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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] als der 5 B. Mos. 21, 15. 16. 17. und 2 Sam.
12, 8. allein ohne allen Grund. Denn am er-
sten Orte wird zwar die Verordnung gemacht,
wie es ein Mann auf den Fall, da er zwey Wei-
ber gehabt, und die eine ihm lieber gewesen, als
die andere, im Erbtheile nach dem Rechte der er-
sten Geburt mit dem Sohn der gehasseten, oder
nicht so werth gehaltenen, Ehegattin, so er der
erstgebohrne ist, halten solle, nemlich er solle ihm
das Recht der ersten Geburt lassen, und ihn dem
Sohn der geliebten nicht postponiren. Aber
damit gewinnet die Polygamie an sich kein Recht.
Denn 1) ist in diesem Texte keine Spur zu fin-
den, daß die Rede nicht anders, als von zweyen
Weibern, die ein Ehe-Mann zu gleicher Zeit in
der Ehe gehabt, müste verstanden werden; sinte-
mal es nach dem Hebräischen fonte nur also heis-
set: Wenn ein Mann zwey Weiber gehabt
hätte
etc. Daher es auch Junius und Tremellius
vertir
en: si fuerint alicui duae uxores &c. welches
also auch gar füglich von einer digamia successiva
kan verstanden werden, also, daß ein Mann nach
dem Absterben seiner ersten Frau, die er nicht
sonderlich lieb gehabt, oder lieb behalten, eine
andere genommen, die ihm viel lieber gewesen.
2) Gesetzt auch, man wolle den Ort von der di-
gamia simultanea
verstehen; so folget daraus doch
keines weges, daß GOTT dieselbe damit gebil-
liget habe. Denn ein anders ist eine Sache an
sich billigen und gut heissen: ein anders sie, nach-
dem sie verboten, in einer gewissen Oeconomie ge-
schehen lassen, und, auf den Fall, daß sie ge-
schiehet, und daher diß oder das entstehet, dar-
über eine gewisse Verordnung machen: auf wel-
che Art auch c. 23, 18. wegen des Huren-Lohns
verordnet worden, daß er nicht solle ins Heilig-
thum gebracht werden.

§. III. Was den Ort 2 Sam. 12, 8. be-
trifft, da GOTT durch den Propheten Nathan
zum David nach begangenem Ehebruche spricht:
Jch habe dir deines Herrn (des Sauls)
Haus gegeben, dazu seine Weiber in deinen
Schoß;
so kan es zwar das Ansehen haben, als
habe GOtt die Polygamie an dem David derge-
stalt approbiret, daß er ihm zu derselben auch
so gar die Weiber des Sauls übergeben habe.
Allein dieser locus hat diesen Verstand gar nicht.
Denn

1) Saul hatte nur zwey Weiber, nemlich
die Ahinoam 1 Sam. 14, 5. und die Ritzpa
2 Sam. 3, 7. Nun aber hatte David der Ahi-
noam ihre Tochter zur Ehe, nemlich die Michal,
1 Sam. 14, 49. 17, 25. 18, 27. und die Ritzpa
hatte nach Sauls Tode mit dem Abner in Hu-
rerey gelebet. 2 Sam. 3, 7. 8. Solte nun GOtt
diese Weiber dem David zur Ehe übergeben,
und David sie genommen haben; so müßte man
sagen: GOtt habe ihm wider das klare Verbot
3 B. Mos. 18, 15. (conf. v. 7. 8.) so mit auf die
Schwieger-Mutter gehet, verstattet, mit seiner
Frauen leiblichen Mutter Blut-Schande zu trei-
ben, und David habe dieses gethan, auch über
das seines Schwieger-Vaters Kebs-Weib, ob
sie sich gleich mit dem Abner fleischlich vermischet,
zum Weibe zu nehmen, kein Bedencken getragen.
Da nun aber beydes, von Seiten GOttes, und
[Spaltenumbruch] von Seiten Davids, ungereimt ist zu sagen, so
siehet man wohl, daß diese angeführten Wor-
te diesen Verstand nicht haben können. Dazu
kömmt

