung des Jrdiſchen in das Himmliſche, noch eine bloſ- ſe Bedeutung oder Repræſentation des Himm- liſchen durch das Jrdiſche ſtatt. Welches die zwiſchen beyden Saͤtzen in der Mitte ſtehende Bekaͤntniß unſerer Kirche iſt. V. 17. Denn Ein Brodt iſt es, ſo ſind wir viele Anmerckungen. 1. Durch das Wort Leib verſtehet der Apoſtel alhier nicht den Leib Chriſti, ſeiner eig- nen Perſon nach, ſondern, wie aus den beygeſetz- ten Worten zu erſehen iſt, deſſelben geiſtlichen Leib, die Gemeine der Glaͤubigen, davon er das Haupt iſt. Roͤm. 12, 5. 1 Cor. 12, 13. 27. Eph. 1, 23. 4, 15. 5, 23. Col. 1, 24. 2, 19. 2. Wenn der Apoſtel aus der Einigkeit oder Einheit des geſegneten Brodts einen Schluß machet auf die Einheit eines von vielen glaͤubi- gen Gliedern conſtituirten geiſtlichen Leibes; ſo ſiehet er im Brodte theils darauf, daß es aus dem gebacknen Mehle vieler Koͤrner beſtunde, theils darauf, daß es einerley ja ein Brodt war, und doch viele Theile, in welche es zerbrochen [Spaltenumbruch] ward, in ſich hatte. Und ſolcher geſtalt fuͤhret er, der Aehnlichkeit nach, auf die geiſtliche Ge- meinſchaft und Einigkeit der glaubigen Glieder an dem geiſtlichen Leibe des Hauptes, JEſu Chriſti: und dieſes zwar, ſeinem Zwecke nach, um ſo viel mehr, ſo vielmehr es bey vielen Corin- thiern, ihrer oben beſtraften Spaltungen und anderer wider die gemeinſchaftliche Liebe ſtrei- tenden Anſtoͤſſe wegen, daran fehlete. 3. Was der Apoſtel alhier von dem Brod- te ſaget, das ſpricht er c. 12, 13. auch von dem geſegneten Wein: Wir ſind alle zu einem Geiſt getraͤncket. Da er denn auch darauf ſiehet, daß aus vielen Beerlein und Trauben des edlen Weinſtocks ein gemeiner Tranck gepreſ- ſet, und dieſer von allen gemeinſchaftlich im H. Abendmahl genoſſen wurde. 4. Die Connexion des 17 Verſes mit dem vorhergehenden iſt dieſe. Nachdem der Apoſtel von der Sacramentlichen Gemeinſchaft der ſichtbaren Materie, des Brodtes und des Weins, geredet hatte, ſo koͤmmt er zur Application, oder zur geiſtlichen Gemeinſchaft aller Glieder unter einander. Und da darf die particula ὅτι nicht uͤberſetzet werden durch denn, als wenn eine Urſache angefuͤhret wuͤrde von gedachter erſten, oder ſacramentlichen Gemeinſchaft; wie denn auch ὅτι nicht eigentlich denn, ſondern dieweil heißt. Und mit dieſem Worte und Verſe faͤn- get ſich eine neue Sententz an, dieſes Verſtandes: Dieweil ein Brodt, nemlich iſt, welches, wie vorhergehet, gebrochen wird; und zwar unter vielen; ſo ſind wir viele ein Leib, nemlich der geiſtliche Leib Chriſti, und folglich ſollen wir un- ter einander nach der Liebe friedlich mit einander leben. Und alſo iſt in den Worten ein Satz, und des Satzes Beweis. Der Satz iſt: wir mit einander, unſer viele ſind ein geiſtlicher Leib. Der Beweis: weil ein Brodt iſt, nemlich daran wir alle gleichen Theil haben, und zwar ein ſolches Brodt, ſo da iſt die Gemeinſchaft des Leibes Chriſti. Oder alſo: antecedens: weil ein Brodt iſt, ſo wir nemlich zur geiſtlichen Ge- meinſchaft genieſſen. Conſequens: ſo ſind wir viele ein Leib, nemlich ein geiſtlicher Leib, ver- moͤge ſolcher Gemeinſchaft. Und eben dieſen Verſtand bekraͤftigen die letztern Worte dieſes Verſes, da es heißt: dieweil alle eines Brodts theilhaftig ſind. 5. Die Connexion des 18ten Verſes mit den Vorhergehenden iſt dieſe: Von der Ge- meinſchaft der Glaͤubigen mit Chriſto im heiligen Abendmahl, und mit ſich ſelbſt unter einander, darauf der Apoſtel aus Gelegenheit der zuflie- henden Gemeinſchaft mit dem Goͤtzendienſte kommen war, und es zum Beweis-Grunde an- gefuͤhret hatte, faͤhret er in derſelben Warnung fort, und bedienet ſich alhier nun des Arguments von der Gemeinſchaft derer Jſraeliten, welche das verordnete Opfer-Fleiſch aſſen, mit dem Altar und wahren GOtt; damit er denn anzei- get, daß man durch den Genuß des Goͤtzen- Opfers nicht weniger in die Gemeinſchaft mit den Goͤtzen trete, als man ſolche mit dem wah- ren GOtt zu haben durch das Levitiſche Opfer- Eſſen bekenne. V. 18.