2) daß, wenn der Weiber Davids gedacht
wird, der Weiber Sauls, daß er sie zur Ehe ge-
habt, mit keinem Worte Meldung geschiehet.
Es haben demnach

3) gedachte Worte diesen Verstand, daß
GOtt dem David nebst dem Hause Sauls, sei-
nes Feindes, auch seine Weiber also überge-
ben habe, daß sie von ihm und seiner Gna-
de nun
dependiren müssen. Und daß die He-
bräische Redens-Art diesen sensum wohl admit-
tir
et, siehet man auch aus andern Orten, da von
keiner ehelichen Vermählung die Rede ist, und
sie doch gebraucht wird Ps. 79, 12. Jes. 65, 6.
Und im gleichen sensu generaliori kömmt sie nach
dem Hebraismo auch vor im neuen Testament
Luc. 6, 38. da es von der Wiedervergeltung des
Guten und Bösen heißt: Ein voll gedrückt,
gerüttelt und überflüßiges Maaß wird man
in euren Schooß geben.

§. IV. Wenn auch einige den Ort 5 B.
Mos. 17, 17. da es heißt: daß ein König in
Jsrael nicht viel Weiber haben solle,
der-
gestalt auf die Polygamie ziehen, daß sie vorge-
ben, es sey damit nur die grosse Menge der Wei-
ber, nicht aber die Polygamie an sich selbst verbo-
ten, sondern damit vielmehr zugelassen, und nur
auf eine geringe Anzahl restringiret worden;
gleichwie v. 16. bey dem Verbot, viele Rosse zu
halten, der nöthige Vorrath an Pferden nicht
untersaget sey: so dienet zur Antwort:

1) Daß von der Pluralität der Pferde auf die
Pluralität der Weiber kein Schluß gemacht wer-
den könne; weil man mit Pferden keinen Bund
gemeinschaftlicher Treue aufrichtet, auch mit ei-
nem Pferde nichts aufrichten kan: wie sich hin-
gegen in der Ehe mit einem eintzigen Weibe
findet.

2) Daß man gar nicht nöthig habe, diesen
Ort von Ehe-Weibern zu verstehen, sondern
das im Hebräischen Texte stehende Wort [fremdsprachliches Material - fehlt]
gar wohl von Weibes-Bildern insgemein ge-
nommen werden könne, wie auch sonsten vielmal
geschiehet, als 4 B. Mos. 31, 18. etc. und also die
Rede sey von dem Gynaeceo, dem Frauen-Zim-
mer, oder von den Hof-Damen am königlichen
Hofe, welches nicht gar zu zahlreich seyn soll:
damit es hernach Salomo versehen, und sich ver-
sündiget hat 1 B. der Kön. 11, 1. seqq. als welcher
ausser seinen ausländischen und abgöttischen
Weibern noch tausend andere Weibes-Bilder
zum Staat am Hofe hielte. Darunter waren
sieben hundert die vornehmsten, (welches Lu-
therus
nicht wohl vertiret hat: sieben hundert
Weiber zu Frauen)
und drey hundert andere
[fremdsprachliches Material - fehlt] Kebs-Weiber: welches Wort auch
von dem Hof-Frauen-Zimmer insgemein ver-
standen werden kan und muß, nach Art der ori-
entali
schen Könige, deren Hof-Damen also be-
nennet worden.

§. V. Was die Ehe-Scheidungen betrift,
so sind dieselben erstlich unter den Jsraeliten in
Aegypten eingerissen. Und da GOTT an dem

hart-
J i 2

an die Corinthier.
[Spaltenumbruch] als der 5 B. Moſ. 21, 15. 16. 17. und 2 Sam.
12, 8. allein ohne allen Grund. Denn am er-
ſten Orte wird zwar die Verordnung gemacht,
wie es ein Mann auf den Fall, da er zwey Wei-
ber gehabt, und die eine ihm lieber geweſen, als
die andere, im Erbtheile nach dem Rechte der er-
ſten Geburt mit dem Sohn der gehaſſeten, oder
nicht ſo werth gehaltenen, Ehegattin, ſo er der
erſtgebohrne iſt, halten ſolle, nemlich er ſolle ihm
das Recht der erſten Geburt laſſen, und ihn dem
Sohn der geliebten nicht poſtponiren. Aber
damit gewinnet die Polygamie an ſich kein Recht.
Denn 1) iſt in dieſem Texte keine Spur zu fin-
den, daß die Rede nicht anders, als von zweyen
Weibern, die ein Ehe-Mann zu gleicher Zeit in
der Ehe gehabt, muͤſte verſtanden werden; ſinte-
mal es nach dem Hebraͤiſchen fonte nur alſo heiſ-
ſet: Wenn ein Mann zwey Weiber gehabt
haͤtte
ꝛc. Daher es auch Junius und Tremellius
vertir
en: ſi fuerint alicui duæ uxores &c. welches
alſo auch gar fuͤglich von einer digamia ſucceſſiva
kan verſtanden werden, alſo, daß ein Mann nach
dem Abſterben ſeiner erſten Frau, die er nicht
ſonderlich lieb gehabt, oder lieb behalten, eine
andere genommen, die ihm viel lieber geweſen.
2) Geſetzt auch, man wolle den Ort von der di-
gamia ſimultanea
verſtehen; ſo folget daraus doch
keines weges, daß GOTT dieſelbe damit gebil-
liget habe. Denn ein anders iſt eine Sache an
ſich billigen und gut heiſſen: ein anders ſie, nach-
dem ſie verboten, in einer gewiſſen Oeconomie ge-
ſchehen laſſen, und, auf den Fall, daß ſie ge-
ſchiehet, und daher diß oder das entſtehet, dar-
uͤber eine gewiſſe Verordnung machen: auf wel-
che Art auch c. 23, 18. wegen des Huren-Lohns
verordnet worden, daß er nicht ſolle ins Heilig-
thum gebracht werden.

§. III. Was den Ort 2 Sam. 12, 8. be-
trifft, da GOTT durch den Propheten Nathan
zum David nach begangenem Ehebruche ſpricht:
Jch habe dir deines Herrn (des Sauls)
Haus gegeben, dazu ſeine Weiber in deinen
Schoß;
ſo kan es zwar das Anſehen haben, als
habe GOtt die Polygamie an dem David derge-
ſtalt approbiret, daß er ihm zu derſelben auch
ſo gar die Weiber des Sauls uͤbergeben habe.
Allein dieſer locus hat dieſen Verſtand gar nicht.
Denn

1) Saul hatte nur zwey Weiber, nemlich
die Ahinoam 1 Sam. 14, 5. und die Ritzpa
2 Sam. 3, 7. Nun aber hatte David der Ahi-
noam ihre Tochter zur Ehe, nemlich die Michal,
1 Sam. 14, 49. 17, 25. 18, 27. und die Ritzpa
hatte nach Sauls Tode mit dem Abner in Hu-
rerey gelebet. 2 Sam. 3, 7. 8. Solte nun GOtt
dieſe Weiber dem David zur Ehe uͤbergeben,
und David ſie genommen haben; ſo muͤßte man
ſagen: GOtt habe ihm wider das klare Verbot
3 B. Moſ. 18, 15. (conf. v. 7. 8.) ſo mit auf die
Schwieger-Mutter gehet, verſtattet, mit ſeiner
Frauen leiblichen Mutter Blut-Schande zu trei-
ben, und David habe dieſes gethan, auch uͤber
das ſeines Schwieger-Vaters Kebs-Weib, ob
ſie ſich gleich mit dem Abner fleiſchlich vermiſchet,
zum Weibe zu nehmen, kein Bedencken getragen.
Da nun aber beydes, von Seiten GOttes, und
[Spaltenumbruch] von Seiten Davids, ungereimt iſt zu ſagen, ſo
ſiehet man wohl, daß dieſe angefuͤhrten Wor-
te dieſen Verſtand nicht haben koͤnnen. Dazu
koͤmmt