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 10, v. 16. 17.
dem Kelche aber das Wort danckete mit dem
darunter verſtandenen Worte ſegnete ſetzen.
7. Mit dem Worte brechen wird geſehen
auf die Form des Brodts im Morgenlande, wel-
che ſo beſchaffen war, daß das Brodt fuͤglich in
Stuͤcklein konte gebrochen und alſo vertheilet
werden: wiewol auch das Brodt-Brechen
bey den Morgenlaͤndern ſo viel war, als es andern
mittheilen, nach dem hermeneutiſchen Idiomate,
da das antecedens das conſequens oft mit in ſich
faſſet. Alſo heißt es Jeſ. 58, 7. Brich den
Hungrigen dein Brodt. Es war aber das
Brechen keine Haupt-Sache, welche zur Inte-
gritaͤt des Sacraments an ſich ſchlechterdinge
noͤthig waͤre; daß man alſo heute zu Tage ſich uͤber
die kleinere Form des Brodts, welche ſich ſonder-
lich mit fuͤr die Schwache und Krancke wohl ſchi-
cket, kein Gewiſſen zu machen hat, da es doch ein
wahrhaftiges Brodt iſt: wiewol man zur Zeit
der Reformation wuͤrde beſſer gethan haben,
wenn eine andere Einrichtung gemachet waͤre;
woferne man ſo fuͤglich haͤtte dazu kommen koͤn-
nen; wie doch ſo vieler Umſtaͤnde wegen nicht
wol geſchehen konte.
8. Jm uͤbrigen iſt bey dieſem Orte wohl zu
mercken, daß die Worte von der Gemein-
ſchaft des geſegneten Kelchs, oder Weins
im Kelche, mit dem Blute Chriſti, und
von der Gemeinſchaft des geſegneten
Brodts mit dem Leibe Chriſti, nach der
Symboliſchen Bekaͤntniß unſerer Evangeliſchen
Kirchen, den beyden Saͤtzen von der Verwande-
lung und bloſſen Bedeutung entgegen ſtehen.
Denn iſt und bleibet die irrdiſche Materie oder
das geſegnete Brodt und der geſegnete Wein
die Gemeinſchaft des Leibes und des Blutes
Chriſti, alſo, daß eines vom andern unterſchie-
den, beydes doch aber zur Gemeinſchaft gegen-
waͤrtig iſt, ſo findet weder eine Verwandelung
des Jrdiſchen in das Himmliſche, noch eine bloſ-
ſe Bedeutung oder Repræſentation des Himm-
liſchen durch das Jrdiſche ſtatt. Welches die
zwiſchen beyden Saͤtzen in der Mitte ſtehende
Bekaͤntniß unſerer Kirche iſt.
V. 17.
Denn Ein Brodt iſt es, ſo ſind wir viele
ein Leib, weil wir alle eines Brodts theil-
haftig ſind.
Anmerckungen.
1. Durch das Wort Leib verſtehet der
Apoſtel alhier nicht den Leib Chriſti, ſeiner eig-
nen Perſon nach, ſondern, wie aus den beygeſetz-
ten Worten zu erſehen iſt, deſſelben geiſtlichen
Leib, die Gemeine der Glaͤubigen, davon er
das Haupt iſt. Roͤm. 12, 5. 1 Cor. 12, 13. 27.
Eph. 1, 23. 4, 15. 5, 23. Col. 1, 24. 2, 19.