2) daß, wenn der Weiber Davids gedacht
wird, der Weiber Sauls, daß er ſie zur Ehe ge-
habt, mit keinem Worte Meldung geſchiehet.
Es haben demnach

3) gedachte Worte dieſen Verſtand, daß
GOtt dem David nebſt dem Hauſe Sauls, ſei-
nes Feindes, auch ſeine Weiber alſo uͤberge-
ben habe, daß ſie von ihm und ſeiner Gna-
de nun
dependiren muͤſſen. Und daß die He-
braͤiſche Redens-Art dieſen ſenſum wohl admit-
tir
et, ſiehet man auch aus andern Orten, da von
keiner ehelichen Vermaͤhlung die Rede iſt, und
ſie doch gebraucht wird Pſ. 79, 12. Jeſ. 65, 6.
Und im gleichen ſenſu generaliori koͤmmt ſie nach
dem Hebraiſmo auch vor im neuen Teſtament
Luc. 6, 38. da es von der Wiedervergeltung des
Guten und Boͤſen heißt: Ein voll gedruͤckt,
geruͤttelt und uͤberfluͤßiges Maaß wird man
in euren Schooß geben.

§. IV. Wenn auch einige den Ort 5 B.
Moſ. 17, 17. da es heißt: daß ein Koͤnig in
Jſrael nicht viel Weiber haben ſolle,
der-
geſtalt auf die Polygamie ziehen, daß ſie vorge-
ben, es ſey damit nur die groſſe Menge der Wei-
ber, nicht aber die Polygamie an ſich ſelbſt verbo-
ten, ſondern damit vielmehr zugelaſſen, und nur
auf eine geringe Anzahl reſtringiret worden;
gleichwie v. 16. bey dem Verbot, viele Roſſe zu
halten, der noͤthige Vorrath an Pferden nicht
unterſaget ſey: ſo dienet zur Antwort:

1) Daß von der Pluralitaͤt der Pferde auf die
Pluralitaͤt der Weiber kein Schluß gemacht wer-
den koͤnne; weil man mit Pferden keinen Bund
gemeinſchaftlicher Treue aufrichtet, auch mit ei-
nem Pferde nichts aufrichten kan: wie ſich hin-
gegen in der Ehe mit einem eintzigen Weibe
findet.

2) Daß man gar nicht noͤthig habe, dieſen
Ort von Ehe-Weibern zu verſtehen, ſondern
das im Hebraͤiſchen Texte ſtehende Wort [fremdsprachliches Material – fehlt]
gar wohl von Weibes-Bildern insgemein ge-
nommen werden koͤnne, wie auch ſonſten vielmal
geſchiehet, als 4 B. Moſ. 31, 18. ꝛc. und alſo die
Rede ſey von dem Gynæceo, dem Frauen-Zim-
mer, oder von den Hof-Damen am koͤniglichen
Hofe, welches nicht gar zu zahlreich ſeyn ſoll:
damit es hernach Salomo verſehen, und ſich ver-
ſuͤndiget hat 1 B. der Koͤn. 11, 1. ſeqq. als welcher
auſſer ſeinen auslaͤndiſchen und abgoͤttiſchen
Weibern noch tauſend andere Weibes-Bilder
zum Staat am Hofe hielte. Darunter waren
ſieben hundert die vornehmſten, (welches Lu-
therus
nicht wohl vertiret hat: ſieben hundert
Weiber zu Frauen)
und drey hundert andere
[fremdsprachliches Material – fehlt] Kebs-Weiber: welches Wort auch
von dem Hof-Frauen-Zimmer insgemein ver-
ſtanden werden kan und muß, nach Art der ori-
entali
ſchen Koͤnige, deren Hof-Damen alſo be-
nennet worden.

§. V. Was die Ehe-Scheidungen betrift,
ſo ſind dieſelben erſtlich unter den Jſraeliten in
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J i 2
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[251/0279] an die Corinthier. als der 5 B. Moſ. 21, 15. 16. 17. und 2 Sam. 12, 8. allein ohne allen Grund. Denn am er- ſten Orte wird zwar die Verordnung gemacht, wie es ein Mann auf den Fall, da er zwey Wei- ber gehabt, und die eine ihm lieber geweſen, als die andere, im Erbtheile nach dem Rechte der er- ſten Geburt mit dem Sohn der gehaſſeten, oder nicht ſo werth gehaltenen, Ehegattin, ſo er der erſtgebohrne iſt, halten ſolle, nemlich er ſolle ihm das Recht der erſten Geburt laſſen, und ihn dem Sohn der geliebten nicht poſtponiren. Aber damit gewinnet die Polygamie an ſich kein Recht. Denn 1) iſt in dieſem Texte keine Spur zu fin- den, daß die Rede nicht anders, als von zweyen Weibern, die ein Ehe-Mann zu gleicher Zeit in der Ehe gehabt, muͤſte verſtanden werden; ſinte- mal es nach dem Hebraͤiſchen fonte nur alſo heiſ- ſet: Wenn ein Mann zwey Weiber gehabt haͤtte ꝛc. Daher es auch Junius und Tremellius vertiren: ſi fuerint alicui duæ uxores &c. welches alſo auch gar fuͤglich von einer digamia ſucceſſiva kan verſtanden werden, alſo, daß ein Mann nach dem Abſterben ſeiner erſten Frau, die er nicht ſonderlich lieb gehabt, oder lieb behalten, eine andere genommen, die ihm viel lieber geweſen. 2) Geſetzt auch, man wolle den Ort von der di- gamia ſimultanea verſtehen; ſo folget daraus doch keines weges, daß GOTT dieſelbe damit gebil- liget habe. Denn ein anders iſt eine Sache an ſich billigen und gut heiſſen: ein anders ſie, nach- dem ſie verboten, in einer gewiſſen Oeconomie ge- ſchehen laſſen, und, auf den Fall, daß ſie ge- ſchiehet, und daher diß oder das entſtehet, dar- uͤber eine gewiſſe Verordnung machen: auf wel- che Art auch c. 23, 18. wegen des Huren-Lohns verordnet worden, daß er nicht ſolle ins Heilig- thum gebracht werden. §. III. Was den Ort 2 Sam. 12, 8. be- trifft, da GOTT durch den Propheten Nathan zum David nach begangenem Ehebruche ſpricht: Jch habe dir deines Herrn (des Sauls) Haus gegeben, dazu ſeine Weiber in deinen Schoß; ſo kan es zwar das Anſehen haben, als habe GOtt die Polygamie an dem David derge- ſtalt approbiret, daß er ihm zu derſelben auch ſo gar die Weiber des Sauls uͤbergeben habe. Allein dieſer locus hat dieſen Verſtand gar nicht. Denn 1) Saul hatte nur zwey Weiber, nemlich die Ahinoam 1 Sam. 14, 5. und die Ritzpa 2 Sam. 3, 7. Nun aber hatte David der Ahi- noam ihre Tochter zur Ehe, nemlich die Michal, 1 Sam. 14, 49. 17, 25. 18, 27. und die Ritzpa hatte nach Sauls Tode mit dem Abner in Hu- rerey gelebet. 2 Sam. 3, 7. 8. Solte nun GOtt dieſe Weiber dem David zur Ehe uͤbergeben, und David ſie genommen haben; ſo muͤßte man ſagen: GOtt habe ihm wider das klare Verbot 3 B. Moſ. 18, 15. (conf. v. 7. 