2. Wenn der Apoſtel aus der Einigkeit
oder Einheit des geſegneten Brodts einen Schluß
machet auf die Einheit eines von vielen glaͤubi-
gen Gliedern conſtituirten geiſtlichen Leibes;
ſo ſiehet er im Brodte theils darauf, daß es aus
dem gebacknen Mehle vieler Koͤrner beſtunde,
theils darauf, daß es einerley ja ein Brodt war,
und doch viele Theile, in welche es zerbrochen
ward, in ſich hatte. Und ſolcher geſtalt fuͤhret
er, der Aehnlichkeit nach, auf die geiſtliche Ge-
meinſchaft und Einigkeit der glaubigen Glieder
an dem geiſtlichen Leibe des Hauptes, JEſu
Chriſti: und dieſes zwar, ſeinem Zwecke nach,
um ſo viel mehr, ſo vielmehr es bey vielen Corin-
thiern, ihrer oben beſtraften Spaltungen und
anderer wider die gemeinſchaftliche Liebe ſtrei-
tenden Anſtoͤſſe wegen, daran fehlete.
3. Was der Apoſtel alhier von dem Brod-
te ſaget, das ſpricht er c. 12, 13. auch von dem
geſegneten Wein: Wir ſind alle zu einem
Geiſt getraͤncket. Da er denn auch darauf
ſiehet, daß aus vielen Beerlein und Trauben des
edlen Weinſtocks ein gemeiner Tranck gepreſ-
ſet, und dieſer von allen gemeinſchaftlich im H.
Abendmahl genoſſen wurde.
4. Die Connexion des 17 Verſes mit dem
vorhergehenden iſt dieſe. Nachdem der Apoſtel
von der Sacramentlichen Gemeinſchaft der
ſichtbaren Materie, des Brodtes und des Weins,
geredet hatte, ſo koͤmmt er zur Application, oder
zur geiſtlichen Gemeinſchaft aller Glieder unter
einander. Und da darf die particula ὅτι nicht
uͤberſetzet werden durch denn, als wenn eine
Urſache angefuͤhret wuͤrde von gedachter erſten,
oder ſacramentlichen Gemeinſchaft; wie denn
auch ὅτι nicht eigentlich denn, ſondern dieweil
heißt. Und mit dieſem Worte und Verſe faͤn-
get ſich eine neue Sententz an, dieſes Verſtandes:
Dieweil ein Brodt, nemlich iſt, welches, wie
vorhergehet, gebrochen wird; und zwar unter
vielen; ſo ſind wir viele ein Leib, nemlich der
geiſtliche Leib Chriſti, und folglich ſollen wir un-
ter einander nach der Liebe friedlich mit einander
leben. Und alſo iſt in den Worten ein Satz, und
des Satzes Beweis. Der Satz iſt: wir mit
einander, unſer viele ſind ein geiſtlicher Leib.
Der Beweis: weil ein Brodt iſt, nemlich
daran wir alle gleichen Theil haben, und zwar
ein ſolches Brodt, ſo da iſt die Gemeinſchaft des
Leibes Chriſti. Oder alſo: antecedens: weil
ein Brodt iſt, ſo wir nemlich zur geiſtlichen Ge-
meinſchaft genieſſen. Conſequens: ſo ſind wir
viele ein Leib, nemlich ein geiſtlicher Leib, ver-
moͤge ſolcher Gemeinſchaft. Und eben dieſen
Verſtand bekraͤftigen die letztern Worte dieſes
Verſes, da es heißt: dieweil alle eines Brodts
theilhaftig ſind.
5. Die Connexion des 18ten Verſes mit
den Vorhergehenden iſt dieſe: Von der Ge-
meinſchaft der Glaͤubigen mit Chriſto im heiligen
Abendmahl, und mit ſich ſelbſt unter einander,
darauf der Apoſtel aus Gelegenheit der zuflie-
henden Gemeinſchaft mit dem Goͤtzendienſte
kommen war, und es zum Beweis-Grunde an-
gefuͤhret hatte, faͤhret er in derſelben Warnung
fort, und bedienet ſich alhier nun des Arguments
von der Gemeinſchaft derer Jſraeliten, welche
das verordnete Opfer-Fleiſch aſſen, mit dem
Altar und wahren GOtt; damit er denn anzei-
get, daß man durch den Genuß des Goͤtzen-
Opfers nicht weniger in die Gemeinſchaft mit
den Goͤtzen trete, als man ſolche mit dem wah-
ren GOtt zu haben durch das Levitiſche Opfer-
Eſſen bekenne.
V. 18.
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