8.) ſo mit auf die Schwieger-Mutter gehet, verſtattet, mit ſeiner Frauen leiblichen Mutter Blut-Schande zu trei- ben, und David habe dieſes gethan, auch uͤber das ſeines Schwieger-Vaters Kebs-Weib, ob ſie ſich gleich mit dem Abner fleiſchlich vermiſchet, zum Weibe zu nehmen, kein Bedencken getragen. Da nun aber beydes, von Seiten GOttes, und von Seiten Davids, ungereimt iſt zu ſagen, ſo ſiehet man wohl, daß dieſe angefuͤhrten Wor- te dieſen Verſtand nicht haben koͤnnen. Dazu koͤmmt 2) daß, wenn der Weiber Davids gedacht wird, der Weiber Sauls, daß er ſie zur Ehe ge- habt, mit keinem Worte Meldung geſchiehet. Es haben demnach 3) gedachte Worte dieſen Verſtand, daß GOtt dem David nebſt dem Hauſe Sauls, ſei- nes Feindes, auch ſeine Weiber alſo uͤberge- ben habe, daß ſie von ihm und ſeiner Gna- de nun dependiren muͤſſen. Und daß die He- braͤiſche Redens-Art dieſen ſenſum wohl admit- tiret, ſiehet man auch aus andern Orten, da von keiner ehelichen Vermaͤhlung die Rede iſt, und ſie doch gebraucht wird Pſ. 79, 12. Jeſ. 65, 6. Und im gleichen ſenſu generaliori koͤmmt ſie nach dem Hebraiſmo auch vor im neuen Teſtament Luc. 6, 38. da es von der Wiedervergeltung des Guten und Boͤſen heißt: Ein voll gedruͤckt, geruͤttelt und uͤberfluͤßiges Maaß wird man in euren Schooß geben. §. IV. Wenn auch einige den Ort 5 B. Moſ. 17, 17. da es heißt: daß ein Koͤnig in Jſrael nicht viel Weiber haben ſolle, der- geſtalt auf die Polygamie ziehen, daß ſie vorge- ben, es ſey damit nur die groſſe Menge der Wei- ber, nicht aber die Polygamie an ſich ſelbſt verbo- ten, ſondern damit vielmehr zugelaſſen, und nur auf eine geringe Anzahl reſtringiret worden; gleichwie v. 16. bey dem Verbot, viele Roſſe zu halten, der noͤthige Vorrath an Pferden nicht unterſaget ſey: ſo dienet zur Antwort: 1) Daß von der Pluralitaͤt der Pferde auf die Pluralitaͤt der Weiber kein Schluß gemacht wer- den koͤnne; weil man mit Pferden keinen Bund gemeinſchaftlicher Treue aufrichtet, auch mit ei- nem Pferde nichts aufrichten kan: wie ſich hin- gegen in der Ehe mit einem eintzigen Weibe findet. 2) Daß man gar nicht noͤthig habe, dieſen Ort von Ehe-Weibern zu verſtehen, ſondern das im Hebraͤiſchen Texte ſtehende Wort _ gar wohl von Weibes-Bildern insgemein ge- nommen werden koͤnne, wie auch ſonſten vielmal geſchiehet, als 4 B. Moſ. 31, 18. ꝛc. und alſo die Rede ſey von dem Gynæceo, dem Frauen-Zim- mer, oder von den Hof-Damen am koͤniglichen Hofe, welches nicht gar zu zahlreich ſeyn ſoll: damit es hernach Salomo verſehen, und ſich ver- ſuͤndiget hat 1 B. der Koͤn. 11, 1. ſeqq. als welcher auſſer ſeinen auslaͤndiſchen und abgoͤttiſchen Weibern noch tauſend andere Weibes-Bilder zum Staat am Hofe hielte. Darunter waren ſieben hundert die vornehmſten, (welches Lu- therus nicht wohl vertiret hat: ſieben hundert Weiber zu Frauen) und drey hundert andere _ Kebs-Weiber: welches Wort auch von dem Hof-Frauen-Zimmer insgemein ver- ſtanden werden kan und muß, nach Art der ori- entaliſchen Koͤnige, deren Hof-Damen alſo be- nennet worden. §. V. Was die Ehe-Scheidungen betrift, ſo ſind dieſelben erſtlich unter den Jſraeliten in Aegypten eingeriſſen. Und da GOTT an dem hart- J i 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/279>, abgerufen am 26.11.2024.